(Edward Snowdon)
Er selbst sieht sich als „Patriot“, der Außenminister seines Landes hingegen nennt ihn einen „Verräter“ – liegt die Wahrheit nun irgendwo dazwischen? Oder ist Edward Snowden vielmehr weniger als noch, sondern eher ein Liberalist, ein Freiheitskämpfer der Moderne? Wie dem auch sei, die Lawine, die der ehemalige Systemadministrator der CIA im Juni 2013 mit seiner Enthüllung auslöste, die NSA, sein damaliger Arbeitgeber, würden nicht nur die Bürger der ganzen Welt, sondern sogar die eigenen abhören, rollt bis in die Gegenwart. Ncht einmal das Handy der Bundeskanzlerin war vor dem US-Geheimdienst sicher. Laura Poitras’ Dokumentation Citizenfour begleitete Snowdens Aufdeckung dieser Vorfälle im vergangenen Jahr mit der Kamera.
Zuerst nahm Snowden als anonyme Quelle mit der Regisseurin Kontakt auf, in Form von Dialogen, die wie eine Mischung aus The Matrix und All the President’s Men klingen. Schließlich trafen sie sich gemeinsam mit Glenn Greenwald, Journalist des britischen The Guardian, im Juni 2013 in einem Hotel in Hong Kong. Hier würde Edward Snowden ihnen verraten, dass die NSA seit Jahren im großen Stil die Rechner von Internetfirmen anzapft, um sich dort Videos, Fotos, E-Mails und Kontaktdaten zugänglich zu machen. Das Ganze nicht nur außerhalb der USA, wo es aufgrund des US-Kampfes gegen den Terror zumindest für die Vereinigten Staaten legal ist, sondern auch in ihrem eigenen Land. Was die Bürgerrechte der Amerikaner verletzt.
Anschließend bereitete Greenwald die Enthüllung des NSA-Abhörskandals mit seinem Kollegen Ewen MacAskill für die Medien auf, während Snowden bald untertauchte. Citizenfour begleitet jene Tage, in denen der 29-jährige Amerikaner die vermutlich schwerste Entscheidung seines Lebens trifft. Sein altes Leben – und damit auch seine Freundin und Familie – zurückzulassen, um die Menschheit auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Gut überlegt habe er sich das, versichert Snowden da Poitras an einer Stelle. Nervös sei er nicht. Er nehme eine Gefängnisstrafe in Kauf, ihm seien seine Rechte und die aller anderen auf Freiheit und Privatsphäre wichtiger. Wie ein Held 2.0 wirkt Snowden dabei. Wie ein Jesus Christus der Hacker-Szene.
Sympathisch kommt er rüber, mit Ahnung von dem, worüber er spricht. Wirklich schlau wird das Publikum aber nicht aus ihm. So edel seine Motive, so wenig nah wirkt Snowden zugleich. Und Poitras hakt auch nicht nach, was seine Entscheidung, seinen Arbeitgeber – immerhin die Regierung – zu bestehlen und mit den Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen, für Folgen haben könnte. Der Mensch Edward Snowden erscheint in diesen Momenten sekundär, der Skandal überschattet alles – auch seine Person. Auch die Gefahr, in die sich Laura Poitras und Glenn Greenwald mit ihrer Berichterstattung begeben, wird allenfalls angerissen. Und bald weitet die Dokumentation dann ihre Spannweite auf andere Protagonisten aus.
Da wird in einer Szene auch kurz Julian Assange eingefangen, dessen Enthüllungsplattform WikiLeaks die Ausreise von Snowden nach Moskau geregelt hatte, ehe dort sein Pass eingezogen wurde. Und William Binney, ehemaliger Technischer Direktor der NSA und ebenfalls ein Whistleblower, darf in seinem Rollstuhl in den Bundestag einrollen. Unterdessen verschwindet Snowden in dem Moment wo er untertaucht auch aus Citizenfour – zumindest bis zu einem etwas konstruierten Epilog am Schluss. Und mit Snowden geht dem Film leider auch etwas von seiner Intensität verloren, die zuvor die Hotelszenen in Hong Kong bestimmt hatte – obschon man als Zuschauer bereits den Ausgang der damaligen Ereignisse kennt.
Und dennoch liegt auch hier zum Teil die Krux, denn mit anderthalb Jahren „Verspätung“ ist der Bedeutung der Dokumentation ein wenig der Wind aus den Segeln genommen. Der NSA-Abhörskandal ist keine Neuigkeit, nicht mal mehr Skandal, sondern aufgrund der politischen Untätigkeit wieder zum Alltag geworden. Insofern bietet Citizenfour am ehesten eine Art „Behind-the-Scenes“ einer der größten Enthüllungen der letzten Jahre, die in ihren besten Momenten packender ist als jeder John-le-Carré-Thriller und mit Edward Snowden eine auf Märtyrer getrimmte Figur hat, die sich als „Held“ dieser Geschichte praktisch aufdrängt. Weswegen Regisseur Oliver Stone die Geschichte im Jahr 2016 nochmals Hollywoodgerecht aufbereiten will.
