(Ian McShane)
Schließlich war es soweit: das Kind musste auf eigenen Beinen stehen. Keine Windel mehr, keine Stützräder, kein Dach über dem Kopf im Elternhaus. Im Laufe des Lebens ist immer wieder Eigenständigkeit gefragt – und solche war, mit Abstrichen, dieses Jahr auch von David Benioff und D.B. Weiss gefordert. Beide Männer sind ihres Zeichens Showrunner und Autoren der populären HBO-Serie Game of Thrones, die in ihren ersten fünf Staffeln auf Buchmaterial von George R.R. Martins Reihe A Song of Ice and Fire basierte. Nur, dass der jüngste Roman The Winds of Winter bisher noch nicht erschien. Insofern tasteten sich Benioff und Weiss in der sechsten Staffel der Show vor in unbekannte Gefilde. Was man Game of Thrones deutlich anmerkte.
Zugleich hatten nun Kenner der Bücher keinen Wissensvorsprung, erlebten die meisten Ereignisse des sechsten Jahres so unbefleckt wie Romanlaien seit Beginn der Serie. So oder so dürfte es wohl für die wenigsten Zuschauer ein Schock gewesen sein, zu erfahren, dass Serienheld Jon Snow (Kit Harrington) zwar in der Tat tot war, es aber im Verlauf der jüngsten Staffel keineswegs blieb. Ohnehin kann sich Game of Thrones dieses Jahr nicht wirklich rühmen, besonders innovativ oder überraschend gewesen zu sein. Vielmehr wirkt das sechste Jahr wie ein kurzes Durchatmen, um sich auf den baldigen Schlussakt vorzubereiten. In zwei Jahren ist nämlich Schluss in Westeros, mit der achten Staffel als Finale für das Fantasy-Ränkespiel.
Vielleicht auch im Wissen, das Ende der geplanten siebenteiligen Buchreihe ohnehin nicht zu erleben, wo die Publikation des fünften Bands noch aussteht. Und auch wenn sich Benioff und Weiss im Vorfeld mit Martin zusammensetzten, wirkt es doch so, als wisse Game of Thrones nicht so wirklich, was es erzählen soll, ohne sich auf einen Zielort in A Song of Ice and Fire berufen zu können. So fiel mancher lahme Handlungsstrang dieses Jahr schlicht unter den Tisch, andere wurden gnädiger Weise zum Ende der Staffel hin wiederum eingestellt, nachdem sie zwei Jahre lang auf der Stelle traten. Allen voran der wenig ertragreiche Ausflug von Arya Stark (Maisie Williams) nach Braavos zum Auftragskiller-Training der Faceless Men.
Zwei Staffeln lang verdingte sich die jüngste Stark-Tochter hier als Azubi von Jaqen H’ghar (Tom Wlaschiha), ohne dass dies wirklich einem Zweck folgte, außer Beschäftigungstherapie für die Figur zu sein. Ähnlich wirkt der Handlungsstrang von Daenerys Targaryen (Emilia Clarke), die nochmals die Reise vom Dothrakischen Meer nach Meereen bestreiten darf. Dort erwarten ihr Berater Tyrion Lannister (Peter Dinklage) und Konsorten ihre Rückkehr und versuchen derweil, den Frieden aufrecht zu erhalten. Wenn Game of Thrones im Staffelfinale The Winds of Winter buchstäblich die Segel setzt und Essos hinter sich lässt, nimmt das Geschehen endlich Fahrt auf. Selbst wenn der Zuschauer davon erst etwas in den finalen beiden Staffeln hat.
Die Krux liegt sicher auch mit am umfangreichen Ensemble der Serie. Entsprechend dienen die Staffelauftakt-Folgen wie The Red Woman nahezu ausschließlich dazu, den aktuellen Stand der zentralen Figuren abzuhaken. Eine wirklich flüssige Narration vermag sich da nicht einzustellen, so unstet wie die Episoden oft ausfallen. Da gerät ein inhaltlich eigentlich bedeutender Handlungsstrang wie Dorne nach dem Prinzessinen-Mord im Vorjahresfinale ins Hintertreffen. Stattdessen begleiten wir vereinzelt Samwell Tarly (John Bradley) und seine Freundin Gilly (Hannah Murray) auf ihrer ereignislosen Reise zur Bibliothekshauptstadt Oldtown. Ähnlich unterbeschäftigt sind auch Petyr Baelish (Aidan Gillen) und Brienne of Tarth (Gwendoline Christie).
