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15. April 2015

Better Call Saul – Season One

Can you keep a secret? Because I really shouldn’t be telling you this.

Irgendwann ist für jede Serie Schluss, egal wie erfolgreich sie läuft. Das unterscheidet Friends nicht von Breaking Bad. Und dennoch bietet sich natürlich stets die Möglichkeit, auf eine Art und Weise dennoch zumindest zu versuchen, die Kuh noch weiter zu melken. So erhielt seinerzeit Matt LeBlanc mit Joey ein Spin-off zur vielleicht amüsantesten Figur des New Yorker Freundeskreises und auch der Comic Relief von Breaking Bad, Bob Odenkirks Saul Goodman, durfte sich zu Beginn des Jahres in Better Call Saul auf Netflix austoben. Das Ergebnis ist sicher nicht so gut wie die letzten Staffeln Breaking Bad, behauptet sich aber dennoch souveräner als es Joey vor neun Jahren tat (selbst wenn Joey Ratings hatte, von denen BCS nur träumt).

Die Frage war, ob die Nebenfigur aus Vince Gilligans schon Kult gewordener Serie eine eigene Handlung tragen kann. Und was in dieser eigentlich erzählt werden soll. Was das betrifft, dreht sich Better Call Saul darum, wie Saul Goodman die Figur wurde, die sie ist. Wo in Breaking Bad Walter White zu Heisenberg mutierte, gilt es also auf lange Sicht auch für Jimmy McGill (Bob Odenkirk), eine Transformation abzuschließen. Vince Gilligan und Peter Gould zeigen in Better Call Saul eine ehrbarere Version jenes Winkeladvokaten, den wir aus Breaking Bad kennen. Jimmy, im Hinterzimmer eines Nagelstudios hausend, kämpft mehr um als für Klienten – und allen voran um den Respekt seiner Kollegen darunter den seines Bruders Chuck (Michael McKean).

Der ist Co-Partner seiner eigenen respektablen Anwaltskanzlei, allerdings seit einem Jahr krankgeschrieben, weil er unter einer elektromagnetischen Allergie zu leiden vorgibt. In Rückblenden dröselt die Serie die Ursprünge von Jimmy auf, der einst als Slippin’ Jimmy in seiner Heimatstadt Gaunereien betrieb, ehe er im Gefängnis landete. Einen Neuanfang mit Chuck in Albuquerque wagend, strebt Jimmy nach dem Beispiel seines Bruders. Funktionieren will es aber nicht so recht. Und so schlägt sich Jimmy im Kampf um Mandanten mit Chucks Partner Howard Hamlin (Patrick Fabian) herum oder mit Kriminellen wie Nacho (Michael Mando) und dem pedantischen Mautstellen-Bediener und Ex-Cop Mike (Jonathan Banks).

Ein übergreifendes Thema besitzt Better Call Saul in seiner zehn Episoden umfassenden ersten Staffel nicht. Vielmehr verschiedene Subplots, die sich teils überlappen. Beispielsweise ein Ehepaar, das Millionengelder veruntreut haben soll und Justizbeistands bedarf. Oder ein Seniorenheimunternehmen, das seine Klienten finanziell ausbeutet. Auch Mike, die zweite aus Breaking Bad bekannte Figur, hat ihren eigenen kleinen Subplot rund um eine Polizeiermittlung alter Kollegen als Folge eines Mordes an Mikes Sohn. Immer wieder kommen Gilligan und Gould jedoch zurück auf den Konflikt zwischen Jimmy und Howard Hamlin, in dessen Schussfeld mit Kim (Rhea Seehorn) auch jemand steht, der mit Jimmy befreundet ist, aber für Hamlin arbeitet.

Und dennoch funktioniert die Show trotz des nur bedingt vorhandenen roten Fadens die meiste Zeit ganz gut. Immerhin ist der Fall der Figur das eigentliche Thema, selbst wenn die Serie dieses sehr gemächlich verfolgt. Manche offene Baustelle, wie Hamlins Animosität gegenüber Jimmy, wird zum Ende der ersten Staffel sogar geklärt, andere derweil (noch) nicht. Ist Kim eine Ex-Freundin von Jimmy oder doch nur gute Bekannte und was genau sieht sie in einem Mann, der augenscheinlich keine sozialen Kontakte zu haben scheint, aber dennoch – und dies wird als eine seiner Stärken beschrieben – als sozial sehr umgänglich gilt? Wirklich hinter die Fassade von Saul Goodman beziehungsweise Jimmy McGill können wir nicht blicken.

Zuvorderst lebt Better Call Saul daher vom vorzüglichen Spiel Bob Odenkirks, der bereits in Fargo in einer Nebenrolle auftrumpfte. Odenkirk versteht und beherrscht seine Figur, macht sie sich zu eigen und haucht ihr folglich Authentizität ein. Das übrige Ensemble macht seinen Job ebenfalls sehr gut, allen voran Michael McKean in einer bisweilen doch auch nervigen Rolle. Jonathan Banks’ Spiel wiederum ist weitaus zurückgenommener als das seiner Kollegen, ähnlich wie Odenkirk profitiert er von der Tatsache, dass ihn mit seiner Figur schon eine Jahrelange Geschichte verbindet. Allerdings wirkt die Beziehung zwischen Jimmy und Mike noch etwas unreif, zumindest nicht so harmonisch wie manch andere Verbindung zu Breaking Bad.

