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22. Oktober 2016

The Neon Demon

Real Lolita shit.

Sie gilt als die Stadt der Engel – dabei sind die unter ihren Einwohnern sicher die Minderheit. In Los Angeles regiert der Glamour und das Entertainment, sei es die Film- und Musikindustrie oder die Modelbranche. Hierher kommen sie seit jeher, die unschuldigen Jungen und Mädchen vom Lande – meist des Mittleren Westens –, um ihren Durchbruch vor der Kamera zu suchen. Kleine Karpfe mitten im Haifischbecken. “I’m not as helpless as I look”, behauptet da zwar das 16-jährige Nachwuchsmodel Jesse (Elle Fanning) in The Neon Demon. Vermag dies jedoch nicht wirklich zu unterfüttern in Nicolas Winding Refns jüngstem Neon-durchtränkten filmischen Fiebertraum, der ihm im Mai dieses Jahres in Cannes (wieder mal) einige Buhrufe bescherte.

“It was pride that changed angels into devils”, hatte Augustinus einst gesagt. Und könnte damit Los Angeles ebenso gut gemeint haben wie die narzisstischen Figuren in The Neon Demon. Sie sehen durch Jesses Ankunft ihre Welt in Gefahr gebracht, denn das junge Mädchen sei “a diamond in a sea of glass”, wie Fashion-Designer Sarno (Alessandro Nivola) bemerkt. “She has that… thing”, realisiert auch Ruby (Jena Malone), die sich sowohl als Make-up-Künstlerin in der Modeszene wie als Einbalsamiererin in einem Leichenschauhaus verdingt. Und sich mit Jesse bei deren erstem Fotoshooting für den jungen aufstrebenden Fotografen Dean (Karl Glusman) anfreundet, ehe sie die 16-Jährige im Anschluss auf eine Party mitnimmt.

Für Ruby ist Jesse keine mittelbare Konkurrenz – für ihre Freundinnen und Models Gigi (Bella Heathcote) und Sarah (Abbey Lee) allerdings schon. Zuerst sie noch von oben herab behandelnd, muss Sarah bereits kurz darauf Jesse bei einem Job-Casting den Vorzug lassen. Und selbst Gigi, die sich das Casting ersparte, wird anschließend auf dem Laufsteg von dem jungen Ding aus Georgia in den Schatten gedrängt. Jesse weiß, sie hat “no real talent”. Noch nicht einmal einen Schulabschluss. “But I’m pretty”, und das reicht bereits. Zumindest in einer oberflächlichen Stadt wie Los Angeles. “Women would kill to look like me”, lässt die 16-Jährige später genüsslich von ihrer Zunge rollen. Am fehlenden Engagement mangelt es ihnen jedenfalls nicht.

So führt Gigi bei ihrer ersten Begegnung mit Jesse erstmal auf, was sie alles bereits an sich hat kosmetisch richten lassen. Die Brüste wurden verkleinert, der Kiefer korrigiert, Nase und Wangen sind neu und Fettabsaugungen gab es ebenfalls. Ob das nicht wehgetan habe, will die von Natur aus schöne Jesse mit großen Augen wissen. “Anything worth having hurts a little”, erwidert Gigi. Ihre falsche Schönheit hat sie weit gebracht in L.A. – und geht nun, in Anwesenheit eines Diamanten, doch im Meer aus Glas unter. “If you aren’t born beautiful you’ll never will be”, teilt Sarno in kleiner Runde nach der Modeschau mit. Und ergänzt mit offensichtlichem Seitenhieb auf die anwesende Gigi: “You can always tell when beauty is manufactured.”

Jesse ragt mit ihrem perfekten Aussehen aus dieser Scheinwelt voll von artifiziell produzierter Schönheit heraus. Als ihr Dean, mit dem sie in der Folge eine zarte Romanze beginnt, vorhält, sie wolle wie Gigi, Sarah und Co. sein, korrigiert Jesse ihn: “I don’t want to be them. They want to be me.” Nicht nur wegen ihres Alters und Aussehens ist das Mädchen dabei potentiell leichte Beute in der Stadt der Engel. Ihr schäbiges Motel wird von einem noch schäbigeren Vermieter (Keanu Reeves) geleitet, ihre Agenturchefin (Christina Hendricks) beginnt für das junge Waisenkind aus Georgia rasch ein Lügenkonstrukt um ihr wahres Alter aufzubauen. Ihr Wohl hat dabei keine der anderen Figuren im Interesse, denn die sind alles andere als Engel.

