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19. Juli 2019

63 Up

Like meeting old friends – as always.

Die James Bond-Reihe lebt seit nunmehr 57 Jahren fort, allenfalls noch übertrumpft von Godzilla, dessen Filme seit 65 Jahren durch die Kinos stampfen. Knapp dahinter kommt dann bereits die Up-Dokumentationsreihe von Granada, die 1964 das erste Mal über britische Fernsehgeräte flimmerte. Eine Serie sollte daraus eigentlich gar nicht werden, “it was only ever going to be one film”, sagte Regisseur Michael Apted einst über das ambitionierte Projekt. Ursprünglich als Studie über das englische Klassensystem geplant, stellte Seven Up! vor 55 Jahren gut ein Dutzend Schulkinder aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten einander gegenüber. Sieben Jahre später besuchte Apted seine Protagonisten dann für 7 Plus Seven erneut.

Alle Jahre wieder ist dies nun der Fall, immer im Abstand von sieben Jahren. Dieses Jahr war es wieder so weit, 63 Up lief Anfang Juni als Dreiteiler im Fernsehen. “I think we all still feel very nervous about this”, unkt Andrew – selbst wenn das Prozedere alle Beteiligten nun schon acht Mal durchgemacht haben. Bereits seit 28 Up nehmen nicht mehr alle Protagonisten teil, Charles ist damals als erster ausgestiegen. Von den 14 Kindern von einst sind heuer elf übriggeblieben, neben Charles verzichtete auch Suzy erstmals darauf, von Apted interviewt zu werden. Schon in früheren Filmen und zuletzt in 56 Up sprach sie von einem lächerlichen Gefühl der Loyalität zur Serie, “even though I hate it”. Nun hat dies also (leider) wohl (vorerst?) ein Ende.

Erstmals fehlt auch Lynn, stets eine Fürsprecherin der Up-Reihe, aber leider 2013 verstorben. Ihre Töchter und ihr Mann reflektieren im dritten Teil von 63 Up in Lynns Segment, was ihre Mutter und Frau ausgemacht hat. Sie hatte in 42 Up einst bereits geäußert, dass sie der Tod weniger schreckt, als der Gedanke daran, ihre Liebsten zurückzulassen. Fast wortgetreu hören wir dies in 63 Up auch aus einem anderen Mund – dem von Nick. Der ehemalige Farmerssohn, der seither zum Nuklearforscher und Uni-Dozent in den USA aufgestiegen ist, leidet an Kehlkopfkrebs mit ungewisser Diagnose. Er fasse nur noch kurzfristige Pläne, sagt er ahnungsvoll, auch wenn er im Folgenden dezidiert mögliche Behandlungsmethoden für die Krankheit auflistet.

Die eigene Sterblichkeit und die der Familienmitglieder ist eines der prägnantesten Themen in 63 Up. Hatte sich 56 Up nach den Jahrzehnten zuvor weniger mit den Unterschieden und den Gemeinsamkeiten der Beteiligten befasst, sondern ihren Status quo beleuchtet, rückt ihr Alter und ihre Gesundheit mehr in den Mittelpunkt. Einige von ihnen, wie Nick und Peter, haben schon Elternteile beerdigen müssen, andere wie Jackie mussten ihren geliebten Ex-Mann nach einem Verkehrsunfall zu Grabe tragen. “We know what’s coming…”, sagt auch Sue, der es im Gegensatz zu den anderen aber noch ganz gut geht. So leidet Tony an einem vererbten Kammerflattern und Neil kränkelt (“I’ve always relied on my body”) – aber schon immer.

Eine degenerative Erkrankung – “that fills me with thread”, gesteht auch Bruce. Er ist bereits in Rente von seiner Lehrtätigkeit, auch Andrew plant zum Jahresende 2019 aus seiner Kanzlei auszutreten. Gemeinsam mit seiner Frau will er reisen, solange die Gesundheit noch mitspielt. “The worst thing you hear is people retiring and then drop dead”, erklärt er als Beweggrund. Er ist nicht der einzige, der sich mit der nahenden Rente befasst. Auch Sue zählt die Tage (oder Jahre) bis zum finalen Feierabend, obschon sie als Kind der Arbeiterklasse einräumt: “I worked all my life, I can’t imagine not working.” Beklagen will sich trotzdem keiner, vielmehr sehen viele, dass es die heutige Generation in einigen Dingen schwerer hat, als sie selbst.

Zum Beispiel bezahlbaren Wohnraum zu finden, wie Sue anführt. Und erwähnt, dass ihre zwei Kinder zum Glück eine Wohnung haben. In Hinblick auf den Arbeitsmarkt und was Millennials erwartet, sieht auch Peter in ihnen “the first generation that doesn’t have it better than their parents”. Dass 63 Up einige politische Themen streift, überrascht angesichts der gegenwärtigen Ereignisse nicht. So klagt Taxifahrer Tony über die Auswirkungen, die Uber auf seine Branche hatte. Rund ein Drittel seines Ertrags ging so verloren. Auch der Brexit kommt zur Sprache, John war gegen ihn, Tony zwar dafür – doch die Meinung hat sich inzwischen auch gewandelt. Das Vertrauen in die politische Elite ist erschüttert, eventuell wählt Tony nächstes Mal die Grünen.

