In Spanien führte das Ende des Franquismus, der das Land gut vier Jahrzehnte lang unterdrückte, unter anderem zur movida madrileña, einer Kulturbewegung der spanischen Hauptstadt, der auch der junge Pedro Almodóvar angehörte. Dessen erste Filme, Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón und Laberinto de pasiones sind dann vor allem eins: obszön und vulgär. Aus dem einfachen Grund, weil man nun vulgär und obszön sein durfte, bedeutete das Ende des Diktators doch den Anfang der Freiheit. In ähnlicher Weise ließe sich so auch das Konzept des amerikanischen Pay-TV-Senders Home Box Office, kurz „HBO“ genannt, beschreiben. Der Sender präsentiert Fernsehserien, die das zeigen, was die Network-Sender nicht ausstrahlen dürfen: Titten und Sex. Egal ob Sex and the City, Six Feet Under oder seit zwei Jahren Alan Balls True Blood, Sex wird bei HBO groß geschrieben und verkommt zum fast schon primären Narrationsmittel. Aus dem einfachen Grund, weil man es darf. Ob das hilft, ist eine andere Frage.
Das vergangene Jahrzehnt wird gerne als die Ära der Superhelden-Filme angesehen. Dabei treiben sich fast genauso viele Vampire herum. Der lebende Untote feiert Renaissance, sowohl in der Literatur- wie Filmwelt. Und so viele verschiedene Reihen es gibt, sind sie sich doch alle ähnlich. Junges hübsches Menschen-Mädchen darf sich in blassen, knackigen Vampir-Boy verknallen. Bevorzugt aus dem 19. Jahrhundert, weil sich da ein schöner Bezug zum Unabhängigkeits- und Bürgerkrieg finden lässt. Stephenie Meyers Twilight-Serie läuft hier noch am erfolgreichsten mit ihren Kinoadaptionen rund um R-Pattz und K-Stew. Dabei sprang Meyer nur auf den Zug auf, den einige Jahre zuvor Charlaine Harris mit ihrer The Southern Vampire Mysteries-Reihe in Gang gebracht hat. Allerdings publizierte L.J. Smith ein Jahrzehnt zuvor bereits ihre The Vampire Diaries-Reihe. Dementsprechend mutet das Vampir-Genre wie eine Großküche an, in der sich jeder desselben Rezeptes bedient und lediglich die eine oder andere Zutat hinzufügt oder weglässt.
Alan Ball, Schöpfer der hochgeschätzten Serie Six Feet Under, nahm sich nun Harris’ Romanreihe an und basierte seine neue HBO-Serie True Blood auf Dead Until Dark, den ersten Roman der Southern Vampire Mysterie-Reihe. Hier dreht sich alles um die Einwohner der kleinen Stadt Bon Temps in Louisiana. Stadtzentrum ist die Kneipe „Merlotte’s“ von Sam Merlotte (Sam Trammell), wo die Hälfte der Figuren arbeitet und die andere Hälfte zum Trinken herkommt. Dreh- und Angelpunkt ist die telepathische Kellnerin Sookie Stackhouse (Anna Paquin), in die Sam verschossen ist, die sich aber Hals über Kopf in den Vampir Bill Compton (Stephen Moyer) verknallt. Vampire leben in True Blood als „geoutete“ Minderheit, dank dem japanisch-synthetischen Kunst-Blut „True Blood“. In schöner Rassismus-Parabel sind nun die Vampir-Amerikaner die Diskriminierten, als fangs verunglimpft (ihre Sexpartner dagegen als fang banger) und somit auch von den Einwohner Bon Temps’ misstrauisch beäugt.