“Man’s enemies are not demons, but human beings like himself”, pflegte schon der chinesische Philosoph Laozi zu sagen. Entsprechend lautet einer von Rubys Ratschlägen an Jesse auch: “It’s good to have good girls around.” Ob es die in der Modewelt jedoch gibt, darf bezweifelt werden. In der seien die Mädchen bereits mit 21 Jahren irrelevant, sinniert gegen Ende ein Model bei einem Shooting von Star-Fotograf Jack (Desmond Harrington). Der hatte zuvor entgegen seiner Gepflogenheiten Newcomerin Jesse abgelichtet. Jack ist ein Vollprofi, der seiner Arbeit mit versteinerter Miene nachgeht. Und Dean einen Schritt voraus ist, da er sich nicht mit seinen Kameraobjekten einlässt. Vielleicht, weil er weiß, was hinter deren Fassade steckt.

[Im folgenden Absatz folgen Spoiler] Regisseur Nicolas Winding Refn greift in seiner Symbolik und dem Skript den späteren Ereignissen dabei voraus. Bei ihrem ersten Treffen wischt Ruby nach Jesses erstem Shooting dieser noch das Kunstblut vom Körper – am Ende von The Neon Demon wird Rubys eigener Körper dann selbst das Blut von Jesse tragen. Auch, da diese ihre sexuellen Avancen abgelehnt hat. Schließlich hatte Ruby das Mädchen zuvor noch gefragt “are you food or are you sex?” als die Mädchen potenzielle Namen für ihre eigene Lippenstift-Marke suchten. “Red Rum” heißt dabei der von Gigi, der ihr in einer Referenz an The Shining einen ersten Geschmack des bevorstehenden Mordes ihrer Konkurrentin auf die Lippen zaubert.

Wie eine träumerische Schein- oder Parallelwelt inszeniert Winding Refn seine Geschichte, von Kamerafrau Natasha Braier mal in pinken und dann wieder in blauen Neontönen gehalten. Als würden Lust und Kälte eine Affäre miteinander eingehen, während Komponist Cliff Martinez einen pochend-pulsierenden Score erzeugt, der klingt, als würde er einem die Intensität und Spannung wie Blut ins Gehirn – oder in diesem Fall: ins Gehör – pumpen. The Neon Demon ist dabei weniger Neo-Noir als subtiler Horror-Thriller – eine weitergedachte oder geographisch versetzte Hölle à la Only God Forgives (obschon dieser von Larry Smith fotografiert wurde). In der Summe erschaffen Bilder, Musik und Handlung einen hypnotisch-höllischen Albtraum.

Das Ganze mag der Feuilleton schnell als Prätention oder Style Over Substance abtun, ist im Fall von Nicolas Winding Refn sicher zutreffend, allerding fraglos auch provozierendes Kalkül. Das Ergebnis ist aufgrund seiner visuellen Umsetzung faszinierender als Drive zuvor, jedoch durch die fehlende Nähe zu den Figuren auch kühler. Immerhin ist The Neon Demon gegenüber Only God Forgives weniger kryptisch und zugänglicher. Das Beste beider Welten, wenn man so sehen mag, obschon sich der Film nach einer immersiven ersten Dreiviertelstunde im Laufe des zweiten Akts kurzzeitig in einer leichten Schwerfälligkeit verliert, ehe er dann glücklicher Weise in seinem wahnwitzigen Schlussakt wieder das Gaspedal durchdrückt.

Zwar keine Offenbarung wird dabei Elle Fanning ihrer Rolle als vermeintliche Unschuld vom Lande durchaus gerecht – und passt von ihrem Alter her wohl besser auf die Figur als es jemand wie Chloë Grace Moretz getan hätte. Eigentlicher Star des Films ist jedoch im Grunde Abbey Lee (Mad Max: Fury Road), deren eingangs zickiges Biest schnell verletzliche Seiten zeigt, ehe ihre Sarah zum Ende hin mehr und mehr kalkulierte Härte an den Tag legt. Jena Malone – hier mit zarten Anleihen von Kristen Stewart – sowie Keanu Reeves, Desmond Harrington und Karl Glusman (Love) überzeugen in ihren jeweiligen Nebenrollen mit teils reduziertem Spiel, während Alessandro Nivola seinen schnauzbärtigen Mode-Designer mit Gusto darbietet.

