Geht es um das Thema „zwischen zwei Kulturen“, dann verweist das Internet meist auf junge Deutsche, die einen türkischstämmigen Hintergrund haben. Zwar hier geboren und aufgewachsen, aber dennoch stark mit ihrer türkischen Herkunft verhaftet. Und zugleich mögliche Brückenbauer zwischen beiden Welten. Ein Kind zwischen zwei Kulturen ist seit jeher auch Mogli (Neel Sethi), ein Waisenjunge, der einst von Panther Baghira (Ben Kingsley) im Dschungel in die Obhut des Wolfsrudels um Akela (Giancarlo Esposito) und Raksha (Lupity Nyong’o) gegeben wurde. Wie ein Wolf soll sich Mogli da verhalten, doch sein menschlicher Charakter schlägt immer wieder durch. Seine Herkunft ist es dann, die ihm zum Verhängnis zu werden droht.
Während einer Dürreperiode kehrt Tiger Shir Khan (Idris Elba) in den Dschungel zurück – und hat es auf den Mensch in der tierischen Gesellschaft abgesehen. Er, der Neuling aus einer anderen, fremden Kultur, ist nicht gern gesehen im Tierreich. Sein Charakter befremdet selbst die Wölfe, mehr schlecht als recht gelingt seine Anpassung. Mit dem aggressiven Element Shir Khans muss sich nun der „Rechtsstaat“ um Akela auseinandersetzen. Sucht man die Konfrontation mit einem aufhetzerischen Gegner oder fügt man sich, und schickt Mogli zurück ins Land seiner Väter? Das Für und Wider dieser Frage klärt der Junge selbst, er will zwar bleiben, sieht aber, dass er nicht akzeptiert wird. Und soll nun von Baghira zurückeskortiert werden.
Genauso gut ließe sich gegenwärtig in Mogli also eine Art Flüchtling sehen. Der Unterkunft erfährt, aber nicht von jedem gerne gesehen ist. Manche haben es ihm gar aufs Leben abgesehen. Nun ist Jon Favreaus Adaption von The Jungle Book sicher kein Sozialkommentar auf die Flüchtlingskrise, sondern zuvorderst eine „Live Action“- respektive CGI-Verfilmung basierend auf Disneys klassischer Zeichentrickadaption des Werks von Rudyard Kipling. Parallelen sind aber durchaus erkennbar, sofern man solche ausmachen möchte. Mogli ist dabei fraglos ein Ausnahmefall. Er kennt nur den Dschungel und auch sonst keine Menschen. Für ihn existiert nur eine – seine – Heimat. Die Aussicht, in die Fremde zu ziehen, ist schwer nachvollziehbar.
Die Stationen, die Favreau in seinem Film nun abgrast, sind in etwa dieselben wie in der Disney-Version von 1967 – obschon in dieser Version die Konfrontation mit Shir Khan weitaus früher eingeführt wird. Als Ausgleich wird die Begegnung mit Schlange Kaa (Scarlett Johansson) auf einen kurzen Gastauftritt reduziert, dafür eine spätere Begegnung mit Affenkönig Louie (Christopher Walken) etwas bedrohlicher aufgeladen. Zwischendrin darf natürlich die Freundschaft mit Bär Balu (Bill Murray) nicht fehlen, die hier erst etwas aufblühen darf. Ein Nutznießer von Moglis Talenten möchte der faule Bär sein, einen wirklichen Ausgleich für dessen Leistung bietet ihm der verfressene Balu nicht. Außer eben, die Flucht vor seiner „Verantwortung“.
Zumindest lässt Balu den Jungen so sein wie er will. Ob dieser sich nun wie ein Wolf gebiert oder auf seine menschlichen Tricks zurückgreift. Erstmals wird Mogli schlicht akzeptiert, wie er ist. Ohne sich den Ansprüchen oder Vorstellungen anderer fügen zu müssen. An der Gefahr durch Shir Khan ändert das wenig. Den Tiger interessiert nicht, ob Mogli eingegliedert ist oder nicht. Er be- und verurteilt das Menschenkind ob seiner Vorurteile gegenüber dessen Rasse. Solche sind es auch, die Louie auf den Plan rufen. Ihn sehnt es nach der roten Blume – der Umschreibung der Tiere für das Feuer. Dessen will sich der Primat bemächtigen. “I want to be like you”, singt er da zwar. Will aber weniger Mensch sein, als lediglich über dessen Macht verfügen.
