31. Dezember 2011

Filmjahresrückblick 2011: Die Top Ten

Never in the history of cinema has a medium entertained an audience.
It’s what you do with the medium.

(John Lasseter)

Und wieder mal ist ein (Film-)Jahr vorüber beziehungsweise liegt in seinen letzten Zügen. Nach halbjähriger Abstinenz soll traditionell ein Rückblick auf die vergangenen zwölf Monate den Abschlusspost bilden. Wer sich lediglich für die Bestenliste interessiert, kann zum Ende des Beitrages scrollen. Zwar wird von mir jedes Jahr gejammert, dass das Kino auf dem absteigenden Ast sei, doch auch wenn ein filmisches Highlight 2011 ausblieb, war das Jahr in der Breite relativ gut. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich dieses Jahr mit 150 Filmen so viel wie noch nie gesehen habe. Den Löwenanteil machten dabei die Heimkino-Sichtungen aus, die mit 92:58 gegenüber den Lichtspielhäusern die Nase klar vorn hatten.

Eine Verstärkung des Trends aus dem Filmjahr 2010 – und nicht die Einzige. Mit 58 Kinobesuchen war ich ein Mal öfter vor der großen Leinwand zu finden als im Vorjahr. Lediglich Black Swan und The Tree of Life lockten mich dabei zu Wiederholungssichtungen. Da zudem 35 dieser Kinobesuche auf Pressevorführungen zurückfallen (die mit einem Anteil von 60% gegenüber den 49% des Vorjahres erneut zunahmen), wurde die Sichtung des Großteils der Filme in die eigenen vier Wänden verschoben. Nicht zuletzt lag dies auch an der teils geringen Kopienzahl kleinerer Independent-Filme (speziell im süddeutschen Raum), sowie dem Wunsch, die primär fremdsprachigen Filme in ihrer Originaltonspur zu sehen.

Zu Letzterem bietet jährlich die Berlinale Gelegenheit, auf welcher ein Blogger-Kollege nach eigenem Empfinden viel Mist gesehen zu haben scheint. Nicht jedoch den dortigen Gewinnerfilm Jodaeiye Nader az Simin aus dem Iran, der durchaus überraschend auch bei den Usern der Internet Movie Database (IMDb) mit einer Wertung von 8.6/10 in diesem Jahr am besten wegkam (Stand: 30.12.2011). Auf den Plätzen 2 und 3 folgen dann Warrior und Hugo mit jeweils 8.3/10 – wobei Warrior drei Mal so viele Bewertungen erhalten hat wie Martin Scorseses Liebeserklärung ans Kino. Ein durchaus ungewöhnliches Triumvirat für die User der IMDb, die normalerweise eher Mainstream- und Blockbuster-Kino pushen.

Berechenbarer gab sich da schon das Einspielergebnis an den Kinokassen. Hatte der erste Teil der siebten Harry Potter-Adaption im Vorjahr noch aufgrund seiner Zweidimensionalität das Nachsehen in der Endjahresabrechnung, so setzte sich Harry Potter and the Deathly Hallows: Part II dank 3D-Konvertierung erwartungsgemäß als Jahressieger durch. Mit einem Einspiel von über 1,3 Milliarden Dollar avancierte der Potter-Abschluss zudem zum (vorerst) dritterfolgreichsten Film aller Zeiten (Inflationsunbereinigt) hinter Avatar und Titanic. Ebenfalls die Milliarden-Grenze überschreiten konnten die beiden 3D-Fortsetzungen Transformers: Dark of the Moon und Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides.

Das vierte Abenteuer von Jack Sparrow setzte sich dabei unter anderem in Russland, der Ukraine, Österreich, Griechenland und Südafrika als Favorit der Zuschauer durch, während die Südkoreaner und Chinesen dagegen eindeutig den Kampf außerirdischer Roboter bevorzugten. Japan wiederum folgte dem weltweiten Tenor, sich cineastisch von Harry Potter und Co. zu verabschieden. Ein ähnliches Bedürfnis teilten neben den Japanern zum Beispiel auch die Mexikaner, Finnen, Norweger, Portugiesen und selbstverständlich die Mitglieder des Commonwealth. Egal ob Großbritannien, Australien oder Neuseeland – hier erklomm Harry Potter ebenso den ersten Platz wie im Kinoland Nummer Eins: den USA.