Hier reißt der Film kurz das alte, originale Thema des Klassenkampfes an. Es sei immer noch dieselbe Elite an der Macht in Großbritannien, resümiert Nick. Jene Oberschicht, deren Vertreter John, Andrew, Charles und Suzy damals Seven Up! eingeführt hatte. “Those people are not necessarily most fit to run the country”, findet Nick – und wird als einziger Exil-Brite in Amerika natürlich auch nach Präsident Trump befragt. Der Nuklearforscher, immer schon einer der Gescheitesten, sinniert darüber, er sei sich unschlüssig, was von dem das Trump sagt er tatsächlich glaubt und was nur Show sei. Darin ist er sich mit den Beteiligten nicht unähnlich, die natürlich auch wissen und sich vorbereiten, was sie Apted vor der Kamera preisgeben.

Nicht akkurat repräsentiert – das ist seit Jahr(zehnt)en ein Vorwurf, den einige von ihnen der Up-Reihe machen. Auch hier erneuter Jackie ihre frühere Kritik, dass sie in 21 mit den anderen Mädchen nach Themen wie Ehe und Familie befragt wurde, statt nach der politischen Lage. Ungeachtet dessen, dass 1977 eine andere Zeit gewesen sein mag. Die Reihe gebe nicht unbedingt wieder, wer er wirklich sei, meinte Nick einst – aber sie gebe eine gewisse Person wieder, mit der sich die Zuschauer identifizieren können. So fragt Apted einige von ihnen, ob sie sich in den Bildern aus Seven Up! erkennen (“Give me a child until he is seven and I will show you the man”), was die meisten wie Jackie oder Nick auch durchaus bestätigen können.

Dabei entwickelten sich nicht alle Wege, wie von den Bildern suggeriert. Aber auch die Teilnehmer selbst haben nicht alle ihre Erwartungen erfüllt. So blickt Bruce doch leicht vergrämt darauf zurück, nie eine höhere Lehrfunktion erreicht zu haben. “I’ve been a big disappointment to myself”, meint auch John (leicht verschmitzt), hatte er sich doch als Kind und Teenager vorgenommen, politisch aktiver zu sein, als er es letztlich wurde (er engagiert sich jedoch weiterhin intensive für Bulgarien). Tony, Optimist wie eh und je, sieht es etwas differenzierter. Zwar zerschlug sich sein Traum von einer Wohnanlage auf Mallorca, aber er hat dennoch viel erreicht, findet der 63-Jährige. “You must understand, I’m only a cabbie”, erinnert er uns.

Ansonsten ist es erfrischend, wie wenig sich bei manchen getan hat. Sue ist seit 20 Jahren weiterhin mit Glen verlobt, Symon ist immer noch als Pflegevater aktiv und arbeitet an der Beziehung zu seinen Kindern aus erster Ehe. Zusammen mit seiner Frau ist es diesmal er, der seinen alten Internats-Kameraden Paul in Australien besucht. Der ist dort weiterhin als Hausmeister aktiv, wirkt zugleich sehr viel älter als beispielsweise Peter. Neben den eigenen Kindern stehen bei einigen bereits die Enkel im Fokus. Tony hat sechs an der Zahl, darunter jene Enkeltochter, die er mit seiner Frau selbst großzieht, weil ihre Mutter Probleme hat. Neil hat zwar keine Kinder, aber dafür inzwischen geheiratet – auch wenn die Ehe zu scheitern scheint.

Mit der Studie zum Klassensystem hat dies längst nichts mehr zu tun, ist stattdessen weiter eine soziokulturelle Historiographie und Dokument der jeweiligen Zeit. Für all jene, die mit der Up-Reihe aufgewachsen sind, ist die Rückkehr immer wieder etwas Schönes. “Like meeting old friends”, findet Tony, der nach 56 Up erneut wie die Filme zuvor mit seinem Segment den jüngsten Teil einleitet. Apted selbst geht sogar noch einen Schritt weiter: “it is very much like a family.” Schließlich kennt er selbst die Teilnehmer seit 55 Jahren, sah sie weitaus mehr aufwachsen als das Publikum, das in der Regel nur etwa zehnminütige Einblicke erhält (die – variierend intensiv – auch mit Archivmaterial aus den vergangenen Filmen aufgefüllt werden).

Die Zuschauer reflektieren mit jedem Up-Film nicht nur das Leben der Teilnehmer, sondern auch ihr eigenes. Denn egal ob Tony aus dem East End stammt, Bruce und Suzy aufs Internat gingen und John eine Elite-Uni besuchte, was die Up-Reihe zeigt(e), sind weniger ihre Unterschiede als ihre Gemeinsamkeiten. Und in diesen fand – und findet – sich auch der Zuschauer wieder. Wer die Serie seit ihren Anfängen begleitet, sieht sich mit denselben Fragen zur eigenen Gesundheit und der von den Eltern konfrontiert. Und hegt den Wunsch, dass es den Kindern und Enkeln gutgehen soll. Dies macht 63 Up und die Serie so speziell und besonders, weil das Format in gewisser Weise transzendierend partizipativ ist.

