Kaum ein Studio leistete über so viele Jahre derart bahnbrechende visuelle Arbeit wie das japanische Studio Ghibli rund um Miyazaki Hayao. Der verabschiedete sich im Jahr 2014 mit Kaze Tachinu leider in die Rente, was auch nicht ohne Folgen für Ghibli blieb. Dieses wiederum erklärte als Konsequenz, erstmal eine Produktionspause einlegen zu wollen – eine Rückkehr scheint nicht unwahrscheinlich, aber zum derzeitigen Zeitpunkt keineswegs sicher. Daher könnte Omoide no Mānī (bei uns: Erinnerungen an Marnie), der jüngste Film des Studios, womöglich auch der letzter Ghibli sein. Und sollte es so kommen, gibt es wahrlich schlechtere Filme, die am Ende einer ruhmreichen Filmografie wie der von Ghibli stehen könnten.
Erneut ließ sich das Animationsstudio dabei literarisch vom Westen inspirieren. Griff Miyazaki für Gake no Ue no Ponyo teils auf Hans Christian Andersens „Die kleine Meerjungfrau“ zurück, verwertete Yonebayashi Hiromasa für seinen Debütfilm Kari-gurashi no Arietti vor einigen Jahren Mary Nortons Kinderbuch-Klassiker „Die Borger“ (1952). Und auch für Omoide no Mānī ließ sich Yonebayashi wieder inspirieren, indem er Joan Robinsons Roman „Damals mit Marnie“ (1967) adaptierte. Der Film erzählt von der 12-jährigen Anna (Takatsuki Sara), die von Asthma geplagt ein Außenseiter-Dasein fristet. Selbstauferlegt, ist sie doch von Selbsthass geplagt, beschreibt sich als hässlich, dumm, widerwärtig und mürrisch.
Einst sei sie gefühlvoll gewesen, verrät ihre Pflegemutter Yoriko (Matsushima Nanako) eingangs nach einer Asthmaattacke Annas Arzt. Das introvertierte Verhalten der Tochter kann sie sich nicht recht erklären, schickt diese zur Erholung aber an die Küste zur Verwandtschaft. Eher widerwillig fügt sich Anna, wird jedoch an ihrem Urlaubsort sogleich von einem mysteriösen Anwesen auf der anderen Uferseite angezogen. Angeblich seit Jahren leerstehend, macht Anna nicht nur gegen Abend Lichter in dem Haus aus, sondern auch ein blondes Mädchen in ihrem Alter. Annas Neugier führt zu einer Begegnung mit Marnie (Arimura Kasumi), die sich alsbald intensiviert. „Ich kann es kaum erwarten, dich näher kennenzulernen“, freut sich Marnie.
Sie lebt ähnlich zurückgezogen wie Anna – allerdings nicht aus freien Stücken. Beide Mädchen stehlen sich die nächsten Tage bei Einbruch der Dämmerung aus ihren Häusern und verbringen die Nächte zusammen. „Du bist mein kostbares Geheimnis“, sagt Marnie zu Anna. Und versichert ihr: „Ich liebe dich mehr als jedes andere Mädchen, das ich je kannte.“ Eine Wertschätzung, die der kurzhaarigen 12-Jährigen sichtlich gut tut. Anna blüht in Marnies Gesellschaft etwas auf, wird zu dem gefühlvollen Mädchen, das Yoriko eingangs beschrieben hat. Doch Eifersucht und familiäre Widrigkeiten bedrohen die Freundschaft der beiden Mädchen, während der Zuschauer nach und nach tiefere Einblicke in Annas private Probleme erhält.
Spät gibt es Indizien für Annas Verhalten zu Filmbeginn, die im Zeichen ihrer Identitätskrise und Selbstfindung stehen. Inhaltlich beschreitet Ghibli mit Omoide no Mānī trotz der Kinderbuchvorlage mal wieder reichlich erwachsene Wege, die die Animations-Konkurrenz von Disney über Pixar bis DreamWorks so keineswegs ebenso wählen würde. Die 2D-Animation ist dabei so wunderschön und detailreich wie man es von den Japanern seit jeher gewohnt ist, erinnert dabei aber durchaus mehr an Yonebayashis Vorgänger als an die Werke Miyazakis. Speziell zum Schluss packt Ghiblis jüngster/letzter Film dann eine emotionale Wucht aus, wenn dramatische Entwicklungen über Anna hereinprasseln, die durchaus berührend geraten.
