17. April 2009

The Complete: Office

That’s what she said.

Jenseits von Großbritannien kennen nicht viele Menschen Ricky Gervais und schon gar nicht seine Sitcom The Office, die 2001 über zwei Staffeln lang ausgestrahlt wurde. Das Konzept der Serie zündete derart, dass das Format mehrfach ins Ausland verkauft wurde. So zum Beispiel nach Kanada, nach Frankreich oder in die USA. Dem Deutschen bekannt ist dagegen Stromberg, ein The Office-Plagiat, welches versuchte ohne Abschlag an die Briten zu existieren (Pro Sieben ist ein schlauer Sender). Selten kommt es vor, dass ein Remake eines Produktes besser funktioniert als das Original. Bei der amerikanischen Variante von The Office scheint dies der Fall zu sein. Die Besetzung des Ensembles ist grandios, die Figuren sympathisch und die Komik in vielen Fällen außergewöhnlich. Orientierten sich einige erste Folgen noch an dem englischen Pendant, begann The Office schon bald auf eigenen Füßen zu wandeln und einen unverwechselbaren Stil anzunehmen. Die Serie selbst zog im Laufe ihrer Jahre viele renommierte Regisseure an, die sich zu Gastarbeiten überzeugen ließen. So drehte Amy Heckerling bereits in der ersten Staffel eine Episode, während es sich auch Harold Ramis, Jason Reitman, Joss Whedon und J.J. Abrams ein Engagement nicht nehmen ließen.

Primär lebt das The Office Konzept von vier Figuren, welche sich wiederum in zwei Gruppen aufteilen. Auf der einen Seite existiert das potentielle Paar eines sympathischen Mitarbeiters (sei es John Krasinski oder Martin Freeman) und einer Sekretärin. Auf der anderen Seite warten zwei Nervensägen, wie sie im Buche stehen. Ein narzisstischer und überheblicher Chef, sowie dessen (oft ungewollte) rechte Hand. Letztlich ist The Office jedoch immer eine One-Man-Show, die von einer charakterlichen Größe wie Steve Carell, Ricky Gervais, Christoph Maria Herbst oder sonst jemandem dargestellt wird. Am meisten lebt The Office dabei fraglos von seinem exorbitanten Fremdschämfaktor, der sich manchmal mehr und manchmal weniger etwa im 50:50 Bereich zwischen Chef und rechter Hand aufteilt. Im US-Pendant sind über die Jahre jedoch auch einige der Nebendarsteller ans Herz gewachsen, seien es Toby, Oscar, Darryl oder Creed. Im Laufe der bisher veröffentlichen vier Staffeln hat sich die Serie zu einer meiner Lieblingssitcoms entwickelt. Allein wegen ich das Serientheme höre steigt der Endorphinspiegel und macht auch das ein oder andere Ärgernis des (Vor)Tags vergessen. Nachdem die vierte und fünfte Staffel eine Einzelbesprechung erhielten, sollen die drei Vorläufer eine kurze, kompakte Zusammenfassung erfahren.

The Office - Season One

Retrospektiv gesehen wirken die ersten sechs Folgen der Erfolgsserie recht zahm. Dies kann natürlich auch daran liegen, dass man nach fünf Jahren die Figuren in und auswendig kennt und daher etwas überrascht ob ihrer Zurückhaltung ist. Und Michaels (Steve Carells) geschleimte Haare gehen im Nachhinein auch mal gar nicht, während Jims (John Krasinski) Frisur sehr viel netter wirkt, als aktuell (fünfte Staffel) der Fall. Zu Beginn der Serie gibt es sie noch en masse, die verstohlenen Blicke von Jim zu Pam (Jenna Fischer), was immer dann unvorteilhaft ist, wenn ihr Verlobter Roy gerade durch die Tür spaziert. Herrlich auch die hier noch verstärkt vertretenen Anspielungen von Dwight (Rainn Wilson) auf seinen fiktiven Status als assistierender Regionalmanager bzw. Assistent des Regionalmanagers. Einige Aspekte wie Jims Streich des Tackers in der Götterspeise sind direkte Übernahmen aus dem Original und deuten an, dass die Serie hier noch unter der Fuchtel der großen Schwester stehen. Dies wird sich glücklicherweise in den kommenden Staffel ändern.

