25. Juni 2015

Game of Thrones – Season Five

The gift of a great name. Sometimes that’s all one needs.

Seit vier Jahren begeistert HBO’s Game of Thrones, jene Fantasy-Adaption von George R. R. Martins Romanserie, die 1996 begann, die Zuschauer weltweit. Jüngst ging die fünfte Staffel zu Ende, womit nunmehr – erstmals – die Fernseh- wie die Romanserie inhaltlich auf derselben Höhe sind, dienen doch die Ereignisse des fünften Romans A Dance with Dragons als Vorlage für die fünfte Staffel. Als Game of Thrones seinerzeit debütierte, verfolgte ich die ersten drei Episoden, legte die Show jedoch alsbald als „Lord of the Rings fürs Pay-TV“ zu den Akten. Zufällig habe ich nun die fünfte Staffel dieses Jahr gesehen, als Einstieg in die Materie – und warum auch nicht. So bot sich mir ein Blick von außen, was vielleicht auch ganz zuträglich ist.

Nun mag man sagen, für Game of Thrones braucht es das Vorwissen – wenn schon nicht der Romane, dann doch der Vorgängerstaffeln. Andererseits lässt sich die Qualität der Serie womöglich wenn schon nicht besser, dann doch zumindest interessanter mit einer Perspektive von außen einschätzen. Zudem sich ja vielerlei Pop-Kultur im Web 2.0-Zeitalter ohnehin nicht umschiffen lässt, somit auch Außenstehende wissen, was mit dem Familienclan der Starks (Red Wedding!) geschah oder “Winter is coming” eigentlich heißt. Und grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Serie zumindest produktionstechnisch – zum Glück – zugelegt zu haben scheint seit dem ersten Jahr. Aber kann auch der Inhalt einen Serien-„Wildling“ überzeugen?

Eines der großen Probleme der Serie scheint mir die Vielzahl der Charaktere und Handlungsstränge zu sein. Nicht so sehr, weil sie mir nicht alle vertraut sind, sondern weil manche von ihnen bisweilen eher sporadisch auftauchen und wenig zu tun haben. Beispielsweise jene Sequenzen rund um Arya (Maisie Williams) in Braavos, wo die zweitjüngste Stark-Tochter bestrebt ist, im House of Black and White mit Hilfe von Jaqen H’ghar (Tom Wlaschiha) eine(r) der Faceless Men zu werden. Ein beispielhafter Handlungsstrang zugleich, um zu verdeutlichen, dass sich die Handlung aller Plotlines in der Serie sehr gestreckt anfühlt. Weitaus ausgedehnter, um das, was sie dem Zuschauer mitteilen wollen auch mitzuteilen. Weniger ist manchmal mehr.

Ähnlich verhält es sich auch mit jener Episode, die Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau) nach Dorne führt, wo er seine Tochternichte zurück nach King’s Landing bringen will, die im Süden der Liebe wegen weilt. Es wirkt wie Beschäftigungstherapie für die Figur in einem Nebenstrang, der viel Lärm um nichts macht. Auch hier wird, wie andernorts in Westeros, intrigiert – in diesem Fall von Ellaria Sand (Indira Varma), die ihre Töchter Rache an der Lannister-/Baratheon-Tochter für einen Todesfall üben lassen will. Viele grimmige Gesichter, zumindest ein netter Szeneriewechsel und schließlich weiteres Drama wirken inzwischen mehr als Selbstzweck einer Serie, die sich – so hört man – das Entledigen ihrer Figuren zum Merkmal gemacht hat.

Ähnlich stagnierend erscheinen die Geschehnisse in King’s Landing, wo Cersei Lannister (Lena Headey) als Strippenzieherin selbst in jene Grube fällt, die sie für andere gegraben hat. Ihre perverse Vergangenheit holt die Königsmutter ein, als sie in die Schusslinie des High Sparrows (Jonathan Pryce) und seiner religiös-fanatischen Spatzen gerät. Womöglich erklärt Martin in seinen Romanen wieso jene – zahlenmäßig eher geringen – Fanatiker relativ tun und lassen können was sie wollen. Und infolgedessen de facto die Hauptstadt regieren. Mir scheint, das Haus Baratheon/Lannister war schon mal mächtiger, wenn hier beliebig königliches Geschlecht in Kerker geworfen und sonstige Prominenz nebenbei nonchalant ermordet wird.

