Wir schreiben das Jahr 1981, ein Mädchen mit dem Namen Evey Hammond wird geboren und ihre nächsten Lebensjahre in Shooters Hill, im südlichen Osten von London verbringen. Es ist der 5. November 1605 und der Katholik Guy Fawkes wird unter dem House of Lords bei einem Stapel Holz erwischt, nachdem man Warnungen über ein Attentat erhalten hatte. Im Jahr 1988 eskaliert der Kalte Krieg zwischen den USA und der UdSSR. Ein atomarer Krieg bricht los, in dessen Folge Afrika und Europa vernichtet werden. Zu diesem Zeitpunkt ist Evey Hammond sieben Jahre alt, ihre Mutter wird sich drei Jahre später das Leben nehmen. Nach seiner Festnahme gesteht Guy Fawkes Mitglied einer Verschwörung gewesen zu sein, die als Gunpowder Plot in die Geschichtsbücher eingehen wird und der noch ein Dutzend andere Männer beiwohnten. 1988 versinkt England im Chaos, der nukleare Winter führt zu globalen Katastrophen und Überschwemmungen. Vier Jahre nach dem Krieg steigt die faschistisch-politische Organisation Norsefire auf und ergreift die Macht in England.
Am 31. Januar 1606 wird Fawkes gemeinsam mit einigen anderen Verschwörern vorgeführt, um gehängt, gestreckt und gevierteilt zu werden. Fawkes ist glücklicher als seine Mitverurteilten und schafft es, dass bei seiner Erhängung sein Genick bricht. Im England der neunziger Jahre führt Norsefire ein totalitäres Staatsgebilde ein. Zur Bewahrung der weißen Rasse werden alle afrikanischstämmigen Bürger, Pakistani, Ausländer und Homosexuellen in Internierungslager gebracht. In der Nacht vom 4. zum 5. November 1997 wird der Palace of Westminster in die Luft gesprengt, jener Ort, an dem Fawkes 391 Jahre zuvor seinen Tod fand. Vier Jahre zuvor wird Evey Hammonds Vater von der Sicherheitspolizei abgeführt und in ein Internierungslager gesteckt. Es wurde ihm zur Last gelegt, dass er in Universitätszeiten Freunde mit sozialistischer Gesinnung hatte. Weihnachten 1993 sorgt eine Explosion im Internierungslager Larkhill für Aufsehen, einer der inhaftierten Patienten kann fliehen. In der Nacht vom 4. zum 5. November 1997 wird die Geschichte Englands neu geschrieben, wenn Evey Hammond auf den mysteriösen Patient aus Larkhill trifft.
Die Mitte der achtziger Jahre gehörten im Comic-Genre zweifelsohne dem britischen Autor Alan Moore. Mit seiner zwölfteiligen Serie „Watchmen“ und den zehn Ausgaben zu V for Vendetta sind Moore nicht nur zwei außerordentliche Geschichten gelungen, sondern vielmehr politische Comics von herausragender Brisanz. Im Gegensatz zu seinem Superhelden-Abgesang schrieb Moore ganze sieben Jahre an V for Vendetta. Bezeichnenderweise begann seine Arbeit 1981, jenes Jahr, in dem seine Protagonistin Evey Hammond geboren wurde. Und nicht nur sie, sondern auch Moore eigene Tochter Amber erblickte in jenem Jahr das Licht der Welt. Im folgenden Jahr erschien die erste Ausgabe von Moores neuem Comic, die ihren Abschluss sechs Jahre später finden würde. Für Moore waren die Achtziger eine politisch bedrohliche Zeit. Während er sich dem nahenden Nuklearen Holocaust in Watchmen ausgiebig widmete, erschuf er in „V for Vendetta“ ein Szenario, welches sich nicht mit dem Prolog eines solchen ausgearteten Konfliktes beschäftigt, sondern mit seinem Epilog. Die ersten Anzeichen für seine Dystopie sah er Brite im eigenen Land.
Strength through purity, purity through faith. (V for Vendetta, S. 11)
Zielgerichtet ist Moores Kritik an den Thatcherismus im Allgemeinen und die Politik der Konservativen im Speziellen. Die britische Polizei wurde für Aufstände mit Überwachungskameras auf ihren Wagen ausgestattet, per Gesetz wurde die Klause 28 verabschiedet, um der Förderung von Homosexualität in den Schulen und Bibliotheken vorzubeugen, während die britischen Boulevardblätter nach Konzentrationslagern für AIDS-Kranke schrien. Für Moore ein Grund mehr, ein Horrorszenario zu spinnen, um die aktuelle politische Lage in einem Comic zu konterkarieren. Wie bereits in Watchmen bediente er sich hierfür der Genesis einer Dystopie und versetzte seine Handlung in die Jahre 1997/98. Gemeinsam mit Zeichner Dave Lloyd wurde V for Vendetta in drei ca. achtzig Seiten starke Bücher verpackt, in denen durchschnittlich sieben bis acht Panels vorherrschen. Über die Colorisierung kann man sich streiten, fügt sie sich doch in die Atmosphäre der achtziger Jahre ein. Dennoch ist es bedauerlich, dass die damals bei Warrior erschienen s/w-Version heute nicht mehr erhältlich ist, gewinnt die Geschichte durch die Farblosigkeit ungemein an Tiefe.