Nichtsdestotrotz kochen im Grunde alle Figuren noch auf Sparflamme, die Jim-Pam-Szenen nehmen ein Mindestmaß ein, Dwight ist bei Weitem nicht so schrullig, wie er in Wirklichkeit ist und auch Michael hält sich relativ zurück. Abgesehen von seinem indischen Akzent in Diversity Day und seinen Bemerkungen speziell gegen Phyllis in Basketball bewegt sich seine political incorrectness noch in Grenzen. Herrlich jedoch, wenn er sich in seinem Büro einschließt, um nicht den neuen Gesundheitsplan auswählen zu müssen oder eine Überraschung für seine Angestellten plant, da demnächst Entlassungen vorgenommen werden müssen (auch wenn er dies vehement bestreitet). Für die Nebenfiguren heißt es in den ersten sechs Folgen noch zurückzustecken, lediglich Ryan (B.J. Novak) erhält etwas mehr Aufmerksamkeit. Dass ist teilweise (Kelly) erfreulich, andererseits (Creed) bedauerlich. Grundsätzlich braucht die erste Staffel etwas, um warm zu werden und findet in der großartigen fünften Folge Basketball ihren Höhepunkt. Im Übrigen kann man in Hot Girl bereits Amy Adams bewundern, die inzwischen aus der amerikanischen Comedy-Szene kaum noch wegzudenken ist. Die erste Staffel lässt noch Luft nach oben, lässt sich jedoch recht gut an einem langen Abend wegschauen.

The Office – Season Two

Mit der zweiten Staffel konnte The Office nun ein ausgeweitetes Konzept annehmen. Auf das Publikum warteten nun fast viermal so viele Folgen, wie noch in der ersten Staffel. Endlich konnte man sich auch den zahlreichen Nebenfiguren widmen, insbesondere Creed und Kelly. Bemerkenswert übrigens, dass die Serie auch in ihrer zweiten Instanz weiterhin relativ handzahm ist. Kellys pausenloses Mundwerk bekommt speziell Jim (John Krasinski) zu spüren, als er aufgrund eines Fluchs von Pam (Jenna Fischer) nicht sprechen darf. Creed hingegen entfaltet sich gerade in den letzten Folgen zu dem schrulligen „alten Mann“, der er zu sein scheint. Gekrönt wird dies im Staffelfinale Casino Night, wo Creed unumwunden zugibt, dass er es liebt zu stehlen. Aber auch all die anderen Figuren, von Oscar über Kevin, Angela, Meredith, Phyllis bis hin zu Jan, erhalten ihre gebührende Zeit, um sich und ihre Schrulligkeiten präsentieren zu können. Somit ist die zweite Staffel sehr viel flächendeckender was die Charaktere anbetrifft, wohingegen sich ihr Vorgänger primär auf das prominente Quartett fokussiert hat. Durch diese Erweiterung der Scranton-Familie gewinnt die Serie ungemein, nicht so sehr qualitativ als eher quantitativ. Sahnehäubchen auf dem illustren Ensemble sind dann zwei Gastauftritte von Amy Adams als Jims quasi-Freundin Katy.

Wie auch in späteren Staffeln, namentlich der Vierten, dreht sich thematisch nun alles weniger um eine allgemeine Vorstellung der Figuren als vielmehr um deren Privat- bzw. Liebesleben. War Jim in den originalen sechs Folgen noch recht zurückhaltend was seine Gefühle für Pam anbelangt, so lässt er nun gegenüber der Kamera praktisch von Beginn an die Katze aus dem Sack. Gegen Mitte der Staffel plaudert dann zudem Michael (Steve Carell) sein Geheimnis gegenüber allen Büroangestellten aus. Für Pam wiederum spitzt sich die Lage so etwas zu. Zwar steht die Hochzeit mit Roy nun nach der berüchtigten Booze Cruise, aber inzwischen merkt die Telefonistin immer mehr, dass sie ihr Glück eher bei bzw. mit Jim findet, denn mit Roy. Außerdem finden auch zwei weitere Dunder Mifflin Angestellte zueinander. Dwight (Rainn Wilson) und Angela beginnen eine heimliche Affäre, von der bisher nur Pam etwas weiß. Bedauerlicherweise wird nicht näher beleuchtet, wie diese Beiden schließlich zueinander gefunden haben. Ihre pedantische Zugeknöpftheit war hier wohl ausschlaggebend. Beide Beziehungen werden auch in der kommenden, dritten Staffel noch ausgiebig thematisiert werden.

