21. Februar 2008

Die Top 5: Strandszenen

A prison could hardly have been built with more formidable walls, 
although it was hard to think of such a place as prison-like.
(Alex Garland, The Beach, p. 102)

Menschen verbinden Strände mit Romantik, Entspannung, Urlaub – dem Loslassen von Lebenssorgen. Strände symbolisieren Freiheit, Freiraum, ein Refugium des Friedens. Meistens sind sie von unbestreitbarer Schönheit und je nach dieser Schönheit wählen Menschen ihre Ferienziele aus. Abschalten vom Alltag, die Seele baumeln lassen, den warmen Sand zwischen den Zehen spüren, sich die Sonne auf den Bauch scheinen und das Meer durch die Beine spülen lassen. In The Beach thematisierte der britische Autor Alex Garland den Strand als Garten Eden: ein abgeschiedenes Ressort des Friedens vor der Gesellschaft. Doch der Strand wandte sich gegen die Bewohner und wurde zum Verhängnis.

In der Tat stellt ein Strand eher eine Begrenzung als eine Öffnung dar. Früher forderten diese Grenzen eine Überwindung, ein Erforschen neuer Länder jenseits des eigenen Landes. Ausbruch aus dem Gefängnis der Natur, nur um einen neuen Strand und somit ein neues Gefängnis zu betreten. Als solche Szenerie der Vorstellung eines Agierens mit dem Rücken zur Wand funktionieren Strände meist in Kriegsfilmen wie Steven Spielbergs Saving Private Ryan oder Clint Eastwoods Flags of Our Fathers. Eine Kriegszentrierung auf eine kleine Fläche, ohne Fluchtchance. Auch in Filmen wie John Carpenters The Fog oder Spielbergs Jaws birgt der Strand ein grauenvolles Geheimnis, als Pforte zwischen Meer und Land.

In Knockin’ on Heaven’s Door (Thomas Jahn, D 1997) wollen die sterbenskranken Martin (Til Schweiger) und Rudi (Jan Josef Liefers) vor ihrem Tod den Strand sehen.
Diese Kleinflächigkeit dient aber auch Konzentration von Glück, so wie in der unvergessenen Liebesszene in From Here To Eternity. Zugleich dienen Strände oft auch als Schlussmotiv, um eine gewisse Hoffnung der Charaktere auszudrücken. Der junge Neonazi Shaun löst sich in This is England am Strand von seinen faschistischen Zwängen, der Jahrelang inhaftierte Red trifft an einem mexikanischen Strand in The Shawshank Redemption auf einen alten Freund und auch auf eine nicht mehr erhoffte Freiheit. Strände stehen für somit Träume, für etwas nicht Greifbares, etwas Fernes und Hoffnungsvolles. Und doch immer irgendwie zugleich als ein abgeschlossener Raum, trotz ihrer sichtlichen Großflächigkeit.

Durch das Anknüpfen an das Meer verkörpern sie eine Barriere, die nicht weiter zu überwinden ist. Bis hierher und nicht weiter. In ihnen zeigen sich die Dämonen der Charaktere. Was sie belastet, was ihnen wichtig ist. Dadurch gelingt es, unvergessliche Filmmomente zu erzeugen, zum einen durch ihre natürliche Schönheit, zum anderen wiederum durch die erläuternde Funktion, die sie wegen ihrem gefängnisähnlichen Erscheinungsbild bei den jeweiligen Figuren erzeugen. Im Folgenden sollen die eindrucksvollsten fünf Strandszenen vorgestellt werden, die nicht nur durch ihre Ausstrahlung an sich, sondern auch durch ihren Zusammenhang Eindruck auf das Publikum machen (gewisse Spoiler sind enthalten!):


5. Deep Impact (Mimi Leder, USA 1998): In der etwas ernsteren Variante von Michael Bay’s Armageddon prallt ein Komet auf die Erde und bewirkt einen Riesentsunami. Die Journalistin Jenny Lerner (Teá Leoni) sucht im Angesicht des nahenden Todes ihren Vater (Maximilian Schell) an dem Strand ihrer Kindheitserinnerungen auf, sich mit diesem nach vielen zerstrittenen Jahren versöhnend, ehe die Todeswelle über sie hereinbricht.