Innerhalb von Moores Comic prallen zwei Ideologien aufeinander: auf der einen Seite der Faschismus, stark angelehnt an Hitlers Drittes Reich, auf der anderen Seite die Anarchie, wie sie unter anderem von Mikhail Bakunin propagiert wurde. Sehr schön wird hier vor Augen geführt, welche Auswirkungen ein Weltkrieg auf eine Bevölkerung haben kann. Dass das, was in Deutschland während der Weimarer Republik geschah, kein Einzelfall sein muss, sondern wieder geschehen kann. Denn Geschichte wiederholt sich. Und auf das Chaos des Dritten Weltkrieges folgte schließlich die Ordnung einer einzelnen Partei. Fraglos bedingt durch die Unwirren in der Bevölkerung, durch eine Anarchie, die Ähnlichkeiten mit Platons Schilderungen seiner Demokratie in dessen Politeia hat. Menschen können nicht so frei sein, dass sie tun und lassen dürfen, wie es ihnen beliebt. Diese Form der „Unordnung“, der „Systemfreiheit“ wird von den Menschen selbst nicht angenommen. Es sehnt sie nach Führung, nach einem Führer und somit zu der von Platon beschriebenen Tyrannis unter einem einzelnen Herrscher oder der – wenn auch stark pervertierten Form – von Thomas Hobbes Vorstellungen aus seinem Leviathan. Man begibt sich unter die Führung eines einzelnen Individuums und durch jene Wahl entledigt man sich selbst in gewissem Maße der Verantwortung.
Ein Opfer dieses Faschismus’ wurde ebenjener Inhaftierte, der seine Freiheit am Weihnachtstag 1993 wiedererlang. Über seine Identität verrät Moore nichts, man erfährt nicht, ob er aufgrund seiner Hautfarbe oder seiner sexuellen Orientierung im Larkhill Konzentrationslager gelandet ist. Allerdings verfügt er über ein Vorwissen der Chemie, welches ihm ermöglicht anhand von Ammoniak-Dünger seine Zelle in die Luft zu sprengen. Ebenjene Zelle trug die römische Ziffer „V“ und ebenjene Kenntnis von Sprengstoff dürfte für V anschließend zur Adaption der Guy Fawkes Maskierung geführt haben. Die Anarchie, der V nunmehr folgt, ist keine selbst gewählte, sondern eine vom Staat auferlegte. In Frankenstein-Manier hat sich Norsefire sein eigenes Monster erschaffen, welches nun konsequent für den Niedergang seines Schöpfers aktiv wird. Für V zählt nur, seine ehemaligen Peiniger zur Strecke zu bringen. Dazu gehören nicht nur die Mitarbeiter des Konzentrationslagers, sondern auch jene Regierung, die für diese Lager verantwortlich ist. Wer alles bei seiner Vendetta zu Schaden kommt, ist für V unerheblich, geht der Maskierte doch sprichwörtlich über Leichen und versucht sich auch keineswegs in das Bild eines Helden zu zwängen. „I’m the bogeyman. The villain“, sagt er Evey bei ihrer Begegnung (V for Vendetta, S. 13).
It is the duty of every man in this country to seize the initiative and make Britain great again. (V for Vendetta, S. 10)
In welche Dystopie Moore seine Leser hineinwirft, merken diese bereits auf den ersten Seiten. Die Wetterangaben sind präzise, auf die Minute genau, Stadtteile werden spontan abgesperrt, willkürliche Razzien wegen Terrorverdacht finden statt und Fleisch ist eine Ware, die man nur rationiert erhält. Evey Hammon ist 16 Jahre alt, Waise und arbeitet seit Jahren in einer Fabrik. Der Lohn ist gering, so gering, dass sich Evey in der Nacht des 4. November 1997 entschließt sich zu prostituieren. Dumm nur, dass sie dabei einen Fingerman anspricht, einen geheimen Ermittler des Staatsorgans The Finger. In V for Vendetta funktioniert der Staat – eine erneute Anlehnung an Hobbes – wie der menschliche Körper. Einzelne Abteilungen werden nach ihren nahestehenden Organen benannt: The Head, The Mouth, The Ear. Für Evey bedeutet ihre Konfrontation mit den Fingermen jedoch mehr als Bußstrafe. Es bedeutet Vergewaltigung und Tod. Eine besondere Ironie erhält die Szene, da sie sich vor dem Staatsmotto „Stärke durch Reinheit, Reinhaut durch Glauben“ abspielt. Es ist Vs Auftritt, der Evey das Leben rettet und den Fingermen den Tod bringt.
Was folgt, ist eines von mehren Sprengstoffattentaten. Und die Wandlung von der jungen, naiven Evey, zu einer erwachsener werdenden, sich selbst bestimmenden Frau. Sie steht exemplarisch für alle anderen Menschen in Moores dystopischen England. Für all jene Menschen, die mit Filmen und Musik nichts mehr anfangen können, weil sie ohne sie aufgewachsen sind. An ihr konzipiert Moore seine Vorstellung von Freiheit. Denn selbst wenn sie in einem totalitären Staat lebt, realisiert Evey nicht wirklich, dass ihre Freiheit nicht mehr als ein Trugschluss ist. Um ihr dies zu vergegenwärtigen, lässt V sie seine eigenen Erfahrungen durchleben. Ein streitbarer Punkt innerhalb des Comics, welcher nur für Vs Kompromisslosigkeit steht. Denn auch Eveys Befreiung hat weniger einen sozialen Aspekt, als eine tiefere Bedeutung, die sich ihr erst zum Ende hin entschlüsseln wird. Ob man Vs Anarchie gutheißen mag, bleibt dabei jedem Leser selbst überlassen. Eine eindeutige Einteilung in Schwarz oder Weiß ist hier scheinbar nicht möglich, bewegt sich der maskierte Rächer unentwegt in einer Grauzone. Der Zweck ist über alle Zweifel erhaben, doch ob man die Mittel billigt bleibt eine andere Frage. „I am the devil, and I come to do the devil’s work“ zitiert V fälschlicherweise Charles Manson, als er einen pädophilen Priester ins Jenseits befördert (V for Vendetta, S. 60).