Eindrucksvoll ist die Serie auch aufgrund ihrer Inszenierung. Nicht nur der Look kann mit den HBO-Pendants mithalten, gerade die Locations und Mise-en-scene – der sich manche Filmseite wie IGN sogar sehr detailliert und analytisch widmet – heben Better Call Saul von anderen Network-Serien ab. Getreu dem Motto: Ist das noch Fernsehen oder schon Kino? Visuell-ästhetisch und darstellerisch kommt Gilligans und Goulds Spin-off folglich weitaus besser weg als von seinem Inhalt. Ob es für diesen wirklich zehn Folgen gebraucht hat oder es nicht auch acht getan hätten (wie in der zweigeteilten fünften Staffel von Breaking Bad) sei dahingestellt. Nach gutem Start flachte die Serie etwas ab, fing sich jedoch kurz nochmal.

Neben Mijo (mit einer Gastrolle eines weiteren Breaking Bad-Alumni) überzeugten dabei im ersten Jahr am meisten noch Five-O und RICO, während das Staffelfinale zwar einerseits seine Stärken hat, jedoch in seinem Schluss etwas unausgegoren wirkt. Zumindest ist der Ansatz, die Korruption einer im Kern guten Figur zu zeigen, etwas interessanter als in Breaking Bad. Dies mag auch daran liegen, dass Jimmy weitaus mehr hadert und Widerstand leistet als Walter White. In welche Richtung die zweite Staffel geht, lässt sich nicht sagen. Klar ist jedoch, dass Better Call Saul kaum mehr Luft haben dürfte, um über ein zweites, im besten Fall drittes Jahr hinaus zu bestehen. Denn irgendwann ist für jede Serie Schluss.

7.5/10

26. Juni 2014

Fargo – Season One

What if you’re right and they’re wrong?

Wenn tatsächlich Filme mal einen TV-Ableger produzieren, dann in Regel einen in Animationsform. Aber auch Hits wie Ferries Bueller’s Day Off oder Highlander erhielten Fernsehformate, dass es aber eine TV-Version eines Films von Joel und Ethan Coen geben würde, war so nicht vorhersehbar. Immerhin sind die Werke der Brüder oft weitestgehend in sich abgeschlossen. Und dennoch schickte sich dieses Jahr Noah Hawley – der seine Meriten zuvor als Autor und Produzent bei Bones verdient hat – an, das coensche Kult-Meisterwerk Fargo als Miniserie umzusetzen. Die zehnteilige Serie ist nun einerseits ziemlich referentiell an den 1987er Film angelegt, zu dem sie ein Spin-off darstellt. Sie weicht jedoch auch ausreichend genug ab.

Spielte die Originalgeschichte in Minneapolis und Brainerd, Minnesota im Jahr 1987, wo der Autoverkäufer Jerry Lundegaard seine Ehefrau von zwei Schmalspurganoven aus Fargo, North Dakota entführen ließ, nur um von der schwangeren Polizeichefin Marge Gunderson überführt zu werden, setzt die Serie 19 Jahre später ein. Im Jahr 2006 treffen sich zufällig der maliziöse Verbrecher Lorne Malvo (Billy Bob Thornton) und der duckmäuserische Versicherungskaufmann Lester Nygaard (Martin Freeman) in einer Krankenhaus-Notaufnahme. Und treten aufgrund von Misskommunikation eine Lawine von Ereignissen los, die in den nächsten zwölf Monaten zahlreiche Menschen – schuldige wie unschuldige – das Leben kosten wird.

Plötzlich sind Lesters nervige Ehefrau und der Polizeichef von Bemidji, Minnesota tot – und Lester der Hauptverdächtige. Zumindest wenn es nach Polizistin Molly Solverson (Allison Tolman) geht. Von deren Thesen will der neue schusselige Polizeichef Oswalt (Bob Odenkirk) aber nichts wissen. Währenddessen ist Lorne Malvo bereits weitergezogen, zu seinem nächsten Opfer. Der bibeltreue Supermarkt-Magnat Stavros Milos (Oliver Platt) wird erpresst – für Malvo der Beginn eines perfiden Psychospiels. Seine Schatten wirft er jedoch auch auf den Straßenpolizisten Gus Grimly (Colin Hanks), der einen Fehler begeht und diesen wieder korrigieren will. Und auch an Fargo und dem dortigen Mafia-Kartell gehen die Ereignisse nicht spurlos vorbei.

