Um Leben und Tod geht es zumeist, wenn eine Notarztambulanz durch die Straßen zu etwaigen Verletzten rast. Jede Minute kann den Unterschied ausmachen, weswegen oft vorgeschrieben ist, wie viel Zeit nach Absetzen eines Notrufs zur Einsatzstelle nötig zu sein hat. Derartige Hilfsfristzeiten betragen in Deutschland zwischen zehn und 15 Minuten, in New York City sind sie auf zehn Minuten festgelegt und die Kollegen der schottischen Ambulanz schafften es 2012 sogar, im Schnitt sechs Minuten und 42 Sekunden zu benötigen. Zeiten, von denen man in Bulgariens Hauptstadt Sofia vermutlich nur Träumen kann. Denn dort gab es lange lediglich ein Reanimationsteam für die gesamte Stadt und ihre 1,2 Millionen Einwohner.
Regisseur Ilian Metev begleitete dieses Team über zwei Jahre lang in seiner Dokumentation Poslednata lineika na Sofia, auch bekannt als Sofia’s Last Ambulance und hierzulande im Oktober unter Sofias letzte Ambulanz auf arte ausgestrahlt. In dem Film, der sich wenig für Statistiken, Fakten und Bestandsaufnahmen interessiert, begleiten wir den Notarzt Krassimir ‚Krassi’ Yordanov zusammen mit Krankenschwester Mila Mikhailova und Fahrer Plamen Slavkov bei einigen ihrer Einsätze. Der Kampf um das Leben ihrer Patienten wird dabei weniger durch deren Unfälle erschwert, als durch die Widrigkeiten der Ausstattung und Stadt. „Das ist ein verlorenes Land“, sagt Plamen an einer Stelle des Films resigniert.
Widerspruch erntet er weder von Krassi und Mila, noch vom Zuschauer. Es ist erschreckend, wenn man beobachtet, unter welchen Bedingungen das Team zu arbeiten hat. Das Funkgerät zur Zentrale funktioniert oft eher schlecht als recht, in einer Szene versucht Krassi rund eine halbe Stunde lang, überhaupt jemanden an den Apparat zu kriegen. Trifft man später an der Einsatzstelle ein, macht unter der angegebenen Adresse dann oftmals keiner auf. Wichtige Einsatzzeit wurde somit verschenkt und bleibt buchstäblich auf der Strecke. Und dass Sofias Straßen augenscheinlich voller Schlaglöcher sind, trägt seinen Teil dazu bei – insbesondere wenn man Patienten mit Beinbrüchen oder kleine, verletzte Kinder transportiert.
Hinzu kommt, dass auch noch einige Kollegen ob der Umstände und entsprechend schlechten Bezahlung vermehrt kündigen. „Unsere ganze Truppe ist vollkommen zerstört“, seufzt Mila in einer Szene. „Bald ist keiner mehr übrig“, ergänzt Krassi hoffnungslos. Der charismatische Notarzt scheint bereits resigniert zu haben und sich seinem Schicksal zu fügen, während Mila als gute Seele des Reanimationsteams noch einen Schimmer am Horizont zu entdecken glaubt. Meist redet sie mehr als Krassi und Plamen zusammen, die Dynamik des Trios ist trotz mancher Reiberei dennoch durchweg spürbar. „Und, läuft’s gut in der Liebe?“, fragt der grauhaarige Krassi in einer Pause seine Kollegin. Small Talk in Sofia.
Da der Film nie die Seite seiner drei Protagonisten verlässt, erzählt Metev seine Geschichte über den Notfallambulanzzustand in Sofia über jenes Trio. Dieses, speziell Mila, zeigt sich stets besorgt und bemüht um seine Patienten, beispielsweise wenn es zur Wohnung eines 28-jährigen Junkies gerufen wird, mit dessen Mutter man diskutiert, wie ihr Sohn von den Drogen loskommen könne. Zwar wäre eine faktische und zeitliche Einordnung bisweilen von Vorteil – der Film scheint unchronologisch geschnitten, da Plamen mal lange und mal kurze Haare hat –, aber die Einbindung von Texttafeln und/oder Talking Heads würde wiederum den Erzählfluss und die Nähe zu den drei sympathischen Figuren stören.