Nun oblag es den Wachowskis und ihrem Regisseur James McTeigue, im Jahr 2005 Moores Kultcomic filmisch umzusetzen. Angesichts der zuvor in London verübten U-Bahn-Anschläge wurde der Film hinsichtlich seiner Thematik kritisch diskutiert. In seiner das Comic verfälschenden Botschaft sicherlich zu Recht. Wie so oft und speziell auch in Hinblick auf Zack Snyders Adaption von Watchmen, wird eine Geschichte präsentiert, die von dem Kern der Vorlage vollkommen abstrahiert und stattdessen den zeitgenössischen Sehgewohnheiten angepasst wurde. So wird aus dem anarchischen V – für amerikanische Zuschauer eine schwerlich sympathische Figur – ein schwadronierender Romantiker und aus der infantilen Evey (Natalie Portman) ein Kind von politischen Aktivisten. Da passt es auch sehr gut, wenn sie V (Hugo Weaving), nachdem er ihr das Leben gerettet hat, als verrückt und durchgeknallt bezeichnet (und somit lediglich die Reaktion des Kinopublikums widerspiegeln soll). Um das Tempo aufrecht zu erhalten, werden dann bevorzugt Themen aus dem zweiten und dritten Buch bereits in die Exposition des Filmes miteinbezogen.
England prevails. (V for Vendetta, u.a. S. 190)
Schließlich ist Zeit Geld und Action verkauft sich besser als sozial-politische Dialoge. Da passt es nur allzu gut, dass V for Vendetta zwar versucht, gelegentlich an die politische Brisanz des Comics anzuknüpfen, aber immer dann ausblendet, wenn es darum ginge die Situation näher zu beleuchten. „There’s something terribly wrong with this country, isn’t there?“, fragt V bezeichnenderweise im Film, nur ist es eine rhetorische Frage. Etwas ist falsch, aber was genau, das erklärt der Film nicht. Ein anderes Mal heißt es, der amerikanische Krieg sei nach London gekommen. Welcher Krieg, wird nicht klar, denn aus dem Fernsehen erkennt man nur, dass in den USA der zweite Bürgerkrieg herrscht. Von alltäglichen Razzien und einer unterdrückten Stimmung wird auch nicht sehr viel deutlich. Wieso aus England nun ein totalitärer Staat wurde, bleibt unklar. Dass sich der Film versucht in überzogene Hitlereske Gestiken zu retten, um dem Zuschauer den faschistischen Staat einzuprügeln, spricht nur dafür, dass er nicht verstanden hat, worauf Moore eigentlich hinaus wollte. Scheinbar trauten die Wachowskis dem Publikum nicht zu einen faschistischen Staat als solchen zu entlarven, wenn nicht ein Mann auf dem Podest wild um sich spuckend gestikuliert (der große Diktator lässt grüßen).
Auch in seiner anarchischen Botschaft tritt V for Vendetta in ein derbes Fettnäpfchen. Vs Argumentationen beginnen irgendwann von (s)einer persönlicher Vendetta in eine große Befreiungsbewegung umzuschlagen. Dabei fallen dann schon mal Sätze, die im Schatten des 11. September derbe deplatziert wirken. „The building is a symbol, as is the act of destroying it. Blowing up a building can change the world”, erläutert er Evey beim Frühstück und spielt damit mehr als unbewusst Terrororganisationen wie Al Kaida genüsslich in die Karten. Das wird dann nur noch getoppt, wenn V Haltungen propagiert wie „Violence can be used for good“. Damit rückt man V von einer ähnlichen sozialen Haltung wie man sie von Rorschach kennt viel eher zu einem Comedian. Sehr bedenkliche Äußerungen, die im falschen filmischen Kontext doppelt zu hinterfragen wären. Die große Gegenüberstellung von Faschismus und Anarchie gelingt daher dem Film nur selten und wenn dann eher um seine durchschnittliche Filmhandlung durchzupeitschen. Ob ein Terrorist gleich ein Terrorist ist, sich alle in einen Topf werfen lassen und wann es gilt ein Gebäude in die Luft zu sprengen, wenn man denn schon eines in die Luft sprengt, beantwortet der Film nicht.
