17. Mai 2008

Indiana Jones and the Last Crusade

You call *this* archaeology?

Fünf Jahre waren seit Indiana Jones and the Temple of Doom vergangen, ehe sich Produzent George Lucas und Regisseur Steven Spielberg an den Abschluss ihrer Indiana Jones-Trilogie machten, der bisher einzigen Trilogie in Spielbergs Sujet. Spielberg selbst, der Indiana Jones and the Last Crusade als seinen Lieblings-Teil der Reihe bezeichnet, erklärte er habe den Film nur aus einer Trilogie-Verpflichtung gegenüber Lucas gemacht und weil der Vorgängerfilm so schlecht aufgenommen wurde. Die Basishandlung stammte wiederum von Lucas selbst, der Indy dieses Mal in ein Spukhaus sperren wollte. Eine Idee, die bei Spielberg, der 1982 erst Tobe Hoopers Poltergeist herausgebracht hatte, aber auf Ablehnung stieß.

Stattdessen sollte sich der Plot um das heiligste christliche Artefakt, das bereits Ziel der Kreuzzüge gewesen war, drehen: den Heiligen Gral. Zur Aufwertung dieser Idee baute Spielberg dann noch die Vater-und-Sohn-Subhandlung ein, die im Endeffekt das Hauptaugenmerk auf sich zog. Das typische Spielbergsche Thema vom abwesenden Vater würde somit den Kern des Films ausmachen und letzten Endes eine ganz eigene Referenz zum Ursprung der Serie darstellen. Obschon Gregory Peck als Vater von Indiana Jones im Gespräch war, wurde er schließlich durch Sean Connery ersetzt, der als Original-Bond ironischerweise dadurch den Vater des als US-amerikanischen Bond-Verschnitt gedachten Indy spielen durfte.

Spielberg, der immer schon einen Bond-Film inszenieren wollte, hatte nun die Chance, mit James Bond persönlich zu drehen. Noch ironischer wird die ganze Szenerie, wenn man sich das Ensemble der Nebendarsteller ansieht, die ebenfalls in Bond-Abenteuern aufgetaucht sind: Alison Doody (A View to a Kill), John Rhys-Davies (The Living Daylights) und Julian Glover (For Your Eyes Only) die namhaftesten. Über weite Strecken bedient sich der Film an seinen beiden Vorgängern: das heilige Artefakt einer der großen Religionen (Judentum, Hinduismus, Christentum), das Thema des abwesenden Vaters (Marion, Short Round, Indy), massig Parasiten (Schlangen, Käfer, Ratten) und verschiedene Verfolgungsjagden.

Darunter die bondsche Verfolgung in den Kanälen von Venedig, die ihr Ende an einem (Schiffs-)Propeller finden wird oder die Verfolgungsjagd in motorisierten Gefährten, die in einem der legendärsten Stuntszenen endet, mit einem Sprung vom Pferd auf einen Panzer. Zudem beinhaltet Indiana Jones and the Last Crusade Hinweise zu Raiders of the Lost Ark (Indy und die Bundeslade in der Gruft in Venedig) oder zum Privatleben der Macher (Indy verweist in seiner Klasse auf Dr. Tyrees Philosophieunterricht, den Harrison Ford einst besucht hat). Sean Connery selbst wird am Ende des Films von Donovan (Julian Glover) mit einer Walther PKK angeschossen, der Waffe, die er selbst als Bond jahrelang im Halfter trug.

Auch der Ton des dritten Abenteuers von jedermanns liebsten Archäologen macht deutlich, dass das gesamte Projekt mehr Elemente einer Spaßveranstaltung hatte, schließlich dient Henry Jones Sr. (Sean Connery) doch in diesem Teil als der Inbegriff des comic relief. Das langgezogene „Indy“-Gekreische der Schauspielerinnen Karen Allen und Kate Capshaw aus den Vorgängern wird diesmal abgelöst von Indys eigenem genervten “Dad”, mit welchem er versucht, seinen Vater in die Gänge zu kriegen. Getrübt wurden die Dreharbeiten lediglich von dem gesundheitlichen Zustand Denholm Elliotts, der seiner Zeit mit AIDS diagnostiziert wurde und während der Dreharbeiten verstärkt an Schmerzen litt.