Was eigentlich nur ein kurzer Film sein sollte, ist seit 1964 auf deren Neun angewachsen. Im Grunde wäre 70 Up ein schöner Abschluss für 2026 – von 7 bis 70, das hätte etwas. Die Frage nach der Gesundheit betrifft natürlich auch Michael Apted selbst, inzwischen 78 Jahre alt. Ob er mit 85 noch in der Verfassung ist, die Interviews fortzuführen, ist zu hoffen (“We know what’s coming…”, echoet Sues Bemerkung), wenn auch nicht selbstverständlich. Aber wie schnell die Zeit vergeht und wie kurz sieben Jahre sein können, veranschaulicht vielleicht kaum eine Reihe wie diese, erkennbar an Tonys Reaktion auf die Zeit seit dem letzten Besuch. “It’s flown by, Michael. Just gone”, lacht der herzige Taxifahrer. Hoffentlich im Jahr 2026 erneut.

7.5/10

12. Dezember 2012

56 Up

“So, is it done?”“It’s never done.”

Ein Taxi in London hat niemand geringeren als Astronaut Buzz Aldrin, den zweiten Mann auf dem Mond, auf der Rückbank sitzen. Als es vor der vom Fahrgast designierten Adresse Halt macht, fährt ein zweites Taxi heran. Der Kollege fragt nach einem Autogramm, also beugt sich der Fahrer zurück und leitet die Bitte an Buzz Aldrin weiter. “No, I don’t want his autograph”, korrigierte ihn der Kollege, “I want your autograph”. Tony Walker lacht, als er Regisseur Michael Apted diese Geschichte in 56 Up erzählt. “I couldn’t believe it”, sagt der 56-jährige Brite. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass Tony davon berichtet, erkannt worden zu sein. Der lebensfrohe Taxifahrer ist seit jeher einer der Teilnehmer der britischen Up-Sendereihe, die mit dem Programm die wenigsten Probleme haben.

Im Mai 2012 war wieder ein siebenjähriger Zyklus vorüber gegangen, an dessen Ende Apted immerhin 13 seiner 14 Protagonisten aus Seven Up! wiedervereinen konnte – so viele wie seit 21 nicht mehr. Inzwischen nahe am Rentenalter und größtenteils mehrfache Großeltern, fokussiert sich die neue Ausstrahlung weniger auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten der jeweiligen Teilnehmer als vielmehr auf einen Blick ihres momentanen Status Quo. Dies hat zur Folge, dass 56 Up weitaus stärker als die vorherigen Ausstrahlungen den Charakter einer Wiedervereinigung hat, die mehr als alles andere ein bloßes Wiedersehen darstellt, ohne von allzu großer tieferer soziokultureller Bedeutung zu sein. Eine Tatsache, die jedoch auch dem fortgeschrittenen Alter der Personen geschuldet ist.

Lynn Johnson genießt das Leben mit ihren Töchtern und Enkelsöhnen.
Und doch ist der neuerliche Besuch von Apted etwas anders als die vorangegangenen. Das merkt man bereits daran, dass 56 Up nicht mit Tony startet, sondern mit Sue. Sie ist immer noch mit Glen zusammen, inzwischen bereits seit 42 Up. Ohnehin, und das ist in gewisser Weise ziemlich erfreulich, hat sich keines der Paare in den vergangenen sieben Jahren getrennt. “Wether it’s through luck or determination, we worked through difficult times”, sagt Suzy über ihre Ehe zu Rupert – nahezu wortwörtlich wie bereits in 49 Up. Letztlich sind Jackie und Neil die einzigen Teilnehmer, die zum Zeitpunkt des Films keinen Partner haben. Konstanz in ihren Beziehungen zum Partner als auch zu ihren Kindern zeichnet somit auch diesen Teil von Granadas und Apteds Programmreihe aus.

“The kids are my life”, sagt Tony, der sich um seine Enkelin kümmert, da seine Tochter emotionale Probleme hat. Umso härter hat es den Londoner getroffen, als ihm seine Kinder jenes Untreuegeständnis aus 42 Up übel nahmen. Kaum ein anderer Teilnehmer der Up-Reihe hat diese so offen an sich herangelassen wie er. Ohnehin wird die Teilnahme am Programm immer öfter zum Thema in diesem selbst. “It’s not a matter I look forward to every seven years”, gesteht Andrew, der mit seiner Frau Sue jene alte Scheune aus 28 Up inzwischen zu einem ansehnlichen Ferienhaus umgewandelt hat. “So, is it done?”, fragt Apted das Paar. “It’s never done”, schmunzelt Sue und erinnert an das Unkrautproblem. Und auch Einzelgänger Neil hat kritische Worte für die Programmreihe übrig.