Sehr amüsant sind auch einige Fehler in der Handlung. Zum Beispiel wenn im totalitären England, das von einer neofaschistischen Partei geleitet wird, alle Fernseher vom japanischen Hersteller JVC stammen. Dass es mit Technik in V for Vendetta nicht weit her ist, zeigt auch Vs Mord an Lewis Prothero (Roger Allam). Nachdem Evey von V entführt wurde (auch eine schöne Abänderung) und Ermittler Eric Finch (Stephen Rea) sie als Komplizin sieht, macht man sich dennoch nicht die Mühe, ihren Zugang zum Fernsehsender (zu dem V soeben erst unberechtigten Zugang hatte) zu stornieren. Wieso Evey überhaupt mit ihrem Ausweis Zugang zu Protheros Penthouse hat, bleibt ebenso im Unklaren. Zeit ist Geld, die Handlung muss vorangetrieben werden und da darf die Logik schon mal auf der Strecke bleiben. Große Polizeiarbeit auch, wenn Finch bereits nach dem Mord an Prothero die Verbindung von V mit Larkhill feststellt, sich aber nicht die Mühe macht, andere ehemalige Mitarbeiter wie Lilliman oder Surridge zu warnen. Wieso die Pathologin in einem totalitären Staat, nach einer vom Staat organisierten Versuchsreihe, ihren Namen ändert, bleibt auch im Dunkeln.
Ave atque vale. (V for Vendetta, S. 245)
Und um die Spannung fortwährend aufrecht zu halten, sind Änderungen nunmal unabdingbar. So wird Gordon Deitrich (Stephen Fry) vom Schmalspurganoven zum homosexuellen Talk Show Host, der kurzzeitig als Pseudo-V inszeniert wird, um dann letztlich als die dümmste Figur im ganzen Film dazustehen. Allein seine Naivität zu glauben, dass seine mediale Verballhornung (und Exekution!) des Staatspräsidenten (John Hurt) keine größeren Konsequenzen hätte, als eine Geldstrafe und Sozialdienst, ist so unglaublich, dass man die Szene fast zweimal sehen müsste. Dennoch kommt man auch hier nicht um die Frage herum, wer seine Sendung überhaupt abgesegnet hat. Wie Vs Infiltrierung der Sendezentrale aufgezeigt hat, sind Staatskörper in dieser als Produktionsleiter vorhanden. Unvorstellbar, dass von den gut zwanzig Personen, die mit der Produktion der Sendung konfrontiert waren, niemand entweder selbst das Ganze gestoppt hat oder zumindest jemanden informiert hat. Hier verkommt der totalitäre Staat der Wachowskis zum totalen Witz und läuft sich selbst zuwider.
Mit dem Subplot des Massenvirus, vom Staat gezüchtet und ausgesetzt, tut sich der Film auch alles andere als einen Gefallen. Die Botschaft von Moores Geschichte wird einem unterhaltsamen Action-Film geopfert, in dem – wir leben in der Post-Matrix-Äre – auch ein Finale in Bullet Time nicht fehlen darf. All das, was V for Vendetta eigentlich verkörpert, ist in McTeigues Film nur noch rudimentär vorhanden. Viele Panels sind eins zu eins abgefilmt, treffen auch sowohl Stimmung wie Inhalt. Mit ein bisschen mehr Eiern in der Hose hätte das auch gewiss was werden können. Dafür hätte man nur da etwas mehr und dort etwas weniger erzählen müssen. Die Einbindung von Guy Fawkes zu Beginn ist ob ihrer Geschichtsverfälschenden Darstellung auch unnötig, da die Analogien zu V (seine Flucht aus Larkhill) im Film nicht aufgegriffen werden. Gerade die gegenüberstellende Exposition des Filmes zwischen Evey und V kann exemplarisch dafür herangezogen werden, dass V for Vendetta durchaus tatsächlich Moores Werk gerecht wird. Nicht nur auf optischer Ebene wie Watchmen, sondern auch inhaltich.
Bei der Besetzung ist das Ergebnis zwiespältig. John Hurt als Staatsführer beschränkt sich auf ein und denselben Gesichtsausdruck in seiner eigenen kleinen 1984-Referenz. Hugo Weaving als V mag mit seiner Stimme durchaus überzeugen und auch Stephen Rea gibt mit Finch eine sehr gute und humane Darstellung, selbst wenn der Charakter der Figur verändert wurde. Natalie Portman hadert dagegen ein ums andere Mal mit dem britischen Akzent, der sie nie wirklich authentisch anhören möchte. Da auch Keira Knightley für die Rolle vorgesprochen hat, wäre ihre Besetzung, so sehr ich Natalie vergöttere, an dieser Stelle wohl – nicht nur aufgrund des Akzentes – vorzuziehen gewesen. Generell lässt sich also sagen, dass man dem Film durchaus anmerkt, dass seine Macher Respekt vor der Vorlage gehabt haben. Etwas das beispielsweise einem Watchmen gänzlich abging. Die Anpassungen der Geschichte, sich der zeitgenössischen Gesellschaft anbiedern zu wollen, gelingen jedoch nicht und lassen V for Vendetta trotz seiner ungewöhnlichen Thematik im Einheitsbrei der Comicverfilmungen verschwinden. Schade um die politisch-geschichtlich-philosophische Thematik, die viel zu oft Spannungsschrauben und Actionszenen weichen muss. Was bleibt ist eine solide Verfilmung eines nachdenklich stimmenden Comics.