Der Horror, den die Hauptfigur in The Neon Demon erlebt, ist im Gegensatz zu Darren Aronofskys thematisch artverwandten Black Swan ein realer – auch wenn Nicolas Winding Refn bisweilen ebenfalls Fantasie und Wirklichkeit miteinander kollidieren und zum Ende hin Interpretationsspielraum lässt. “Beauty isn’t everything”, sagt Sarno zwar an einer Stelle. Nur um zu betonen: “It’s the only thing.” Eine Philosophie, derer sich die Frauenfiguren bei NWR bewusst sind. Gerade wegen ihrer Engelsgleichen Schönheit hat Jesse, so macht es der Film deutlich, in der Stadt der Engel nichts verloren. Denn in deren Gassen warten statt Engeln im Schatten des Neonlichts Dämonen. Und die, so schrieb bereits Goethe, „wird man schwerlich los“.

8.5/10

Blu-ray
Der 1080p-HD-Transfer überzeugt durch ein scharfes Bild, das dem farbgewaltigen, digital fotografierten Film durchaus gerecht wird. Begleitet wird es von einer verlustfreie DTS-HD-5.1-Abmischung, die Cliff Martinez’ pulsierenden Soundtrack exzellent zur Geltung bringt und die Dialoge und Detailgeräusche gut verständlich macht. Ein solider, aber nicht herausragender Audiokommentar mit Nicolas Winding Refn und Elle Fanning gehört ebenso zu den Extras wie ein informatives Interview zu Cliff Martinez’ Arbeitsweise. Genauso zwei Gespräche mit Winding Refn über sein Schaffen, in denen er sich mal mehr, mal weniger selbstverliebt gibt. Inhaltlich doppeln sie sich leider und wiederholen auch Themen aus dem Audiokommentar.

18. Mai 2015

Mad Max: Fury Road

What are you doing? – Praying. – To who? – Anyone who’s listening.

Der Motor brummt, die Landschaft saust vorbei, während ein schwarzer V8 Interceptor über die Straßen rast. Dicht gefolgt von drei weiteren Fahrzeugen. Als ein Verkehrsunfall die Straße blockiert, kann der Interceptor gerade noch ausweichen, die Verfolger ebenso. Da piepst es plötzlich, ein rotes Licht weist darauf hin, dass der Benzintank beinahe leer ist. Und wer in der Welt von Mad Max: The Road Warrior auf der Strecke bleibt, wird nie wieder Gas geben. Dies wiederum ist ein Problem, mit welchem sich Ex-Cop und nunmehriger Söldner der Straße Max Rockatansky in Mad Max: Fury Road nicht rumschlagen muss. Im vierten Teil der Reihe existiert Benzin im Überfluss. Muss es auch, da alle paar Minuten etwas explodieren soll.

Drei Jahrzehnte sind seit Mad Max: Beyond Thunderdome ins Land gezogen, immer mal wieder gab es laue Gerüchte, Regisseur George Miller würde mit Mel Gibson einen vierten Teil der Reihe drehen. Als der dann genehmigt wurde, war Gibson schon zu alt, die Rolle wird nun Tom Hardy in Fury Road zuteil. Der ist wohl Sequel und Reboot zugleich. Tom Hardys Max wird zu Beginn von einer Straßenbande gefangen genommen, die dem Clan-Führer Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) angehört. Der mobilisiert seine Truppe, als er erfährt, dass Furiosa (Charlize Theron), eine seiner Anführerinnen, seinen Harem (u.a. Rosie Huntington-Whiteley, Zoë Kravitz) befreit hat und mit einem Tanklaster gen Horizont braust. Eine Verfolgungsjagd beginnt.