Zu letzterer Gruppe zählt neben Sam auch Sookies sexsüchtiger Bruder Jason (Ryan Kwanten) und ihre beste Freundin Tara (Rutina Wesley). Während die anderen Figuren also im abwechselnden Spiel Sookie davon abraten, sich mit Bill einzulassen, treibt ein Frauenmörder beziehungsweise vermeintlicher Fang-Banger-Mörder sein Unwesen. Bevorzugt killt er Frauen, die mit Jason Stackhouse in der Kiste waren, sodass dieser bei den örtlichen Behörden (Chris Bauer undJ.F. Sebastian William Sanderson) Hauptverdächtiger Nummer Eins ist. Es handelt sich hierbei um zwei Handlungsstränge, die recht leidlich funktionieren, ohne besonders mitreißen zu können, auch oder gerade aufgrund der ausufernden Laufzeit von rund fünfzig Minuten pro Folge. Es gibt das klassische Hin und Her zwischen den Hauptfiguren, dass später nach Sookies ersten Mal dazu führt, dass sie immer dann gut gelaunt ist, wenn ihr der Vampir zwischen die Beine gespritzt hat und andernfalls eine Fresse wie sieben Tage Regenwetter zieht.
Ohnehin lebt True Blood von seiner Sexualisierung, gibt es doch kaum eine Episode, in der Jason nicht irgendeine Thekenschlampe von hinten durchnimmt oder eine der verehrten Damen ihre sekundären Geschlechtsteile in die Kamera wackelt. Einen wirklichen Sinn haben diese Szenen nicht, außer eben die Tatsache, dass man im Pay-TV nicht zimperlich sein muss. Würde man alle Sex-Szenen der ersten Staffel herausschneiden, hätte sich die Episodenzahl vermutlich um zwei Folgen reduziert (was man bei HBO’s Politik, 12-Episoden-Staffel zu produzieren, scheinbar nicht verantworten konnte). Wer immer schon mal die Titten von Anna Paquin, Lynn Collins oder Lizzy Caplan bestaunen wollte, ohne sich wie ein Perverser durchs Internet zu stöbern, kann dies im kultivierten HBO-Qualitätsfernsehen nun ziemlich unbekümmert tun. Ähnlich wie im Falle von Almodóvars Frühwerken sollte man sich jedoch überlegen, ob es sich wirklich lohnt, etwas Sinnfreies zu machen, nur weil man es ungestraft machen kann. Einen Mehrwert sucht man vergeblich.
Der andere Handlungsstrang um die Serienmorde verläuft eher nebenher, wird in Form von einer Leiche alle paar Folgen kurz aufgegriffen und zu Gunsten einer Sex-Szene dann vorerst wieder ins Hinterkämmerchen geschoben. Es wundert also nicht, dass die Auflösung des Täters im Staffelfinale weder schockiert, überrascht oder sonst eine Reaktion hervorruft. Ein Motiv sucht man ebenfalls vergeblich. True Blood kokettiert eben mit seinen erotischen Bildern, anstatt eine ausgefeilte Handlung anbieten zu wollen. Einen Sub-Plot um die Vampir-Gesellschaft rund um deren Sheriff, Eric (Alexander Skarsgård), wird vermutlich in der zweiten Staffel ausführlicher ausgelotet, die eigentlich interessanteren - oder sympathischeren - Nebenfiguren wie Layfayette (Nelsan Ellis) oder Terry (Todd Lowe) ließ Ball meist im Hintergrund vor sich hindümpeln. Die Anspielungen auf die US-Geschichte (Rassismus, Diskriminierung, etc.) sind zwar ganz nett (Angelina Jolie adoptiert Vampir-Baby, hihihoho), aber mit der Dauer dann auch ziemlich eintönig.
Die Serie ist dabei nicht schlecht, aber eben relativ leidlich. Durchschnitt, aus dem sich allenfalls noch The Fourth Man in the Fire als gefälligste Folge herausgreifen lässt. Dass es True Blood nicht gelingt, ein überzeugendes - oder nennen wir es: spannendes - Staffelfinale zu produzieren (die Identität des Serienmörders ist so egal, wie sonst was, wird dann aber dennoch spektakulär unspektakulär aufgelöst) und mit einem Cliffhanger abschließt, der eher zum Abschalten, denn Fingernägelknabbern einlädt, spricht für beziehungsweise in diesem Falle gegen sich. Dabei ist die Inszenierung - Michael Lehmann führte in der Mehrzahl der Folgen Regie - relativ gelungen, auch die Effekte sind ansehnlich. Zudem erfreuen die Gastrollen von Collins, Caplan und John Billingsley, die weitaus überzeugender aufspielen, als Paquin und Co. So ist True Blood insgesamt eine Serie, die an ihrer Orientierungslosigkeit, zu langen Laufzeit und übertriebenen Sexualisierung leidet. Oder kurz gesagt: eine HBO-Serie.