Michael hingegen hat begonnen sich mit seiner Vorgesetzten Jan einzulassen. Dies führt gerade bei ihm natürlich zu einigen peinlichen Momenten, insbesondere dann, wenn er auch hier – wie schon bei Jims Geheimnis – seinen Mund nicht halten kann. Im Vergleich zur zweiten Staffel nimmt Michaels ethnische Diskriminierung etwas ab, auch wenn er sich einige knappe Anspielungen speziell gegenüber Stanley und Darryl nicht sparen kann. Viel amüsanter sind jedoch seine unzähligen Auseinandersetzungen mit Toby, den er sogar an dessen Arbeitsplatz belästigt und im Staffelfinale ungeniert seine Animosität entgegenschleudert. An dieser Stelle soll stellvertretend für alle bisherigen fünf Staffeln eine kleine Lanze für Paul Lieberstein für seine phänomenale Portraitierung von Toby gebrochen werden. Bei ihm reichen schon bloße Blicke, um mehr über seine Figur zu sagen, als man in hundert Seiten schreiben könnte. Das große Liebesthema der zweiten Staffel wird dann letztlich noch von Kelly (Mindy Kaling) und Ryan (B.J. Novak) komplettiert. Kaling und Novak zählen beide zu den Autoren der Serie, wobei ich selbst jedoch froh bin, dass man von ihnen nicht allzu oft etwas sieht. Das letzte Glied in der Kette ist dann Darryl, der weiterhin zeigen darf, dass er sich von Michael – im Gegensatz zu seinen Angestellten – nicht herumschubsen lässt.

Zu meiner eigenen Überraschung ist auch die zweite Staffel nicht so lustig, wie ich mich erinnerte sie einst gefunden zu haben. Die Folgen sind allesamt gut, daran besteht kein Zweifel, doch bei einigen Episoden bleibt es eben bei dem Attribut „gut“. Hierzu zählen beispielsweise The Carpet oder Dwight’s Speech, die eher wenig zu bieten haben, außer den für die Serie obligatorischen Lachern. Manche Folgen fühlen sich zu sehr nach Füllmaterial an, so dass es begrüßenswert gewesen wäre, hätte man die gelungenen Szenen dieser Folgen lieber in andere Folgen dazugepackt. Zu den Höhepunkten der Staffel zählen jedoch weiterhin Michaels ethnische Anspielungen, sein (einseitiger) Kleinkrieg mit Toby sowie Jims Streiche an Dwight (mein Favorit: die Einspeisung von Dwights Schreibtischutensilien in den Snackautomat). Als beste Episoden der zweiten Staffel dürften wohl Christmas Party und Casino Night angesehen werden, wobei auch Booze Cruise und The Secret sehr gelungen sind. Positiv anzusehen ist jedenfalls, dass auch bei Vervierfachung der Episoden das Niveau der vorherigen Staffel gehalten werden konnte. Wie bereits beim Vorgänger geschrieben, besteht jedoch noch Luft nach oben, wie an der vierten Staffel zu sehen ist (während sich die Fünfte wieder eher an den ersten beiden Staffeln orientiert).

The Office - Season Three

Nach dem gelungenen Saisonfinale der letzten Staffel macht die Serie nun einen kleinen Sprung. Pams (Jenna Fischer) und Roys Hochzeit wurde abgesagt, was jedoch noch lange nicht bedeutet, dass diese nun mit Jim (John Krasinski) zusammen ist. Im Gegenteil. Nachdem sie ihn abgeblockt hat, nahm Jim die von Dunder Mifflin ausgeschriebene Stelle in Stamford an. Dies hat zur Folge, dass das erste Drittel der dritten Staffel in zwei Handlungsstränge geteilt ist. Während größtenteils den Umtrieben von Michael (Steve Carell) und Dwight (Rainn Wilson) in Scranton gefolgt wird, finden sich auch kurze Ausflüge in Jims neue Arbeitsumgebung in Stamford wieder. Hierbei beginnt die dritte Staffel außerordentlich stark. Speziell Staffelauftakt Gay Witch Hunt ist eine der gelungensten Folgen in der Seriengeschichte. Es mag etwas irrational klingen, aber The Office gewinnt durch Jims Abwesenheit sogar etwas an Humor. Dies liegt weniger an Jim selbst, als vielmehr an den neuen Arbeitsumgebungen (sowohl hinsichtlich Scranton als auch Stamford).

In dieser Staffel hat Dunder Mifflin mit einigen Problemchen zu kämpfen. Dies beginnt bereits damit, dass Michael in der Auftaktfolge Oscar (Oscar Nunez) als Homosexuellen outet. Um eine Klage abzuwenden, wird Oscar kompensiert. Später wird aus finanziellen Gründen eine der Filialen eingestampft und durch ein obszönes Wasserzeichen zudem Schaden für die Firma verursacht. Man mag es der Serie vorhalten, dass sie gerade den Aspekt der Filialschließung nicht dramatischer ausgearbeitet hat, aber The Office ist nun mal primär eine humoristische Sitcom. Die positive Folge aus dem Schlamassel ist in The Merger schließlich die Tatsache, dass Jim nach Scranton zurückkehrt – allerdings mit neuer Freundin im Gepäck. Es sind jene Szene zwischen Jim und Karen (Rashida Jones), die das Stamford-Szenario so unterhaltsam gestaltet haben. Zudem ist Jones ein richtiger Gewinn für die Serie, da sie ganz besonders gut mit Krasinski harmoniert. Da nimmt man es auch in Kauf, dass man noch eine weitere Staffel auf das „Jam“-Pärchen warten muss. Bedauerlich ist lediglich, wie unsauber sich die Serie in The Job hier aus der Affäre zieht (ähnlich wie auch schon im Vorjahr). Dies wirkt auch deswegen irritierend, da die Kamera sonst im Grunde alles und jeden aufnimmt.

