Posts mit dem Label Oliver Platt werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Oliver Platt werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

8. November 2009

2012

We’re gonna need a bigger plane. 

Er gilt als der Master of Desaster und die Rede ist bei weitem nicht von Michael Bay. Niemand zerstört so gerne und genüsslich wie der Sindelfinger Roland Emmerich. Egal ob die Hauptstädte der Erde durch eine sommerliche, außerirdische Invasion dran glauben müssen oder eine mutierte Riesenechse New York City zerlegt. Roland kennt keine Gnade. Nachdem ihn sein Wahl-Lokalpatriotismus mit The Patriot in etwas überzogen-pathetische Gefilde getrieben hatte, versuchte Emmerich parallel zur Rot-Grünen Bundesregierung eine politische Botschaft mit seinem liebsten Hobby bzw. Beruf in Einklang zu bringen. In The Day After Tomorrow stellte Wissenschaftler Dennis Quaid fest, dass die Erde den Bach runtergehen wird. Von wegen Klimawandel, globale Erwärmung und so. Ein Szenario, dass nun in Emmerichs neustem Film 2012 ein Echo erfährt. Hier darf Wissenschaftler Chiwetel Ejiofor dem US-Präsidenten die „frohe“ Botschaft bringen, dass die Menschheit so 2009 ist. 

 Zum ersten Mal seit er in Hollywood arbeitet hatte sich Emmerich nach einem Film gleich wieder ans Steuer gesetzt. Vielleicht auch deshalb, weil 10.000 BC alles andere als gelungen war. Und obschon Emmerich mit dem Zerstören der Erde eigentlich abgeschlossen hatte, lieferte ihm sein Filmkomponist nach dem Urzeit-Actioner ein Drehbuch, dass der Schwabe nicht ablehnen konnte. Nach dem Motto „wenn ich die Welt nicht zerstöre, zerstört sie ein Anderer“ rief sich Emmerich ins Gedächtnis, dass niemand die Welt so gut zerstört wie er. Gesagt getan und mehrere Tausend Digitaleffekte später ist sie nun fertig gestellt: Emmerichs Interpretation einer Maya-Prophezeiung, die vorsieht, dass wir alle am 21. Dezember 2012 sterben. Im Gegensatz zu The Day After Tomorrow also ein unverschuldetes Sterben, was die Bezüge zur Gegenwart auf ein Mindestmaß beschränkt. Weshalb der Film auch besser in den USA ankommen könnte, selbst wenn Emmerich das tollste Land der Erde – nach eigenem Selbstverständnis – als Erstes sprichwörtlich den Bach runtergehen lässt.

Die Prophezeiung der Mayas dreht sich nun um Sonnenstürme, die für eine Überhitzung des Erdkerns sorgen – so zumindest die aktuelle Deutung. Emmerich lässt daher die Erdkruste zerfallen, was zu Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Riesentsunamis führt. Ein Doomsday-Szenario, von dem der US-amerikanische Geologe Dr. Adrian Helmsley (Chiwetel Ejiofor) 2009 mittels eines indischen Kollegen in Kenntnis gesetzt wird. Die US-Regierung wird informiert und baut in Abstimmung mit den anderen großen Nationen – die Kleinen müssen sich um sich selbst kümmern – Riesenarchen, deren Plätze für 1 Milliarde Euro, pro Person versteht sich, auf den Markt geschmissen werden. Etwas von dem Ottonormalbürger nichts mitbekommt, man will ja keine Panik verursachen. Aber als sich Helmsley in seinen Kalkulationen irrt und die Kacke statt kurz vor Weihnachten 2012 bereits im Sommer desselben Jahres am Dampfen ist – warum haben die Mayas das nicht gewusst? -, muss alles Schlag auf Schlag gehen. Mittendrin der gescheiterte Schriftsteller Jackson Curtis (John Cusack), der eigentlich nur wieder eine richtige Beziehung zu seiner Ex-Frau (Amanda Peet) und den gemeinsamen Kindern haben möchte.
  Nun macht der deutsche Regisseur keinen Hehl aus seinen Ambitionen und räumt seinem Prolog zum Weltuntergang lediglich so viel Raum ein, wie absolut nötig ist. Ganz kurz wird die Vorbereitungsphase abgehandelt, ehe Emmerich zum Punkt kommt. Nach einigen Erdbeben stürzt der Deutsche schließlich erst Los Angeles und dann die ganze Westküste der Vereinigten Staaten ins Unglück. Curtis, der während eines Camping-Ausflugs mit seinen Kindern dank dem überdrehten Radiomoderator Charlie (Woody Harrelson) vom Ende der Welt und den Archen Kenntnis erhalten hat, schnappt sich kurzerhand seine Familie und rettet sich mit einer Stretch-Limo (!) aus dem zusammenstürzenden L.A. Spätestens hier wird klar, dass Emmerich seinen Film vollkommen selbstironisch ausgelegt hat. Was jetzt beginnt, wird sich die kommende Stunde fortsetzen und 2012 zur teuersten Komödie aller Zeiten werden lassen.

