Ein Sprichwort sagt, jeder ist seines Glückes Schmied. Vermutlich würden die Figuren in Götz Spielmanns Filmen dies nicht unterschreiben wollen. Schon die Charaktere in seinem vor fünf Jahren für einen Oscar nominierten Revanche hatten mit Widrigkeiten und einander zu kämpfen. Auch in seinem neuen Film, Oktober November, macht es der österreichische Regisseur seinen Geschöpfen nicht leicht. Sie hadern mal wieder miteinander, aber auch mit sich selbst. Im Mittelpunkt stehen dabei die beiden Schwestern Verena (Ursula Strauss) und Sonja (Nora von Waldstätten), die im Grunde gänzlich unterschiedliche Leben führen, aber – so zeigt sich im Verlauf des Films – doch mehr gemein haben, als ihnen selbst bewusst scheint.
Während Sonja, die Jüngere, in Berlin als Schauspielerin arbeitet, lebt Verena mit ihrem Mann Michael (Johannes Zeiler) und dem gemeinsamen Sohn im ehemaligen Gasthaus ihres Vaters (Peter Simonischek). Dessen Gesundheit lässt allmählich nach, weswegen sich der Landarzt Andreas (Sebastian Koch) um den Witwer kümmert. Dennoch erleidet der alte Mann eines Abends nach dem Vesper einen Herzinfarkt, der ihn beinahe ins Jenseits befördert. Der Vorfall ist Anlass für Sonja, nach Jahren der Abwesenheit, die seit dem Tod der Mutter ins Land gezogen sind, wieder in ihre Heimat in die österreichische Provinz zurückzukehren. Doch ihren Ballast, der sie schon in Berlin geplagt hat, wird sie auch hier nicht los.
Scheinen die Figuren auf den ersten Blick ein glückliches Leben zu führen – Sonja als populäre Schauspielerin, Verena als Ehefrau und Mutter –, entblößt sich dieser Umstand lediglich als eine Fassade. Trost suchen beide in Affären, Sonja mit einem verheirateten Familienvater, Verena derweil mit Andreas. Die Umstände der Romanzen bleiben offen, werden höchstens angerissen. Wo Verena vermutlich aus ihrem Alltagstrott auszubrechen versucht, der sie zu erdrücken scheint, will Sonja eine Leere füllen, die ihren Ursprung in der Vergangenheit hat. „Kein Mensch weiß, wie er wirklich ist“, sagt die junge Schauspielerin zu Beginn. Zumindest sie und ihre ältere Schwester werden diese Aussage in Oktober November zu untermauern versuchen.
Mit der Anwesenheit von Sonja wird das Leben Verenas nicht leichter. Alte Spannungen und Gefühle der Eifersucht kochen wieder hoch. Im Gegensatz zu ihrer Schwester konnte Verena nie das Leben leben, das sie sich erträumte. Sie musste zurückbleiben in der Provinz im Gasthof des Vaters. „Es war sein größter Wunsch, dass ich weitermach’“, sagt die Tochter über den Vater. Und gesteht zugleich, dass sein Tod für sie in gewisser Weise Freiheit bedeuten würde. Freiheit von alten Erwartungen und gegenwärtigen Anforderungen. Von solchen wiederum scheint Sonja eher weniger geplagt und dennoch wirkt sie ungemein fragil. Eine Depression hat sie erst überwunden, erfahren wir, einem Glas Weißwein ist sie selten abgeneigt.
Sie habe immer bewundert und geliebt werden wollen, berichtet sie Andreas in einer Szene. „Bewundert und geliebt… geht das zusammen?“, fragt dieser halb im Spaß, halb im Ernst zurück. Wenn Verena ihr später vorwirft „Du musst dauernd ’ne Rolle spielen“, dann ist dies nicht weit von der Wahrheit entfernt. Und hier zeigt sich auch das Hauptproblem von Spielmanns Film: Was den beiden Schwestern im Leben zu fehlen scheint, insbesondere Sonja, weiß Oktober November nicht vollends deutlich zu machen. Dass der Regisseur teils, gerade in der Herzinfarktszene, mit verspielter Inszenierung und unnötigem Zoom arbeitet, fällt obendrein von technischer Seite negativ ins Auge. Zumindest das Ensemble lässt sich nichts zu Schulde kommen.