Omoide no Mānī erzählt davon, sich selbst zu finden, gerade in einer Umwelt, von der man sich zugleich losgelassen fühlt. Marnie und Anna avancieren dabei zu Projektionsflächen voneinander, die sich zuerst Halt geben, dann wiederum zur Stütze werden, wenn es gilt, auf eigenen Beinen zu stehen und in Einklang mit ihrer Vergangenheit zu kommen. Es ist eine melancholische und doch hoffnungsvolle Geschichte über Liebe, Familie und Freundschaft und in seiner Summe – sollte es so kommen – ein fraglos ergreifender Abschluss unter Ghiblis beeindruckendes Portfolio. Dieses wird hoffentlich auch ohne Miyazaki-san wirklich nach nur einer kurzen Pause fortgesetzt. Für die cineastische Rente ist es schließlich noch zu früh.
Erneut ließ sich das Animationsstudio dabei literarisch vom Westen inspirieren. Griff Miyazaki für Gake no Ue no Ponyo teils auf Hans Christian Andersens „Die kleine Meerjungfrau“ zurück, verwertete Yonebayashi Hiromasa für seinen Debütfilm Kari-gurashi no Arietti vor einigen Jahren Mary Nortons Kinderbuch-Klassiker „Die Borger“ (1952). Und auch für Omoide no Mānī ließ sich Yonebayashi wieder inspirieren, indem er Joan Robinsons Roman „Damals mit Marnie“ (1967) adaptierte. Der Film erzählt von der 12-jährigen Anna (Takatsuki Sara), die von Asthma geplagt ein Außenseiter-Dasein fristet. Selbstauferlegt, ist sie doch von Selbsthass geplagt, beschreibt sich als hässlich, dumm, widerwärtig und mürrisch.
Einst sei sie gefühlvoll gewesen, verrät ihre Pflegemutter Yoriko (Matsushima Nanako) eingangs nach einer Asthmaattacke Annas Arzt. Das introvertierte Verhalten der Tochter kann sie sich nicht recht erklären, schickt diese zur Erholung aber an die Küste zur Verwandtschaft. Eher widerwillig fügt sich Anna, wird jedoch an ihrem Urlaubsort sogleich von einem mysteriösen Anwesen auf der anderen Uferseite angezogen. Angeblich seit Jahren leerstehend, macht Anna nicht nur gegen Abend Lichter in dem Haus aus, sondern auch ein blondes Mädchen in ihrem Alter. Annas Neugier führt zu einer Begegnung mit Marnie (Arimura Kasumi), die sich alsbald intensiviert. „Ich kann es kaum erwarten, dich näher kennenzulernen“, freut sich Marnie.
Sie lebt ähnlich zurückgezogen wie Anna – allerdings nicht aus freien Stücken. Beide Mädchen stehlen sich die nächsten Tage bei Einbruch der Dämmerung aus ihren Häusern und verbringen die Nächte zusammen. „Du bist mein kostbares Geheimnis“, sagt Marnie zu Anna. Und versichert ihr: „Ich liebe dich mehr als jedes andere Mädchen, das ich je kannte.“ Eine Wertschätzung, die der kurzhaarigen 12-Jährigen sichtlich gut tut. Anna blüht in Marnies Gesellschaft etwas auf, wird zu dem gefühlvollen Mädchen, das Yoriko eingangs beschrieben hat. Doch Eifersucht und familiäre Widrigkeiten bedrohen die Freundschaft der beiden Mädchen, während der Zuschauer nach und nach tiefere Einblicke in Annas private Probleme erhält.
Spät gibt es Indizien für Annas Verhalten zu Filmbeginn, die im Zeichen ihrer Identitätskrise und Selbstfindung stehen. Inhaltlich beschreitet Ghibli mit Omoide no Mānī trotz der Kinderbuchvorlage mal wieder reichlich erwachsene Wege, die die Animations-Konkurrenz von Disney über Pixar bis DreamWorks so keineswegs ebenso wählen würde. Die 2D-Animation ist dabei so wunderschön und detailreich wie man es von den Japanern seit jeher gewohnt ist, erinnert dabei aber durchaus mehr an Yonebayashis Vorgänger als an die Werke Miyazakis. Speziell zum Schluss packt Ghiblis jüngster/letzter Film dann eine emotionale Wucht aus, wenn dramatische Entwicklungen über Anna hereinprasseln, die durchaus berührend geraten.
Omoide no Mānī erzählt davon, sich selbst zu finden, gerade in einer Umwelt, von der man sich zugleich losgelassen fühlt. Marnie und Anna avancieren dabei zu Projektionsflächen voneinander, die sich zuerst Halt geben, dann wiederum zur Stütze werden, wenn es gilt, auf eigenen Beinen zu stehen und in Einklang mit ihrer Vergangenheit zu kommen. Es ist eine melancholische und doch hoffnungsvolle Geschichte über Liebe, Familie und Freundschaft und in seiner Summe – sollte es so kommen – ein fraglos ergreifender Abschluss unter Ghiblis beeindruckendes Portfolio. Dieses wird hoffentlich auch ohne Miyazaki-san wirklich nach nur einer kurzen Pause fortgesetzt. Für die cineastische Rente ist es schließlich noch zu früh.
7.5/10
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