Das Erwachsenwerden ist nicht immer leicht. Unabhängig davon, ob man nun eher zu den Jocks oder Nerds zählt. Insofern ist das Coming of Age im Film ein eigenes Genre. Erst im vergangenen Jahr begeisterte Richard Linklaters Boyhood die Kritiker wie das Publikum, gelang dem Regisseur doch weniger ein herkömmlicher Film als vielmehr die Verdichtung der Jugend. Anlehnend daran mag sich wohl der nordamerikanische Verleiher für Céline Sciammas Bande de filles (übersetzt: Mädchenclique) den Titel Girlhood überlegt haben. Und liegt dabei gar nicht so weit daneben, auch wenn die Welt der von Sciamma geschilderten Mädchen sicher sehr speziell ist. Die spielt sich nämlich primär in einer Banlieu eines Pariser Vorortes ab.
Und die wird primär von Menschen mit afrikanischen Migrationshintergrund bevölkert, darunter auch von der Familie der 16-jährigen Marieme (Karidja Touré). Ihr wird zu Beginn des Films gesagt, dass ihre Noten nicht fürs Gymnasium reichen, der Besuch einer Berufsschule wird ihr nahegelegt. Stattdessen freundet sie sich mit der Mädchengang von Lady (Assa Sylla) an, mit der sie schon bald tagsüber durch die Banlieu oder die Pariser Innenstadt zieht. “I want to be like others. Normal”, kommentierte sie zuvor ihren Wunsch, auf eine höhere Schule zu gehen. “It’s a bit too late for that”, ist die lapidare Antwort ihrer Lehrerin. Ein Entschluss, der anschließend den weiteren Lebensweg des aufgeweckten Mädchens bestimmen wird.
Marieme erscheint als eine Gefangene ihrer Umstände. Die Mutter arbeitet scheinbar zwei Jobs, die Erziehung der jüngsten Schwester Mini teilen sich Marieme und ihre Schwester. Ein Vater ist nicht vorhanden, die Rolle wird von Mariemes aggressivem älteren Bruder Djibril (Cyril Mendy) ausgefüllt. “You have to do what you want”, bleut Lady dem Cliquenneuling ein. Und Marieme will in der Tat nicht wie ihre Mutter enden, als Putzfrau nachts hinter den Leuten aufzuwischen. Selbst wenn sie mit dem halbkriminellen Leben von Lady und ihrer Gang, die Schülerinnen auf ihrem Weg zur Klasse erpressen, spätestens dann zu hadern beginnt, als ihre jüngere Schwester Bébé (Simina Soumaré) ebenfalls Teil einer eigenen Mädchengang wird.
Dabei sind Lady und Co. keineswegs bösartig, vielmehr zeigt Sciamma mehrfach, dass ihr Gehabe schlicht eine Fassade ist. Eine, die sie teils sogar innerhalb der Clique aufrecht erhalten. Bemerkenswert ist eine Szene, in der sich die Mädchen Kleider kaufen und in ein Hotelzimmer einchecken, um dort einfach zusammen zu sein – und Playback zu Rihannas “Diamond” zu singen. Dramatisch wird es nur, wenn es um den Zwist mit einer anderen Clique geht. Hier zeigt sich, dass der Respekt, der den Jugendlichen aufgrund ihres ethnischen Hintergrunds – Marieme wird in einer Boutique wegen ihrer Hautfarbe automatisch des Diebstahls bezichtigt – außerhalb der Banlieu verwehrt bleibt, von ihnen eben innerhalb ihres Viertels gesucht wird.
Als Marieme später die Anführerin einer rivalisierenden Gang in einem Kampf erniedrigt, nachdem diese zuvor dasselbe mit Lady getan hat, wird der 16-Jährigen nicht nur der Respekt im Viertel zuteil, sondern auch der von Djibril. Und gibt womöglich mit den Ausschlag dafür, dass sich Marieme mit Ismaël (Idrissa Diabaté) einlässt, einem Freund ihres Bruders, für den sie schon länger schwärmte. Sie habe für Lady gekämpft, meint Marieme nach dem Kampf etwas kleinlaut zu ihrer Anführerin. “You did it for yourself”, entblößt diese korrekt. Marieme emanzipiert sich in der Folge derart schnell, dass sie über die unausgesprochenen Gesetze und Regeln ihrer Banlieu hinaus agiert. Was wiederum entsprechende destruktive Konsequenzen mit sich bringt.
Hier, in seinem dritten Akt, beginnt sich – der von allen Beteiligten nebenbei vorzüglich gespielte – Bande de filles etwas in die Länge zu ziehen und zu verlieren. Wäre dies eine Fernsehserie, würde sich hier der Auftakt zu einer zweiten Staffel finden, so erscheint die Handlung jedoch wie ein unnötiges Anhängsel eines Schicksals, das Sciamma auch gut hätte bloß anreißen können und in einem offenen Ende ausklingen lassen. Insofern ist Bande de filles, so überzeugend er letztlich doch ausfällt, ein kleiner Rückschritt zum etwas lockerer erzählten Gender-Drama Tomboy von vor drei Jahren. Aber auch, wenn die Mädchenwelt in Céline Sciammas jüngstem Film sehr speziell ist, dürften sich dennoch viele Zuschauer streckenweise in ihr wiederfinden.
