4. Mai 2018

Paper Girls – Volume Four | Doomsday Clock #3-4

Gut Ding will Weile haben, heißt es ja so schön. Das gilt insbesondere auch, wenn es um die Wartezeiten zwischen Comic-Ausgaben geht. Erst jüngst hat Geoff Johns angekündigt, dass statt wie geplant einmal im Monat nun neue Ausgaben von Doomsday Clock alle acht Wochen erscheinen. Immerhin erhalten die Leser hier ein Update, während derzeit Kelly Sue DeConnicks Bitch Planet weiterhin AWOL ist. Rund ein Jahr ist es her, seit #10 über die Ladentheke wanderte. Wann oder ob eine elfte Ausgabe ansteht, wurde bislang nicht kommuniziert. Gut, dass zumindest Brian K. Vaughans Paper Girls mit Volume 4 einen neuen Sammelband auf die Wege gebracht hat. Aber hat sich das Warten auf Paper Girls und Doomsday Clock gelohnt?

Paper Girls – Volume Four

All shall be done and forgotten.

“Context is king”, hatte dieses Jahr Captain Lorca (Jason Isaacs) in der jüngsten Star Trek-Serie Discovery einmal gesagt. Nach etwas kryptischem Beginn in seinem ersten Band sowie auch den Folgenden hat Brian K. Vaughan nun in Volume 4 von Paper Girls etwas mehr Fleisch an den narrativen Knochen gepackt. Zumindest was in etwa die Prämisse betrifft – selbst wenn dies nun nichts ist, was sich in den letzten Bänden nicht bereits abzeichnete oder hat entsprechend interpretieren lassen. Grundsätzlich unterscheidet sich Volume 4 dabei gar nicht einmal wirklich von den Vorgängern, tritt die Handlung doch etwas auf der Stelle, während sich der Autor wieder mal zu sehr in seinen pop-kulturellen Referenzen verliert.

Angekommen am Silvesterabend des Jahres 1999 und inmitten der Y2K-Befürchtungen sind die Mädels um Erin, Mac, KJ und Tiffany erneut getrennt. Ein Schema, das inzwischen wohl nur dazu dient, parallel Handlungsstränge abspielen zu lassen. So trifft Tiffany in ihrem alten Elternhaus wider Erwarten den Goth-Ehemann ihres (buchstäblichen) Alter Egos und Erin, Mac und KJ sind auf der Suche nach ihr. Die führt das Trio kurzzeitig zu einer lokalen Cartoonistin, die verdeckt Informationen zu den bisherigen Vorgängen des Konflikts zwischen Alt und Jung der Generationen aus der Zukunft in ihre Arbeit einfließen lässt. In wenigen Panels vertieft Vaughan zudem den Einblick in die Person und die Vergangenheit des mysteriösen Grand Father.

Als “The Battle of the Ages” erhält der seit vier Bänden schwellende Konflikt der Generationen nun schließlich einen Namen. Die jugendlichen Nachfahren des Grand Father und seiner treuen Anhängerin Prioress “declared war on the entire timeline”, so das Oberhaupt. Mit der Erfindung der Zeitreise sah sich die Jugend in einer gesellschaftlichen Pflicht, das Wohl der Menschen in der Vergangenheit zu verbessern. So referiert die Cartoonistin an der Schwelle zum Jahr 2000 bereits durch ihre Quellen aus der Zukunft die Anschläge des 11. September oder den aktuellen Smombie-Wahn. Als Puristen der 4. Dimension spielen sich wiederum die Vorfahren dieser jungen Generation auf: Mit der Vergangenheit ist nicht zu spaßen, so das Motto.

Mit Pandoras Box des Zeitreise-Paradoxes hält sich Paper Girls zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf. Selbst wenn Vaughan wieder fleißig auf Filme wie The Terminator, 12 Monkeys und Star Trek IV: The Voyage Home verweist, ebenso wie auf den TV-Klassiker Quantum Leap. Die Einschübe wirken immer noch so unpassend und gekünstelt, der Autor wird sie sich aber wohl auch nicht mehr abgewöhnen. Dass auch Volume 4 nicht wirklich von der Stelle kommen will, ist da schon etwas bedauerlicher. Nach Erin in Volume 2 ist es nun Tiffany, die einer älteren Version von sich begegnet. Und auch sie muss wie Erin erkennen, dass ihr Alter Ego im Erwachsenenalter nicht wirklich an einem Punkt im Leben angelangt ist, der sie zufrieden stellt.

Insofern ist absehbar, dass das Comic wohl das Hin- und Hergespringe durch die Zeit dazu nutzt, um die Mädchen im wahrsten Sinne des Wortes mit sich selbst zu konfrontieren. Somit dürften Begegnungen der KJs und Macs in kommenden Bänden noch ausstehen – zugleich aber auch etwas interessanter ausfallen. Erneut wird kurz Macs Leukämie-Tod angesprochen, ebenso wie KJs Homosexualität in Kontrast zu Macs Homophobie in den Fokus rückt. Zwei „Probleme“, die in der Aufarbeitung da doch interessanter ausfallen dürften, als Tiffanys Adoption – die hier quasi ohne Relevanz ist – oder Erins Hintergrund. Nett ist zudem, dass Terry – falls sich überhaupt noch jemand an ihn erinnert – aus Volume 1 einen kleinen Cameo erhält.

