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18. Januar 2013

Misfits - Season Two

We’re lazy and incompetent. We’re practically handicapped.

Trotz aller Freiheiten, die der Pay-TV-Sender HBO in den USA genießt, wird man lange suchen müssen, ehe man auf diesem eine Serie findet, in der eine Figur versucht, sich selbst oral zu befriedigen. Howard Overmans Misfits gibt sich in ihrem zweiten Jahr nochmals eine Spur dreckiger und frecher, zugleich hadert die zweite Staffel jedoch damit, dass sich der Kosmos unserer fünf jungen Delinquenten etwas weitet. Die Folge sind vermeintlich epischere Handlungsstränge und Konfrontationen mit anderen „Superhelden“, die allerdings nicht vollends so zu zünden vermögen, wie vermutlich gewollt. Dementsprechend macht die Serie immer noch durchweg ordentlich Spaß, baut jedoch leider auch etwas ab.

Davon ist zu Beginn aber zum Glück noch nichts zu merken. Im Gegenteil, knüpft Episode 1 doch nahtlos an die Ereignisse der ersten Staffel an. Nachdem endlich Nathans (Robert Sheehan) Kraft der Unsterblichkeit gelüftet ist, beschäftigt die Gruppe bald darauf dann wieder mal ihr Lieblingsthema: tote Bewährungshelfer. Denn während Sally (Alex Reid) noch „entsorgt“ werden muss, gilt es darauf zu achten, dass ihr Ersatz Shaun (Craig Parkinson) sich nicht den Spitznamen ‘Shaun of the Dead’ abholt. Hinzu kommt ein mysteriöser maskierter Schutzengel, der den Fünf stets in der Not zur Seite steht, neue Beziehungsgeflechte und aller guten Vorsätze zum Trotz natürlich dennoch wieder jede Menge Leichen.

Bezeichnend ist dabei, dass die Gruppe ihre Kräfte immer noch in den selteneren Fällen einsetzt. Man könnte sogar kritisieren, dass sie das Potential ihrer Fähigkeiten sogar selten bis nie wirklich ausschöpfen, wobei auch in dieser Staffel ihre soziale Interaktion im Fokus steht. So konfrontiert ziemlich überraschend die zweite Folge Nathan mit einem ihm bis dato unbekannten Halbbruder, was zu einem weiteren Gastauftritt von Dexter Fletcher als deren Vater führt. Simon (Iwan Rheon) wiederum kriegt es mit alten und neuen romantischen Bekanntschaften zu tun, während Alisha (Antonia Thomas) und Curtis (Nathan Stewart-Jarrett) ebenfalls frische Partner in ihrem Leben willkommen heißen dürfen.

Was der zweiten Staffel fehlt, ist ein roter Faden oder ein Ziel, auf das es hinzuarbeiten gilt. Stattdessen grast Overman einige Handlungselemente oberflächlich ab, beschäftigt sich aber nicht eingehender mit den jeweiligen plot points. Zum Beispiel spielt die Tatsache, dass in wenigen Wochen gleich zwei Bewährungshelfer und zwei – bzw. drei, zählt man Nathan dazu – Delinquenten ums Leben kamen, keine Rolle. Und während Misfits beginnt, sich mehr in Heroes-Gefilde zu begeben, wird auch dies nicht konsequent zu Ende gedacht, wenn einer der Freunde aus der Zukunft in die Gegenwart reist oder es die Jugendlichen später mit einem Gleichgesinnten zu tun bekommen, der seine „Artgenossen“ jagt und tötet.

Unterdessen werden Beziehungen, die lange vorbereitet wurden, plötzlich fallen gelassen und andere auf einmal unerwartet ersetzt, während sich Overman in seinem Versuch, die Serie pompöser zu gestalten, merklich in Logiklöchern verfängt. Daher verdankt sich die Qualität der zweiten Staffel weniger den tatsächlichen Geschichten, als vielmehr den Charakteren und einigen brillant-genialen Momenten. In den meisten von diesen ist auch dieses Jahr erneut Sheehan zu sehen, dessen infantil-vulgärer Charme bisweilen jedoch überstrapaziert wird. Neben Rheon und Thomas kriegt er aber natürlich am meisten zu tun, während speziell Stewart-Jarrett und Lauren Sochas prollige Kelly in den Hintergrund gedrängt werden.

Der Höhepunkt der zweiten Staffel ist daher dann Episode 1, der Tiefpunkt dagegen das abschließende Christmas Special. Dieses wartet zwar mit einigem Drama und einer thematisch und zum Ton der Serie passenden Idee (“I’m gonna kill Jesus”) auf, wirkt aber eher hingerotzt als wohl durchdacht, nicht zuletzt in seinen Charakterdarstellungen und Kollision mit dem bisher Gezeigten. Nichtsdestotrotz ist Misfits auch in ihrem zweiten Jahr ausgesprochen vergnüglich, über weite Strecken herrlich von Overman geschrieben, dabei oftmals ein einziger Geniestreich und prinzipiell beste Unterhaltung. Ob sich dies angesichts von Sheehans Serien-Ausstieg auch über die dritte Staffel sagen lassen wird, bleibt offen.

