7. Juli 2017

John Wick: Chapter 2

This is the end of the line.

Unverhofft kommt oft – das mag sich auch Keanu Reeves vor drei Jahren gedacht haben, als sein Film John Wick überraschend positiv besprochen und rezipiert wurde. Am Ende sollte der R-Rated Action-Thriller unter dem Aspekt der Kosten-Nutzen-Rechnung gar zu Reeves erfolgreichstem Film seit The Matrix Reloaded (2003) aufsteigen. Mehr als das Vierfacher seiner Kosten spielte John Wick ein, was sich von Reeves Super-Flops der Jahre zuvor wie Henry’s Crime (2011) oder seinem Regie-Debüt Man of Tai Chi (2013) nicht behaupten ließ. Folglich galt es für Reeves und Regisseur Chad Stahelski, den Moment zu nutzen und vom Erfolg zu profitieren – mit dem Sequel John Wick: Chapter 2, das leider den klassischen Fortsetzungsfehler macht.

Der Film beginnt direkt mit einer leicht ausufernden Action-Szene, die das im Vorgänger praktizierte Gun Kata zur Schau stellt. Quasi eine Art Epilog zu John Wick sucht die titelgebende Figur (Keanu Reeves) den Bruder (Peter Stormare) von Viggo auf, in dessen Fabrik das Auto von Wick lagert. Einige Headshots später hat Wick den schwer ramponierten Wagen zurück, erwartet kurz darauf mit Santino D’Antonio (Riccardo Scamarcio) einen alten Bekannten. Santino erinnert Wick an eine Bringschuld, die noch aussteht. Wick lehnt zuerst ab, als Santino sein Haus daraufhin in die Luft sprengt, gibt er dann doch nach. “Rules. Without them we live with the animals”, betont auch Winston (Ian McShane), Leiter des New Yorker Auftragskiller-Hotels.

Die Handlung verlagert sich nach Rom, wo ein vollends ausgerüsteter Wick seinem finalen Auftrag nachgeht. Dieser ruft aber in Cassian (Common) nicht nur den Bodyguard seines Auftragsziels auf den Plan, sondern nach getaner Arbeit setzt Santino in Ares (Ruby Rose) auch seinen eigenen Bodyguard auf Wick an, um lose Enden zu eliminieren. Das übergeordnete Thema von John Wick: Chapter 2 ist somit, wenn so will, das Begleichen offener Rechnungen. Wick steht in der Schuld Santinos (im Film als “marker” bezeichnet), mit seinen Handlungen eröffnet er jedoch neue Rechnungen mit allen Beteiligten, die jeder – stets die Pistole griffbereit im Holster – darauf aus sind, das direkt zu Beginn initiierte Gun-Kata-Festival nicht aussterben zu lassen.

Der große Unterschied zwischen John Wick und John Wick: Chapter 2 findet sich in der Motivation – sowohl der inhärenten als auch die der Produzenten. Der erste Teil erzählte von einem Auftragskiller, der in der Krebserkrankung seiner Frau (Bridget Moynahan) einen Gegner fand, den er nicht per Kopfschuss ausmerzen konnte. Die Hauptfigur vermochte ihren Kummer und Schmerz ob des Todes der Gattin erst dadurch kanalisieren, indem sie Vergeltung für den Mord an dem Hund verübte, den die Frau ihm hinterließ. John Wick: Chapter 2 dagegen schleift die Figur zurück in jene Welt die sie verließ, um von dem Action-Element zu kapitalisieren, das dem Publikum im Vorgänger so gut gefallen hat, dass es nun ein Sequel nach sich rief.

Das Problem ist dabei schon der Einstieg, der an das Original anknüpften will Wick macht viel Aufhebens, um sein Auto zurückzubekommen, welches er in der Folge selbst nahezu komplett verschrottet. Die Action ist hier bereits Selbstzweck, da die Bedeutung des Wagens für Wick marginal ist und er einfach Peter Stormares Figur ob des Autos kontaktieren könnte. Stormare evoziert ohnehin nur wieder jene “Baba Yaga”-Ehrfurcht, die schon Michael Nyqvist an den Tag gelegt hat. Die “Marker”-Storyline mit ihrem Godfather: Part III-Szenario des Zurückholens eines Ausgestiegenen ist an sich in Ordnung, wäre jedoch als Auftakt für die Figur spannender gewesen, anstatt an die noch frische Opferzahl mit weiteren Toten anknüpfen zu wollen.

Andersherum würden die Filme schlüssiger sein. Ein pensionierter Wick sucht das Glück mit seiner Frau, wird aber zurück in seine Rolle als “Baba Yaga” gezerrt, um eine alte Schuld zu begleichen. Dies würde eine gewisse Gegenüberstellung anbieten zwischen dem Mann, der Wick nun ist, und dem, den er versucht, hinter sich zu lassen. Am Ende des Films steht dann die Rückkehr zu einer Frau, die plötzlich erkrankt ist, und Wick nicht nur hilflos zurücklässt, sondern dem Paar durch Wicks Killer-Comeback so nun auch auch kostbare gemeinsame Zeit fehlt. Wicks Widerstreben, seine Schuld gegenüber Santino zu begleichen, macht hier weniger Sinn, da Wick bereits zurück in jenen Gepflogenheiten ist, die er hinter sich gelassen hatte.

Die Motivation ist nicht dieselbe, weniger persönlich und emotional und daher irgendwie letztlich egal. Auch, da die Widersacher und anderen Charaktere etwas blass sind. Eine gewisse Note hatte in John Wick noch der Umstand, dass Wick selbst es einst war, der Nyqvists Gangsterboss an die Macht half. Er widerwillig legte der sich mit dem Killer an. Hier ist Santino ein umsympathischer Lakai, dessen stummer Bodyguad Ares zwar mit ihrer Zeichensprache ein nettes Feature hat, als Widersacher jedoch kaum Ernst zu nehmen ist. Auf Cassian trifft dies schon weniger zu und so sind es auch die zwei Kampfszenen zwischen ihm und Wick, die das Highlight des Filmes sind – primär, weil hier für Nahkampf mal auf Gun Kata verzichtet wird.

Insofern opfern Reeves und Stahelski in ihrer Fortsetzung etwas die narrative Note, um dafür die Action weiter aufzublasen. Kulminierend in einer Szene, in der Wick gleich ein halbes Dutzend Kollegen ausschalten muss, dabei stets demselben Rhythmus folgend: zwei Schüsse in Brust und/oder Beine, gefolgt vom finalen Kopfschuss. Das ist etwas eintönig, auch, da der Film mit zwei Stunden Laufzeit etwas überfrachtet wirkt. Da der Erfolg den Herren jedoch Recht gibt – auch John Wick: Chapter 2 spielte rund das Vierfache seiner Kosten ein –, folgt in Kürze der Abschluss dieser neu erdachten Trilogie. Dem Ende nach zu urteilen dürfte dieser jedoch den Gun-Kata-Regler weiter aufdrehen. Das Erfolgs-Moment muss eben (aus-)genutzt werden.

4.5/10

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