Hatten sich 2010 noch Deutsche und Niederländer gemeinsam an Harry Potter ergötzt, so taten die deutschen Bürger dies 2011 nun allein. Mit durchschlagendem Erfolg strömten die Holländer stattdessen in Linda de Mols Gooische vrouwen – einem Kinoableger ihrer gleichnamigen Fernsehserie. Keine Chance hatte Harry Potter auch in Italien und Frankreich, wo die nationalen Komödien Che bella giornata und Intouchables gar doppelt so erfolgreich liefen. Nationale Komödien wollten auch die Türken (Eyyvah eyvah 2) und Polen (Listy do M.) lieber sehen, während man mit viel gutem Willen diesbezüglich auch den Erfolg von Rio in Brasilien erklären könnte. Und was war eigentlich mit Pixar in 2011?

Wohl nur John Lasseter weiß, wieso er dem im Pixar-Oeuvre wenig beliebten und erfolgreichen Cars mit Cars 2 eine Fortsetzunge bescherte. Zu danken wussten es ihm wenigstens die Menschen in Litauen und Argentinien, die den Animationsspaß zu ihrer Nummer Eins erklärten. Ohnehin tickten Südamerikaner was Kino und Animationsfilme anging etwas anders als der Rest der Welt, bedenkt man, dass in Uruguay, Peru und Kolumbien The Smurfs triumphierte. Ungewöhnliche Jahressieger produzierten aber auch andere Nationen. In Ghana und Nigeria ging dieses Jahr nichts über The Tourist, wohingegen die Spanier im Vampirfieber bevorzugt in The Twilight Saga: Breaking Dawn – Part I strömten.

Als Gewinner darf sich dieses Jahr auch Ryan Gosling fühlen, der den Sprung vom Charakterdarsteller zu einem der angesagten und sehr gefragten Newcomer geschafft hat. In vier Filmen (Blue Valentine, Crazy Stupid Love, The Ides of March, sowie der vielfach gesneakte 2012er Drive) konnte man ihn bewundern – es folgen im kommenden Jahr dann The Gangster Squad und All Good Things. Gewinnerinnen sind auch Natalie Portman und Jessica Chastain, die in gleich sieben Filmen dieses Jahr auftauchten. Chastain entwickelte sich vom unbekannten Gesicht zum everybody’s darling, während Portman nicht nur einen Oscar für ihre Leistung in Black Swan erhielt, sondern auch einen Sohn zur Welt brachte.

Besonders überzeugendes Schauspiel bot dieses Jahr auch Claire Danes in der HBO-Biographie (über) Temple Grandin, sowie in der Showtime-Serie Homeland. Nicht weniger stark zeigte sich Lesley Manville als einsame Alkoholikerin in Another Year, während Choi Min-sik in Akmareul boatda das tat, was er am besten kann: gestörte Mörder spielen. Als viel versprechendste Newcomerin tat sich Jennifer Lawrence in Winter’s Bone hervor und den gelungensten Animationsfilm fand man in Kari-gurashi no Arietti aus dem Hause Ghibli. Was das Fernsehen anbetrifft, ging in einem eher schwachen Jahr nichts über The Big Bang Theory und das gefälligste Videospiel wiederum gab Rocksteady’s Batman: Arkham City ab.