Selbst wenn die Handlung teils etwas stagniert, inszeniert Vaughan doch so schnelllebig, wie die Mädchen die Zeitlinien wechseln. Ähnlich wie Dr. Braunstein in Volume 3 werden auch hier frisch eingeführte Charaktere direkt wieder ins Jenseits verabschiedet. Was natürlich in einer Geschichte, die von Zeitreisen(den) handelt, letztlich nichts heißen muss und künftige Auftritte nicht ausschließt. Als Leser ist man Paper Girls einerseits dankbar, dass das Kind des Konflikts beim Namen genannt ist, andererseits wirkt es dadurch aber weiter nicht unbedingt so, als ließe sich erahnen, dass das Comic weiß, in welche Richtung es sich bewegt. Jetzt geht es erstmal zurück in die Zukunft – eine Referenz, die Vaughan sicher in Volume 5 einbaut.

7.5/10


Doomsday Clock #3-4

What page are you on?

Die Geschehnisse vergangener Tage bestimmen auch die Handlung in den jüngsten beiden Ausgaben von Geoff Johns’ Doomsday Clock. Nahezu ausnahmslos alle Figuren hadern mit den Geistern, die sie riefen – allen voran natürlich Ozymandias. Getreu dem Motto „Der Zweck heiligt die Mittel“ muss Veidt in Walk on Water (#4) erkennen, dass der durch seinen Massenmord initiierte Weltfrieden nur eine kurze Halbwertszeit hatte. Direkt zu Beginn von Not Victory Nor Defeat (#3) begegnet ihm dabei im Büro von Lex Luthor in Person des von den Toten auferstandenen The Comedian ein weiteres Verbrechen seiner Vergangenheit. Der Pfad der Vergebung ist kein leichter, wie Veidt schmerzhaft im Verlauf von Ausgabe #3 feststellen wird.

Es war eine nachvollziehbare Entscheidung, in der vergangenen Ausgabe Veidt mit Luthor und Batman mit Rorschach zu konfrontieren, handelt es sich doch jeweils um Brüder im Geiste. Hier die leicht soziopathischen Oligarchen, dort die vom Waisentrauma geplagten maskierten Verbrechensbekämpfer. Das Aufeinandertreffen von Batman und Rorschach dient Johns für eine willkommene humorvolle Auflockerung, die jedoch alsbald vorhersehbare narrative Wege beschreitet. Ungeachtet Walter Kovacs Tagebuch nimmt Bruce Wayne sein Gegenüber nicht für voll – Ozymandias hätte das Anliegen vielleicht etwas geschickter vorgebracht. Der ist selbst jedoch ebenso wenig erfolgreich, auf der intendierten Suche nach der Spur von Dr. Manhattan.

Die Handlung wird in Not Victory Nor Defeat und Walk on Water fürs Erste leicht entschleunigt. Sogar so weit, dass sich in Ausgabe #3 ein Nebenhandlungsstrang um den von seiner Familie im Seniorenheim vergessenen Mr. Thunder einer Geschichte-in-der-Geschichte widmet. In der Tradition von Dashiell Hammett ermittelt in dem fiktiven Film noir The Adjournment der ermordete Hollywood-Star Carver Coleman als hard-boiled detective einen Doppelmord. Ob sich der Film als Kommentar auf das Geschehen ähnlich wie in Watchmen die Comic-Story Tales of the Black Freighter durch die übrigen Ausgaben ziehen wird, steht momentan noch aus. Wirklich viel beizutragen zur Einordnung hat der Film aber (noch) nicht.

Offen bleibt auch, welche Rolle dem öffentlichen Aufruhr um die Superhelden im DC-Universum zukommt. Wieder wird die Anti-Metahuman-Position erwähnt, mit Bezug auf von Luthor entwickelte Metagen-Detektoren, die Menschen mit speziellen Fähigkeiten ermitteln. “We’re God-knows-where doing God-knows-what”, kommentiert The Marionette relative treffend die noch ungenaue Richtung der Entwicklungen. Ihr und The Mime gehört dabei in Not Victory Nor Defeat der imposanteste Moment, wenn beide unwissentlich das Hoheitsgebiet des Jokers betreten und sich dort auf blutige Weise seinen Handlangern vorstellen. “I can see the noose around your neck from here”, heißt es an einer Stelle, was quasi für alle Figuren gelten könnte.

Noch mehr Tempo reduziert hier Walk on Water, konzentriert sich die Ausgabe nahezu in Gänze dem Trauma von Reggie Long, das ihn zur zweiten Inkarnation von Rorschach werden ließ. Johns verdoppelt dabei die Watchmen-Referenz, wenn nicht nur die Verwandtschaft des neuen Rorschach zu Kovacs Psychiater Malcolm Long bestätigt wird, sondern indem Reggie nach Zeugnis des Massakers von New York in einer Nervenheilanstalt auch noch von Byron ‘Mothman’ Lewis unter die Fittiche genommen wird. “All this anger inside me… it’s got nowhere to go”, fasst Reggie sein Kernproblem zusammen, das – eben ähnlich wie bei Bruce Wayne mit dem Trauma des Elterntodes der Fall – letztlich in seiner Heldengeburt kanalisiert wird.

Wirklich Einblicke in die Figur schenkt diese ausgiebige Charakterisierung jedoch nicht. Der Leser lernt nichts, was er sich nicht bereits hätte denken können. Zumal die aus seinem Überlebensschuld-Syndrom geborenen Rachegelüste dann – wie die erste Ausgabe ohnehin vorweg nahm – schlussendlich ziemlich schnell wieder abgekühlt sind. Insofern wirkt Walk on Water angesichts der nur noch verbliebenen acht Ausgaben wie ein wenig verschenkte Mühe, um eine Figur dreidimensionaler zu gestalten, die dies erstens nicht bedurfte und zweitens bereits greifbar genug gewesen ist. Bleibt nur zu hoffen, dass Doomsday Clock und Geoff Johns in der nächsten Ausgabe wieder etwas mehr Tempo gewinnen. Die Uhr tickt schließlich.

7.5/10

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