Seine Menschlichkeit spielte in der Zeichentrick-Version keine wirkliche Rolle, vielmehr ging es um Begegnungen Moglis im Dschungel. Wirkliche Gefahr wollte da nicht aufkommen, anders nun in der Motion-Capture-Version. Die schickt sich an, „düsterer“ zu sein – was The Jungle Book in dieser Variante sogar ganz gut zu Gesicht steht. Umso unpassender wirkt es dann, wenn Favreau doch zwei der bekannten Songs in die Handlung mit aufnimmt (was im Falle von Balus “Bare Necessities” zumindest noch halbwegs Sinn macht). Dieser Mogli ist vernarbt ob vergangener Erlebnisse, dies eher buchstäblich als sinnbildlich gesehen. Und um Todesfälle kommt diese Adaption auch nicht herum. Wodurch die Atmosphäre entsprechend aufgeladener gerät.
Was im ersten Trailer mit „real“ aussehenden und sprechenden Tieren noch ein Desaster erahnen ließ, funktioniert im fertigen Film dann überraschend gut. Selbst wenn die Effekte durchweg als solche erkennbar sind. Was die Synchronisation angeht, ist das Ergebnis schon durchwachsener. Wo Bill Murray, Idris Elba und Ben Kingsley überzeugen, wirkt Scarlett Johansson eher wie ein Fremdkörper und auch Christopher Walken mit seinem Godfather-mäßigen Louie wirkt eher befremdlich (wäre James Gandolfini nicht verstorben, wäre der Part wohl sowieso an ihn gegangen). Auch Neel Sethi trumpft nicht gerade mit Schauspieltalent auf, obschon man sich mit fortlaufender Filmdauer an ihn gewöhnt. Und Zeit dafür existiert genug.
Mit fast zwei Stunden gerät The Jungle Book gerade in seinem Schlussdrittel etwas langatmig. Wie auch das Finale leicht überladen wirkt, was wohl auch dem aktuellen Trend in Hollywood geschuldet ist. Die etwaigen Referenzen Favreaus von The Godfather über Apocalypse Now bis hin zu The Lion King und natürlich dem Original gefallen mal mehr, mal weniger. Das abgewandelte Ende wiederum fühlt sich angesichts der thematischen Tiefe dieser Neuverfilmung authentisch an. Logisch und konsequent ist, dass Mogli zum Ende als Kind zweier Kulturen die Brücke zwischen beiden schlagen darf. Sein Menschsein wird nicht mehr unterdrückt, sondern imitiert. Wenn sich dann sogar Balu auf einen Baum bemüht, ist die Integration vollendet.
Während einer Dürreperiode kehrt Tiger Shir Khan (Idris Elba) in den Dschungel zurück – und hat es auf den Mensch in der tierischen Gesellschaft abgesehen. Er, der Neuling aus einer anderen, fremden Kultur, ist nicht gern gesehen im Tierreich. Sein Charakter befremdet selbst die Wölfe, mehr schlecht als recht gelingt seine Anpassung. Mit dem aggressiven Element Shir Khans muss sich nun der „Rechtsstaat“ um Akela auseinandersetzen. Sucht man die Konfrontation mit einem aufhetzerischen Gegner oder fügt man sich, und schickt Mogli zurück ins Land seiner Väter? Das Für und Wider dieser Frage klärt der Junge selbst, er will zwar bleiben, sieht aber, dass er nicht akzeptiert wird. Und soll nun von Baghira zurückeskortiert werden.
Genauso gut ließe sich gegenwärtig in Mogli also eine Art Flüchtling sehen. Der Unterkunft erfährt, aber nicht von jedem gerne gesehen ist. Manche haben es ihm gar aufs Leben abgesehen. Nun ist Jon Favreaus Adaption von The Jungle Book sicher kein Sozialkommentar auf die Flüchtlingskrise, sondern zuvorderst eine „Live Action“- respektive CGI-Verfilmung basierend auf Disneys klassischer Zeichentrickadaption des Werks von Rudyard Kipling. Parallelen sind aber durchaus erkennbar, sofern man solche ausmachen möchte. Mogli ist dabei fraglos ein Ausnahmefall. Er kennt nur den Dschungel und auch sonst keine Menschen. Für ihn existiert nur eine – seine – Heimat. Die Aussicht, in die Fremde zu ziehen, ist schwer nachvollziehbar.