Was bleibt vom Filmjahr 2011 also hängen? Wie schon das Vorjahr taten sich die 3D-Filme hervor. Nur selten wie in Sanctum oder TRON: Legacy wurde direkt in 3D gedreht, ansonsten eher schlecht als recht wie in Thor konvertiert. Zudem war es erneut das Jahr der Fortsetzungen, mit Rio als einzigem Vertreter unter den zehn eintragreichsten Filmen, der nicht auf einem Vorgänger oder einer Reihe basierte. Daran wird sich auch 2012 mit Produktionen wie The Dark Knight Rises, The Amazing Spider-Man, Skyfall oder The Avengers nichts ändern. Aber um allmählich zum Punkt zu kommen, präsentiere ich nun meine zehn besten Filmen des Jahres 2011 (die Flop Ten sowie Runner-ups finden sich als erster Kommentar):


10. Le quattro volte (Michelangelo Frammartino, D/I/CH 2010): Stillschweigend überschreitet Frammartino die Grenzen zwischen Dokumentation und Spielfilm und folgt in seinem Werk der Seelenlehre des Mathematikers Pythagoras. Dabei liefert er faszinierende Bilder aus Kalabrien, die den Zuschauer mit ihrer anmutigen Poesie in den Bann ziehen. Am Ende steht ein imposantes Konstrukt, das in seiner dialogfreien Entstehung wie Produktion aufzeigt, wie sich Form und Materie verändern.

9. Kynodontas (Giorgos Lanthimos, GR 2009): Lanthimos ist ein ungemein faszinierender Film gelungen, getreu dem Marquis de Sade: „Jedes universale Moralprinzip ist ein vollkommenes Hirngespinst“. Es wird nicht wirklich viel gesprochen oder agiert in dieser Geschichte über Aufklärung und Selbstbestimmung, was jedoch keineswegs dazu führt, dass der Film an Aufmerksamkeit einbüßt. Das Resultat sind dabei zahlreiche absurd-komische Erziehungsmaßnahmen in dem lustigsten Film des Jahres.

8. Waste Land (Lucy Walker, BR/UK 2010): Über 7.000 Tonnen Müll produziert Rio de Janeiro jeden Tag, die auf der Mülldeponie Jardim Gramacho landen. Hier recyclen catadores (Müllsammler) den Abfall. Der brasilianische Künstler Vik Muniz involvierte einige von ihnen für eine seiner Installationen. Walkers Film lebt von seinen tollen Protagonisten wie Tião, Zumbi, Isis oder Valter und zeigt, wie man aus wertlosen Dingen wertvolle Kunst macht - und dabei das Leben von Menschen verändert.

7. Another Year (Mike Leigh, UK 2010): Leigh präsentiert eine absurd harmonische Ehe, was sich allerdings nur dadurch feststellen lässt, da sie stets mit der tristen Einsamkeit ihrer scheinst trostlosen Umgebung kontrastiert wird. “Life’s not always kind, is it?“, resümiert Lesley Manville, das Herz des Films, in einer Szene treffend. Ohnehin ist das exzellent gespielte Drama ein an Höhepunkten armes Charakterkino erster Güte, dessen eigentliche Stars seine deprimierend depressiven Verlierer sind.

6. Winter’s Bone (Debra Granik, USA 2010): Getreu einer buddhistischen Legende sehen, hören und sagen die Figuren in dieser Adaption von Daniel Woodrells Roman nichts Böses. In einer maskulin dominierten Welt voller Tristesse und Hoffnungslosigkeit obliegt es dem unbändigen Willen der jungen Ree, die Existenz ihrer Familie zu sichern. In dem hervorragend spielenden Ensemble sticht Lawrence heraus, in einem Mittelstaaten-Drama, das so packend und spannend gerät wie kein zweiter Film 2011.

5. La piel que habito (Pedro Almodóvar, E 2011): Der Mann aus La Mancha untermauert sein Können mit diesem grandiosen Horror-Thriller, in welchem er sich nicht zu schade ist, seinen Twist bereits im zweiten Akt zu präsentieren. Dass dieser nicht nur dennoch, sondern gerade deswegen funktioniert, zeichnet Almodóvars Talent aus. Fortan entwickelt sein Film eine Sogwirkung, die schlussendlich zu einem vorhersehbaren, konsequenten und trotz allem dadurch nicht minder packenden Ende führt.