Neil Hughes arbeitet inzwischen als Hilfsminister seiner Kirchengemeinde.
Wie bereits Jackie in 49 Up oder auch Suzy zuvor, moniert Neil, dass viele Leute meinen würden, ihn zu kennen, nur weil sie ihn alle sieben Jahre in Apteds Dokumentation sehen. Auch Suzy und Nick sprechen an, dass die zehnminütigen Segmente nie repräsentativ widerspiegeln würden, wer sie wirklich seien. “It’s not an absolute accurate picture of me”, sagt Nick, ergänzt jedoch: “but it’s a picture of somebody – and that’s the value of it”. Bezieht man mit ein, dass fast die Hälfte der zehnminütigen Segmente – „Sorgenkind“ Neil kriegt jedoch meist fast 15 Minuten – nur aus Archivmaterial als ergänzender Kontext besteht, ist die Meinung der Teilnehmer durchaus nachvollziehbar. Allerdings haben bisher nur die Hälfte von ihnen ihren Unmut gegenüber Apted und der Kamera geäußert.

Und dennoch hat Neil immer bereitwillig und offen über sich und seine Probleme gesprochen, selbst hier, in diesem Teil tut er es wieder. Sein halbes Leben lang lebt er bereits am Existenzminimum, hat immerhin mit seiner liberaldemokratischen Arbeit einen Lebenssinn gefunden. “It’s the only way I’ve been able to make any money”, erzählt er uns. “I’ve been completely unsuccessful in trying to find a paid career in any kind.” Zudem ist Neil, der seit 35 Up ein wiedergeborener Christ ist, nun auch ein Hilfminister in seiner Kirchengemeinde. Was ihn aber wirklich erfüllen würde, wäre die Publikation seiner literarischen Arbeiten, die er sich durch die Aufmerksamkeit des Programms gewünscht hätte. Dazu kam es aber nie, im Gegensatz zur Medialisierung privater Anliegen anderer Teilnehmer.

Peter Davies (mitte) promotet die Musik seiner Band The Good Intentions.
So hatte John einst nach 21 die Reihe quittiert, um zurückzukehren, weil er sich wegen seiner Frau karikativ um benachteiligte Kinder in Bulgarien kümmerte. Auch Peter kehrt in 56 Up nach 28 Jahren zurück, weniger wegen des Programms selbst, sondern aus privaten Gründen. “I want to promote the music and the band I’m in”, sagt der ehemalige Lehrer, der nun Jurist im öffentlichen Dienst ist. Wegen der harschen Reaktionen auf seine Regierungskritik in 28 Up war er dem Programm ferngeblieben, dabei zeigt sich in Kommentaren von Nick über die Bildungspolitik Anfang der 80er-Jahre, dass die damalige Kritik von Peter am Thatcherismus nicht ganz unbegründet war. “I still believe they haven’t got a clue what they’re doing”, ist auch Lynn kein Freund der gegenwärtigen Regierung.

Die Cameron-Regierung hielt noch andere Überraschungen parat, wie eine verspätete Rente, sodass Lynns Mann weiter arbeiten muss. Auch Jackie, die seit 14 Jahren Invalidenrente kassiert, wurde vom Staat nun trotz ihrer Arthritis für arbeitstauglich eingestuft. Zugleich leidet ihre Schwiegermutter an Krebs im Endstadium, ihr zweitjüngster Sohn ist mit 19 Jahren Vater geworden und der Jüngste hat sich zur Armee gemeldet. “I think my life’s gonna be good”, ist die alleinstehende Frau dennoch überzeugt. Weitaus besser ist die Lage bei den anderen Teilnehmern. Sue leitet inzwischen ihre Fakultät und probt sich in der Freizeit in einer Drama-Klasse, Symon ist weiterhin Pflegevater für benachteiligte Kinder. “To be loved, to be wanted”, sagt er, “if you can give that to them, everything else is second”.

Suzy und Nick sind inzwischen miteinander befreundet und halten E-Mail-Kontakt.
Ihre Kinder sind sicherlich inzwischen das zentrale Thema für alle 13. Paul, der nunmehr als Hausmeister in der von seiner Frau geleiteten Seniorenanlage arbeitet, hofft, alle seine Enkel auf die Universität schicken zu können. “One thing you can’t take away from people is education”, sagt er, der stets einfache Berufe ausgeübt hat. Fast exakt dasselbe hatte Andrew einst in 21 bereits geäußert. Ihre Bildung haben auch Nick und Bruce geprägt, sodass Ersterer mit seiner zweiten Frau und Bruce mit seiner Familie nach Oxford zurückkehrten. Letzterer hofft lediglich, dass seine Söhne ihr Potential ausschöpfen. Mit der Ausschöpfung ihres eigenen Potentials scheinen die meisten der 56-Jährigen durchaus zufrieden zu sein – auch wenn für viele von ihnen, allen voran Neil, mehr möglich war.