Immer wieder, oder besser gesagt die ganze Zeit, können Curtis und seine Patchwork-Familie – der neue Freund seiner Ex-Frau, Gordon (Thomas McCarthy), darf mit und dankt es, indem er praktischerweise Flugerfahrung hat – in letzter Sekunde den zerstörerischen Erdmassen entfliehen. Dass Curtis derweil für seinen Sohn von „Jackson“ wieder zu „Dad“ avanciert, ist ein nettes Zubrot. Die Flucht der Familie Curtis ist dabei fernab jeglicher Realität von Emmerich inszeniert, natürlich ihrer eigenen Lächerlichkeit bewusst und kostet diese mit Vergnügen aus. Wo Klosers Drehbuch bei 10,000 BC noch jenseits jeglichen guten Geschmacks war – und auch nicht mehr als Trash durchgehen konnte -, funktionieren speziell die Dialoge dieses Mal erstaunlich gut. Gerade weil sie wirken, wie etwas, das von den Figuren erwartet, aber von ihnen auch bewusst so wahrgenommen wird. Da blufft Curtis auch seine kleine Tochter nicht, wenn er sie zur Beruhigung fragt, ob er ängstlich aussieht, während hinter ihm der Yellowstone Nationalpark in Flammen aufgeht.

Weitaus dramatischer und seriöser geht es dagegen bei Helmsley zu. Zwar kommentiert Emmerich auch diesen Handlungsstrang gerade im Finale sehr selbstironisch, doch primär hier findet sich die emotionale Keule des Regisseurs. Abschiedsanrufe an den eigenen Vater führen zu einer Massenaussöhnung von Vätern mit ihren Kindern, die auch vor dem US-Präsidenten (Danny Glover) selbst nicht Halt macht. Dabei sollte man sich nicht wundern, wenn alle Figuren in 2012 am Ende über drei Ecken entweder verwandt oder bekannt miteinander sind. Im Auge des Massen-Genozids der Menschheit ist es eben wirklich eine kleine Welt, in der man fortan lebt. Nach gut anderthalb Stunden beginnt Emmerich dann sein Katastrophenfilm-Schema beiseite zu legen. Die Zerstörungswut, die gerade noch das Weiße Haus und den Petersdom befallen hat, nimmt ab und die Handlung selbst beruhigt sich etwas, als sie an ihrem Endpunkt im chinesischen Hochgebirge anlangt. Und scheinbar endet mit den Katastrophen auch der Humor, der 2012 bisher so überraschend gut im Rennen gehalten hat. Stattdessen beginnt das letzte Reise-nach-Jerusalem-Spiel in der Geschichte der Menschheit. Plötzlich also die Kehrtwende und die Handlung wird dramatisch. Es wird gebettelt, gefleht und geweint. Emmerich verirrt sich nun in eine überlange Referenz an Filme wie Wolfgang Petersens Poseidon, wenn sich das Schauspiel auf der Arche schließlich fortsetzt. Unspannend ist das nicht, auch wenn klar ist wie das Ganze ausgehen wird, aber seine Längen hat es nichtsdestotrotz. Eine halbe Stunde weniger hätte hier alles andere als geschadet, speziell da vieles im Finale unnötig hinausgezögert wird, wahrscheinlich um dem Film mehr Tiefe zu verleihen. Hier verliert sich Emmerich etwas und zerstört die überaus gelungene Unterhaltung zuvor, wenn er nach all dem Jux aus dem Nichts heraus ein ernstes Gesicht aufsetzt. Zwar setzen sich bis zum Schluss die überzogenen Spielereien fort, verkommen jedoch nur zu comic relief in dieser überbordenden Dramatik. Dabei konnte Emmerich mit 2012 einiges wieder wett machen, was er letztes Jahr seinen Zuschauern mit seinem Wüste-an-Gletscher-Vehikel noch eingebrockt hatte.