Auch seine Figur, Marcus Brody, dient der humoristischen Erleichterung und markiert neben Sallah (John Rhys-Davies) eine weitere Figur aus Raiders of the Lost Ark, die ihre Rückkehr im dritten Teil feiern darf. Dieser stellt zugleich den letzten Film dar, den Kameramann Douglas Slocombe gedreht hat – Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull wird von Spielberg-Spezi Janusz Kaminski fotografiert. Mit seinen ganzen Verfolgungsjagdszenen (die Bootsszene in Venedig, die Panzerszene in Hatay) ist der dritte Teil actionreicher als seine beiden Vorgänger, wegen der Einbeziehung von Henry Jones zudem humorvoller und dank Alison Doody ist er auch der erotischste Teil der Indy-Reihe.

Da verwundert es nicht, dass das Budget von Indiana Jones and the Last Crusade mehr als doppelt so hoch war – 48 Millionen Dollar – als es noch bei Raiders of the Lost Ark der Fall gewesen ist. Doch die Rechnung ging auf, denn mit rund 475 Millionen Dollar spielte der dritte Teil nicht nur am meisten von allen drei Abenteuern ein, sondern er avancierte auch zum ertragreichsten Film des Kinojahres 1989 und wurde wie die beiden Vorgänger mit dem Oscar für die besten Spezialeffekte ausgezeichnet (nebst zwei weiteren Nominierungen). Spielberg selbst hatte seiner Zeit Anfragen für Rain Man und Big verstreichen lassen und es letztlich wohl seinen Kritikern mit dem Indy-Abschluss noch einmal zeigen können.

So wird der Film auch im Internet als zweitstärkster der Reihe eingeschätzt. Mit dem neu geschaffenen PG-13-Rating ist er der einzige Film der Reihe, der kein PG-Rating bekommen hat und weist sogar eine technische Neuerung auf. Die Todesszene von Donovan beanspruchte eine ganze Woche Drehzeit und zählte zu den ersten ausschließlich digital gefilmten Szenen der Filmgeschichte. Inhaltlich gesehen macht die Szene zwar keinerlei Sinn, denn nur ein vollkommener Idiot würde einen mit Gold verkleideten Becher als den Heiligen Gral Jesu Christi ansehen, doch man muss zugeben, dass die Szene technisch sicherlich auf höchstem Niveau gemacht wurde und bis heute Pop-Kultur-Parodien findet.

Neben den Stuntszenen kann sich also auch die Ausstattung, sprichwörtlich, sehen lassen. Eigentlicher Höhepunkt des dritten Teils ist jedoch fast schon seine Einleitung, die dem Publikum einen jungen Indiana Jones (River Phoenix) beschert und ein Tribut von Spielberg an seine eigene Pfadfinderzeit darstellt. Hier wird bereits das gespaltene Verhältnis von Indy zu seinem Vater gezeigt, der sich in seine Gralstudien verliert und seinen Sohn quasi im Stich lässt, als er dem korrupten System begegnet. Stattdessen wird sich Indy als Vorbild ausgerechnet sein „feindliches“ Gegenüber wählen, von dem er den charakteristischen Fedora-Hut als Belohnung für seinen Ehrgeiz und Zielstrebigkeit erhält.

Dies stellt eine Honorierung und Anerkennung von seiner Leistung dar, welcher der erwachsene Indy (Harrison Ford) im Verlaufe von Indiana Jones and the Last Crusade mehrfach hinterher rennen wird, ohne sie von seinem Vater zu erhalten (siehe die Befreiungsszene oder die Flucht im Zweisitzer). Ford selbst hatte die Idee als sein jüngeres Pendant den aufstrebenden Jungstar River Phoenix zu besetzen, da hier die äußerliche Ähnlichkeit – laut Ford – frappierend wäre. Beide arbeiteten bereits unter Peter Weir an The Mosquito Coast zusammen und daher verwundert es auch nicht, dass Phoenix sein Schauspiel weniger an der Figur von Indiana Jones anlegte, sondern vielmehr sein Idol Harrison Ford beobachtete.