Wie immer ist es schön zu sehen, dass alle noch munter und gesund sind, auch auf die engere Familie bezogen. Zwar weniger eindrucksvoll wie die vorangegangenen Ausgaben ausgefallen, ist 56 Up dennoch gerade für Fans der Up-Reihe ein schönes Wiedersehen, dass allerdings noch eine Spur sentimentaler hätte ausfallen können. “I suppose I have this ridiculous sense of loyalty to it, even though I hate it”, lacht Suzy. “And that’s just such a contradiction, isn’t it?” Angesichts der dann nahenden Rente und des hohen Alters von Apted selbst, könnte 63 Up vermutlich die letzte Rückkehr darstellen. Denn er trägt wohl einen großen Teil dazu bei, dass die meisten immer mitmachen. Und wer weiß, vielleicht kehrt dann zum womöglich großen Finale 2019 auch Charles nach 42 Jahren zurück.

8/10

17. April 2011

The "Up" Series

Give me a child until he is seven and I will give you the man.
(Francisco de Xavier)

Von revolutionären TV-Formaten zu sprechen, fällt heutzutage leichter als es früher noch der Fall war. Auf Granada’s Dokumentationsserie Up trifft dies allerdings zu, ist die seit 47 Jahren bestehende TV-Reihe doch die am längsten währende Dokumentation der Geschichte. Die Idee, eine Gruppe SchülerInnen über die Jahr(zehnt)e hinweg immer wieder zu besuchen, war 1964, als Paul Almond die Erstlingssendung Seven Up! pitchte, zum einen weder geplant noch wäre sie sonderlich neu gewesen. Denn bereits 1961 hatten Barbara und Winfried Junge mit Wenn ich erst zur Schule geh ihre Reihe Die Kinder von Golzow eingeläutet, die vor vier Jahren ihren Abschluss fand und der britischen Up-Serie somit nicht unähnlich ist.

“It was only ever going to be one film“, blickt Regisseur Michael Apted auf die Reihe zurück, bei der er von Anfang an mitgewirkt und ab 7 Plus Seven auch die Regie übernommen hat. Ursprünglich wollte Almond lediglich Kinder aus verschieden Klassen über dieselben Themen reden lassen, um ihre Unterschiede und möglichen Entwicklungen aufzuzeigen. Eher ungeplant entschied sich Apted 1971, die 14 Jugendlichen erneut zu befragen und damit den siebenjährigen Rhythmus zu beginnen, der mit 56 Up fortgesetzt wird. Die Reihe nimmt kultur- wie medienhistorisch eine Ausnahmestellung ein, lässt sie die Zuschauer doch am Lebenslauf von einem Dutzend Briten teilhaben. Für die Betroffenen eher eine Bringschuld.

“It was worth it“, so Bibliothekarin Lynn Johnson über die Serienreihe.
Manche der 14 Beteiligten machen nach all den Jahrzehnten noch mit, weil sie angefangen haben. Andere steigen aus und kommen in einem späteren Film wieder, insgesamt sind lediglich zwei Personen ab einem Zeitpunkt ganz ausgestiegen. “It’s not a comfortable thing necessarily for all the participants to do“, weiß Apted. Und kaum einer fasst die Ambivalenz des Programms wohl so gut zusammen, wie Nuklearphysiker Nick Hitchon. Dieser weist zwar darauf hin, “how emotionally draining and wrenching it is to make the film“, dennoch glaubt er zugleich: “this film is extremely important“. “Does it have any value?“, fragt dagegen Oberschichtler John Brisby, während Bibliothekarin Lynn Johnson sicher ist, “it was worth it“.

Dabei nimmt Seven Up! eine Sonderstellung ein, ist der Film - sicherlich auch wegen seiner intendierten Präsentation der Klassenunterschiede - im Vergleich mit den Nachfolgern ausgesprochen wertend geraten. “The world of a seven year old can be primitive, even violent“ erklärt da der Erzähler, wenn die Kinder nach Gewalt befragt werden. Während Arbeitersohn Tony aus dem Londoner East End Rauferein nicht abgeneigt ist, resümiert der Liverpooler Neil: “we think it hurts“. Das dramatische Urteil im Jahre 1964: “A vast majority (…) know little of discipline“ und “the distinction between freedom and discipline is the key to their whole future“. Vermutungen, die durch die Erfahrungen der Beteiligten über die Jahre Nahrung erhalten.

“Does it have any value?“, zeigt sich Rechtsanwalt John Brisby skeptisch.
Die teilnehmenden Kinder entstammen verschiedener Milieus. Während Tony, Lynn, Susan und Jackie eine öffentliche Schule in London besuchen, sind Andrew, Charles und John an einer elitären Vorschule eingeschrieben, Suzy an einer “fashionable school for girls“ und Bruce wiederum in einem Privatinternat. Was bemerkenswert ist, sind die Gedanken, die sie sich schon in jungen Jahren machten. Gerade die Sprösslinge der Oberschicht ragen heraus. So kannte Suzy als Siebenjährige zum Beispiel keinen Farbigen und wollte zwar später zwei Kinder, aber: “the nanny would look after them“. John hingegen las bereits The Financial Times. “Their education was pre-planned and paid for”, resümiert der Erzähler.