Interessanter, wenn auch nicht minder in die Länge gezogen, sind da schon die Ereignisse im Norden. Der schmierige Petyr Baelish (Aidan Gillen) liefert Sansa Stark (Sophie Turner) in ihrer alten Heimat ab, überlässt sie dort den Mördern ihrer Familie und soll durch Vermählung mit diesen, namentlich Ramsay Bolton (Iwan Rheon), ihr Überleben sichern. Und die Mörder durch die Beziehung mit einem Nachkommen ihrer Vorgänger ihre Position stärken. Was folgt, sind Szenen einer Ehe, kulminierend in einem – relativ harmlos inszenierten, aber dennoch im Internet mit “shock value” wahrgenommenen – Ereignis zum Abschluss von Unbent, Unbowed, Unbroken. Glücklich, so scheint es, kann in Game of Thrones keiner der Protagonisten werden.

Schon gar nicht im Norden, wo sich das Elend die Hände reicht und Blut reicher fließt als Wasser. Als neuer Nachtwachen-Kommandeur ist Jon Snow (Kit Harington) bestrebt, die Wildlinge jenseits des Walls auf seine Seite zu bringen. “Winter is coming” und damit die Zombies. Derweil plant Stannis Baratheon (Stephen Dillane) den Sturm auf Winterfell als Zwischenstation zur Hauptstadt und den Iron Throne. Der ist auch Wunschobjekt im östlichen Essos, wo Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) Halt in Meereen macht, sich dort jedoch mit ihren eigenen Fanatikern, den Sons of the Harpy, rumschlagen muss. Da passt es, dass ihr verjagter (Ex-)Vertrauensmann Jorah Mormont (Iain Glen) mit Tyrion Lannister (Peter Dinklage) auftaucht.

Die Geschehnisse im Norden wie im Osten sind die spannenderen Dramen, die Game of Thrones erzählt. Dabei will ich zugestehen, dass manch narrative Länge auch dadurch bedingt ist, dass immer wieder die Handlung unterbrochen und nach King’s Landing, Braavos, Dorne oder sonst wo geschnitten wird. Dennoch lässt mich der Eindruck nicht los, dass viel von dem, was sich Staffel 5 zur Brust nimmt, auch zügiger hätte erzählt werden können. Sei es Cersei Lannister und der High Sparrow, Jon Snow und die Wildlinge oder Daenerys und die Zustände in Meereen. Auch, weil in jeder Handlung relativ wenig geschieht, was jedoch nicht immer etwas Schlechtes sein muss. Vielmehr liegt hierin auch eine, wenn nicht die Stärke der Show.

Faszinierend gerät die Serie oft, wenn zwei (entscheidende) Figuren das Gespräch miteinander suchen. Und sich dabei aneinander und dem Charakter oder den Idealen ihres Gegenübers aufreiben. Perfektioniert natürlich von Peter Dinklages Publikumsliebling, aber auch Aidan Gillen lässt genüsslich den ihm zugeschriebenen Text von der Zunge rollen. Game of Thrones lebt zuvorderst von den Figuren und ihrem Verhältnis zueinander. Entsprechend überzeugen die Dialoge, wie zwischen Jon Snow und Mance Rayder (Ciarán Hinds) im Staffelauftakt The Wars to Come oder Tyrion Lannister und Daenerys in Hardhome. Beide zählen mit Kill the Boy zu den herausragenden Folgen einer sonst zwar unterhaltsamen, aber wenig mitreißenden Staffel.

Zweifelsohne mag die Serie dabei für all jene, die ihr seit vier Jahren treu geblieben sind oder die Bücher kennen eine andere, intimere Rolle einnehmen. Solche Zuschauer nimmt das Schicksal von Arya vermutlich mit, genauso wie die etwaigen Tode, die insbesondere das Staffelfinale Mother’s Mercy abrunden. Für sie mag sich auch manche Situation mehr erklären, was hinter den Handlungen von Petyr Baelish steckt, wieso Daenerys Meereen so wichtig ist oder was für eine Rolle – falls überhaupt – Dorne für das größere Ganze in Westeros spielt. Wie wichtig ist der Iron Throne, wenn kleinere religiöse Gruppen wie die Faceless Men, Sparrows oder Sons of the Harpy in ihren Städten ohnehin das Geschehen regeln? Oder zu regeln scheinen.

