14. März 2008

Kurz & Knackig: Shinema Ajia

Koroshi no rakuin

Wenn man einem Regisseur zu attributiert, er mache „Filme die keinen Sinn machen und kein Geld einspielen“, dann denkt man vielleicht zuerst an Edward D. Wood Jr., gesagt wurde dies jedoch über Suzuki Seijun und seine eigenmächtigen Veränderungen an dem japanischen Kultfilm Koroshi no rakuin (Branded to Kill). Für heutzutage lächerliche $200.000 inszenierte Suzuki seine anarchische Yakuza-Farce mit einem seiner Lieblingsschauspieler in der Hauptrolle, Joe Shishido, einen der wenigen männlichen Schauspieler auf diesem Planeten, die sich für ihre Karriere ihre Wangenknochen plastisch vergrößern lassen. Suzukis Geschichte eines Auftragskillers der schließlich von seinem eigenen Syndikat gejagt wird ist in seiner Grundlage nicht sonderlich spannend, gewinnt seinen Charme jedoch durch die Inszenierung. Hanada (Shishido) ist ein sehr seltsamer Auftragskiller, der sich im wahrsten Sinne des Wortes am Geruch von kochendem Reis aufgeilt (muss man mehr zur Figur sagen?). Der Film, der große Genreregisseure inspirierte (Jim Jarmusch verweist auf ihn in einer Szene in Ghost Dog), wirkt bisweilen als eine Mischung aus John Woo und Jean-Luc Godard, ist gewöhnungsbedürftig und sicher ohne Frage ein Arthouse-Mafia-Film (großer Anteil daran geht allein an Annu Maris Charakter). Da ich beim ersten Sehen eher etwas in Richtung Woo denn Godard und ähnliches erwartet habe, war meine Reaktion etwas platt und daher dürfte der Film bei einer zweiten Rezeption sicherlich nochmals an Wirkung gewinnen.

8/10

Kaze no tani no Naushika

Als Atheist kann man höchstens zu einem Gott finden und der heißt Miyazaki Hayao. Kaze no tani no Naushika (Nausicaä of the Valley of the Wind) war zwar nicht mein erster Ghibli (auch wenn er streng genommen kein Ghibli ist, aber für die Gründung des Studios verantwortlich war), aber er hat mir mal wieder gezeigt, welche Magie und Kraft doch in den Werken des japanischen Studios steckt, dass sich nicht hinter Disney oder Pixar zu verstecken braucht, im Gegenteil. Miyazaki brachte 1984 (!) diese Adaption seines eigenen zwei Jahre zuvor entstandenen Mangas in die Kinos und erzählte die Geschichte der Prinzessin Naushika, die zu verhindern versucht, dass die Königreiche Tolmekia und Pejite einen Gotteskrieger wiedererwecken, der den Kampf gegen die Ohmu (japanisch für König der Insekten) und die Natur aufnehmen soll, nachdem diese die Welt beherbergen und in ihrem giftigen Griff hat. Zweifellos gehört Miyazaki zu den größten Geschichtenerzählern unserer Zeit und es gelingt ihm spielend eine packende, bedeutsame und tiefsinnige Geschichte zu entwickeln, die zugleich actionreich sein kann. Hier könnten Bay und Emmerich eine Menge lernen, gerade letzterem ist es mit seinem The Day After Tomorrow weitaus weniger gelungen Aspekte der Umwelt und Action unter einen Hut zu bekommen wie es bei Naushika der Fall ist. Einfach eine unglaubliche Ausgeburt an Liebe, Einfallsreichtum und sozialer Kritik.

10/10

Saibogujiman kwenchana

Sehr bizarre, dass scheinbar fast jeder asiatische Schauspieler oder Schauspielerin nebenher als Pop-Star arbeitet, wie bei Eastwoods Letters from Iwo Jima wird auch hier die Rolle des jungen Protagonisten von einem solchen übernommen, der gute Mann nennt sich Rain, auch wenn er eigentlich Jeong Ji Hoon heißt. Spielen tut er den notorischen Dieb Park Il-sun, der in der Nervenheilanstalt auf Young-goon (Im Su-jeong) trifft, die sich selbst für einen Cyborg hält. Ihre Mission ist ihrer Großmutter (die sich für eine Maus hält) ihre dritten Zähne zurückzugeben – Young-goon ist dafür allerdings total geschwächt, da sie jegliche Nahrung verweigert, schließlich ist sie ein Cyborg. Nachdem mir Park Chan-wooks letzter, Sympathy for Lady Vengeance, ziemlich wenig gefallen hat, macht er mit dieser verqueren Komödie wieder alles gut. Man wird zwar den Eindruck nicht los, dass Michel Gondry One Flew over the Cuckoo’s Nest mit Koreanern gedreht hat, aber eine gewisse Schrägheit bringt ja auch Park mit sich. Neben den knalligen und farbenfrohen Szenen sind es besonders die phantastischen Elemente die zu unterhalten wissen, gerade wenn Young-goon auf Terminator-Art durch die Flure spaziert und alles niedermäht was einen weißen Kittel trägt, bis hin zur Szene wenn ihr Park Il-sun etwas vorjodelt. Das ist alles, einschließlich dem Ende, so herzhaft schräg, das den Anderson-, Jonze- und Gondry-Fan das Herz aufgeht, und man Saibogujiman kwenchana allein wegen des englischen Verleihtitels (I’m a Cyborg, but that’s OK) in sein Herz schließen muss.

