6. Mai 2009

Star Trek

Space is disease and danger wrapped in darkness and silence.

Anfang der 1960er Jahre proklamierte John F. Kennedy die bemannte Raumfahrt innerhalb des nächsten Jahrzehnts. 1966 hieß es dann schon in Gene Roddenberrys Science Fiction Serie Star Trek, dass der Weltraum unendliche Weiten beherberge. Die deutsche Übersetzung unterschlägt dabei etwas jenes entdeckerischen Charakters der englischen Formulierung “final frontier”. Drei Staffeln lang tobten sich Captain Kirk und Co. im Weltall aus, ehe es zehn Jahre dauern würde, bevor die zum Kulturgut gewordene Serie ihren Weg auf die Kinoleinwänden finden sollte. Während man Star Trek: The Motion Picture immer etwas mit gemischten Gefühlen begegnet, gilt sein direkter Nachfolger The Wrath of Khan als Höhepunkt der Kinoreihe.

Vor 13 Jahren übernahm in First Contact die nächste Generation um Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) in ihrem ersten Solo-Abenteuer den Staffelstab, nur um nach zwei weiteren Abenteuern mit Nemesis ziemlich unrühmlich das Zeitliche zu segnen. Nun, sieben Jahre später, versucht Paramount einen Neustart. Und wo startet es sich besser, als am Anfang? An Bord holte sich das Studio das Dream Team um J.J. Abrams und Damon Lindelof. Abrams, für den Star Trek erst die zweite Regiearbeit ist, setzte sein Abenteuer rund um das Raumschiff Enterprise bei den Ursprüngen der Charaktere der Originalserie an. Und dies buchstäblich, beginnen Lindelof und Abrams den Film doch mit der Geburt ebenjenes Mannes, der zur Legende werden sollte.

Eingeleitet wird Star Trek mit der Ankunft von Pro- und Antagonist. Das Publikum wird Zeuge von der Bösartigkeit des Romulaners Nero (Eric Bana), als Captain George Kirk in seinem zwölfminütigen Kommando der U.S.S. Kelvin sein Leben für das von 800 Überlebenden opfert. Unter ihnen auch sein während der Flucht geborener Sohn, James Tiberius. Abrams gibt bereits mit dieser Einführung das neue Motto der nächsten Generation vor, indem er sich auf das bezieht, was er wohl am besten beherrscht. Die actionreiche Schlacht ist auch der Beginn einer Interpretation der Reihe, die offensichtlich neue Wege beschreiten will. So verkommen die Romulaner zu einem Volk tätowierter Glatzen mit ziemlich cholerischem Gemüt.

Nicht die einzige Neuerung, die die Drehbuchautoren Roberto Orci und Alex Kurtzman (zuvor verantwortlich für Transformers) für das neueste Abenteuer parat halten. Obschon Abrams jedem Crew-Mitglied im Filmverlauf (oder hauptsächlich in der ersten Hälfte) entsprechend seine Aufmerksamkeit widmet, gibt der Beginn klar die später einschlagende Richtung vor. Einblicke in die Jugendjahre von Kirk und Spock offenbaren den beiden Männern innewohnenden rebellischen Geist. Während der Halbwaise Kirk zu Klängen der Beastie Boys in einem Oldtimer-Wagen seines Stiefvaters durch die Wüste brettert, wird der junge Spock wegen seiner menschlichen Mutter in seiner vulkanischen Schule von den anderen Mitschülern drangsaliert.

Das Mobbing gegenüber Spock wird sich auch später durch den vulkanischen Rat zeigen, womit die Entscheidung des Sohnes von Sarek (Ben Cross), sich in die Raumfahrtakademie der Föderation einzuschreiben, begründet wird. Den Jugendjahren der übrigen Crewmitglieder wird sich nicht näher gewidmet. In wenigen Minuten wird anschließend in aller Kürze Kirks (Chris Pine) Entscheidung, ebenfalls der Akademie beizutreten, erläutert, ehe Abrams direkt an das Ende der Ausbildung springt. Ein stärkerer Fokus auf jene Zeit hätte dem Film sicherlich gut getan. So beschränken sich die Macher darauf, als Überleitung der Charaktereinführung und des eigentlichen Abenteuers lediglich Kirks Erfolg im Kobayashi-Maru-Test anzuführen.