Womöglich (vermutlich?) finden sich die Antworten in den Vorgänger-Staffeln oder der Buchreihe, ist man als Außensteher insofern doch etwas verlassen. Genauso was die emotionale Wucht angeht, die all jene Missetaten gegen lieb gewonnene Figuren oder gar deren Tod auszulösen scheint. Die einen verfluchen das in den sozialen Medien und drohen mit dem Serien-Bruch, für die anderen liegt hier ein kongeniales Spiel mit den Erwartungen. Mit Blick von außen wirkt nicht jeder Mord zwingend sinnig, eher als Schockmoment, wie man es in der Hochphase von Serien wie Lost kannte. Angesichts so mancher Figur, die im Finale – scheinbar (?) – Lebewohl gesagt hat, ist fraglich, wie ihr Handlungsstrang nun im nächsten Jahr weitergehen soll.

Ohnehin steht die Serie als solche nun vor einem Fragezeichen, wo sie jetzt auf Augenhöhe mit den Büchern ist. George R. R. Martin hofft, The Winds of Winter vor der sechsten Staffel zu publizieren, was HBO bis zum siebten und finalen Band, der womöglich erst in einigen Jahren erscheint, erzählen will, ist für mich fraglich. Grundsätzlich lässt sich nach Sichtung dieser Staffel schon eher nachvollziehen, wieso um die Serie ein derartiger Hype existiert. Selbst wenn ich diesen nicht teilen kann, obschon Game of Thrones viele Elemente besitzt, die durchaus anregend sind. Allen voran spannende (Neben-)Figuren wie Alexander Siddigs Prinz Doran Martell oder Liam Cunninghams Sir Davos. Letzterer begeistert sogar einen Außenstehenden.

7/10

4 Kommentare:

  1. Und? Hast du nun Lust darauf bekommen die anderen Staffeln noch nachzuholen? Ich habe diese 5. ja noch nicht gesehen, kenne aber die Ereignisse (zumindest ungefähr) aus den Büchern...

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    1. Bei Gelegenheit würde ich die vorherigen Staffeln sicher nachholen, allerdings bin ich nicht gewillt pro Staffel 20-40 Euro auszugeben. Das ist die Show für meinen Geschmack nicht wert.

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  2. Ich wollte gerade die gleiche Frage stellen, wie Moviescape und die Antwort ja schon bekommen. Ein interessanter Ansatz hier die fünfte Staffel in weitestgehender Unkenntnis der anderen vier Seasons zu besprechen. Game of Thrones gehört meiner Meinung nach schon zu den potentiell besten Serien, die jemals für das Fernsehen produziert worden sind. Dieses Urteil steht und fällt aber natürlich mit dem weiteren Verlauf, denn du hast völlig recht: Sobald die Serie aus den Augen verliert, was ihre eigentliche Stärken sind (feinsinnige Charakerzeichnungen und die Interaktion, das Ränkespiel der einzelnen Figuren) und stattdessen den Schockmoment in den Vordergrund stellt (was sich sowieso relativ schnell abnutzt), besteht die Gefahr dem Mittelmaß entgegen zu taumeln. Wobei GoT ohnehin das klassische Beispiel für eine über jedes gesunde Maß gehypte Serie ist. Je länger die Serie laufen wird, desto höher werden die Erwartungen sein, die die Macher der Serie bedienen müssen.

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  3. Naja, "beste Serie die jemals fürs TV produzierte" kann ich jetzt nicht unterschreiben. Potential ist natürlich da, dafür hätte man aber von vornherein die ganze Geschichte wissen müssen und wie viel Zeit man im TV dafür hat. Und dann eben so Schmu wie den Dorne-Handlungsstrang, der meines Wissens ja nirgends wirklich positiv besprochen wird, im Vorfeld schon weglassen.

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