Die Stationen, die Favreau in seinem Film nun abgrast, sind in etwa dieselben wie in der Disney-Version von 1967 – obschon in dieser Version die Konfrontation mit Shir Khan weitaus früher eingeführt wird. Als Ausgleich wird die Begegnung mit Schlange Kaa (Scarlett Johansson) auf einen kurzen Gastauftritt reduziert, dafür eine spätere Begegnung mit Affenkönig Louie (Christopher Walken) etwas bedrohlicher aufgeladen. Zwischendrin darf natürlich die Freundschaft mit Bär Balu (Bill Murray) nicht fehlen, die hier erst etwas aufblühen darf. Ein Nutznießer von Moglis Talenten möchte der faule Bär sein, einen wirklichen Ausgleich für dessen Leistung bietet ihm der verfressene Balu nicht. Außer eben, die Flucht vor seiner „Verantwortung“.
Zumindest lässt Balu den Jungen so sein wie er will. Ob dieser sich nun wie ein Wolf gebiert oder auf seine menschlichen Tricks zurückgreift. Erstmals wird Mogli schlicht akzeptiert, wie er ist. Ohne sich den Ansprüchen oder Vorstellungen anderer fügen zu müssen. An der Gefahr durch Shir Khan ändert das wenig. Den Tiger interessiert nicht, ob Mogli eingegliedert ist oder nicht. Er be- und verurteilt das Menschenkind ob seiner Vorurteile gegenüber dessen Rasse. Solche sind es auch, die Louie auf den Plan rufen. Ihn sehnt es nach der roten Blume – der Umschreibung der Tiere für das Feuer. Dessen will sich der Primat bemächtigen. “I want to be like you”, singt er da zwar. Will aber weniger Mensch sein, als lediglich über dessen Macht verfügen.
Seine Menschlichkeit spielte in der Zeichentrick-Version keine wirkliche Rolle, vielmehr ging es um Begegnungen Moglis im Dschungel. Wirkliche Gefahr wollte da nicht aufkommen, anders nun in der Motion-Capture-Version. Die schickt sich an, „düsterer“ zu sein – was The Jungle Book in dieser Variante sogar ganz gut zu Gesicht steht. Umso unpassender wirkt es dann, wenn Favreau doch zwei der bekannten Songs in die Handlung mit aufnimmt (was im Falle von Balus “Bare Necessities” zumindest noch halbwegs Sinn macht). Dieser Mogli ist vernarbt ob vergangener Erlebnisse, dies eher buchstäblich als sinnbildlich gesehen. Und um Todesfälle kommt diese Adaption auch nicht herum. Wodurch die Atmosphäre entsprechend aufgeladener gerät.
Was im ersten Trailer mit „real“ aussehenden und sprechenden Tieren noch ein Desaster erahnen ließ, funktioniert im fertigen Film dann überraschend gut. Selbst wenn die Effekte durchweg als solche erkennbar sind. Was die Synchronisation angeht, ist das Ergebnis schon durchwachsener. Wo Bill Murray, Idris Elba und Ben Kingsley überzeugen, wirkt Scarlett Johansson eher wie ein Fremdkörper und auch Christopher Walken mit seinem Godfather-mäßigen Louie wirkt eher befremdlich (wäre James Gandolfini nicht verstorben, wäre der Part wohl sowieso an ihn gegangen). Auch Neel Sethi trumpft nicht gerade mit Schauspieltalent auf, obschon man sich mit fortlaufender Filmdauer an ihn gewöhnt. Und Zeit dafür existiert genug.
Mit fast zwei Stunden gerät The Jungle Book gerade in seinem Schlussdrittel etwas langatmig. Wie auch das Finale leicht überladen wirkt, was wohl auch dem aktuellen Trend in Hollywood geschuldet ist. Die etwaigen Referenzen Favreaus von The Godfather über Apocalypse Now bis hin zu The Lion King und natürlich dem Original gefallen mal mehr, mal weniger. Das abgewandelte Ende wiederum fühlt sich angesichts der thematischen Tiefe dieser Neuverfilmung authentisch an. Logisch und konsequent ist, dass Mogli zum Ende als Kind zweier Kulturen die Brücke zwischen beiden schlagen darf. Sein Menschsein wird nicht mehr unterdrückt, sondern imitiert. Wenn sich dann sogar Balu auf einen Baum bemüht, ist die Integration vollendet.
7.5/10
Jetzt hast du mir so richtig Lust auf den Film gemacht. Werde ich auf Blu-ray nachholen, vielleicht dann sogar mit meiner Großen zusammen. Obwohl der im Kino bestimmt noch viel besser kommt, doch ich glaube das wäre jetzt noch zu früh zu viel für sie.
AntwortenLöschenAch, wer weiß. Der Papa wäre ja an ihrer Seite :)
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