Die Handlung ist somit weitestgehend eine andere zwischen Fargo, der Serie und Fargo, dem Film. Dafür ähneln sich einige Figuren ziemlich stark. So ist Martin Freemans Lester Nygaard ebenso deutlich an Jerry Lundegaard angelegt wie Allison Tolmans Molly Solverson an Frances McDormands Marge Gunderson. Und wenn später zwei Auftragskiller in Person von Adam Goldberg und Russell Harvard auf den Plan treten, wirken die wie weniger schusselige Versionen von Steve Buscemi und Peter Stormare. Bob Odenkirks Polizeichef erinnert derweil mehrfach an den armen Officer Lou aus dem Original, während Billy Bob Thorntons Lorne Malvo am ehesten in Anton Chigurh aus No Country for Old Men wohl sein Vorbild findet.

Wie dieser wirkt Malvo wie das wandelnde Böse, allerdings weniger als naturell denn willentlich. Lorne Malvo ist durchtrieben und bösartig – und auch deshalb das eigentliche Highlight von Noah Hawleys Fargo. Da darf er in Tieranekdoten seinen Gegenübern subversiv drohen oder diese in teils semantische Diskussionen verwickeln (Letztere erinnern erneut an Chigurh). Billy Bob Thornton spielt die Figur dabei bis zur Perfektion, was allerdings nicht allzu bemerkenswert ist. Denn generell agiert das Ensemble von Fargo am Limit, was auch der wie so oft brillante Martin Freeman veranschaulicht. Hinzu kommen starke Leistungen aus der zweiten Reihe, seien sie von Bob Odenkirk oder Kate Walsh als verwitwete, alkoholabhängige Ex-Stripperin.

Wirkt Fargo in den ersten Folgen noch ziemlich nah – fast zu nah – am Kinofilm, beginnt sich die Show ab der Mitte glücklicherweise verstärkt zu emanzipieren. Besonders in Person von Freemans Lester Nygaard, der in bester Nietzsche-Manier solange in den Abgrund geblickt hat, bis der sich in ihm selbst breit macht. Seine Entwicklung dürfte selbst Walter White zur Pastorentochter werden lassen, wenn er mehr und mehr zu einer Art Frankensteins Monster mutiert. Hawley selbst ordnet seine Serie einem klaren Gut-Böse-Schema unter, dessen helle Seite von den Gutmenschen wie Molly Solverson, ihrem Vater und Ex-Polizisten Lou (Keith Carradine) sowie Gus Grimly und dessen Tochter Greta (Joey King) verkörpert werden.

Man kann der Serie nun durchaus vorwerfen, dass die Nebenhandlungen mit Oliver Platt sowie Adam Goldberg und Russell Harvard nicht wirklich irgendwohin führen und dafür wiederum das Ende etwas überhastet abgespult wird. Dafür gewinnen die finalen Episoden enorm an Spannung, da zwar der Ausgang an sich in gewisser Weise vorhersehbar ist, nicht jedoch,wie er zustande kommt. Bemängeln ließen sich natürlich auch die zahlreichen Referenzen und Hommagen an die Werke der Coens. Diese stören mal mehr, mal weniger. So wird Marge Gundersons Finalpredigt wiederholt wie es auch Zitate zur Restaurant- und Parkhausszene gibt. Selbst das Schlussbild hat Noah Hawley eins-zu-eins für seine Serie übernommen.

Amüsanter sind dagegen die etwas subtileren Querverweise. Beispielsweise, wenn Malvo im Finale Morton’s Fork einen Gebrauchtwagen entwendet und dessen Kennzeichen (“DLR“) mit der Kamera eingefangen wird. Oder wenn das Haus von Lesters Bruder von seinem Schnitt her an das der Lundegaards angelehnt ist. Hinzu kommt eine geniale Plansequenz in Who Shaves the Barber? – selten wurde besser veranschaulicht, dass weniger in den meisten Fällen tatsächlich mehr ist. So unterhaltsam Billy Bob Thorntons Figur aber ist, zeigen sich gerade zu Beginn bereits erste Abnutzungserscheinungen seiner Charakterzüge. Glücklicherweise emanzipiert er sich jedoch wie Lester und Molly im Verlauf der Serie etwas von ihren coenschen Vorlagen.

Insofern ist Noah Hawleys Fargo im besten Sinne coenesk, wird die Serie doch von ihren Figuren bestimmt und von deren Widrigkeiten. Zu den besten Folgen zählen wohl Who Shaves the Barber? und A Fox, a Rabbit and a Cabbage, generell ist wie angesprochen die zweite Hälfte der Serie der ersten überlegen. Fargo ist dabei nicht nur etwas für Fans der Coens und des 1987er Films, die ganzen Zitate sind allerdings eindeutig für die Coen-Heads. In seiner Summe also kann die Fernsehverwertung des zweifachen Oscarpreisträgers somit als gelungen erachtet werden. Ob es allerdings wirklich einer zweiten Staffel – die wie True Detective neu strukturiert werden soll – bedarf, sei dahingestellt. Sehenswert ist Fargo aber allemal.

7.5/10