Am 31. Januar 1606 wird Fawkes gemeinsam mit einigen anderen Verschwörern vorgeführt, um gehängt, gestreckt und gevierteilt zu werden. Fawkes ist glücklicher als seine Mitverurteilten und schafft es, dass bei seiner Erhängung sein Genick bricht. Im England der neunziger Jahre führt Norsefire ein totalitäres Staatsgebilde ein. Zur Bewahrung der weißen Rasse werden alle afrikanischstämmigen Bürger, Pakistani, Ausländer und Homosexuellen in Internierungslager gebracht. In der Nacht vom 4. zum 5. November 1997 wird der Palace of Westminster in die Luft gesprengt, jener Ort, an dem Fawkes 391 Jahre zuvor seinen Tod fand. Vier Jahre zuvor wird Evey Hammonds Vater von der Sicherheitspolizei abgeführt und in ein Internierungslager gesteckt. Es wurde ihm zur Last gelegt, dass er in Universitätszeiten Freunde mit sozialistischer Gesinnung hatte. Weihnachten 1993 sorgt eine Explosion im Internierungslager Larkhill für Aufsehen, einer der inhaftierten Patienten kann fliehen. In der Nacht vom 4. zum 5. November 1997 wird die Geschichte Englands neu geschrieben, wenn Evey Hammond auf den mysteriösen Patient aus Larkhill trifft.
Die Mitte der achtziger Jahre gehörten im Comic-Genre zweifelsohne dem britischen Autor Alan Moore. Mit seiner zwölfteiligen Serie „Watchmen“ und den zehn Ausgaben zu V for Vendetta sind Moore nicht nur zwei außerordentliche Geschichten gelungen, sondern vielmehr politische Comics von herausragender Brisanz. Im Gegensatz zu seinem Superhelden-Abgesang schrieb Moore ganze sieben Jahre an V for Vendetta. Bezeichnenderweise begann seine Arbeit 1981, jenes Jahr, in dem seine Protagonistin Evey Hammond geboren wurde. Und nicht nur sie, sondern auch Moore eigene Tochter Amber erblickte in jenem Jahr das Licht der Welt. Im folgenden Jahr erschien die erste Ausgabe von Moores neuem Comic, die ihren Abschluss sechs Jahre später finden würde. Für Moore waren die Achtziger eine politisch bedrohliche Zeit. Während er sich dem nahenden Nuklearen Holocaust in Watchmen ausgiebig widmete, erschuf er in „V for Vendetta“ ein Szenario, welches sich nicht mit dem Prolog eines solchen ausgearteten Konfliktes beschäftigt, sondern mit seinem Epilog. Die ersten Anzeichen für seine Dystopie sah er Brite im eigenen Land.
Strength through purity, purity through faith. (V for Vendetta, S. 11)
Zielgerichtet ist Moores Kritik an den Thatcherismus im Allgemeinen und die Politik der Konservativen im Speziellen. Die britische Polizei wurde für Aufstände mit Überwachungskameras auf ihren Wagen ausgestattet, per Gesetz wurde die Klause 28 verabschiedet, um der Förderung von Homosexualität in den Schulen und Bibliotheken vorzubeugen, während die britischen Boulevardblätter nach Konzentrationslagern für AIDS-Kranke schrien. Für Moore ein Grund mehr, ein Horrorszenario zu spinnen, um die aktuelle politische Lage in einem Comic zu konterkarieren. Wie bereits in Watchmen bediente er sich hierfür der Genesis einer Dystopie und versetzte seine Handlung in die Jahre 1997/98. Gemeinsam mit Zeichner Dave Lloyd wurde V for Vendetta in drei ca. achtzig Seiten starke Bücher verpackt, in denen durchschnittlich sieben bis acht Panels vorherrschen. Über die Colorisierung kann man sich streiten, fügt sie sich doch in die Atmosphäre der achtziger Jahre ein. Dennoch ist es bedauerlich, dass die damals bei Warrior erschienen s/w-Version heute nicht mehr erhältlich ist, gewinnt die Geschichte durch die Farblosigkeit ungemein an Tiefe.
Innerhalb von Moores Comic prallen zwei Ideologien aufeinander: auf der einen Seite der Faschismus, stark angelehnt an Hitlers Drittes Reich, auf der anderen Seite die Anarchie, wie sie unter anderem von Mikhail Bakunin propagiert wurde. Sehr schön wird hier vor Augen geführt, welche Auswirkungen ein Weltkrieg auf eine Bevölkerung haben kann. Dass das, was in Deutschland während der Weimarer Republik geschah, kein Einzelfall sein muss, sondern wieder geschehen kann. Denn Geschichte wiederholt sich. Und auf das Chaos des Dritten Weltkrieges folgte schließlich die Ordnung einer einzelnen Partei. Fraglos bedingt durch die Unwirren in der Bevölkerung, durch eine Anarchie, die Ähnlichkeiten mit Platons Schilderungen seiner Demokratie in dessen Politeia hat. Menschen können nicht so frei sein, dass sie tun und lassen dürfen, wie es ihnen beliebt. Diese Form der „Unordnung“, der „Systemfreiheit“ wird von den Menschen selbst nicht angenommen. Es sehnt sie nach Führung, nach einem Führer und somit zu der von Platon beschriebenen Tyrannis unter einem einzelnen Herrscher oder der – wenn auch stark pervertierten Form – von Thomas Hobbes Vorstellungen aus seinem Leviathan. Man begibt sich unter die Führung eines einzelnen Individuums und durch jene Wahl entledigt man sich selbst in gewissem Maße der Verantwortung.