4. City of Angels (Brad Silberling, USA/D 1998): In Silberlings US-Remake von Wim Wenders Der Himmel über Berlin wird die Liebesgeschichte des Engels Seth (Nicolas Cage) zu der Ärztin Maggie (Meg Ryan) erzählt. Hierbei finden die über die Menschen wachenden Engel ihren einzigen (Seelen-)Frieden darin,  sich jeden Morgen bei Sonnenaufgang am Strand von Malibu zu versammeln, um die ersten Sonnenstrahlen zu beobachten.

3. Planet of the Apes (Franklin J. Schaffner, USA 1968): Astronaut George Taylor (Charlton Heston) landet nach einer missglückten Weltraummission auf einem Planeten, auf dem intelligente und zivilisierte Affen über unterentwickelte Menschen herrschen. Am Ende macht er die erschreckende Erkenntnis, dass es sich bei dem betreffenden Planeten um die Erde handelt, als er am Strand die Überreste der Freiheitsstatue trifft.

2. The Piano (Jane Campion, AUS/NZ/F 1993): Die stumme Ada (Holly Hunter) ist mit dem in Neuseeland lebenden Alisdair (Sam Neill) eine vereinbarte Ehe eingegangen und wartet mit ihrer Tochter (Anna Paquin) am Strand darauf, von ihm abgeholt zu werden. Das einzige Ausdrucksmittel ihrer Emotionen stellt dabei ihr geliebtes Piano dar, welches aufgrund seiner Größe am Strand zurückgelassen werden muss.

1. Atonement (Joe Wright, UK/F 2007): Am Strand von Dünkirchen trifft der Engländer Robbie (James McAvoy) auf desillusionierte britische und französische Truppen. Tödlich verwundet zieht er in einer einzigen, minutenlang ungeschnittenen Kamerafahrt von Seamus McGarvey durch die Trostlosigkeit der Szenerie, des Krieges, des gesamten Daseins aller Soldaten gleich welcher Nation, die sich am Strand eingefunden haben.

5 Kommentare:

  1. Mit der Liste stimme ich ja so gar nicht überein, aber interessant ist sie allemal.

    Da ich heute das zweite Mal drin war - die Strandszene in SWEENEY TODD war auch super. ;)

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  2. Jenseits des zeitgenössischen Mainstream-Kinos gibt's die schönsten Strandszenen für mein Empfinden bei Jean Rollin, dessen eigenwillig-wundersame Vampirfilme aus den 60er und 70er Jahren eigentlich immer an einem (und fast immer dem gleichen) Strand endeten oder schon vorher dort spielten. Ganz besonders schön ist vor allem die finale Strand-Sequenz von DIE NACKTEN VAMPIRE, wo gleichzeitig die Ideale und die Utopie der sexuellen Revolution auf berührende Weise zum Ausdruck kommen.

    Naja, das nur mal ganz am Rande... ;-)

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  3. @MVV: Ja, das war meine Lieblingsszene, der einzig wahre Burtonsche Moment (imho). An die hatte ich hierfür gar nicht gedacht ;)

    @freund: Oha, da hast du sicherlich Recht, Rollin und die angesprochenen Filme sagen mir zu meiner Schande allerdings nichts :(

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  4. Ich hätte wohl "Planet der Affen" zur besten Strandszene gewählt, obwohl "Das Piano" natürlich auch grandios ist. "Atonement" habe ich bisher immer noch nicht gesehen...

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  5. Auf was für Ideen du immer kommst. *lach* Aber interessant sind sie. ;-)

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