Denn wenn John sagt, er gehe später nach Cambridge und Charles mutmaßt, er “might go to Oxford”, sind das weniger die Wünsche und Ziele der Kinder, denn ihrer Eltern. Angesichts derartiger Auswahlmöglichkeiten zeigte sich Gymnasiastin Lynn in 21 jedoch weniger im Nach- als im Vorteil gegenüber der wohlhabenden Suzy. “She’s been so conditioned into what she should do and what she shouldn’t do“, glaubt Lynn, die mit 19 Jahren heiratete, über mehr Optionen verfügt zu haben. Eine Meinung und Haltung, die Suzy wieder selbst über die Jahre durch das Programm und Zuschauer mehrfach präsentiert worden zu sein scheint, wenn sie in 35 Up fast schon entschuldigend sagt: “I can’t change what I was born into“.

“I can’t change what I was born into“, rechtfertigt sich Trauerbegleiterin Suzy Lusk.
Dennoch spielt Geld für alle eher eine untergeordnete Rolle. “Money don’t buy happiness“, fand Lynn mit 7 Jahren und wenn Jackie im selben Alter sagt, sie wolle nicht viel Geld haben, aber eben genug, dann spiegelt das ganz gut die Haltung der reicheren Vertreter wie Andrew wieder, die genug haben wollen, um sich keine Sorgen zu machen. “Who wants to be the richest corpse in the graveyard?“, sieht selbst John, die fraglos eingebildetste und arroganteste Person der Serie die Dinge in 49 Up etwas anders. Er hat über die Jahrzehnte hinweg mit die größte Entwicklung durchgemacht, war er doch in 21 noch für Rassentrennung, sowie gegen Gewerkschaften, und engagierte sich ab 35 Up karikativ für Bulgarien.

John war es, der mit 21 Jahren als Jura-Student in Oxford meinte: “The more privileges you’re born with the greater the duty“. Und in gewisser Weise nehmen die der Oberschicht entstammenden Kinder auch mit 49 Jahren noch eine Sonderstellung ein. Charles Ferneaux, der nach 21 nicht mehr am Programm teilnahm, ist seit zwanzig Jahren bei der BBC als Produzent angestellt, John Brisby und Andrew Brackfield wurden beide Rechtsanwälte. Letzterer war es, der in 21 bereits das Fazit zog: “A good education, that’s something no one can take away“. Beruflich wie finanziell sind die wohlhabenderen Teilnehmer also durchaus besser abgesichert, aber Apted widmet sich mehr dem was sie alle eint, denn entzweit.

“I could’ve done a lot better“, blickt Lagerarbeiter Symon Basterfield zurück.
Denn abgesehen von ihrem Klassenunterschied erleben die meisten Beteiligten im selben Alter Identisches. Mit 14 Jahren mussten Suzy, Andrew und Charles die elterliche Scheidung hinnehmen, die Paul bereits mit acht Jahren durchmachte. In 28 Up hat beinahe jeder Zweite bereits Kinder (6 von 14) und sogar fast Dreiviertel von ihnen sind verheiratet (10 von 14). Sieben Jahre später sind einige wie Susan oder Symon bereits selbst geschieden, während es für viele in 35 Up auch heißt, Abschied von den eigenen Erzeugern zu nehmen. “I’m still dealing with it“, bricht Lynn darin über den Tod der Mutter in Tränen aus, die auch Tony kommen, wenn er den Tod seiner Mutter als “the worst day of my life“ bezeichnet.

Auch fünf andere Teilnehmer verloren bis zu ihrem 35. Lebensjahr bereits ein Elternteil, ebenso viele durften in 49 Up wiederum die Sprösslinge ihrer eigenen Kinder in den Armen halten. Sie teilen diesen Schmerz und diese Freuden mit der Kamera und dadurch mit einem Millionenpublikum. Kein leichter Prozess, bedeutet er doch für einige, sich alle sieben Jahre den als Fehler erachteten Taten der Vergangenheit stellen zu müssen. “I don’t think you [Regisseur Michael Apted, Anm. d. Verf.] ever really expected me to turn out the way I have“, spricht Jackie zum Beispiel in 49 Up das ambivalente Verhältnis der Beteiligten an. Ein Vorwurf, der nicht nur Apted, sondern auch den Junges in Die Kinder von Golzow gemacht wurde.

Die alleinerziehende Mutter Jackie Bassett fühlt sich falsch dargestellt.
Über einen Zeitraum von 42 Jahren fallen natürlich die Veränderungen auf, die viele der Beteiligten durchgemacht haben. “I had no kind of direction“, blickt Suzy mit 28 Jahren auf ihr 21-jähriges Selbst zurück. In 28 Up ist sie seit fünf Jahren verheiratet und hat zwei Kinder. Diese werden allerdings nicht, wie von ihr im Alter von 7 Jahren gehofft, durch ein Kindermädchen aufgezogen: “I wanted to bring them up, not somebody else“. Aus einem verzogenen Mädchen, das durch Europa reiste, weil Daddy es bezahlte, wurde eine glückliche Ehefrau und Mutter. Und es ist auch Johns Ehefrau, Tochter eines ehemaligen bulgarischen Botschafters, zu verdanken, dass er sich weniger mit sich selbst und mehr mit anderen beschäftigt.