Ein Opfer dieses Faschismus’ wurde ebenjener Inhaftierte, der seine Freiheit am Weihnachtstag 1993 wiedererlang. Über seine Identität verrät Moore nichts, man erfährt nicht, ob er aufgrund seiner Hautfarbe oder seiner sexuellen Orientierung im Larkhill Konzentrationslager gelandet ist. Allerdings verfügt er über ein Vorwissen der Chemie, welches ihm ermöglicht anhand von Ammoniak-Dünger seine Zelle in die Luft zu sprengen. Ebenjene Zelle trug die römische Ziffer „V“ und ebenjene Kenntnis von Sprengstoff dürfte für V anschließend zur Adaption der Guy Fawkes Maskierung geführt haben. Die Anarchie, der V nunmehr folgt, ist keine selbst gewählte, sondern eine vom Staat auferlegte. In Frankenstein-Manier hat sich Norsefire sein eigenes Monster erschaffen, welches nun konsequent für den Niedergang seines Schöpfers aktiv wird. Für V zählt nur, seine ehemaligen Peiniger zur Strecke zu bringen. Dazu gehören nicht nur die Mitarbeiter des Konzentrationslagers, sondern auch jene Regierung, die für diese Lager verantwortlich ist. Wer alles bei seiner Vendetta zu Schaden kommt, ist für V unerheblich, geht der Maskierte doch sprichwörtlich über Leichen und versucht sich auch keineswegs in das Bild eines Helden zu zwängen. „I’m the bogeyman. The villain“, sagt er Evey bei ihrer Begegnung (V for Vendetta, S. 13).
It is the duty of every man in this country to seize the initiative and make Britain great again. (V for Vendetta, S. 10)
In welche Dystopie Moore seine Leser hineinwirft, merken diese bereits auf den ersten Seiten. Die Wetterangaben sind präzise, auf die Minute genau, Stadtteile werden spontan abgesperrt, willkürliche Razzien wegen Terrorverdacht finden statt und Fleisch ist eine Ware, die man nur rationiert erhält. Evey Hammon ist 16 Jahre alt, Waise und arbeitet seit Jahren in einer Fabrik. Der Lohn ist gering, so gering, dass sich Evey in der Nacht des 4. November 1997 entschließt sich zu prostituieren. Dumm nur, dass sie dabei einen Fingerman anspricht, einen geheimen Ermittler des Staatsorgans The Finger. In V for Vendetta funktioniert der Staat – eine erneute Anlehnung an Hobbes – wie der menschliche Körper. Einzelne Abteilungen werden nach ihren nahestehenden Organen benannt: The Head, The Mouth, The Ear. Für Evey bedeutet ihre Konfrontation mit den Fingermen jedoch mehr als Bußstrafe. Es bedeutet Vergewaltigung und Tod. Eine besondere Ironie erhält die Szene, da sie sich vor dem Staatsmotto „Stärke durch Reinheit, Reinhaut durch Glauben“ abspielt. Es ist Vs Auftritt, der Evey das Leben rettet und den Fingermen den Tod bringt.
Was folgt, ist eines von mehren Sprengstoffattentaten. Und die Wandlung von der jungen, naiven Evey, zu einer erwachsener werdenden, sich selbst bestimmenden Frau. Sie steht exemplarisch für alle anderen Menschen in Moores dystopischen England. Für all jene Menschen, die mit Filmen und Musik nichts mehr anfangen können, weil sie ohne sie aufgewachsen sind. An ihr konzipiert Moore seine Vorstellung von Freiheit. Denn selbst wenn sie in einem totalitären Staat lebt, realisiert Evey nicht wirklich, dass ihre Freiheit nicht mehr als ein Trugschluss ist. Um ihr dies zu vergegenwärtigen, lässt V sie seine eigenen Erfahrungen durchleben. Ein streitbarer Punkt innerhalb des Comics, welcher nur für Vs Kompromisslosigkeit steht. Denn auch Eveys Befreiung hat weniger einen sozialen Aspekt, als eine tiefere Bedeutung, die sich ihr erst zum Ende hin entschlüsseln wird. Ob man Vs Anarchie gutheißen mag, bleibt dabei jedem Leser selbst überlassen. Eine eindeutige Einteilung in Schwarz oder Weiß ist hier scheinbar nicht möglich, bewegt sich der maskierte Rächer unentwegt in einer Grauzone. Der Zweck ist über alle Zweifel erhaben, doch ob man die Mittel billigt bleibt eine andere Frage. „I am the devil, and I come to do the devil’s work“ zitiert V fälschlicherweise Charles Manson, als er einen pädophilen Priester ins Jenseits befördert (V for Vendetta, S. 60).
Nun oblag es den Wachowskis und ihrem Regisseur James McTeigue, im Jahr 2005 Moores Kultcomic filmisch umzusetzen. Angesichts der zuvor in London verübten U-Bahn-Anschläge wurde der Film hinsichtlich seiner Thematik kritisch diskutiert. In seiner das Comic verfälschenden Botschaft sicherlich zu Recht. Wie so oft und speziell auch in Hinblick auf Zack Snyders Adaption von Watchmen, wird eine Geschichte präsentiert, die von dem Kern der Vorlage vollkommen abstrahiert und stattdessen den zeitgenössischen Sehgewohnheiten angepasst wurde. So wird aus dem anarchischen V – für amerikanische Zuschauer eine schwerlich sympathische Figur – ein schwadronierender Romantiker und aus der infantilen Evey (Natalie Portman) ein Kind von politischen Aktivisten. Da passt es auch sehr gut, wenn sie V (Hugo Weaving), nachdem er ihr das Leben gerettet hat, als verrückt und durchgeknallt bezeichnet (und somit lediglich die Reaktion des Kinopublikums widerspiegeln soll). Um das Tempo aufrecht zu erhalten, werden dann bevorzugt Themen aus dem zweiten und dritten Buch bereits in die Exposition des Filmes miteinbezogen.
