12. November 2014

Borgman

Is het al zover?

Der Fremde im Dorf ist in der Literatur ein durchaus beliebtes Szenario, um Zwietracht zwischen eine Gemeinde zu säen. Stephen King schickte in „Needful Things“ gleich den Teufel in Menschengestalt nach Maine, Asterix und Obelix bekamen es innerhalb kürzester Zeit gleich zwei Mal mit solchen Gesellen zu tun. Zuerst mit dem manipulativen Tullius Destructivus in „Streit um Asterix“, wenige Bände später dann in „Der Seher“ mit dem verlogenen Lügfix. Das Resultat ist dasselbe: die Gemeinde geht sich selbst an die Gurgel. Alex van Warmerdam konzentriert das genannte Geschehen in seinem Film Borgman von der Gemeinde auf eine Familie. Die wird wider Willen und zugleich doch recht zufällig von einem Nachtalb heimgesucht.

Zu Beginn wird dieser, Anton (Jan Bijvoet) genannt, von einem Priester und zwei Männern aus seinem Wald-Unterschlupf verjagt. Kurzerhand sucht Anton ein wohlhabendes Stadtviertel auf, klingelt dort an Villentüren, um das Bad aufzusuchen. Wird der erste Versuch noch abgeschmettert, schafft er es, an der Haustür von Richard (Jeroen Perceval) und Marina (Hadewych Minis) seine Duftmarke zu hinterlassen. Auf Anspielungen in Richtungen Marina folgt Schläge von ihrem Gatten. “One thing led to another”, wird Richard später sagen. Marina wiederum bringt aus Schuldgefühlen Anton im Gasthaus unter. Aus einem Bad und einer Mahlzeit werden mehrere Tage und aus diesen entwickelt sich schließlich ein ganz eigenes Szenario.

Van Warmerdams Borgman macht sich dabei keine wirkliche Mühe, seine Handlung näher zu erklären. Die Bilder sprechen für sich und Antworten finden sich erst nach und nach und selbst dann bleiben Fragen offen. Was genau Anton und seine Kumpanen Ludwig (Alex van Warmerdam) und Pascal (Tom Dewispelaere) sind, bleibt offen. Zumindest vollends menschlich sind sie nicht, darauf lässt schon die Tatsache schließen, dass sie eingangs von einem bewaffneten Priester gejagt werden. Auch der Sinn ihrer diabolischen Taten wird erst zum Schluss „deutlich“. Zumindest auf den Reichtum, den Richard und Marina mit ihrem durchgestylten Wohngelände und Lebenstil repräsentieren, scheinen es Anton und Co. nicht abgesehen zu haben.

Ihr Einfluss auf das gutbürgerliche Ehepaar und seine drei Kinder sowie das Kindermädchen macht sich jedoch bald bemerkbar. Marina kommt nicht umhin, Anton helfen zu wollen und wird dann von Träumen häuslicher Gewalt geplagt. Dies wiederum wirkt sich auf ihre Beziehung zu Richard aus – was ihr bisweilen gewahr wird. “Sometimes everything seems unreal to me”, gesteht sie und bittet ihren Mann: “We must trust each other.” Sie weiß sehr wohl, dass etwas nicht stimmt, dass die Familie nicht alleine ist. “The shell of something that means harm” sei anwesend – nur realisiert Marina nicht, dass sie über Anton spricht. Dessen Plan ist bereits in Aktion getreten und beginnt sich nun auch auf Richard und Marinas Umfeld auszuwirken.

Mit welcher Nonchalance Anton und seine Truppe vorgehen, sorgt für unterschwelligen Humor. Sei es beim Entledigen unliebsamer Personen oder wenn das Desinteresse nach erreichten Etappenzielen die Familienmitglieder vor den Kopf stößt. Dabei kommt Borgman jedoch nicht umhin, manche Wendung etwas arg zu strapazieren. Da wird dann sogar der Freund des Kindermädchens zum Sohn von Richards Vorgesetzten – und alles nur für zusätzliches Drama. Auch andere Szenen wie ein nächtliches Theaterstück oder ein Ausflug mit den Kindern wirken etwas unnötig aufgebläht. Infolgedessen gerät Borgman in seiner Dekonstruktion eines Familienidylls etwas zu lang, vermag es aber dennoch, die Spannung aufrecht zu erhalten.

Zwar hätte man sich ein größeres Spektrum von Antons Einflussnahme gewünscht, mit einem stärkeren Fokus auf Richard, die Inszenierung des Geschehens alleine weckt aber auch so das Interesse. In gewisser Weise ist Borgman somit ein modernes Märchen – nur eben mit dem düsteren Charakter, wie sie Märchen früher einst besaßen. Dabei ist der Film weder Thriller, noch Drama, Horror oder Fantasy, vielmehr von allem eine Melange, die überzeugt und gefällt. Die Konzentration der Geschichte in ein pompöses Familienhaus und die niederländische Kultur spielen van Warmerdams Film ebenfalls in die Karten. Und letztendlich bestätigt Borgman somit, dass fremden Leuten mit Vorsicht zu begegnen ist. Dem Film dagegen nicht.

7.5/10

2 Kommentare:

  1. Die Längen, die du nennst, kann ich nachvollziehen, habe sie selbst aber nicht wahrgenommen. Für mich der bisher beste, jedenfalls intensivste Film des Jahres.

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    1. Sie stören auch nicht unbedingt, nur führen die Szenen, die sie herbeiführen, für mich irgendwie zu nichts Ertragreichem. Aber "dennoch" in der Tat auch für mich einer der besten Filme des Jahres.

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