Und die wird primär von Menschen mit afrikanischen Migrationshintergrund bevölkert, darunter auch von der Familie der 16-jährigen Marieme (Karidja Touré). Ihr wird zu Beginn des Films gesagt, dass ihre Noten nicht fürs Gymnasium reichen, der Besuch einer Berufsschule wird ihr nahegelegt. Stattdessen freundet sie sich mit der Mädchengang von Lady (Assa Sylla) an, mit der sie schon bald tagsüber durch die Banlieu oder die Pariser Innenstadt zieht. “I want to be like others. Normal”, kommentierte sie zuvor ihren Wunsch, auf eine höhere Schule zu gehen. “It’s a bit too late for that”, ist die lapidare Antwort ihrer Lehrerin. Ein Entschluss, der anschließend den weiteren Lebensweg des aufgeweckten Mädchens bestimmen wird.
Marieme erscheint als eine Gefangene ihrer Umstände. Die Mutter arbeitet scheinbar zwei Jobs, die Erziehung der jüngsten Schwester Mini teilen sich Marieme und ihre Schwester. Ein Vater ist nicht vorhanden, die Rolle wird von Mariemes aggressivem älteren Bruder Djibril (Cyril Mendy) ausgefüllt. “You have to do what you want”, bleut Lady dem Cliquenneuling ein. Und Marieme will in der Tat nicht wie ihre Mutter enden, als Putzfrau nachts hinter den Leuten aufzuwischen. Selbst wenn sie mit dem halbkriminellen Leben von Lady und ihrer Gang, die Schülerinnen auf ihrem Weg zur Klasse erpressen, spätestens dann zu hadern beginnt, als ihre jüngere Schwester Bébé (Simina Soumaré) ebenfalls Teil einer eigenen Mädchengang wird.
Dabei sind Lady und Co. keineswegs bösartig, vielmehr zeigt Sciamma mehrfach, dass ihr Gehabe schlicht eine Fassade ist. Eine, die sie teils sogar innerhalb der Clique aufrecht erhalten. Bemerkenswert ist eine Szene, in der sich die Mädchen Kleider kaufen und in ein Hotelzimmer einchecken, um dort einfach zusammen zu sein – und Playback zu Rihannas “Diamond” zu singen. Dramatisch wird es nur, wenn es um den Zwist mit einer anderen Clique geht. Hier zeigt sich, dass der Respekt, der den Jugendlichen aufgrund ihres ethnischen Hintergrunds – Marieme wird in einer Boutique wegen ihrer Hautfarbe automatisch des Diebstahls bezichtigt – außerhalb der Banlieu verwehrt bleibt, von ihnen eben innerhalb ihres Viertels gesucht wird.
Als Marieme später die Anführerin einer rivalisierenden Gang in einem Kampf erniedrigt, nachdem diese zuvor dasselbe mit Lady getan hat, wird der 16-Jährigen nicht nur der Respekt im Viertel zuteil, sondern auch der von Djibril. Und gibt womöglich mit den Ausschlag dafür, dass sich Marieme mit Ismaël (Idrissa Diabaté) einlässt, einem Freund ihres Bruders, für den sie schon länger schwärmte. Sie habe für Lady gekämpft, meint Marieme nach dem Kampf etwas kleinlaut zu ihrer Anführerin. “You did it for yourself”, entblößt diese korrekt. Marieme emanzipiert sich in der Folge derart schnell, dass sie über die unausgesprochenen Gesetze und Regeln ihrer Banlieu hinaus agiert. Was wiederum entsprechende destruktive Konsequenzen mit sich bringt.
Hier, in seinem dritten Akt, beginnt sich – der von allen Beteiligten nebenbei vorzüglich gespielte – Bande de filles etwas in die Länge zu ziehen und zu verlieren. Wäre dies eine Fernsehserie, würde sich hier der Auftakt zu einer zweiten Staffel finden, so erscheint die Handlung jedoch wie ein unnötiges Anhängsel eines Schicksals, das Sciamma auch gut hätte bloß anreißen können und in einem offenen Ende ausklingen lassen. Insofern ist Bande de filles, so überzeugend er letztlich doch ausfällt, ein kleiner Rückschritt zum etwas lockerer erzählten Gender-Drama Tomboy von vor drei Jahren. Aber auch, wenn die Mädchenwelt in Céline Sciammas jüngstem Film sehr speziell ist, dürften sich dennoch viele Zuschauer streckenweise in ihr wiederfinden.
6/10
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