Damit sind die Formalien abgehandelt und Star Trek begibt sich schließlich auf die nächste Stufe. Hinsichtlich Kirks Vita scheinbar eine nichtkanonische, wobei sich generell die Frage stellt, inwieweit Abrams Film sich durch Neros Zeitreise überhaupt in den ursprünglichen Kanon eingliedern lässt oder einen neuen lostritt. Mit etwas Nachhelfen landen dann schließlich fast alle Crew-Mitglieder an Bord der Enterprise, die zu Beginn noch von Captain Pike (Bruce Greenwood) kommandiert wird. Es ist dieser Ausklang der ersten Hälfte, in dem sich Sulu (John Cho), Chekov (Anton Yelchin) und McCoy (Karl Urban) etwas in den Vordergrund spielen dürfen. Dies nimmt später bedauerlicherweise gerade bei diesen drei Figuren aber enorm ab.

Derweil fungiert Uhura (Zoë Saldana) vornehmlich als Spocks Liebesaffäre, wobei das Rumgeknutsche der Zwei teils etwas befremdlich wirkt. Von dem emotionslosen Spock (Zachary Quinto) von einst bleibt ohnehin nicht viel übrig beziehungsweise betont der Vulkanier erstaunlich oft seine Beziehung zur Erde und ihrer Bevölkerung. Desto überraschender, dass Abrams Spock und Kirk als zwei Männer präsentiert, die sich auf Anhieb nicht leiden können und auch im Verlaufe der Geschichte mehrfach – teils rabiat – aneinander geraten. Somit wird deutlich, dass sich die Freundschaft der beiden erst noch entwickeln muss, was sich vermutlich auch dadurch erklärt, dass Orci und Kurtzman mit Star Trek ohnehin eine alternative Realität inszenieren.

Betrachtet man die Handlung des Filmes könnte dies ein gelungener, weil viel Freiheit offerierender, Schachzug gewesen sein. Allerdings nur, wenn man in der Fortsetzung, die für 2011 geplant ist, nicht direkt auf die Ereignisse im Vorgänger eingehen wird. Denn wie immer mit Filmen, die Zeitreisen zum Inhalt haben, leidet die Handlung unter jenem Paradoxon. In diesem Falle unter Neros Rachefeldzug gegen die Föderation. Seine Ursache findet dies in der nicht verhinderten Zerstörung seines Heimatplaneten Romulus. Neros Plan sieht vor, die betreffenden Schuldigen, sprich alle Planeten der Föderation, dasselbe Schicksal erleiden zu lassen. Hier begründet sich der Status des Films, letztlich nicht mehr als ein bloßes Theorem zu sein.

Unwahrscheinlich, dass die Romulaner in Kenntnis ihrer Zerstörung dies zulassen würden. Sieht man von den Widersprüchen dieser Prämisse einmal ab, verirrt sich Abrams Film auch abseits des Geschehens in einige offene Fragen. So dient beispielsweise der Bohrer von Neros Schiff Narada einzig und allein einer zusätzlichen Actionszene um Kirk und Sulu. Schließlich könnte Nero seine Zerstörung des betreffenden Planeten auch ohne dieses Werkzeug vollziehen. Allerdings bliebe der Enterprise anschließend nicht mehr die Möglichkeit, diese Tat zu verhindern. Und inwiefern es möglich ist, sich auf ein mit Warp-Geschwindigkeit fliegendes Raumschiff zu beamen, will einem bei Sichtung des Filmes auch nicht unbedingt klar werden.

