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9. Januar 2017

The Flintstones

In my cave I reign supreme!

Fünf der elf erfolgreichsten Filme des vergangenen Kinojahres waren Comicverfilmungen aus dem Hause Disney/Marvel, Warner Bros. und Fox. Ein sich verstärkender Trend, aber nicht unbedingt ein junger. Bereits Anfang des Jahrtausends gaben sich an den Kinokassen Spider-Man, X-Men, Blade und Batman die Klinke in die Hand. Genauso wie in den Neunzigern Videospieladaptionen wie Super Mario Bros. (1993) und Street Fighter (1994) oder ebenjene Comic-Filme in Form von Teenage Mutant Ninja Turtles (1990) und The Flintstones. Letzterer war eine 1994 von Steven Spielrock produzierte Realverfilmung des gleichnamigen Hanna-Barbera-Cartoons, der 1960 als erster seiner Art im Abendprogramm von ABC ausgestrahlt wurde.

Im Fokus steht der Steinbruchangestellte Fred Flintstone (John Goodman), ein Mitglied der Arbeiterklasse in der Steinzeit-Gemeinde von Bedrock. Fred führt ein simples Leben mit Gattin Wilma (Elizabeth Perkins) und ihrer Tochter Pebbles sowie seinem Nachbarn, Freund und Arbeitskollegen Barney Rubble (Rick Moranis). Weil Fred ihm und seiner Frau Betty (Rosie O’Donnell) Geld geliehen hat, damit diese einen Sohn adoptieren können, tauscht Barney bei einem Karrieretest in der Arbeit sein Ergebnis mit dem von Fred aus. Als Testsieger ist es Fred, der daraufhin vom Steinbruch-Vizepräsident Cliff Vandercave (Kyle MacLachlan) in den Vorstand befördert wird. Nichtsahnend, dass hinter all dem ein maliziöses Schema steckt.

The Flintstones, bei dem Brian Levant die Regie übernahm, ist eine Comicverfilmung wie man sie heutzutage nicht mehr zu sehen bekommen wird. Ein Film, der sich ähnlich wie Super Mario Bros., Street Fighter, Mortal Kombat und die anderen Vertreter der 1990er – hier könnte man auch die Batman-Filme von Joel Schumacher dazuzählen – primär verspielt und unernst gibt. Vorrangig ist da speziell die Mimikry des Originals, von den liebevoll gestalteten Kostümen bis zu den vielen Details im Production Design des Studiofilms. Einige wenigen CGI-Ausnahmen wie Dino und Baby Puss ausgenommen regieren hier die praktischen Effekte, was erfrischend altmodisch ist, auch wenn es natürlich oft etwas Cartoonhaftes hat.

Den Anspruch, authentisch zu sein, hat Levants Film natürlich keineswegs, und dennoch macht er es sich nicht immer leicht, wenn er seine inhärente Logik etwas ad absurdum führt. So gibt es viele nette visuelle prähistorische Ideen für moderne Technologien, vom Krabben-Rasenmäher über den Schweine-Müllschlucker hin zum Anzünden von Kerzen als Straßenlaternen oder wie Fred jeden Morgen geweckt wird. Gleichzeitig führt The Flintstones aber auch das Autoradio ein, zu dem Fred und Barney auf dem Heimweg mitsingen, genauso wie Fernsehapparate auftauchen und The B-52’s in einer der Szenen tatsächlich in ein aus Stein gehauenes Bühnenset ihre Pop-Lieder trällern. Nicht die einzigen misslungen Rückrufe auf die moderne Welt.

So verweist eine Flugbegleiterin eingangs beim Überflug über Bedrock auf den Grand Canyon, der in einigen tausend Jahren dort entstehen wird. Und im Schlussakt bricht der von Harvey Korman gesprochene Dictabird wie im zweiten Akt bereits MacLachlans Vandercave die vierte Wand für einen schwachen Verweis-Witz auf Disney. Diese Aspekte sind umso ärgerlicher, da sie nicht nötig gewesen wären und auch wenn die Fernsehapparate Bestandteil des Original-Cartoons sind, zerstören sie etwas das Bild dieses Steinzeit-Pendants unserer heutigen Welt. Auch das Drehbuch wirkt weitaus konstruierter als für das intendierte Handlungsgerüst erforderlich gewesen wäre. Und wirft infolgedessen wie die Fernsehapparate eher Fragen auf.

Zwar geht Barney derselben Arbeit nach wie Fred, fährt ein kleineres Auto und hat weder Kind noch Haustiere, dennoch muss er sich von den Flintstones Geld leihen, um die Adoption von Bamm-Bamm durchführen zu können. Was im Widerspruch zu einem weiteren Running Gag steht, in welchem es Fred ist, der sich stets von Barney Geld leiht. Die Verschuldung dient als Hintergrund für den Austausch des Karrieretests, widersprüchlich ist hierbei aber, wieso Vandercave gerade den intelligentesten Angestellten zum Sündenbock für seine Veruntreuung machen will. Dafür hätte sich Fred weitaus besser geeignet, wenn er für seine Dummheit ausgewählt würde. Nur ginge dann natürlich der Konflikt der Entlassung von Barney flöten.