Ersterer taucht nur sporadisch auf, Letztere erledigt primär Botengänge. Irgendwie ein solcher ist auch der Ausflug von Bran Stark (Isaac Hempstead Wright) jenseits der Mauer, wo er wie seine Schwester eine Ausbildung antritt – hier beim Seher Three-eyed Raven (Max von Sydow) –, die er dann nicht beendet. Hauptsächlich schickt sich die sechste Staffel an, die Charaktere in Position zu bringen für die Dinge, die da nahen. Es kommt zu neuen Bündnissen und Wiedersehen. Der königlose Ritter Ser Davos (Liam Cunningham) und Hexe Melisandre (Carice van Houten) scharen sich nun um Jon Snow, der mit Schwester Sansa (Sophie Turner) an seiner Seite die Konfrontation mit Winterfell-Besetzer Ramsay Bolton (Iwan Rheon) sucht.
In Bewegung kommen auch die Iron Islands, wo Rückkehrer Theon Greyjoy (Alfie Allen) sich mit seiner Schwester Yara (Gemma Whelan) ebenfalls einem Usurpator in Person ihres Onkels Euron (Pilou Asbæk) gegenüber sieht. Stagnation zelebriert derweil King’s Landing, wo sich Cersei (Lena Headey) und Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau) nebst den Tyrells um Königin Margaery (Natalie Dormer) weiterhin mit der Sekte des High Sparrows (Jonathan Pryce) auseinandersetzen müssen. Die Hintergründe der Situation – die beiden mächtigsten Familien Westeros’ sind Geiseln von zwei Dutzend Fundamentalisten – arbeiten Benioff und Weiss dabei nicht heraus. Was zum großen Bedauern auf fast jeden der Handlungsstränge zutrifft.
Getreu klassischer HBO-Manier entwickeln sich die meisten Figuren nicht weiter (Jaime Lannister ist eine der wenigen Ausnahmen), reflektieren auch nicht ihre eigene Vergangenheit und Taten. In der Folge wirken Charaktere wie Jon Snow oder Cersei Lannister enorm eindimensional, wenn sie schlicht über ihre Handlungen definiert werden, aber mit oft fehlender Motivation. Die Figuren in der Serie hinterfragen sich nicht. Wenn Petyr Baelish da in The Winds of Winter wiederholt, sein Ziel sei es, auf dem Iron Throne zu sitzen, lässt Game of Thrones die Frage im Raum stehen: wieso? Selbiges ließe sich im Prinzip auch über Daenerys Targaryen sagen, die Show propagiert Macht um der Macht willen, ohne dass sich von ihr etwas versprochen wird.
Gleichzeitig stellt die sechste Staffel auch wiederholt die Generationen einander gegenüber. Wie bereits in früheren Staffeln wird Daenerys da der Vergleich zu ihrem Vater, dem Mad King, vor Augen geführt. Auch die übrigen Nachkommen, von König Tommen (Dean-Charles Chapman) über Ramsay Bolton bis hin zu den Greyjoys und Jon sowie Sansa, müssen sich dem Erbe ihrer Väter und Häuser stellen. Eine wirkliche Wahl in ihrem Handeln haben sie dabei allerdings nicht. “Fire and blood”, spricht da im Staffelfinale eine Figur das Motto eines der Häuser aus. “What is dead may never die”, hieß es im Vorfeld bereits anderswo in Westeros. Ein Königreich, dessen gemeinsame Sprache Blut, Mord und Gewalt ist. Auch dieses Jahr.
Den Blick zurück wagen lediglich Arya als Zuschauerin einer Show innerhalb der Show sowie ihr Bruder Bran als designierter Seher – welche Bedeutung diese Rolle auch immer im Kontext der Geschichte einnimmt. Als Folge bedient sich Game of Thrones bisweilen Rückblenden, um bislang offene Fragen mit Antworten zu versehen. Was nicht bedeutet, dass auch hierbei auf Gewalt verzichtet werden muss. Gut zwei Dutzend bekannter Figuren verabschieden sich von der Serien-Gehaltsliste – das Feld dünnt sich aus. Wohl auch, weil sich Benioff und Weiss des aufgeblähten Ensembles bewusst sind. Und in den ausbleibenden Episoden, die weniger als die üblichen zehn pro Staffel sein werden, voll auf die “key player” fokussieren wollen.