8/10

7. Januar 2013

Misfits - Season One

If a bear and a shark had a fight, who would win?

Es ist ein Bild des Schreckens, das sich dem Zuschauer in Misfits bietet. Junge Erwachsene, gekleidet in Cardigans und farblosen Kleidern, die den Drogen abgeschworen haben, um ihr Potential aufzuschöpfen. Zumindest für den Taugenichts Nathan (Robert Sheehan) ist das der Schock schlechthin. “We had it all”, ruft er seinen Altersgenossen zu. “We fucked up bigger and better than any generation that came before us.” Es handelt sich um die Klimax der sechs Folgen umfassenden ersten Staffel zur Superhelden-Serie von Howard Overman über fünf Nicht-Konformisten, allerdings eben eher für Serien-Konformisten. Eine britische Version von NBC’s Heroes quasi – nur gewitzter, zynischer und mit mehr Sexappeal.

Darin wird eine Gruppe jugendlicher Delinquenten bei der Ausübung ihrer Sozialstunden von einem mysteriösen Sturm überrascht und vom Blitz getroffen. Fortan entwickeln die fünf jungen Erwachsenen übernatürliche Kräfte, angepasst an ihren jeweiligen Charakter. Da ist Curtis (Nathan Stewart-Jarrett), ein wegen Drogenbesitzes verurteilter Athlet, der die Zeit zurückdrehen kann, die promiskuitive Alisha (Antonia Thomas), die per Körperkontakt bei ihrem Gegenüber sexuelle Erregung auslöst, der unscheinbare und introvertierte Simon (Iwan Rheon), der sich unsichtbar werden lässt und die prollige Kelly (Lauren Socha), die ihre Meinung auf der Zunge trägt und plötzlich mit telepathischen Kräften versehen wird.

Und weil bei dem Sturm ihr Bewährungshelfer wahnsinnig wurde und die Teenager ihn töten mussten, werden sie fortan mehr durch die Tat denn ihre Superkräfte zu einem verschworenen Haufen. Und im Gegensatz zu anderen Protagonisten mit übernatürlichen Fähigkeiten, allen voran natürlich den Artverwandten Heroes, dreht sich für diese „Helden“ ihr Alltag fortan nicht darum, anderen Menschen zu helfen. Und sie verlieren sich, bis auf gelegentliche Ausnahmen im Fall von Alisha oder Simon abgesehen, auch nicht in einer hedonistischen Ausübung dieser Kräfte wie im vergangenen Jahr von den Figuren in Chronicle. Vielmehr bereiten ihnen die neu erworbenen Fähigkeiten mehr Probleme als ihnen lieb ist.

Nur weil es sich bei Misfits um eine „Superhelden“-Serie handelt, sollte der Zuschauer jedoch keine ausufernde Darstellung dieser Kräfte erwarten. Die britische Fernsehserie ist nicht X-Men, sodass die Präsentation der jeweiligen Fähigkeiten ziemlich rudimentär ausfällt. An sich sind ohnehin nur die Kräfte von Simon und Curtis wirklich optisch erkennbar und im Fokus der Serie steht auch nicht so sehr die Anwendung dieser Kräfte, sondern die Interaktion der Gruppe miteinander und ihrer Umgebung. Dazu gehört vor allem ihre neue Bewährungshelferin Sally (Alex Reid), die wiederum – zurecht – die Jugendlichen verdächtigt, für das Verschwinden ihres Vorgängers und zugleich Verlobten verantwortlich gewesen zu sein.

Von Vorteil ist hierbei auch, dass sich die Serie ganz wie man es aus Großbritannien gewohnt ist nicht lang und breit über zwei Dutzend Folgen erstreckt, sondern in ihren viereinhalb Stunden Laufzeit relativ kompakt daherkommt. Ein weiterer Trumpf ist dabei Robert Sheehans Nathan, sowohl die Figur selbst als auch ihr Darsteller. Kontinuierlich als „Arschloch“ oder „Trottel“ von den anderen Delinquenten tituliert, erhält Sheehan stets die vorzüglichsten Dialogzeilen in den Mund gelegt, die der Ire mit seinem unvergleichlich flamboyanten Spiel zum Herzstück von Misfits garniert. Aber generell verdient sich der den Folgen innewohnende Humor, der oftmals zynische Züge annimmt, alles Lob der Welt.

Man kommt folglich nicht umhin, im Laufe der ersten Staffel mehrfach in Gelächter auszubrechen. Beispielsweise in einer Hommage an The Big Lebowski während Episode 4, die zugleich mit einem Cameo von Dexter Fletcher aufwartet. Am überzeugendsten gerät Episode 2, aber eigentlich fallen alle geraden Episoden herausragend aus, wohingegen bloß Episode 5 etwas abflacht, aber eher, da sie die Entwicklungen im Staffelfinale vorbereitet. Summa summarum kann Misfits nur jedem Serienfreund ans Herz gelegt werden, handelt es sich doch um eine der besten ersten Staffeln, die man zu Gesicht kriegen wird. Wenn auch die Figuren in Misfits nur bedingt Helden sind, so ist zumindest die Serie selbst ganz klar super.

8.5/10