4. The Tree of Life (Terrence Malick, USA 2011): Wie in all seinen Werken präsentiert Malick den ewigen Zwiespalt zwischen Natur und Gnade – hier mit besonders prägnanten metaphysischen Analogien. Audiovisuell so anmutig erhaben wie schlichtweg meisterlich, fetischisieren die Bilder die physikalische Natur zu einem Kaleidoskop von Filmgemälden. Bei all seinen tieferen Lesarten ist Malicks Film subsumiert dennoch ein Familiendrama als Zeitkolorit und dabei stark biographisch gefärbt.

3. Inside Job (Charles Ferguson, USA 2010): Die Wirtschaftskrise kostete 2008 Millionen Menschen ihr Vermögen, ihre Jobs und ihr Eigentum. In seinem Erklärstück schildert Ferguson, wie es dazu kommen konnte. Am Ende raucht einem zwar der Kopf vor lauter Deregulierungspolitik und predatory loans, aber Fergusons Film überzeugt durch sein ehrliches und strukturiertes Anliegen nebst humorvollen Auflockerungen. “Banking became a pissing contest” heißt es an einer Stelle so sarkastisch wie wahr.

2. The Tillman Story (Amir Bar-Lev, USA 2010): Einen so besonderen Menschen wie Pat Tillman kann man nicht mal backen, selbst wenn man wollte. Er war ein NFL-Spieler, der seinen Profivertrag aufgab, um für sein Land zu kämpfen – und dafür bezahlte er mit seinem Leben. Bar-Lev inszenierte einen schockierenden und bewegenden Film über eine starke Familie und zugleich ein entblößendes Dokument über den verlogenen Charakter der US-Regierung und die gefährliche Natur ihrer Soldaten.

1. Senna (Asif Kapadia, UK 2010): Die Geschichte des brasilianischen Ausnahmesportlers ist eine Geschichte voller legendärer Momente, von Kapadia chronologisch begleitet. Fabelhaft musikalisch untermalt, brilliert diese Dokumentation durch die unglaubliche Arbeit der Cutter, die ausschließlich aus Archivmaterial (!) ein dramaturgisch stringentes, vielschichtiges und atemberaubendes Stück Film konstruierten. Spannend. Emotional. Intensiv. Also nicht unähnlich der Karriere von Senna selbst.

15. Dezember 2011

Le quattro volte [Vier Leben]

„Du bist Erde und sollst zu Erde werden“
(1. Mose, 3,19)


Der Mensch ist ein Teil seiner Umwelt, darauf machte ihn bereits Gott aufmerksam, als er ihm beim Sündenfall erklärte: „Du bist Erde und sollst zu Erde werden“ (1. Mose, 3,19). Aus dem Ackerboden hatte Gott den Menschen erschaffen, zu Ackerboden würde er nach seinem Ableben wieder werden. Ein Kreislauf des Lebens, wie ihn auch Pythagoras sah. Dessen Lehre von der Seelenwanderung folgend inszenierte Michelangelo Frammartino seinen Film Le quattro volte, der dem Titel gemäß von vier Lebensbereichen berichtet: Mensch, Tier, Pflanze und Mineral. Zwischen heidnischen Traditionen und christlichem Glauben fasziniert das Leben dabei in all seinen Facetten.

Hierfür ging Frammartino ins italienische Kalabrien, Heimat von Hirten und Köhlern. Dort wird seit Jahrhunderten Holzkohle im langsamen Prozess in der gleichen Art und Weise von Hand hergestellt. Zu Beginn des Films zeigt die Kamera eine Lieferung von Holzkohle an die Dorfbevölkerung. Zum Schluss sehen wir, wie diese Holzkohle von den Köhlern produziert wird. Zuerst wird aus Holzstämmen ein Schacht gebaut, anschließend um diesen ein Holzwall errichtet. Bedeckt wird erst mit Stroh, dann mit Erde. Am Ende steht ein imposantes Konstrukt, das in Entstehung wie resultierender Produktion zeigt, wie sich Form und Materie verändern. Ein durchgängiges Motiv des Films.