8.5/10

Bôkoku no îgisu

Wie hat es Janusz Gora am 18.3.2000 bei Ulms 1:9 Debakel gegen Leverkusen so schön gesagt: Skandal! Ich klage Sie an, Herr Kleriker, der mir hier Pathos und ich weiß nicht was versprochen hatte, als ich mir die DVD auslieh (dennoch an dieser Stelle Dank für die anderen DVDs). Skandal trifft mich jedoch auch selber, hab ich in der Hauptrolle des Sengoku schließlich nicht einmal Sanada Hiroyuki erkannt! So kann das gehen, lag vielleicht auch daran, dass die Geschichte von Bôkoku no îgisu (Aegis) irgendwie eine totale Schlaftablette ist. Die japanische Version von The Rock trifft Under Siege. Ein Ausländer namens Yuong Fan will ein Nervengas in Tokio hochgehen lassen und kapert einen japanischen Zerstörer, auf diesem befindet sich neben Petty Officer Sengoku auch der Geheimagent Kisaragi. Beide Männer versuchen fortan im Untergrund des Schiffes die Terroristen zu stoppen und den desillusionierten Kapitän Miyazu von seinem Handeln umzustimmen, bla bla, schnarch. Das wäre ja recht nett, wenn man sich eben nicht die Handlung von Michael Bay und Andrew Davis erklaut hätte. Am Ende des Films, der genrebedingt vorhersehbar ist wie der Sekundenzeiger, folgt dann die Erkenntnis, dass Japaner wohl kein gescheites Kunstblut erschaffen können und dass sie zudem zu doof sind zum Schießen. Abschließend verrät ein Blick in das Ex-Blog des Klerikers, dass ich scheinbar Bôkoku no îgisu mit The Sinking of Japan verwechselt habe (was den Film aber auch nicht besser macht).

5.5/10

Tonari no Totoro

Wie bereits Naushika ist man auch bei Tonari no Totoro (My Neighbour Totoro) restlos begeistert und hat nur noch ein Grinsen auf den Lippen, welches dem von Totoro in nichts nachsteht. Miyazaki-sans zweiter Film fürs Ghibli-Studio erzählt von den beiden Schwestern Satsuki und Mei, die im Japan der fünfziger Jahre mit ihrem Vater in ein scheinbar spukendes Haus ziehen. Da ihre Mutter im Krankenhaus liegt, vertreiben sich die Schwestern ihre Zeit im Garten wo sie auf den Waldgeist Totoro und dessen Freunde treffen. Aber plötzlich verschlechtert sich der Zustand der Mutter. Die Handlung basiert auf eigenen Erfahrungen von Miyazaki, dessen Mutter als er klein war an Tuberkulose erkrankt war. Umgesetzt wird diese liebevolle Geschichte mit vielen Referenzen zu Lewis Carrolls Alice in Wonderland und wie alle Ghiblis lebt sie von ihrer Wärme und Phantasie. Allein der Katzenbus reicht schon aus um auf jedes Gesicht ein Lächeln zu zaubern und fortan sollte jede Person suspekt sein, die einem Ghibli nichts abgewinnen kann. Miyazaki gelingt es mühelos nicht nur einen Film für Kinderherzen zu erschaffen, sondern auch etwas an dem sich Erwachsene erfreuen können. Im Übrigen ist davon abzuraten, einen Ghibli in der englischen Synchronfassung zu sichten (hier empfiehlt sich Original mit Untertiteln), und wer dies nicht glaubt, soll versuchen, mehr als ein paar Minuten Mononoke-hime mit den Stimmen von Billy Crudup und Claire Danes zu ertragen.

10/10

Mou gaan dou III: Jung gik mou gaan

Neulich wurde bereits angesprochen, dass Mou gaan dou einer der beste Hongkong-Filme aller Zeiten ist und jeder, der das das müde US-Remake höher einstuft, nicht mehr alle Latten am Zaun hat. Was die Sequels angeht, hatte der zweite Teil durchaus noch zu funktionieren gewusst und etwas Licht in die Vergangenheit von Yan und Ming gebracht, zudem auch Sam und Wong gebührend Respekt gezollt. In China kam der dritte Teil bereits einen Monat nach dem zweiten in die Kinos und lief äußerst erfolgreich. Mal außen vorgelassen, dass bei diesem Asia-Import die Tonspur nicht 1:1 zu den Lippenbewegungen passt (sowohl im Kantonesischen wie Mandarin), bietet Mou gaan dou III: Jung gik mou gaan (Infernal Affairs 3) ein Pre- wie Sequel in einem. Verfolgt werden die letzten Monate vor Yans (Tony Leung Chiu-Wai) Tod und zugleich die Monate nach diesem, während Ming (Andy Lau) versucht, Sams übrig gebliebene Spitzel ausfindig zu machen. Sein Verdacht fällt dabei auf den zwielichtigen Yeung (Leon Lai), der in der Tat mit Sam in Kontakt stand, wie man aus Yans Rückblenden erfährt. Wirklich viel zu tun mit dem ersten Teil hat die erzählte Geschichte dann aber nicht, die Figur von Yeung wird erst hier eingeführt und offene Fragen gab es im Grunde auch nicht. Der Film funktioniert also als Ausfüller, konzentriert sich mehr auf Yans Beziehung zu Dr. Lee (Kelly Chen) und Mings Bestreben, endlich ein guter Polizist zu werden. Die Auflösung passt wiederum sehr gut in das Gesamtbild und auch die Friedhofszenen sind wie in den vorherigen Teilen äußerst schön geworden.

7/10

3 Kommentare:

  1. Keinen einzigen der hier aufgelisteten Filme gesehen. Aber vor allem die Animes reizen mich so gar nicht.

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  2. Sieht mir so aus als würdest Du gerade etwas ganz bestimmtes abarbeiten:)

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  3. Wusste gar nicht, dass du auch so Studio Ghibli-addicted bist. ;)

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