In die spannende Eröffnungssequenz findet auch Indys Ophiophobie erneut Einzug, sowie seine Affinität zur Peitsche. Mit dieser erklärt man zugleich Indys Narbe am Kinn, welche sich Hauptdarsteller Ford bei einem Autounfall im Alter von 20 Jahren geholt hatte. Diese Eröffnungsszene, die allein von Phoenix’ Präsenz getragen wird, ist stimmungs- und schwungvoll, amüsant und detailverliebt, und gerade aus diesem Grund das frühe Highlight dieses Films. Spielberg inszeniert dann alllerdings einen absolut unnötigen Übergang mit einem Zeitsprung ins Jahr 1938, um das Schicksal des Coronado-Kreuzes zu erklären, welches dem Publikum in der Szene zuvor als MacGuffin fraglos egal gewesen sein dürfte.

Dies führt dann soweit, dass sich Indiana Jones als unsterblicher Held auf offenem Ozean in die Fluten stürzt und logischerweise irgendwie schließlich nach Hause gerät. Die gesamte Coronado-Auflösung könnte somit überflüssiger nicht sein und man hätte zweifelsohne einen einfacheren Übergang wählen können, um die Brücke von Damals zu Heute zu schlagen. Von allen Teilen ist Indiana Jones and the Last Crusade sicherlich der religiöseste, was besonders dadurch interessant ist, da sowohl Lucas als auch Spielberg Anhänger des jüdischen Glaubens sind und sich dennoch geradezu penetrant auf Jesus Christus als Erlöser stürzen, wenn für Indiana Jones das Finale schließlich zur Glaubensfrage verkommt.

Der Gral selbst spielt als Artefakt jedoch wie angesprochen nur eine untergeordnete Rolle, er steht vielmehr symbolisch für die Anerkennung, die Indy sich von seinem Vater wünscht, die er jedoch nie erhalten hat. Sean Connery, der seinerzeit erst 58 Jahre alt war (und damit nur 12 Jahre älter als Ford), aber einen etwa 75-Jährigen spielen musste, bringt diese Entfremdung zum eigenen Sohn sehr gut rüber. Bestes Beispiel dürfte die Szene mit der Ming-Vase sein, um die sich der Professor mehr sorgt, als um das Wohlbefinden seines Sohnes. Als Indy im Zeppelin schließlich die Chance erhält, mit seinem Vater ein persönliches Gespräch zu führen, weiß er selbst nicht, worüber die beiden Männer reden sollen.

Indys Begeisterung für die Archäologie kommt dabei nicht von ungefähr, sondern orientiert sich an seinem Vater, selbst wenn er sein äußeres Erscheinungsbild nach einem Grabräuber modelliert. Im Finale muss Indy wie immer lernen, das Artefakt loszulassen. Von der Stimmung her ist Indiana Jones and the Last Crusade ein typisches Jones-Abenteuer, doch die häufige Redundanz der Szenen stören letztlich den Handlungsfluss, sodass Teil 3 nicht en par mit dem ersten Film ist. Es bleibt zwar abzuwarten, wie viele Indy-Elemente im vierten Abenteuer nächste Woche auftauchen, die Thematik des abwesenden Vaters (Mutt) ist jedoch auf jeden Fall vorhanden und wird von Spielberg erneut übernommen werden.

8.5/10

5 Kommentare:

  1. Für Dich gefunden und extra für dieses Review aufgehoben;) Die Zeit ist aber auch ab und an ein wirklich gutes Blatt:D

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  2. Wenn man nur immer die Zeit hätte die ZEIT zu lesen, diesen Totschläger ;)

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  3. Schrecklich nicht? Da kauft man sie sich für das verregnete Wochenende und schafft höchstens 3 Artikel. Wenn überhaupt. Trotzdem schön zu wissen, daß es fernab der von Populismus, Kampagnenjournalismus und Lobbyistemtum verseuchten Medienlandschaft noch wirklichen Journalismus gibt. Allein das Dossier über Anatoliens Gesellschaft in der aktuellen Ausgabe ist die 3,40 € wert. Der Artikel über alte Männer im Kino ist da wirklich nur das Sahnehäubchen;) Aber wirklich lesenswert!

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  4. Würde ich dem Propagandablättchen von der FAZ jederzeit vorziehen.

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  5. ich persönlich mag den dritten teil am liebsten. knapp vor dem ersten teil. ich mag diese vater-sohn-beziehung in dem film sehr. amüsant!
    aber ich als grosser indy-fan, kann eh nix negatives zu den filmen finden hihihi

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