In vier Episoden teilt sich Le quattro volte auf, nahtlos ineinanderfließend. Das zentrale Segment ist das erste, das den Alltag eines alten Ziegenhirten zeigt. Gebrechlich schleppt er sich über schmale Waldpfade, um abends hustend in einem kargen Zimmer zur nächtlichen Ruhe zu finden. Sein einziger sozialer Kontakt scheint die Putzkraft in der örtlichen Kirche zu sein, die ihm gegen eine Flasche Ziegenmilch etwas vom zusammengekehrten Staub des Kirchenbodens überlässt. Der Hirte trinkt das – verdünnt –, im Glauben es habe therapeutische Eigenschaften. Als er den Staub eines Tages vergisst, eilt er des Nachts zur Kirche und klopft verzweifelt an der Pforte.

Kontrastiert wird die Figur des alternden Hirten mit der Geburt eines Zickleins. Tod mündet wieder in Leben. Ähnlich wie der Hirte zuvor ist das Zicklein zwar Teil einer Gemeinschaft, aber dennoch ein Außenseiter. Gilt es in einer Szene, sich gegen die Artgenossen zu behaupten, folgt ihr danach eine dramatische Entwicklung. Beim ersten Ausgang mit der Herde fällt das Zicklein in einem Waldgraben zurück und avanciert aus biblischer Sicht somit zum verlorenen Schaf. So verzweifelt wie der Hirte zuvor an dem Kirchengemäuer geklopft hat, blökt das Zicklein um Hilfe. Zuflucht bietet ihm später erst eine große imposante Tanne des kalabrischen Gebirges.

Überhaupt fallen die Naturaufnahmen von Frammartino nicht minder beeindruckend aus als das narrative Gerüst seines Films. In ruhigen, langen Einstellungen porträtiert er Kalabrien, dabei immer wieder auch das Normannenkastell in der Provinz Vibo Valentia aus der Ferne einfangend. Wie aus einer anderen, bisweilen bereits verblichenen Zeit mutet die Szenerie oft an. Egal ob Vibo Valentia, das Städtchen Caulonia oder das Dorf Alessandria del Carretto – der rustikale Charme von Kalabrien findet sich in allen wieder. Nahezu meditativ geraten die dialogfreien Bilder von Kameramann Andrea Locatelli, die selten von Paolo Benvenutis Musik untermalt werden.

Jene Tanne, unter der das Zicklein dann Zuflucht gesucht hat, repräsentiert den vegetativen Bereich. Im Zuge der Festa della Pita, einer von den Langobarden stammenden heidnischen Tradition des Dorfes Alessandria del Carretto, wird die Tanne gefällt. Gemeinsam tragen die Bewohner den Baum, wieder Teil einer Gemeinschaft und doch allein, nachdem sie ihn entästet haben ins Dorf. Dort wird er aufgestellt und dient der Festprozedur. Hat die Tanne ihren Zweck erfüllt, wird sie zerkleinert und den Köhlern übergeben. Der Kreislauf schließt sich, wenn aus jener Tanne Holzkohle gewonnen wird, die den Bewohnern des Dorfes des Hirten zum Feuermachen dient.

Ein besonderes Augenmerk richtet Le quattro volte dabei auf Prozeduren und Traditionen. Sei es das jährliche Fest der Tannenbesteigung, der Glaube an die heilenden Kräfte des Kirchenstaubs oder ein Passionszug, der in einer Szene die Hütte des Hirten passiert und ein ungewöhnliches Ende findet, als der Hund des Hirten dazwischenfährt. Frammartino ist ein faszinierender Einblick in die kalabrische Kultur gelungen, mit harmonisch abgestimmten Bildern voll nachhaltiger Poesie. Was teilweise wie eine essayistische Dokumentation anmutet, ist vielmehr ein schweigsamer Spielfilm mit pythagoreischen Anklängen. Und einer der schönsten Filme des Jahres.

8/10