Als Gefangener einer von Immortan Joes Männern, namentlich Nux (Nicholas Hoult), wird auch Max in das Geschehen mitgerissen. Ihm gelingt schließlich die Flucht und gemeinsam mit Nux schließt er sich Furiosa und den Haremsdamen an, um mit dem Tanklaster in ein ominöses grünes Land zu fahren, von dem Furiosa aus ihren Kindheitserinnerungen berichtet. Derweil wächst die Entourage von Immortan Joe immer mehr an. So gesehen ist Mad Max: Fury Road abgesehen von seiner ersten halben Stunde ein einziges Road Movie, das selten die Handbremse anzieht, um seine Figuren oder das Publikum zur Ruhe kommen zu lassen. Und zum Auftanken schon gar nicht, denn die Fahrzeuge in Fury Road fahren praktisch wie von selbst.

Eine Kehrtwende also zur kraftstoffarmen Welt der beiden Vorgänger, wo mühevoll um Benzin gekämpft oder Methangas gewonnen wurde. In Fury Road ist Wasser dagegen eine Rarität, nicht, dass das für den Filmverlauf eine Rolle spielt. Andernfalls liefe der Film schließlich Gefahr, tatsächlich eine Geschichte zu erzählen, was wiederum zu Lasten von ein, zwei Actionszenen ginge. Und Action, das scheint auch George Miller zu wissen, ist inzwischen das einzige, was in der Kinolandschaft der Gegenwart noch zählt. Möglichst viel davon und – das ist, je nach Betrachtung, eine gute wie schlechte Nachricht – sie muss nicht einmal sonderlich originell sein. Infolgedessen wiederholt Miller hier rund 90 Minuten lang ein und dasselbe Set Piece.

Das eint den Film mehr mit Man of Steel als mit seinen Mad Max-Vorgängern, ist vermutlich auf diese Weise überlegter, was sich nicht zuletzt an den sich überschlagenden Kritiken abzeichnet. Da passt es ins Bild, das von dem charismatischen Antihelden Gibsonscher Prägung im Jahr 2015 wenig übrig geblieben ist. Dieser Max ist ein zum Mensch gewordener Eber, der sich die meiste Zeit durchs Geschehen grunzt als würde man Tim Allens Figur aus Home Improvement in die Apokalypse begleiten. Max sagt wenig und tut nur bedingt mehr, ist damit ohnehin nur eine Randfigur für einen Film, dem er mit seinem Namen einen Merchandise-Faktor verleihen soll. Die übrigen Charaktere in Fury Road sind nicht weniger eindimensional geraten.

Zwar ist Immortan Joe von Kostüm und Maske her der eindrucksvollste Widersacher seit Lord Humungus, in der Summe jedoch sehr viel blasser als dieser oder Toecutter (damals ebenfalls von Keays-Byrne gespielt) und Aunty Entity. Charlize Therons Furiosa kriegt noch am ehesten Luft zum Atmen, verkommt aber ebenfalls mit einer halbgaren Erlösungs-Storyline eher zur Asthmatikerin. Der Harem wiederum ist lediglich Eye Candy, besetzt mit Unterwäschemodels wie Huntington-Whiteley oder Promi-Sprößlingen wie der Tochter von Lenny Kravitz und dem Enkelkind von Elvis Presley. Und weil Fury Road ein Blockbuster ist, muss auch eine Liebelei her, weshalb Nux mit einer der Haremsmädels – es ist dabei egal mit welcher – anbandelt.

Die Mädchen selbst sind austauschbar und frei von jedweder Persönlichkeit. Unterscheidbar sind sie lediglich aufgrund ihrer Haut- und Haarfarbe, dem Filmverlauf dienen sie als reiner MacGuffin, dem der Antagonist nacheifert (und damit zugleich eines der vielen Logiklöcher aufreißt). Was in Fury Road passiert und wieso, sollte der Zuschauer besser nicht hinterfragen, es ist nur Staffage für all die Schießereien und Explosionen, mit denen Furiosas Tanklaster immer wieder erschüttert wird. Wie das letzte Mammut, das sich nicht der Auslöschung beugen will. Dabei gelingt Miller in 90 Minuten trotz all der darin integrierten Action um den Tanker kein Set Piece, das auch nur im Ansatz so unterhaltsam ist wie die Fluchtszene zum Ende von Thunderdome.