Auch bei Anderen gab es Kehrtwenden, wie im Falle von Jackie, die in 28 Up keine Kinder haben wollte und in 35 Up nun einen Sohn aus einer Affäre nach ihrer Scheidung präsentiert: “The best thing that could’ve happened to me“. Oder Symon, der seinen Vater nie kennenlernte und sich mit 28 Jahren als fünffacher Familienvater präsentiert, nur um in 49 Up einzugestehen, dass er nach der Scheidung von seiner Frau lediglich zu einem Teil dieser Kinder regelmäßig Kontakt hält. Paul wiederum hatte in 7 Plus Seven gemeint, dass er am liebsten allein leben möchte, mit 28 Jahren war er dann mit Susan verheiratet, die bereits in 21 sein Herz erobert hatte. Kaum einer in Up, der sich nicht verändert hat. Kaum einer?

“I’ve done as well as I can go“, so Taxifahrer Tony Walker zufrieden.
“He doesn’t change for nobody“, meint Tony Walkers Ehefrau bestimmt. Mit den Jahr(zehnt)en hat sich Tony zum heimlichen Star von Apteds Doku-Reihe gemausert, ist es doch kein Wunder, dass sein Segment seit 28 Up das Programm einläutet. Tony ist ein offener Mensch, einer, mit dem sich die Zuschauer problemlos identifizieren können. Unvergesslich sein Herumturnen als 7-Jähriger und sein Zukunftsmantra: “I want to be a jockey when I grow up“. Und in der Tat war Tony mit 14 Jahren auf dem Weg zum Jockey und berichtete in 21, dass er es auf drei Rennen gebracht hat. “I felt king for one day“, berichtet ein strahlender Tony, der seit 21 durch sein ehrliches Auftreten zu den Sympathieträgern der Serie zählt.

Mit 14 Jahren hatte Tony gemeint, er würde Taxi fahren, wenn sein Traum als Jockey zerplatzt. In 28 Up sehen wir ihn als Taxifahrer und als verheirateten Familienvater. Hatte er, der aus dem Londoner East End stammt, zuvor das Leben als wettlaufende Ellbogengesellschaft wahrgenommen, lernte er durch die Kontakte des Taxifahrens: “People are individuals“. Im Laufe der Jahre erfüllte sich Tony auch seine Träume eines Pubs und einer Schauspielkarriere, wenn auch nur bedingt und kurzfristig. “Better to be a ‘has been’ than ‘never was’”, schüttelt Tony den Vorwurf der Erfolglosigkeit ab. “I’ve done as well as I can go“, sagt der Londoner, der es in 49 Up zu einem Ferienhaus in Spanien geschafft hat.

“I’m still known to be an eccentric“, gesteht Sozialhilfeempfänger Neil Hughes.
Konträr dazu ist Neil wohl das Gegenbeispiel zu Tony und erhält seit 28 Up die meiste Aufmerksamkeit. “There are many things that might have happened in my life that haven’t happened“, blickt Sozialhilfeempfänger und Lokalpolitiker Neil Hughes in 49 Up auf sein Leben zurück. Er hatte es nicht nach Oxford geschafft und sein Studium in Aberdeen nach einem Semester abgebrochen. Mit 21 Jahren verdingte er sich als Zeitarbeiter, mit 28 Jahren war er obdach- und arbeitslos und trieb sich an der schottischen Küste herum. “Now I got a free hand but I got nothing to do with myself“, philosophierte Neil an einem Kieselstrand eines Sees und Roger Ebert bezweifelte, dass Neil mit 35 noch am Leben sein würde.

Was genau in Neils Leben schief lief, von jenem aufgeweckten 7-Jährigen und mit Abstrichen auch 14-Jährigen (“I wonder why I was like that“, zeigt er sich später distanziert) zu einem Mann, der seit er 25 ist keine feste Arbeit mehr hatte und am Rande der Gesellschaft lebt, bleibt fraglich. Es kann nicht Apteds Aufgabe sein, psychologische Aufarbeitung zu leisten, dass es zu einem Zerwürfnis mit seinen Eltern kam, erwähnte Neil bereits in 21. Ab 42 Up wirkt er zufriedener, was sich wohl primär dadurch verdankt, dass er inzwischen in Gemeinderäten für die Liberaldemokraten tätig ist. “I’d love to be in politics“, hatte Neil desillusioniert in 21 gestanden und es bleibt spannend, was aus ihm in 56 Up geworden ist.