Insofern verdient sich die jüngste Staffel zumindest über weite Teile den Status als Füllmittel. Wenn in drei Jahren auf alle acht Staffeln zurückgeblickt wird, dürfte man zu dem Schluss kommen, dass das Alles auch in weniger Folgen hätte erzählt werden können. Und dabei insbesondere auf die Staffeln 5 und 6 blicken. Was nicht bedeutet, dass dieses Jahr nicht seine Momente gehabt hätte. Zwar baute die zweite Hälfte der Staffel merklich ab, dennoch wusste die Serie gerade mit der Bran-lastigen Episode The Door sowohl narrativ wie von der Inszenierung her einen der wenigen Höhepunkte ihrer Geschichte abzuliefern. Was sicher auch mit daran gelegen haben mag, dass Lost-Veteran Jack Bender hier erstmals die Regie übernommen hatte.
Auch Book of the Stranger wusste zu gefallen, wohingegen The Battle of the Bastards nicht nur, aber auch wegen des renommierten Status’ als neunte Folge stark enttäuschte. Weniger von ihrem Umfang und Umsetzung her, als dem, was sie erzählte. Selten war eine Fernseh-Episode wohl vorhersehbarer gewesen als hier. Nahezu eine Ohrfeige für eine Serie, die zuvorderst dadurch funktionieren will, indem sie ihre Zuschauer überrascht und schockiert. Letzteres war ebenfalls die Intention des Staffelfinales The Winds of Winter, doch auch jene Episode wartete zum einen mit Twists auf, die sich erahnen ließen. Und vermochte zum anderen wie ihre zahlreichen Vorgänger die Motivation hinter den Handlungen der Charaktere nicht zu erklären.
Abseits der Drehbuchautoren verdient sich Game of Thrones jedoch ohne Zweifel seinen Ruf als Qualitätsfernsehen. Ob Ausstattung oder Kostüme, von der Maske bis hin zu den Special Effects – noch nie sah die Show so gut aus wie im sechsten Jahr. Lob, das sich auch das umfangreiche Ensemble verdient, welches seine Figuren – so weit es die Drehbücher eben zulassen – zum Leben erweckt. Oft sind es die kleinen Momente und stillen Blicke, in denen Schauspieler wie Alfie Allen, Maisie Williams, Carice van Houten oder auch einmalige Gast-Darsteller wie Ian McShane ihre Klasse abrufen. Hinzu kommen herrliche Neunankömmlinge wie die kecke Lady Mormont (Bella Ramsey) sowie lieb gewonnene Legenden wie Olenna Tyrell (Diana Rigg).
Wer damit leben kann, dass Benioff und Weiss mit der sechsten Staffel von Game of Thrones primär den Tisch decken für das noch ausstehende Zwei-Gänge-Menü – oder wer generell mit den Grundprämissen der Show, von Ian McShane wunderbar als “tits and dragons” umschrieben, schon zufrieden genug ist –, für den hält die Serie erneut alles bereit, was das Herz begehrt. Als kurzweilige und opulent inszenierte Unterhaltung geht dieses sechste Jahr in Ordnung, selbst wenn sich die Serie gegenüber anderen Shows mit den Jahren nicht sonderlich weiter entwickelt hat. Insofern sind die Showrunner trotz fehlender Buchvorlage immer noch so etwas wie Nesthocker im Hause George R.R. Martins. Ausgezogen wird nächstes Jahr.
Zugleich hatten nun Kenner der Bücher keinen Wissensvorsprung, erlebten die meisten Ereignisse des sechsten Jahres so unbefleckt wie Romanlaien seit Beginn der Serie. So oder so dürfte es wohl für die wenigsten Zuschauer ein Schock gewesen sein, zu erfahren, dass Serienheld Jon Snow (Kit Harrington) zwar in der Tat tot war, es aber im Verlauf der jüngsten Staffel keineswegs blieb. Ohnehin kann sich Game of Thrones dieses Jahr nicht wirklich rühmen, besonders innovativ oder überraschend gewesen zu sein. Vielmehr wirkt das sechste Jahr wie ein kurzes Durchatmen, um sich auf den baldigen Schlussakt vorzubereiten. In zwei Jahren ist nämlich Schluss in Westeros, mit der achten Staffel als Finale für das Fantasy-Ränkespiel.