Einen Eindruck vom Zustand des bulgarischen Notfalldienstes im Speziellen wie dem der Stadt Sofia im Allgemeinen – die Ausstattung der Polizei scheint fast noch schlechter als die des Notfallteams – vermittelt Metev mit Poslednata lineika na Sofia dennoch. Etwas schade ist es, dass der Film nach 90 Minuten schon vorüber ist und auf einer ambivalent-traurigen Note endet, würde man doch gerne mehr Zeit an der Seite von Krassi, Mila und Plamen verbringen – vielleicht in Form einer Mini-Fernsehserie. Am Ende stimmt man Plamen womöglich nicht zu, dass Bulgarien ein verlorenes Land ist, aber sicher ist vieles verbesserungswürdig. Zumindest zwei weitere Notfallteams wurden seit dem Filmstart für Sofia eingerichtet.
Regisseur Ilian Metev begleitete dieses Team über zwei Jahre lang in seiner Dokumentation Poslednata lineika na Sofia, auch bekannt als Sofia’s Last Ambulance und hierzulande im Oktober unter Sofias letzte Ambulanz auf arte ausgestrahlt. In dem Film, der sich wenig für Statistiken, Fakten und Bestandsaufnahmen interessiert, begleiten wir den Notarzt Krassimir ‚Krassi’ Yordanov zusammen mit Krankenschwester Mila Mikhailova und Fahrer Plamen Slavkov bei einigen ihrer Einsätze. Der Kampf um das Leben ihrer Patienten wird dabei weniger durch deren Unfälle erschwert, als durch die Widrigkeiten der Ausstattung und Stadt. „Das ist ein verlorenes Land“, sagt Plamen an einer Stelle des Films resigniert.
Widerspruch erntet er weder von Krassi und Mila, noch vom Zuschauer. Es ist erschreckend, wenn man beobachtet, unter welchen Bedingungen das Team zu arbeiten hat. Das Funkgerät zur Zentrale funktioniert oft eher schlecht als recht, in einer Szene versucht Krassi rund eine halbe Stunde lang, überhaupt jemanden an den Apparat zu kriegen. Trifft man später an der Einsatzstelle ein, macht unter der angegebenen Adresse dann oftmals keiner auf. Wichtige Einsatzzeit wurde somit verschenkt und bleibt buchstäblich auf der Strecke. Und dass Sofias Straßen augenscheinlich voller Schlaglöcher sind, trägt seinen Teil dazu bei – insbesondere wenn man Patienten mit Beinbrüchen oder kleine, verletzte Kinder transportiert.
Hinzu kommt, dass auch noch einige Kollegen ob der Umstände und entsprechend schlechten Bezahlung vermehrt kündigen. „Unsere ganze Truppe ist vollkommen zerstört“, seufzt Mila in einer Szene. „Bald ist keiner mehr übrig“, ergänzt Krassi hoffnungslos. Der charismatische Notarzt scheint bereits resigniert zu haben und sich seinem Schicksal zu fügen, während Mila als gute Seele des Reanimationsteams noch einen Schimmer am Horizont zu entdecken glaubt. Meist redet sie mehr als Krassi und Plamen zusammen, die Dynamik des Trios ist trotz mancher Reiberei dennoch durchweg spürbar. „Und, läuft’s gut in der Liebe?“, fragt der grauhaarige Krassi in einer Pause seine Kollegin. Small Talk in Sofia.
Da der Film nie die Seite seiner drei Protagonisten verlässt, erzählt Metev seine Geschichte über den Notfallambulanzzustand in Sofia über jenes Trio. Dieses, speziell Mila, zeigt sich stets besorgt und bemüht um seine Patienten, beispielsweise wenn es zur Wohnung eines 28-jährigen Junkies gerufen wird, mit dessen Mutter man diskutiert, wie ihr Sohn von den Drogen loskommen könne. Zwar wäre eine faktische und zeitliche Einordnung bisweilen von Vorteil – der Film scheint unchronologisch geschnitten, da Plamen mal lange und mal kurze Haare hat –, aber die Einbindung von Texttafeln und/oder Talking Heads würde wiederum den Erzählfluss und die Nähe zu den drei sympathischen Figuren stören.
Einen Eindruck vom Zustand des bulgarischen Notfalldienstes im Speziellen wie dem der Stadt Sofia im Allgemeinen – die Ausstattung der Polizei scheint fast noch schlechter als die des Notfallteams – vermittelt Metev mit Poslednata lineika na Sofia dennoch. Etwas schade ist es, dass der Film nach 90 Minuten schon vorüber ist und auf einer ambivalent-traurigen Note endet, würde man doch gerne mehr Zeit an der Seite von Krassi, Mila und Plamen verbringen – vielleicht in Form einer Mini-Fernsehserie. Am Ende stimmt man Plamen womöglich nicht zu, dass Bulgarien ein verlorenes Land ist, aber sicher ist vieles verbesserungswürdig. Zumindest zwei weitere Notfallteams wurden seit dem Filmstart für Sofia eingerichtet.
8/10
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