England prevails. (V for Vendetta, u.a. S. 190)
Schließlich ist Zeit Geld und Action verkauft sich besser als sozial-politische Dialoge. Da passt es nur allzu gut, dass V for Vendetta zwar versucht, gelegentlich an die politische Brisanz des Comics anzuknüpfen, aber immer dann ausblendet, wenn es darum ginge die Situation näher zu beleuchten. „There’s something terribly wrong with this country, isn’t there?“, fragt V bezeichnenderweise im Film, nur ist es eine rhetorische Frage. Etwas ist falsch, aber was genau, das erklärt der Film nicht. Ein anderes Mal heißt es, der amerikanische Krieg sei nach London gekommen. Welcher Krieg, wird nicht klar, denn aus dem Fernsehen erkennt man nur, dass in den USA der zweite Bürgerkrieg herrscht. Von alltäglichen Razzien und einer unterdrückten Stimmung wird auch nicht sehr viel deutlich. Wieso aus England nun ein totalitärer Staat wurde, bleibt unklar. Dass sich der Film versucht in überzogene Hitlereske Gestiken zu retten, um dem Zuschauer den faschistischen Staat einzuprügeln, spricht nur dafür, dass er nicht verstanden hat, worauf Moore eigentlich hinaus wollte. Scheinbar trauten die Wachowskis dem Publikum nicht zu einen faschistischen Staat als solchen zu entlarven, wenn nicht ein Mann auf dem Podest wild um sich spuckend gestikuliert (der große Diktator lässt grüßen).
Auch in seiner anarchischen Botschaft tritt V for Vendetta in ein derbes Fettnäpfchen. Vs Argumentationen beginnen irgendwann von (s)einer persönlicher Vendetta in eine große Befreiungsbewegung umzuschlagen. Dabei fallen dann schon mal Sätze, die im Schatten des 11. September derbe deplatziert wirken. „The building is a symbol, as is the act of destroying it. Blowing up a building can change the world”, erläutert er Evey beim Frühstück und spielt damit mehr als unbewusst Terrororganisationen wie Al Kaida genüsslich in die Karten. Das wird dann nur noch getoppt, wenn V Haltungen propagiert wie „Violence can be used for good“. Damit rückt man V von einer ähnlichen sozialen Haltung wie man sie von Rorschach kennt viel eher zu einem Comedian. Sehr bedenkliche Äußerungen, die im falschen filmischen Kontext doppelt zu hinterfragen wären. Die große Gegenüberstellung von Faschismus und Anarchie gelingt daher dem Film nur selten und wenn dann eher um seine durchschnittliche Filmhandlung durchzupeitschen. Ob ein Terrorist gleich ein Terrorist ist, sich alle in einen Topf werfen lassen und wann es gilt ein Gebäude in die Luft zu sprengen, wenn man denn schon eines in die Luft sprengt, beantwortet der Film nicht.
Sehr amüsant sind auch einige Fehler in der Handlung. Zum Beispiel wenn im totalitären England, das von einer neofaschistischen Partei geleitet wird, alle Fernseher vom japanischen Hersteller JVC stammen. Dass es mit Technik in V for Vendetta nicht weit her ist, zeigt auch Vs Mord an Lewis Prothero (Roger Allam). Nachdem Evey von V entführt wurde (auch eine schöne Abänderung) und Ermittler Eric Finch (Stephen Rea) sie als Komplizin sieht, macht man sich dennoch nicht die Mühe, ihren Zugang zum Fernsehsender (zu dem V soeben erst unberechtigten Zugang hatte) zu stornieren. Wieso Evey überhaupt mit ihrem Ausweis Zugang zu Protheros Penthouse hat, bleibt ebenso im Unklaren. Zeit ist Geld, die Handlung muss vorangetrieben werden und da darf die Logik schon mal auf der Strecke bleiben. Große Polizeiarbeit auch, wenn Finch bereits nach dem Mord an Prothero die Verbindung von V mit Larkhill feststellt, sich aber nicht die Mühe macht, andere ehemalige Mitarbeiter wie Lilliman oder Surridge zu warnen. Wieso die Pathologin in einem totalitären Staat, nach einer vom Staat organisierten Versuchsreihe, ihren Namen ändert, bleibt auch im Dunkeln.
Ave atque vale. (V for Vendetta, S. 245)
Und um die Spannung fortwährend aufrecht zu halten, sind Änderungen nunmal unabdingbar. So wird Gordon Deitrich (Stephen Fry) vom Schmalspurganoven zum homosexuellen Talk Show Host, der kurzzeitig als Pseudo-V inszeniert wird, um dann letztlich als die dümmste Figur im ganzen Film dazustehen. Allein seine Naivität zu glauben, dass seine mediale Verballhornung (und Exekution!) des Staatspräsidenten (John Hurt) keine größeren Konsequenzen hätte, als eine Geldstrafe und Sozialdienst, ist so unglaublich, dass man die Szene fast zweimal sehen müsste. Dennoch kommt man auch hier nicht um die Frage herum, wer seine Sendung überhaupt abgesegnet hat. Wie Vs Infiltrierung der Sendezentrale aufgezeigt hat, sind Staatskörper in dieser als Produktionsleiter vorhanden. Unvorstellbar, dass von den gut zwanzig Personen, die mit der Produktion der Sendung konfrontiert waren, niemand entweder selbst das Ganze gestoppt hat oder zumindest jemanden informiert hat. Hier verkommt der totalitäre Staat der Wachowskis zum totalen Witz und läuft sich selbst zuwider.