Vielleicht auch im Wissen, das Ende der geplanten siebenteiligen Buchreihe ohnehin nicht zu erleben, wo die Publikation des fünften Bands noch aussteht. Und auch wenn sich Benioff und Weiss im Vorfeld mit Martin zusammensetzten, wirkt es doch so, als wisse Game of Thrones nicht so wirklich, was es erzählen soll, ohne sich auf einen Zielort in A Song of Ice and Fire berufen zu können. So fiel mancher lahme Handlungsstrang dieses Jahr schlicht unter den Tisch, andere wurden gnädiger Weise zum Ende der Staffel hin wiederum eingestellt, nachdem sie zwei Jahre lang auf der Stelle traten. Allen voran der wenig ertragreiche Ausflug von Arya Stark (Maisie Williams) nach Braavos zum Auftragskiller-Training der Faceless Men.
Zwei Staffeln lang verdingte sich die jüngste Stark-Tochter hier als Azubi von Jaqen H’ghar (Tom Wlaschiha), ohne dass dies wirklich einem Zweck folgte, außer Beschäftigungstherapie für die Figur zu sein. Ähnlich wirkt der Handlungsstrang von Daenerys Targaryen (Emilia Clarke), die nochmals die Reise vom Dothrakischen Meer nach Meereen bestreiten darf. Dort erwarten ihr Berater Tyrion Lannister (Peter Dinklage) und Konsorten ihre Rückkehr und versuchen derweil, den Frieden aufrecht zu erhalten. Wenn Game of Thrones im Staffelfinale The Winds of Winter buchstäblich die Segel setzt und Essos hinter sich lässt, nimmt das Geschehen endlich Fahrt auf. Selbst wenn der Zuschauer davon erst etwas in den finalen beiden Staffeln hat.
Die Krux liegt sicher auch mit am umfangreichen Ensemble der Serie. Entsprechend dienen die Staffelauftakt-Folgen wie The Red Woman nahezu ausschließlich dazu, den aktuellen Stand der zentralen Figuren abzuhaken. Eine wirklich flüssige Narration vermag sich da nicht einzustellen, so unstet wie die Episoden oft ausfallen. Da gerät ein inhaltlich eigentlich bedeutender Handlungsstrang wie Dorne nach dem Prinzessinen-Mord im Vorjahresfinale ins Hintertreffen. Stattdessen begleiten wir vereinzelt Samwell Tarly (John Bradley) und seine Freundin Gilly (Hannah Murray) auf ihrer ereignislosen Reise zur Bibliothekshauptstadt Oldtown. Ähnlich unterbeschäftigt sind auch Petyr Baelish (Aidan Gillen) und Brienne of Tarth (Gwendoline Christie).
Ersterer taucht nur sporadisch auf, Letztere erledigt primär Botengänge. Irgendwie ein solcher ist auch der Ausflug von Bran Stark (Isaac Hempstead Wright) jenseits der Mauer, wo er wie seine Schwester eine Ausbildung antritt – hier beim Seher Three-eyed Raven (Max von Sydow) –, die er dann nicht beendet. Hauptsächlich schickt sich die sechste Staffel an, die Charaktere in Position zu bringen für die Dinge, die da nahen. Es kommt zu neuen Bündnissen und Wiedersehen. Der königlose Ritter Ser Davos (Liam Cunningham) und Hexe Melisandre (Carice van Houten) scharen sich nun um Jon Snow, der mit Schwester Sansa (Sophie Turner) an seiner Seite die Konfrontation mit Winterfell-Besetzer Ramsay Bolton (Iwan Rheon) sucht.
In Bewegung kommen auch die Iron Islands, wo Rückkehrer Theon Greyjoy (Alfie Allen) sich mit seiner Schwester Yara (Gemma Whelan) ebenfalls einem Usurpator in Person ihres Onkels Euron (Pilou Asbæk) gegenüber sieht. Stagnation zelebriert derweil King’s Landing, wo sich Cersei (Lena Headey) und Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau) nebst den Tyrells um Königin Margaery (Natalie Dormer) weiterhin mit der Sekte des High Sparrows (Jonathan Pryce) auseinandersetzen müssen. Die Hintergründe der Situation – die beiden mächtigsten Familien Westeros’ sind Geiseln von zwei Dutzend Fundamentalisten – arbeiten Benioff und Weiss dabei nicht heraus. Was zum großen Bedauern auf fast jeden der Handlungsstränge zutrifft.