Einfacher wäre gewesen, dass der Test für Vandercave dazu dient, in Fred den idealen Kandidaten als Sündenbock für die Veruntreuung zu finden. Einen Keil zwischen die Freundschaft mit Barney hätte dann die steigende Arroganz des nun neureichen Freds treiben können, wie sie der Film auch propagiert. Zugleich hätte dabei Vandercave dennoch Barney entlassen können, indem zugleich so die smartesten Mitarbeiter des Steinbruchs aus diesem befördert würden, damit der Plan der Massenentlassung durch den anstehenden Automatisierungsprozess – durchaus ein spannender Subplot – nicht aufgedeckt wird. In der Ausarbeitung des Plots zeigt sich aber zugleich, dass dieser für einen Familienfilm generell wohl etwas überfrachtet ist.

Der Aspekt der Automatisierung des Steinbruchs ist ein durchaus interessanter, auch wenn nicht ganz klar ist, wieso sich Vandercave so um ihn bemüht, wo sein eigener Verbleib in der Firma doch aufgrund der Unterschlagung ein befristeter sein dürfte. Amüsant gerät dafür der Vorgriff auf den Center-for-Ants-Gag aus Zoolander, wenn Fred in Frage stellt, ob die Modellhäuser der Präsentation groß genug für ihre Bewohner sein werden. Eine reduziertere Handlung wäre aber wohl empfehlenswerter gewesen, wobei jedoch keineswegs alles schlecht ist in The Flintstones. Die eingangs angesprochene Mimikry insbesondere macht die Adaption der Cartoon-Serie sehenswert und hält den (nostalgischen) Spaß an der Sichtung aufrecht.

Die visuelle Umsetzung mit den vielen praktischen Effekten, realen Sets und Kostümen wurde bereits angesprochen, aber auch die Darsteller verleihen ihren Figuren Leben. Roseanne-Veteran John Goodman, die einzige Wahl Spielbergs für die Hauptrolle, wird der Präsenz von Fred gerecht, auch Rick Moranis überzeugt als Barney. Elizabeth Perkins und Rosie O’Donnell sind zwar für die Handlung nicht zentral, gefallen aber gerade mit ihrem aus der Serie übernommenen Referenzlachen. Aufgrund ihres nuancierten Spiels und 90er-Sexappeals ein Highlight für sich ist Halle Berry als Sharon Stone, Freds laszive Sekretärin und Vandercave-Komplizin, wofür sich der Film trotz des müden (und nicht einzigen) “Stone”-Gags einen halben Bonuspunkt verdient.

Dank der Gewichtung auf praktische Effekte ist der über 20 Jahre alte The Flintstones relativ gut gealtert, auch wenn er heutzutage kaum mehr präsent im Bewusstsein scheint. Dabei war er gar nicht mal ein Flop, landete in den Kinocharts der USA im Jahr 1994 auf dem fünften Rang und weltweit auf Platz 6 mit einem Einspiel über 340 Millionen Dollar. Das macht Brian Levants Film sicher nicht zum Meisterwerk, nicht einmal zu einem sonderlichen guten Film, aber The Flintstones besitzt Charme und viel Liebe zu seinem Original mit einem gut aufgelegten Ensemble, das es aufgrund seiner buchstäblichen cartoonhaften Figuren nicht leicht hat. Und was das anbelangt, dürften sich die vielen heutigen Comicverfilmungen ruhig eine Scheibe abschneiden.

5.5/10

30. April 2016

Little Shop of Horrors [Director’s Cut]

Well, that’s an unusual story and a fascinating plant.

Wenn es um Feel-Good-Movies geht, dann ist ein Musical über eine Alien-Invasion, in deren Verlauf – unter anderem – der Held sowie sein Love Interest sterben, wohl eher nicht das, was einem in den Sinn kommt. Und dennoch gehört Frank Oz’ Little Shop of Horrors zu den Filmen, die zumindest bei mir, vielleicht auch wegen meines leicht misantropischen Charakters, stets für gute Laune sorgen. Und einer der Filme, die durch ihren Director’s Cut gegenüber der Kinofassung gewinnen. Dabei handelt es sich im Grunde nur bedingt um einen „Director’s Cut“, angesichts dessen, dass dieser lediglich dem Finale der Broadway-Vorlage von Alan Menken und Howard Ashman treu bleibt, das für die Kinofassung editiert werden musste.

“The audiences were upset that the plant wins”, berichtet Oz zu den damaligen Testvorführungen. Die Reaktionen waren derart negativ, dass Little Shop of Horrors ein Happy End erhielt – offensichtlich sind die Befindlichkeiten von Broadway- und Kinopublikum nicht identisch. Das Happy End bricht dem Film natürlich nicht das Genick, der ursprüngliche Handlungsverlauf wirkt dennoch konsequenter für den generellen Ton der Geschichte. Die ist wenig hoffnungsvoll, nicht nur aufgrund ihrer Verortung in die Innenstadt (downtown). “Downtown, where depression’s just status quo”, singt unser Protagonist Seymour (Rick Moranis) hier zu Beginn des Films, der in diesem nur eine von vielen verlorenen Figuren darstellt.