Das vergangene Jahrzehnt wird gerne als die Ära der Superhelden-Filme angesehen. Dabei treiben sich fast genauso viele Vampire herum. Der lebende Untote feiert Renaissance, sowohl in der Literatur- wie Filmwelt. Und so viele verschiedene Reihen es gibt, sind sie sich doch alle ähnlich. Junges hübsches Menschen-Mädchen darf sich in blassen, knackigen Vampir-Boy verknallen. Bevorzugt aus dem 19. Jahrhundert, weil sich da ein schöner Bezug zum Unabhängigkeits- und Bürgerkrieg finden lässt. Stephenie Meyers Twilight-Serie läuft hier noch am erfolgreichsten mit ihren Kinoadaptionen rund um R-Pattz und K-Stew. Dabei sprang Meyer nur auf den Zug auf, den einige Jahre zuvor Charlaine Harris mit ihrer The Southern Vampire Mysteries-Reihe in Gang gebracht hat. Allerdings publizierte L.J. Smith ein Jahrzehnt zuvor bereits ihre The Vampire Diaries-Reihe. Dementsprechend mutet das Vampir-Genre wie eine Großküche an, in der sich jeder desselben Rezeptes bedient und lediglich die eine oder andere Zutat hinzufügt oder weglässt.
Alan Ball, Schöpfer der hochgeschätzten Serie Six Feet Under, nahm sich nun Harris’ Romanreihe an und basierte seine neue HBO-Serie True Blood auf Dead Until Dark, den ersten Roman der Southern Vampire Mysterie-Reihe. Hier dreht sich alles um die Einwohner der kleinen Stadt Bon Temps in Louisiana. Stadtzentrum ist die Kneipe „Merlotte’s“ von Sam Merlotte (Sam Trammell), wo die Hälfte der Figuren arbeitet und die andere Hälfte zum Trinken herkommt. Dreh- und Angelpunkt ist die telepathische Kellnerin Sookie Stackhouse (Anna Paquin), in die Sam verschossen ist, die sich aber Hals über Kopf in den Vampir Bill Compton (Stephen Moyer) verknallt. Vampire leben in True Blood als „geoutete“ Minderheit, dank dem japanisch-synthetischen Kunst-Blut „True Blood“. In schöner Rassismus-Parabel sind nun die Vampir-Amerikaner die Diskriminierten, als fangs verunglimpft (ihre Sexpartner dagegen als fang banger) und somit auch von den Einwohner Bon Temps’ misstrauisch beäugt.
Zu letzterer Gruppe zählt neben Sam auch Sookies sexsüchtiger Bruder Jason (Ryan Kwanten) und ihre beste Freundin Tara (Rutina Wesley). Während die anderen Figuren also im abwechselnden Spiel Sookie davon abraten, sich mit Bill einzulassen, treibt ein Frauenmörder beziehungsweise vermeintlicher Fang-Banger-Mörder sein Unwesen. Bevorzugt killt er Frauen, die mit Jason Stackhouse in der Kiste waren, sodass dieser bei den örtlichen Behörden (Chris Bauer und
Ohnehin lebt True Blood von seiner Sexualisierung, gibt es doch kaum eine Episode, in der Jason nicht irgendeine Thekenschlampe von hinten durchnimmt oder eine der verehrten Damen ihre sekundären Geschlechtsteile in die Kamera wackelt. Einen wirklichen Sinn haben diese Szenen nicht, außer eben die Tatsache, dass man im Pay-TV nicht zimperlich sein muss. Würde man alle Sex-Szenen der ersten Staffel herausschneiden, hätte sich die Episodenzahl vermutlich um zwei Folgen reduziert (was man bei HBO’s Politik, 12-Episoden-Staffel zu produzieren, scheinbar nicht verantworten konnte). Wer immer schon mal die Titten von Anna Paquin, Lynn Collins oder Lizzy Caplan bestaunen wollte, ohne sich wie ein Perverser durchs Internet zu stöbern, kann dies im kultivierten HBO-Qualitätsfernsehen nun ziemlich unbekümmert tun. Ähnlich wie im Falle von Almodóvars Frühwerken sollte man sich jedoch überlegen, ob es sich wirklich lohnt, etwas Sinnfreies zu machen, nur weil man es ungestraft machen kann. Einen Mehrwert sucht man vergeblich.