Mit dem Subplot des Massenvirus, vom Staat gezüchtet und ausgesetzt, tut sich der Film auch alles andere als einen Gefallen. Die Botschaft von Moores Geschichte wird einem unterhaltsamen Action-Film geopfert, in dem – wir leben in der Post-Matrix-Äre – auch ein Finale in Bullet Time nicht fehlen darf. All das, was V for Vendetta eigentlich verkörpert, ist in McTeigues Film nur noch rudimentär vorhanden. Viele Panels sind eins zu eins abgefilmt, treffen auch sowohl Stimmung wie Inhalt. Mit ein bisschen mehr Eiern in der Hose hätte das auch gewiss was werden können. Dafür hätte man nur da etwas mehr und dort etwas weniger erzählen müssen. Die Einbindung von Guy Fawkes zu Beginn ist ob ihrer Geschichtsverfälschenden Darstellung auch unnötig, da die Analogien zu V (seine Flucht aus Larkhill) im Film nicht aufgegriffen werden. Gerade die gegenüberstellende Exposition des Filmes zwischen Evey und V kann exemplarisch dafür herangezogen werden, dass V for Vendetta durchaus tatsächlich Moores Werk gerecht wird. Nicht nur auf optischer Ebene wie Watchmen, sondern auch inhaltich.
Bei der Besetzung ist das Ergebnis zwiespältig. John Hurt als Staatsführer beschränkt sich auf ein und denselben Gesichtsausdruck in seiner eigenen kleinen 1984-Referenz. Hugo Weaving als V mag mit seiner Stimme durchaus überzeugen und auch Stephen Rea gibt mit Finch eine sehr gute und humane Darstellung, selbst wenn der Charakter der Figur verändert wurde. Natalie Portman hadert dagegen ein ums andere Mal mit dem britischen Akzent, der sie nie wirklich authentisch anhören möchte. Da auch Keira Knightley für die Rolle vorgesprochen hat, wäre ihre Besetzung, so sehr ich Natalie vergöttere, an dieser Stelle wohl – nicht nur aufgrund des Akzentes – vorzuziehen gewesen. Generell lässt sich also sagen, dass man dem Film durchaus anmerkt, dass seine Macher Respekt vor der Vorlage gehabt haben. Etwas das beispielsweise einem Watchmen gänzlich abging. Die Anpassungen der Geschichte, sich der zeitgenössischen Gesellschaft anbiedern zu wollen, gelingen jedoch nicht und lassen V for Vendetta trotz seiner ungewöhnlichen Thematik im Einheitsbrei der Comicverfilmungen verschwinden. Schade um die politisch-geschichtlich-philosophische Thematik, die viel zu oft Spannungsschrauben und Actionszenen weichen muss. Was bleibt ist eine solide Verfilmung eines nachdenklich stimmenden Comics.
6/10
Du hattest den doch mal besser rezensiert, oder?
AntwortenLöschenZur Kritik: Wenig, bis gar keine Zustimmung.
Du hattest den doch mal besser rezensiert, oder?
AntwortenLöschenDamals als ich aus dem Kino kam, ja.
Zur Kritik: Wenig, bis gar keine Zustimmung.
War absehbar.
Gut geschrieben, wie immer eigentlich. Und wie so oft neige ich natürlich dazu, dir in der Eindeutigkeit deiner Cmoic-"Verisse" nicht zuzustimmten. Aber ich will nicht endgültig urteilen, solange ich den Comic nicht kenne. Vielleicht hast du ja wirklich mit Vielem recht... ;-) Allerdings wäre es wohl passender gewesen das Review als "Vorlage vs. Film"-Projekt zu bezeichenen. Wie dem auch sei: Als ich am Ende deines Textes angelangt bin, hatte ich eine schlechtere Bewertung befürchtet... ;-)
AntwortenLöschenEs ist schon wirklich komisch, so alt ist der Film jetzt nun ja auch nicht. Aber ich erinnere mich an fast gar nichts mehr. Außer vielleicht an die innere Unzufriedenheit, als wir aus dem Kino kamen. Nicht weil der Film nicht unseren Vorstellungen entsprach, sondern weil wir überlegten was er eigentlich von uns wollte. Nach der Zweitsichtung mittels DVD wurde es zwar ein wenig besser und schlüssiger, aber der Film ist alles andere als gelungen. Da muß ich Dir vollkommen recht geben, wenn auch aus vielleicht anderen Gründen als die von Dir angebrachten. Aber das ist vollkommen egal.
AntwortenLöschenMoores Vorlage ist der pure Wahnsinn, die Adaption im Grunde ganz gut, kann von vorneherein aber nicht rankommen.
AntwortenLöschenPS: Schön geschrieben. Finde das "Panel to Frame" immer interessant.