Im Vergleich zu früheren Filmen wie The Voyage Home, The Undiscovered Country oder Insurrection verzichtet das Reboot auf eine Symbiose aus Politik und Philosophie. Stattdessen rückt 90 Minuten lang die Action in den Vordergrund, was Star Trek zu einer wilden Achterbahnfahrt macht, die nur kurz Luft zum Atmen schnappen lässt. Damit folgt Abrams im Grunde der Richtung der TNG-Beiträge, die sich eher durch ihre Action und Spannung auszeichneten. Von den Filmen der Original-Crew hingegen wird mal mehr, mal weniger plakativ der Humor übernommen. Dem Vorhaben, zu erläutern, was die Crew-Mitglieder bewegte, den Weg einzuschlagen, den sie eingeschlagen haben, wird die Geschichte jedoch nicht gerecht.

Außer über Spock und Kirk erhält das Publikum keine Motivation, und selbst bei ihnen wirken ihre Beweggründe im Nachhinein relativ banal und profan. Von Nero gar nicht erst zu sprechen. Der Bösewicht bleibt die meiste Zeit des Filmes über relativ blass und erhält keine sonderliche Tiefe. Nicht einmal in seinem zentralen Monolog gegenüber Pike in der Mitte des Filmes. Damit ordnet sich Banas Figur eher in die Reihen eines Shinzon oder Ru'afo ein und vermag nie das Charisma von Khan oder jenes ersten, von Mark Lenard in Balance of Terror gespielten, romulanischen Kommandanten zu erreichen. Und da die Enterprise ohnehin nicht sonderlich im Mittelpunkt steht, steht und fällt Star Trek letztlich mit seinem Schauspielerensemble.

Dieses vermag durchaus zu überzeugen, selbst wenn einige Darsteller nicht über den Status der Nebenrolle hinauskommen. Besonders Urban und Yelchin geraten sympathisch, während Cho nach seiner Actionszene im Hintergrund verschwindet. Saldana gibt eine sexy Interpretation von Uhura, deren Kompetenz nicht zurücksteckt. Entgegen erster Zweifel überzeugen auch Pine und Quinto in den zentralen Hauptrollen, selbst wenn sie bisweilen ins Overacting abdriften. Eine wirkliche Enttäuschung stellt neben Bana im Grunde nur Pegg dar, der bis auf wenige Ausnahmen die von James Doohan vererbte Rolle des Scotty nie auszufüllen weiß. Ohnehin wirkt seine Einbindung in die Geschichte äußert gezwungen und wenig harmonisch.

Prinzipiell überzeugen die Darsteller aber, gerade Urban adaptiert genüsslich den Sprachjargon von DeForest Kelley. Auch Nimoys Anwesenheit wirkt gelungener als Shatners in Generations und fällt letztlich umfangreicher aus als gedacht. Insgesamt ist Star Trek ein annehmbarer und erfolgreicher Neustart, der vielversprechende Schauspieler einführt und speziell mit Action nicht geizt. Zwar bleibt sich Abrams in seinem Stil treu und verfolgt damit die Linie, die er mit Mission: Impossible III begonnen hat, doch lässt sich hoffen, dass in zukünftigen Abenteuern auch die Handlung stärker in den Fokus rückt. Selbiges gilt für die Nebenfiguren um McCoy und Chekov, die hinsichtlich der Aufmerksamkeit doch etwas zu kurz gekommen sind.

7/10

6 Kommentare:

  1. Bei mir hat sich das Interesse mittlerweile von Schulterzucken auf Will ich unbedingt sehen erhöht.:D

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  2. Wieso das? Weil's nun ein Actionfilm ohne Substanz ist?

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  3. oh je ich musste da MI 3 lesen. Aber ich wollte Star Dreck ja eh nicht sehen:-)

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  4. Bei J.J. rechne ich eigentlich mit nichts anderem als MI3 im Weltraum. Von daher erwarte ich nichts (außer vielleicht entsprechender Bildgewaltigkeit) und lass mich überraschen, auch wenn ich als alter Trekki ziemlich heiß auf den Streifen bin. ^^°

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  5. @flo
    Genau, weils anscheinend nicht langweilig und belehrend ist.:D

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  6. Huch, sehe jetzt erst, dass ich auch das Bild genommen habe... Rudi, wir sind doch geistesverwandt.^^

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