13. März 2008

The Prisoner

Be seeing you.

Wenn man sich an Kult-Serien ranwagt, ist dass immer eine Durchschiffung von Skylla und Charybdis, vor allem wenn sie so alt ist wie bei The Prisoner der Fall. Zweimal haben die Simpsons auf die Serie verwiesen, am deutlichsten in der Folge The Computer Wore Menace Shoes in welcher es Homer selbst auf eine mysteriöse Insel verschlägt und er zur bloßen Nummer verkommt. Worauf die Simpons damals anspielten, wusste ich nicht und kann man sicherlich auch nicht immer bei all den Referenzen die sie einbauen. Geht man der ganzen Sache jedoch etwas nach, so springt einem das Wort „Kult“ förmlich entgegen, wenn man auf The Prisoner stößt. Betrachten man die Umstände – die Serie entstand 1967 – dann dürfte die Idee der Serie bzw. ihre Umsetzung die Titulation „bahnbrechend“ erhalten, wurden spätere Filme (auch wenn es mehr schlechte sind) wie Tsui Harks Double Team oder Michael Bays The Island von ihr beeinflusst. Hauptdarsteller, Produzent, Autor und Regisseur in einem, Patrick McGoohan, erlangte durch sie TV-Legendenstatus, wenn er diesen nicht ohnehin bereits durch seine Vorgängerserie Danger Man verdiente. In dieser Serie spielte er von 1960 bis ´62 und anschließend nochmals von ´64 bis ´66 den britischen Geheimagenten John Drake. Durch ebenjene Serie wurde McGoohan schließlich zu The Prisoner inspiriert, zum einen durch den walisischen Drehort Portmeirion, an dem drei Episoden Danger Man produziert wurden, sowie der Danger Man Folge Colony Three, die eine ähnliche Thematik besitzt. Nachdem McGoohan seiner Agentenserie müde geworden war, gab er sie schließlich 1967 auf und initiierte stattdessen die Entstehung von The Prisoner.

Ein namenloser Geheimagent (Patrick McGoohan) reicht bei seinem Vorgesetzten seine Kündigung ein, fährt nach Hause und packt, wird aber durch einen Gasangriff von Unbekannten betäubt. Dies ist die Vorgeschichte zu The Prisoner, zu sehen in jeder Episodeneinleitung. In einem optisch seltsamen Dorf wacht der namenlose Geheimagent auf, in seinem eigenen Haus und wird mit „Nummer 6“ angesprochen. Bald schon macht er die Bekanntschaft vom Leiter des Dorfes, Nummer 2. Diese will wissen, aus welchen Gründen Nummer 6 gekündigt hat, wenn sie es verrät, darf sie wieder gehen – doch Nummer 6 weigert sich, sowohl den Grund preiszugeben, als auch sich anzupassen in diesem Dorf voller namenloser Gefangener, die alle aufgesetzt fröhlich sind und Nummern tragen. Nummer 6 plant seine Flucht, doch hat kein Glück, immer wieder büxt er aus, konspiriert mit anderen Bewohnern und muss sich den manipulativen Eingriffen von Nummer 2 aussetzen lassen. Mit jedem scheiternden Versuch an das Geheimnis von Nummer 6 heranzukommen wird Nummer 2 abgelöst und durch eine neue Nummer 2 ersetzt und während Nummer 6 allmählich seine Fluchtpläne bei Seite schiebt, konzentriert er sich vielmehr darauf die Strukturen des Dorfes und den hierarchischen Aufbau des Ganzen, sowie seine politische Zuordnung zu verstehen, katalogisieren und Stück für Stück gegen seine Bewacher zu benutzen.
 
Der Kopf hinter der gesamten Serie ist zweifelsohne Patrick McGoohan, der nicht nur die Idee entwickelte und das Serienfinale schrieb, sondern auch immer gerne dann den Regiestuhl übernahm, wenn er mit der Arbeit des Regisseurs unzufrieden war. Zudem sorgte der erzkatholische Schauspieler dafür, dass Waffen und Frauenliebschaften aus der Serie verbannt wurden – eine Haltung die vordergründig dafür zuständig war dass McGoohan nicht die ihm angebotene Rolle des James Bond übernahm. Nichtsdestotrotz baute er dafür fast in jeder Episode Schlägereien ein, die ohnehin zu seinem grimmigen und aggressiven Charakter der Nummer 6 passen. Ursprünglich war die Serie nur auf sieben Folgen aufgebaut, doch Fernsehchef Lew Grade – der auch Danger Man auf den Bildschirm gebracht hatte – orderte zweimal dreizehn Folgen, insgesamt also sechsundzwanzig. Am Ende wurden es doch nur siebzehn und von diesen betrachtet McGoohan lediglich seine geplanten sieben als Kanon während der Rest bloß ein Lückenfüller sei. Dies trifft in der Tat zu, weitet sich sogar an sich auf fast alle Episoden aus, denn ein wirkliches Konzept scheint McGoohan der Serie nicht zu Grunde gelegt zu haben. Während die ersten beiden Folgen aufgrund der Einleitung ins Geschehen ziemlich stark sind, baut die Serie anschließend konstant ab, kann inhaltlich gar nicht mehr überzeugen und lediglich durch ihre Kreativität glänzen.

Die beiden Motive der Serie, das Ergründen von Nummer 6’s Kündigung und dessen Versuch einer Flucht, spielen im Mittelteil, aber auch zu Beginn und zum Ende hin eigentlich kein Thema mehr und selbst wenn ihm die Flucht gelingt (Many Happy Endings) ist er zu doof um nicht doch wieder im Dorf zu landen. Das Finale, welches sich McGoohan kurz vor Ende der Serie erst in seiner Garderobe hatte einfallen lassen müssen, regte viele Menschen damals zu Protesten an und zwang den Hauptdarsteller und seine Familie sicherheitshalber in die Schweiz umzusiedeln. Während manche Folgen gar keinen Sinn machen (Western-Szenario, James-Bond-Persiflage und eine auch mal ohne McGoohan) beeindrucken die anderen durch ihre Umsetzung, die Einbindung von psychologischen Elementen, halluzinogenen Drogen, Hypnose, Gedankenkontrolle usw. Das eigentlich interessante Konzept eine Art Crossover aus Bond-Figur und kafkaesken Elementen zu erschaffen wird jedoch nicht genutzt, The Prisoner weist keinen roten Faden auf, keine Basis, keine wahre Geschichte. So verkommen die meisten Folgen zu Schlaftabletten und das Ende hätte wohl von David Lynch nicht besser inszeniert werden können. Vielleicht handelt es sich hierbei um eine Serie, die man im Kontext ihrer Zeit erleben musste, aber ohne eine stringente Geschichte zu erzählen nützen auch audio-visuelle Reize nichts. Die Auflösung ist nicht unbedingt schlecht, nur wird die anfängliche Prämisse der Serie nach wenigen Folgen außer Acht gelassen und belanglose Intermezzos skizziert.

6/10

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