Der andere Handlungsstrang um die Serienmorde verläuft eher nebenher, wird in Form von einer Leiche alle paar Folgen kurz aufgegriffen und zu Gunsten einer Sex-Szene dann vorerst wieder ins Hinterkämmerchen geschoben. Es wundert also nicht, dass die Auflösung des Täters im Staffelfinale weder schockiert, überrascht oder sonst eine Reaktion hervorruft. Ein Motiv sucht man ebenfalls vergeblich. True Blood kokettiert eben mit seinen erotischen Bildern, anstatt eine ausgefeilte Handlung anbieten zu wollen. Einen Sub-Plot um die Vampir-Gesellschaft rund um deren Sheriff, Eric (Alexander Skarsgård), wird vermutlich in der zweiten Staffel ausführlicher ausgelotet, die eigentlich interessanteren - oder sympathischeren - Nebenfiguren wie Layfayette (Nelsan Ellis) oder Terry (Todd Lowe) ließ Ball meist im Hintergrund vor sich hindümpeln. Die Anspielungen auf die US-Geschichte (Rassismus, Diskriminierung, etc.) sind zwar ganz nett (Angelina Jolie adoptiert Vampir-Baby, hihihoho), aber mit der Dauer dann auch ziemlich eintönig.
Die Serie ist dabei nicht schlecht, aber eben relativ leidlich. Durchschnitt, aus dem sich allenfalls noch The Fourth Man in the Fire als gefälligste Folge herausgreifen lässt. Dass es True Blood nicht gelingt, ein überzeugendes - oder nennen wir es: spannendes - Staffelfinale zu produzieren (die Identität des Serienmörders ist so egal, wie sonst was, wird dann aber dennoch spektakulär unspektakulär aufgelöst) und mit einem Cliffhanger abschließt, der eher zum Abschalten, denn Fingernägelknabbern einlädt, spricht für beziehungsweise in diesem Falle gegen sich. Dabei ist die Inszenierung - Michael Lehmann führte in der Mehrzahl der Folgen Regie - relativ gelungen, auch die Effekte sind ansehnlich. Zudem erfreuen die Gastrollen von Collins, Caplan und John Billingsley, die weitaus überzeugender aufspielen, als Paquin und Co. So ist True Blood insgesamt eine Serie, die an ihrer Orientierungslosigkeit, zu langen Laufzeit und übertriebenen Sexualisierung leidet. Oder kurz gesagt: eine HBO-Serie.
7/10
Nach deinem Tweet hatte ich einen üblen Verriss befürchtet, doch das was du schreibst macht durchaus Sinn. Ich allerdings - wer hätte es gedacht? - sehe die ganze Sache nicht so eng. Die schwüle Südstaatenatmosphäre hat mich einfach gepackt und mich über diverse Storyschwächen hinwegsehen lassen.
AntwortenLöschenTRUE BLOOD hat mich persönlich ja so überhaupt nicht packen können. Klar, tolle Atmosphäre und alles auch nicht handwerklich schlecht oder so. Aber es hat ganz einfach überhaupt nicht geklickt, so dass ich es kurz vor Ende von Staffel Eins dann doch irgendwann abgebrochen habe.
AntwortenLöschenUnd -ich bitte mir diesen Gag jetzt zu verzeihen- auch die vielen Nacktszenen von tollen Frauen wie Lizzy Caplan haben mich da nicht mehr bei der Stange halten können...
wo kommen denn die 7 Punkte her? Nachdem ich mit der ersten Staffel nun auch durch bin, kann ich dir in allen Punkten zustimmen, die Sexualisierung ist so unnötig wie in Actionserien die oft übermässige Action.
AntwortenLöschenAber die Serie hat durchaus Potential durch kleine eingestreute Gags und Absurditäten und eine schöne Atmosphäre.