“I think this film is extremely important“, ist Physikprofessor Nick Hitchon überzeugt.
Weniger Sorgen muss man sich da um Nick machen, der ebenfalls eine interessante Entwicklung durchgemacht hat. Sein “I don’t answer that kind of questions“ in Seven Up! ist ebenso wie Tonys Jockey-Mantra ein Evergreen innerhalb der Serie. Erstaunlich auch der Wandel von dem schüchternen, den Blick abwendenden Teenager in 7 Plus Seven hin zum extrovertierten, aufgeschlossenen Physikstudenten in 21. Eine ähnliche Entfaltung ließ sich auch bei Suzy zwischen 14 und 28 Jahren feststellen. Und saßen John und Andrew in 21 als Jurastudenten im Anzug vor der Kamera, begnügte sich ihr einstiger Schulkamerad Charles mit langen, ins Gesicht fallenden Haaren, sowie Jeans und einem T-Shirt als Outfit.

Sie alle von verspielten 7-Jährigen zu Großeltern um die 50 wachsen zu sehen, ist ein bemerkenswertes Schauspiel. “How many people do I have in my life to have known for over forty years?“, beschreibt Michael Apted sein Verhältnis zu den Teilnehmern. “Some don’t like me, some do like me - it is very much like a family.” Ähnlich verhält sich dies auch für den Zuschauer. Natürlich kennt man diese Menschen nicht wirklich, aber auf gewisse Weise schon. Wie Verwandte, die man alle paar Jahre nur zum runden Geburtstag der Großeltern trifft. Es gibt die Nicks, Symons und Tonys, die man gerne wiedersieht, die Neils, um die man sich sorgt und die Johns, die einem eher suspekt sind. Aber sie alle gehören zur Familie.

“It’s given him a link with his past“, sagt Paul Kligermans Frau Susan.
“We’re linked and that can never go“, nennt Lynn dieses Phänomen, das sie zwar für sich und die anderen Teilnehmer beansprucht, das aber - und hier tritt die Einzigartigkeit des Programms auf den Plan – auch transmedial den Zuschauer mit einbezieht. Viele sind mit Bruce und Paul, mit Jackie und Susan aufgewachsen. Und mit jeder Sichtung reflektieren sie nicht nur deren Vergangenheit und Wandel, sondern sie blicken auch zurück in ihre eigene Vergangenheit und wie sie sich selbst mit der Zeit verändert haben. Der einzige Unterschied ist, dass keine Kamera auf sie gehalten wird, sodass sie ihre Untreue nicht einer ganzen Nation gestehen müssen oder durch Regierungskritik ihren Job verlieren können.

Was als Studie zum britischen Klassensystem begann, entwickelte sich zur soziokulturellen Historiographie eines halben Jahrhunderts. Es war nicht entscheidend, worin sich die Beteiligten voneinander durch ihre Herkunft unterschieden, sondern was sie trotz dieser Unterschiede einte. Während Andrew, seit über zwei Jahrzehnten verheiratet, in 49 Up der Ansicht ist, eine Ehe zu unterhalten sei leicht, sind die anderen Teilnehmer skeptischer. Von denen, die sich scheiden ließen gar nicht erst zu reden, hatten außer Lynn (seit dreißig Jahren verheiratet) von Paul über Suzy (“We worked through the difficult times“) bis hin zum untreuen Tony (“It’s not easy being married“) im Grunde alle harte Zeiten zu durchstehen.

“It was only ever going to be one film“, verrät Regisseur Michael Apted.
Formaltechnisch sind sich Apted und sein Team weitestgehend treu geblieben. Durch Archivmaterial werden die einzelnen Segmente stets verlängert und zugleich eine Brücke in die Vergangenheit geschlagen, während das Programm seit 35 Up mit dem lebensfrohen Tony beginnt und mit dem depressiven Neil endet. “The strength is the talking head“, verrät Redakteur Kim Horton im Audiokommentar. Die Originaltöne, oft in Gesellschaft der Gattinnen (zum Beispiel bei Paul und Tony), werden gerade im späteren Verlauf durch Familienaufnahmen oder Zusammenführungen (unter anderem von Symon und Paul, die bis Letzterer mit 8 Jahren wegzog dasselbe Kinderheim besuchten) ergänzt.

Dank seines retrospektiven Charakters wirkt 49 Up dabei als das rundeste Werk, wobei an sich jede Sendung eine herausragende Stellung einnimmt. Der Wert, den die Reihe kultur- wie medienhistorisch hat, lässt sich schwer in Worte fassen. Michael Apted und Granada gelang eine sprichwörtlich einmalige Dokumentation, die nicht zwingend die beste ihrer Art ist, zweifelsohne jedoch die Bedeutendste im Besitz der Menschheit. “Most of us have for whatever reason chosen to go through with it“, sagte Suzy, die in 49 Up dazu tendierte, wie Charles und Peter die Serie zu verlassen. Hoffentlich findet sie einen Grund, nächstes Jahr in 56 Up zurückzukehren - und vielleicht finden Charles, Peter und die Anderen ihn auch.

9/10

Anm. d. Verf.: Die gesamte Dokumentationsreihe gibt es sehr günstig als 7-49 Up bei Amazon.co.uk (derzeit rund 25,- Euro inklusive Versandskosten)