Getreu klassischer HBO-Manier entwickeln sich die meisten Figuren nicht weiter (Jaime Lannister ist eine der wenigen Ausnahmen), reflektieren auch nicht ihre eigene Vergangenheit und Taten. In der Folge wirken Charaktere wie Jon Snow oder Cersei Lannister enorm eindimensional, wenn sie schlicht über ihre Handlungen definiert werden, aber mit oft fehlender Motivation. Die Figuren in der Serie hinterfragen sich nicht. Wenn Petyr Baelish da in The Winds of Winter wiederholt, sein Ziel sei es, auf dem Iron Throne zu sitzen, lässt Game of Thrones die Frage im Raum stehen: wieso? Selbiges ließe sich im Prinzip auch über Daenerys Targaryen sagen, die Show propagiert Macht um der Macht willen, ohne dass sich von ihr etwas versprochen wird.
Gleichzeitig stellt die sechste Staffel auch wiederholt die Generationen einander gegenüber. Wie bereits in früheren Staffeln wird Daenerys da der Vergleich zu ihrem Vater, dem Mad King, vor Augen geführt. Auch die übrigen Nachkommen, von König Tommen (Dean-Charles Chapman) über Ramsay Bolton bis hin zu den Greyjoys und Jon sowie Sansa, müssen sich dem Erbe ihrer Väter und Häuser stellen. Eine wirkliche Wahl in ihrem Handeln haben sie dabei allerdings nicht. “Fire and blood”, spricht da im Staffelfinale eine Figur das Motto eines der Häuser aus. “What is dead may never die”, hieß es im Vorfeld bereits anderswo in Westeros. Ein Königreich, dessen gemeinsame Sprache Blut, Mord und Gewalt ist. Auch dieses Jahr.
Den Blick zurück wagen lediglich Arya als Zuschauerin einer Show innerhalb der Show sowie ihr Bruder Bran als designierter Seher – welche Bedeutung diese Rolle auch immer im Kontext der Geschichte einnimmt. Als Folge bedient sich Game of Thrones bisweilen Rückblenden, um bislang offene Fragen mit Antworten zu versehen. Was nicht bedeutet, dass auch hierbei auf Gewalt verzichtet werden muss. Gut zwei Dutzend bekannter Figuren verabschieden sich von der Serien-Gehaltsliste – das Feld dünnt sich aus. Wohl auch, weil sich Benioff und Weiss des aufgeblähten Ensembles bewusst sind. Und in den ausbleibenden Episoden, die weniger als die üblichen zehn pro Staffel sein werden, voll auf die “key player” fokussieren wollen.
Insofern verdient sich die jüngste Staffel zumindest über weite Teile den Status als Füllmittel. Wenn in drei Jahren auf alle acht Staffeln zurückgeblickt wird, dürfte man zu dem Schluss kommen, dass das Alles auch in weniger Folgen hätte erzählt werden können. Und dabei insbesondere auf die Staffeln 5 und 6 blicken. Was nicht bedeutet, dass dieses Jahr nicht seine Momente gehabt hätte. Zwar baute die zweite Hälfte der Staffel merklich ab, dennoch wusste die Serie gerade mit der Bran-lastigen Episode The Door sowohl narrativ wie von der Inszenierung her einen der wenigen Höhepunkte ihrer Geschichte abzuliefern. Was sicher auch mit daran gelegen haben mag, dass Lost-Veteran Jack Bender hier erstmals die Regie übernommen hatte.
Auch Book of the Stranger wusste zu gefallen, wohingegen The Battle of the Bastards nicht nur, aber auch wegen des renommierten Status’ als neunte Folge stark enttäuschte. Weniger von ihrem Umfang und Umsetzung her, als dem, was sie erzählte. Selten war eine Fernseh-Episode wohl vorhersehbarer gewesen als hier. Nahezu eine Ohrfeige für eine Serie, die zuvorderst dadurch funktionieren will, indem sie ihre Zuschauer überrascht und schockiert. Letzteres war ebenfalls die Intention des Staffelfinales The Winds of Winter, doch auch jene Episode wartete zum einen mit Twists auf, die sich erahnen ließen. Und vermochte zum anderen wie ihre zahlreichen Vorgänger die Motivation hinter den Handlungen der Charaktere nicht zu erklären.