Auch Österreichs Landschaft ist wieder in gewisser Weise ein Charakter ganz für sich. Und dennoch erreicht Oktober November selten die Intensität und Qualität von Spielmanns Revanche. Dafür fehlt es am Einblick in das Innenleben der beiden Schwestern und einer etwas klareren Herausarbeitung ihrer ambivalenten Dynamik. Nach fünf Jahren Pause meldet sich Götz Spielmann somit nicht wirklich mit alter Stärke zurück, obschon man den Film auch nicht vollends als Enttäuschung ansehen kann. Zumindest sein Potential schöpft Oktober November jedenfalls nicht aus. Möge sich dies also beim nächsten Projekt des österreichischen Regisseurs wieder ändern. Denn jeder ist seines Glückes Schmied – das gilt auch für Götz Spielmann.
Während Sonja, die Jüngere, in Berlin als Schauspielerin arbeitet, lebt Verena mit ihrem Mann Michael (Johannes Zeiler) und dem gemeinsamen Sohn im ehemaligen Gasthaus ihres Vaters (Peter Simonischek). Dessen Gesundheit lässt allmählich nach, weswegen sich der Landarzt Andreas (Sebastian Koch) um den Witwer kümmert. Dennoch erleidet der alte Mann eines Abends nach dem Vesper einen Herzinfarkt, der ihn beinahe ins Jenseits befördert. Der Vorfall ist Anlass für Sonja, nach Jahren der Abwesenheit, die seit dem Tod der Mutter ins Land gezogen sind, wieder in ihre Heimat in die österreichische Provinz zurückzukehren. Doch ihren Ballast, der sie schon in Berlin geplagt hat, wird sie auch hier nicht los.
Scheinen die Figuren auf den ersten Blick ein glückliches Leben zu führen – Sonja als populäre Schauspielerin, Verena als Ehefrau und Mutter –, entblößt sich dieser Umstand lediglich als eine Fassade. Trost suchen beide in Affären, Sonja mit einem verheirateten Familienvater, Verena derweil mit Andreas. Die Umstände der Romanzen bleiben offen, werden höchstens angerissen. Wo Verena vermutlich aus ihrem Alltagstrott auszubrechen versucht, der sie zu erdrücken scheint, will Sonja eine Leere füllen, die ihren Ursprung in der Vergangenheit hat. „Kein Mensch weiß, wie er wirklich ist“, sagt die junge Schauspielerin zu Beginn. Zumindest sie und ihre ältere Schwester werden diese Aussage in Oktober November zu untermauern versuchen.
Mit der Anwesenheit von Sonja wird das Leben Verenas nicht leichter. Alte Spannungen und Gefühle der Eifersucht kochen wieder hoch. Im Gegensatz zu ihrer Schwester konnte Verena nie das Leben leben, das sie sich erträumte. Sie musste zurückbleiben in der Provinz im Gasthof des Vaters. „Es war sein größter Wunsch, dass ich weitermach’“, sagt die Tochter über den Vater. Und gesteht zugleich, dass sein Tod für sie in gewisser Weise Freiheit bedeuten würde. Freiheit von alten Erwartungen und gegenwärtigen Anforderungen. Von solchen wiederum scheint Sonja eher weniger geplagt und dennoch wirkt sie ungemein fragil. Eine Depression hat sie erst überwunden, erfahren wir, einem Glas Weißwein ist sie selten abgeneigt.
Sie habe immer bewundert und geliebt werden wollen, berichtet sie Andreas in einer Szene. „Bewundert und geliebt… geht das zusammen?“, fragt dieser halb im Spaß, halb im Ernst zurück. Wenn Verena ihr später vorwirft „Du musst dauernd ’ne Rolle spielen“, dann ist dies nicht weit von der Wahrheit entfernt. Und hier zeigt sich auch das Hauptproblem von Spielmanns Film: Was den beiden Schwestern im Leben zu fehlen scheint, insbesondere Sonja, weiß Oktober November nicht vollends deutlich zu machen. Dass der Regisseur teils, gerade in der Herzinfarktszene, mit verspielter Inszenierung und unnötigem Zoom arbeitet, fällt obendrein von technischer Seite negativ ins Auge. Zumindest das Ensemble lässt sich nichts zu Schulde kommen.
Auch Österreichs Landschaft ist wieder in gewisser Weise ein Charakter ganz für sich. Und dennoch erreicht Oktober November selten die Intensität und Qualität von Spielmanns Revanche. Dafür fehlt es am Einblick in das Innenleben der beiden Schwestern und einer etwas klareren Herausarbeitung ihrer ambivalenten Dynamik. Nach fünf Jahren Pause meldet sich Götz Spielmann somit nicht wirklich mit alter Stärke zurück, obschon man den Film auch nicht vollends als Enttäuschung ansehen kann. Zumindest sein Potential schöpft Oktober November jedenfalls nicht aus. Möge sich dies also beim nächsten Projekt des österreichischen Regisseurs wieder ändern. Denn jeder ist seines Glückes Schmied – das gilt auch für Götz Spielmann.
6/10
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