Apropos Kamera. Was mir erst in dieser Staffel aufgefallen ist, war der Punkt, dass nie klar gemacht wurde, wofür die Kameraaufnahmen eigentlich gedacht sind. Immerhin begleitet das Kamerateam nun seit fünf Jahren Michael Scott und Co., doch der Zweck des Filmens wird nie namentlich genannt oder sonst wie erläutert. Hier hat der deutsche Ableger Stromberg in der Tat die Nase vorn, wenn ebenjener Stromberg durch die Dokumentation seiner Arbeit letztlich seinen Job retten und der Firma einen Imagegewinn einbringen konnte. Wie dem auch sei. Nach dem herausragenden ersten Drittel fällt die Show in den folgenden sieben Folgen bis zur Mitte der Staffel hin in ein kleines Loch. Die Folgen sind durchschnittlich (Anm.: „durchschnittlich“ bedeutet in meinem Serienverständnis (lediglich) „gut“). Episoden wie The Convict oder The Return überzeugen nicht so recht und wirken wie bereits The Carpet aus der Vorjahresstaffel eher als Füllmaterial. Mit den beiden Gastbeiträgen von Joss Whedon (Business School) und J.J. Abrams (Cocktails) nimmt die Serie zwar nochmals kurzzeitig an Fahrt auf, versackt dann jedoch wieder bis zum erneut gelungenen Staffelfinale. Im Gegensatz zu Whedon und Abrams wollen Harold Ramis Regiearbeiten nicht so Recht überzeugen. The Office hat weder während der zweiten noch in der dritten Staffel die offerierte „Luft nach oben“ als Anreiz genommen.

Wie immer sind es die Beziehungen, welche die Serie auszeichnen. Im Zentrum steht dabei fraglos die Dreiecksbeziehung zwischen Jim, Karen und Pam. Dies führt gerade für Karen zu der einen oder anderen unangenehmen Situation. Für einiges Drama zeichnen sich aber auch Michael und Jan verantwortlich, während Dwight und Angela sich weiterhin im Hintergrund abspielen. Von den Nebenfiguren rückt zu meiner eigenen Freude vor allem Creed (Creed Bratton) oft in den Fokus der Kamera. Weshalb der Charakter zu einen meiner Lieblingsfiguren zählt, lässt sich besonders gut in dieser dritten Staffel beobachten (herrlich, wie Creed in Branch Closing sein gesamtes Büromaterial verscherbelt). Außerdem geht auch Michaels Vendetta gegen Toby (Paul Lieberstein) in eine neue Runde. Selbst wenn auch die dritte Staffel nicht den entscheidenden Schritt in die richtige Richtung gemacht hat, sind alle Folgen ziemlich unterhaltsam. Manche von ihnen natürlich mehr als andere. Die beiden besten Episoden werden durch Gay Witch Hunt und Business School dargestellt, dicht gefolgt von einigen anderen Episoden aus dem exzellenten ersten Drittel. The Office ist eine überaus gelungene Serie (insbesondere aufgrund ihrer Konstanz) und zählt ohne Probleme zu meinen absoluten Lieblingsserien.


The Office - Season One: 8/10
The Office - Season Two: 8/10
The Office - Season Three: 8/10
The Office - Season Four: 8/10
The Office - Season Five: 8/10

3 Kommentare:

  1. Ich finde die Serie in den ersten drei Staffeln ja noch einen Tacken besser. Die vierte ist meiner Meinung nach (ganz) leicht eingebrochen, doch die fünfte ist mit der aktuellen Storyline wieder ganz vorne dabei. Einfach tolle Unterhaltung!

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  2. Ich hatte mir mal die erste Staffel von SuperRTL aufgezeichnet, aber ich nehme an die Synchro taugt absolut nix, oder?

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  3. Die Synchro kenn ich gar nicht. Tut mir leid. Aber du kannst ja mal reinschauen. Vielleicht gefällt es dir trotzdem.

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