Als Waisenjunge, der von seinem jetzigen Arbeitgeber, Florist Mr. Mushnik (Vincent Gardenia), aufgenommen wurde, hat es Seymour nicht leicht, aber wie Kollegin Audrey (Ellen Greene) zeigt, kann es einen auch noch schlechter treffen. Sie wird von ihrem Freund, Zahnarzt Orin (Steve Martin), misshandelt. “If he does this to me when he likes me, imagine what he’d do if he ever got mad”, sinniert diese, als sie ein Trio von Straßenteens auf ihre Lage anspricht. “That poor child suffers from low self-image”, realisieren diese sogleich das Problem. Dieses ist es auch, dass eine Romanze zwischen Seymour und Audrey zuerst erschwert. Weniger die Tatsache, dass Seymour nicht gut genug für Audrey ist, als dass diese es andersherum sieht.

Generell ist das Leben in Downtown nicht leicht (“You put in eight hours for the powers that have always been”, singt eine Arbeiterin in “Skid Row”), als Folge floriert auch das Blumengeschäft von Mr. Mushnik nicht. Das soll sich ändern, als Seymour eine neue exotische Pflanze – Audrey II (Stimme: Levi Stubbs) getauft – ins Schaufenster stellt, die er jüngst für $1.95 während einer Sonnenfinsternis erworben hat. “Excuse me, I couldn’t help noticing that strange and interesting plant”, taucht sogleich ein Kunde (Christopher Guest) im Laden auf. Doch der neue Erfolg des Geschäfts kommt nicht ohne Preis daher, wie Seymour schon bald feststellt. Denn Audrey II verlangt es nach menschlichem Blut, um ihrerseits weiter wachsen zu können.

“A lot of folks deserve to die”, macht Audrey II in der Folge Seymour zu ihrem Mittäter. Und Mr. Mushniks Geschäft zum “little shop of horrors”. Dabei hatte ein Chorus eingangs noch gewarnt: “everybody better beware”, doch wie in einer griechischen Tragödie war alles vergebens. Der Niedergang der Menschheit wird von Ashman und Menken dabei herrlich komisch inszeniert, von Seymours „gescheitertem“ Mordversuch an Orin und dann dessen Leichenbeseitigung per Stadtbahn bis hin zu Audrey IIs intrigantem Spiel (in einer Szene ruft sie ihre Namensvetterin an und überprüft das Telefon anschließend auf Restgeld). Kleine Highlights sind auch die Cameos von John Candy als Radiomoderator und Bill Murrays masochistischer Zahnarztpatient.

Star des Films, neben den herausragenden praktischen Effekten von Audrey II, welche die Puppe gemeinsam mit Levi Stubbs’ Synchronisation zu einer authentischen Figur im Ensemble machen, sind aber natürlich die grandiosen Songs von Alan Menken. Diese überzeugen einerseits durch ihre gefälligen und variationsreichen Kompositionen wie im Falle von “Da-Doo”, aber auch durch deren Verbindung mit den Lyrics sowie der Lyrics mit der Handlung und ihren Charakteren. “You’ll be a dentist”, singt Rock-Zahnarzt Orin da auf seinem Motorrad in “Dentist!”, während er seine „Origin Story“ für uns reflektiert. “You have a talent for causing things pain.” Menken untermauert hier, dass ein Musicalfilm wahrlich nur so gut wie seine Songs ist.

Zugleich stellt das Remake von Roger Cormans 1960er Original gegenüber diesem klar eine Verbesserung dar – was allerdings auch nicht sonderlich schwer ist. “The original (…) began almost as a joke”, erinnert sich Corman. Innerhalb von zwei Tagen auf einem bereits existierenden Set gedreht, repräsentiert The Little Shop of Horrors jenes preisgünstige und effiziente Arbeiten, das Cormans Karriere ausmachte. Frank Oz’ Broadway-Adaption kam nun pompöser und mit einem Millionen-Budget ausgestattet daher – und avancierte 1986 zum moderaten Erfolg. Wenn auch nicht ganz so bedeutsam wie ein Vertreter Seymour gegenüber um Audrey II wirbt. “This could be bigger than Hula-Hoops”, hofiert der um die Vertriebsrechte.

Wo hier in der Kinofassung nun der Showdown zwischen Seymour und Audrey II den klassischen Filmverlauf nimmt, gerät die Ursprungsfassung respektive der Director’s Cut sehr viel „depressiver“. Wie schon Audrey ergibt sich auch Seymour quasi seinem Schicksal, während “the mean green mother from outer space” in einer epischen Zerstörungsorgie das Kommando über die Erde an sich reißt. Selten – abgesehen von Roland Emmerichs Filmen – war der Untergang der Welt wohl unterhaltsamer inszeniert. Und das zeichnet Little Shop of Horrors aus: dass er sich so gut anfühlt, obwohl das, was passiert, nicht wirklich gut ist. Zumindest der Zuschauer entkommt auf diese Weise für anderthalb Stunden seinem depressiven Status quo.

8.5/10