Zuerst nahm Snowden als anonyme Quelle mit der Regisseurin Kontakt auf, in Form von Dialogen, die wie eine Mischung aus The Matrix und All the President’s Men klingen. Schließlich trafen sie sich gemeinsam mit Glenn Greenwald, Journalist des britischen The Guardian, im Juni 2013 in einem Hotel in Hong Kong. Hier würde Edward Snowden ihnen verraten, dass die NSA seit Jahren im großen Stil die Rechner von Internetfirmen anzapft, um sich dort Videos, Fotos, E-Mails und Kontaktdaten zugänglich zu machen. Das Ganze nicht nur außerhalb der USA, wo es aufgrund des US-Kampfes gegen den Terror zumindest für die Vereinigten Staaten legal ist, sondern auch in ihrem eigenen Land. Was die Bürgerrechte der Amerikaner verletzt.
Anschließend bereitete Greenwald die Enthüllung des NSA-Abhörskandals mit seinem Kollegen Ewen MacAskill für die Medien auf, während Snowden bald untertauchte. Citizenfour begleitet jene Tage, in denen der 29-jährige Amerikaner die vermutlich schwerste Entscheidung seines Lebens trifft. Sein altes Leben – und damit auch seine Freundin und Familie – zurückzulassen, um die Menschheit auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Gut überlegt habe er sich das, versichert Snowden da Poitras an einer Stelle. Nervös sei er nicht. Er nehme eine Gefängnisstrafe in Kauf, ihm seien seine Rechte und die aller anderen auf Freiheit und Privatsphäre wichtiger. Wie ein Held 2.0 wirkt Snowden dabei. Wie ein Jesus Christus der Hacker-Szene.
Sympathisch kommt er rüber, mit Ahnung von dem, worüber er spricht. Wirklich schlau wird das Publikum aber nicht aus ihm. So edel seine Motive, so wenig nah wirkt Snowden zugleich. Und Poitras hakt auch nicht nach, was seine Entscheidung, seinen Arbeitgeber – immerhin die Regierung – zu bestehlen und mit den Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen, für Folgen haben könnte. Der Mensch Edward Snowden erscheint in diesen Momenten sekundär, der Skandal überschattet alles – auch seine Person. Auch die Gefahr, in die sich Laura Poitras und Glenn Greenwald mit ihrer Berichterstattung begeben, wird allenfalls angerissen. Und bald weitet die Dokumentation dann ihre Spannweite auf andere Protagonisten aus.
Da wird in einer Szene auch kurz Julian Assange eingefangen, dessen Enthüllungsplattform WikiLeaks die Ausreise von Snowden nach Moskau geregelt hatte, ehe dort sein Pass eingezogen wurde. Und William Binney, ehemaliger Technischer Direktor der NSA und ebenfalls ein Whistleblower, darf in seinem Rollstuhl in den Bundestag einrollen. Unterdessen verschwindet Snowden in dem Moment wo er untertaucht auch aus Citizenfour – zumindest bis zu einem etwas konstruierten Epilog am Schluss. Und mit Snowden geht dem Film leider auch etwas von seiner Intensität verloren, die zuvor die Hotelszenen in Hong Kong bestimmt hatte – obschon man als Zuschauer bereits den Ausgang der damaligen Ereignisse kennt.
Und dennoch liegt auch hier zum Teil die Krux, denn mit anderthalb Jahren „Verspätung“ ist der Bedeutung der Dokumentation ein wenig der Wind aus den Segeln genommen. Der NSA-Abhörskandal ist keine Neuigkeit, nicht mal mehr Skandal, sondern aufgrund der politischen Untätigkeit wieder zum Alltag geworden. Insofern bietet Citizenfour am ehesten eine Art „Behind-the-Scenes“ einer der größten Enthüllungen der letzten Jahre, die in ihren besten Momenten packender ist als jeder John-le-Carré-Thriller und mit Edward Snowden eine auf Märtyrer getrimmte Figur hat, die sich als „Held“ dieser Geschichte praktisch aufdrängt. Weswegen Regisseur Oliver Stone die Geschichte im Jahr 2016 nochmals Hollywoodgerecht aufbereiten will.
7.5/10
Ich hatte fast erwartet die Doku sei zu mainstream für dich. Ich habe neulich einen Podcast darüber gehört und war schon sehr angetan; dein Artikel bringt den Film nun noch stärker auf meinen Radar. Bin gespannt! Trotz 1,5 Jahre Verspätung ist das Thema aktueller denn je...
AntwortenLöschenNaja, wirklich mainstream finde ich ihn nicht, das ist eher eine dieser Fußballnationalmannschaftsdokus. Mit etwas mehr Fokus auf Snowden (auch wenn der das wohl nicht gewollt hätte, wie er selbst im Film sagt) wäre der Film für mich runder geworden. Trotzdem spannend und interessant.
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