Verschiedene Männer von Immortan Joe sowie dieser selbst kommen dem Tanker mal näher, mal besteigen sie diesen sogar, es wird geschossen und mit Sprengsätzen geworfen, die Verfolger abgeschüttelt, bis sie wieder aufschließen. Dies alles in der Endlosschleife, weshalb ich nach 45 Minuten Mühe hatte, die Augen offen zu halten und mit dem Schlaf kämpfte. Es hilft auch nicht, dass Fury Road in seinem Mischmasch aus digitalem Film und CGI wohl einer der visuell hässlichsten Filme ist, die ich seit langem gesehen habe. Weg ist der staubig-dystopische Look der Vorgänger, die übersaturierte Farbpalette erinnert mehr an Zack Snyders 300 als an Mad Max. Lächerliche Fast-Forward-Szenen und krude Traumsequenzen tun ihr Übriges dazu.

Miller unterliegt dem Diktat des “the bigger the better”, was in The Road Warrior – dem meist geschätzten Teil der Trilogie – funktionierte, wird hier ins Extreme übersteigert. Die Bösewichte erhalten schrille Kostüme und absonderliche genetische Defekte, wahnwitziger Höhepunkt des Ganzen ist dann ein Party-Wagen in Immortan Joes Entourage, der aus riesigen Boxen besteht, die einen von Joes Männern umrahmen, der auf einer Elektro-Gitarre gegen das Knarzen der Motoren und die Explosionen anspielt. Und der – natürlich – auch Flammen aus seinem Instrument schießt. In dieser hanebüchenen Figur kulminiert der Wahnsinn von Fury Roads Hybris, ein Film, der wiederum selbst nur einen sinnlosen Augenreiz repräsentiert.

Das Scheitern von Mad Max: Fury Road liegt bereits in seinem Ansatz und seinem verkehrten Selbstverständnis. Die Welt, die Miller hier wie schon in den Vorgängern zeichnet, dient ihm bloß als Kulisse, ein Matte Painting für seine explosive Stunt-Show. Die Idee, dass statt Benzin nur Wasser eine Ware ist (man denke an Hydra aus Waterworld), besitzt durchaus Potential – dieses muss jedoch auch genutzt werden. Der Film ist jedoch nicht daran interessiert, selbst wo er mal so etwas wie einen Handlungsfaden aufgreift, lässt er diesen sogleich wieder fallen. Selbst wenn die Mad Max-Filme stets durch ihre Auto-Stunts beeindruckten, so machten diese immer nur einen Teil des Films selbst aus – und stellten nicht den gesamten Film dar.

Man mag es damit entschuldigen, dass Miller lediglich dem Mantra folgt: „Gib dem Affen Zucker.“ In Zeiten von The Avengers: Age of Ultron und Co. ist die Masse am ehesten befriedigt, wenn das Auge statt das Hirn gefüttert wird. Im Irrglauben, dass nur, weil viel auf der Leinwand passiert, sich auch wirklich eine Geschichte abspielt. In gewisser Weise repräsentiert Fury Road also auch die heutige Kinolandschaft: eine karge Welt, in der der Wahnsinn Blüte trägt. Da passt es ins Bild, dass Fashion Models wie Abbey Lee und Courtney Eaton über die Leinwand tänzeln, Seite an Seite mit talentfreien Stiernacken wie Tom Hardy, der mit Mad Max: Fury Road sein desaströses Portfolio nach Inception, The Dark Knight Rises und Locke weiter ergänzt.

Bedauernswert ist das, da dem Film trotz aller Mängel durchaus positive Aspekte abzugewinnen wären. Die Musik von Junkie XL verleiht Mad Max: Fury Road hin und wieder etwas von jenem epischen Abenteuer, das Miller sonst abgeht. Teils finden sich auch interessante Bildmotive, naturgemäß in den wenigen Szenen, wenn nicht gerade etwas in die Luft fliegt. So wie in einer Nachtszene, wenn der Tanker ein Sumpfgebiet durchfährt und man, wenn auch nur kurz, Figuren auf Stelzen durchs Wasser waten sieht. Die sind auch in ihrer Kürze noch das Spannendste in einem überlangen Film, der vielleicht als Stunt-Show in einem Themenpark funktioniert, als Beitrag fürs Kino jedoch völlig deplatziert ist. It’s a mad, mad, mad, mad world.

3/10