Abseits der Drehbuchautoren verdient sich Game of Thrones jedoch ohne Zweifel seinen Ruf als Qualitätsfernsehen. Ob Ausstattung oder Kostüme, von der Maske bis hin zu den Special Effects – noch nie sah die Show so gut aus wie im sechsten Jahr. Lob, das sich auch das umfangreiche Ensemble verdient, welches seine Figuren – so weit es die Drehbücher eben zulassen – zum Leben erweckt. Oft sind es die kleinen Momente und stillen Blicke, in denen Schauspieler wie Alfie Allen, Maisie Williams, Carice van Houten oder auch einmalige Gast-Darsteller wie Ian McShane ihre Klasse abrufen. Hinzu kommen herrliche Neunankömmlinge wie die kecke Lady Mormont (Bella Ramsey) sowie lieb gewonnene Legenden wie Olenna Tyrell (Diana Rigg).
Wer damit leben kann, dass Benioff und Weiss mit der sechsten Staffel von Game of Thrones primär den Tisch decken für das noch ausstehende Zwei-Gänge-Menü – oder wer generell mit den Grundprämissen der Show, von Ian McShane wunderbar als “tits and dragons” umschrieben, schon zufrieden genug ist –, für den hält die Serie erneut alles bereit, was das Herz begehrt. Als kurzweilige und opulent inszenierte Unterhaltung geht dieses sechste Jahr in Ordnung, selbst wenn sich die Serie gegenüber anderen Shows mit den Jahren nicht sonderlich weiter entwickelt hat. Insofern sind die Showrunner trotz fehlender Buchvorlage immer noch so etwas wie Nesthocker im Hause George R.R. Martins. Ausgezogen wird nächstes Jahr.
7/10
"Ohnehin kann sich Game of Thrones dieses Jahr nicht wirklich rühmen, besonders innovativ oder überraschend gewesen zu sein. Vielmehr wirkt das sechste Jahr wie ein kurzes Durchatmen, um sich auf den baldigen Schlussakt vorzubereiten."
AntwortenLöschen"wohingegen The Battle of the Bastards nicht nur, aber auch wegen des renommierten Status’ als neunte Folge stark enttäuschte. Weniger von ihrem Umfang und Umsetzung her, als dem, was sie erzählte. Selten war eine Fernseh-Episode wohl vorhersehbarer gewesen als hier. Nahezu eine Ohrfeige für eine Serie, die zuvorderst dadurch funktionieren will, indem sie ihre Zuschauer überrascht und schockiert."
"Insofern verdient sich die jüngste Staffel zumindest über weite Teile den Status als Füllmittel."
Dem stimme ich im Wesentlichen zu.
Richtig viel zu erzählen hatten sie diese Staffel nicht und Überraschungen oder gar serientypische Schocks waren allgemein rar gesät. Die Zeichen stehen auf Endspurt und in der sechsten Staffel wurden grosso modo die Weichen für die finalen Konflikte und Konfrontationen gestellt und zwar mit äußerster Vorhersehbarkeit. Was der Staffel im Grunde genommen einen Anstrich der Pflichtschuldigkeit gibt.
Was sie nicht schlechter macht, aber sie leidet ein wenig unter den Erwartungen an die Serie. Wobei es schwierig war, nach der fünften Staffel noch einen drauf zu setzen, dass hatte ich bereits prophezeit und erwartet - sodann ist es augenscheinlich auch eingetroffen. Da können die Fans noch so überzeugt behaupten, wir sollten mal abwarten, wie Martin unsereins noch zu schockieren versteht.
Nichtsdestotrotz hatte die Staffel viele schöne Szenen und man muss ja nicht immer auf Teufel komm raus mit dem Holzhammer schockieren. Manchmal macht es auch Spaß, die Entwicklung eines Handlungsbogens und der Charaktere darin zu betrachten und zu sagen: ja, so habe ich mir das vorgestellt.
Um den Schockfaktor geht es mir selbst auch nicht, das kam vielleicht falsch rüber. Für mich wirkt die Serie nur so, als erachte sie dies als ihren größten Trumpf (e.g. Red Wedding). Gerne darf eine Staffel auch entschleunigt(er) sein, wenn man sich einem Handlungs- und Charakterbogen widmet. Hat man – zumindest für meinen eigenen Geschmack – jedoch nicht (genug) gemacht (außerhalb solcher Figuren wie Sansa).
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