Die Charaktere werden nicht vernachlässigt, was ob des Weltuntergangs im Hintergrund durchaus beachtlich ist. Besonders bei der Patchwork-Familie haben sich Kloser und Emmerich Mühe gegeben, gerade in Bezug auf die Konstellation von Curtis, Gordon und Curtis’ Sohn Noah (Liam James). Zwar verflacht das Ganze dann gegen Ende wieder in Klischeemuster, ähnlich wie im Falle des anderen Handlungsstrangs um Thandiwe Newtons Figur der First Daughter, generell sind die Bemühungen, den Figuren eine entsprechende Tiefe und Glaubwürdigkeit, auch oder gerade in diesem teils nicht ernst zu nehmendem Umfeld, zu verleihen aber sehr löblich. Die in Vielfalt vorhandenen Spezialeffekte sind hierbei nicht unbedingt state of the art, überzeugen jedoch im Kontext des Filmes ausreichend, um keine Augenbrauen hochschnellen zu lassen. Weitaus nerviger sind dagegen fehlbesetzte Figuren wie Danny Glover – passenderweise bemühte Emmerich sich die Staatsoberhäupter authentisch zu besetzen, vom afroamerikanischen US-Präsidenten bis hin zur weiblichen Bundeskanzlerin – geraten.

Was 2012 auszeichnet, ist die Tatsache, dass er die meiste Zeit total Gaga daherkommt und dies auch gewollt. Das hat in diesem Zusammenhang nichts mehr mit einem schlechten Drehbuch zu tun, weil es weitestgehend das sein will, was es ist. Das sollte man Emmerich anrechnen und letztlich ändert daran auch die Überlänge und überschwängliche Dramatik im dritten Akt nicht sonderlich viel. Insofern konsolidiert sich der Schwabe mit seinem neuesten/letzten Desasterfilmle, das hinsichtlich seiner Stärken und Schwächen in etwa auf eine Stufe neben Godzilla zu stellen wäre. Sollte dies wirklich Emmerichs Abschied vom Genre darstellen, so ist es ein gebührender Abschied in all seiner Kompromisslosigkeit. Denn wie oft haben sich Filmemacher schon getraut, die ganze Menschheit zur Unterhaltung auszurotten? Ein Vorhaben, dasswohl nur aus einer deutsch-österreichischen Kollaboration wie der von Emmerich und Kloser stammen kann. Wer sich an zweieinhalb Stunden Explosionen und Katastrophen erfreuen kann und dabei im Gegensatz zu einem Michael-Bay-Film auch etwas von seinen Figuren mitnehmen möchte, der ist bei 2012 fraglos an der richtigen Adresse. 

6/10

11. Februar 2009

Frost/Nixon

It’s like Paris without the French.

Ron Howard ist ja so ein Fall für sich. Ich mag Parenthood und The Paper (hauptsächlich wegen Keaton), ohne zugleich sagen zu wollen, dass sie gut sind. Bei How the Grinch Stole Christmas ist es eher so, dass ich aufgrund der Tatsache, dass ich Dr. Seuss Charakter vorher nicht kannte, Howards Arbeit schlecht einschätzen kann, obschon ich auch diesen Film mag. Über seine restlichen Filme – allen voran The Da Vinci Code – hülle ich lieber den Deckmantel des Schweigens. Was ich lustig finde, wo ich grad IMDb offen hab, ist, dass der gute Mr. Howard vor Frost/Nixon erst zweimal für einen Academy Award nominiert war (mit A Beautiful Mind). Dabei hatte ich eigentlich das Gefühl, dass das Ginger Kid so ein Kandidat ist, denn die depperte Academy jedes gefühlte zweite Jahr nominiert. So kann man sich irren.

Seinen neuesten Film findet jeder toll. So im Querschnitt pauschalisier ich jetzt mal und sag, dass er als 9/10 gehandelt wird. Und wenn ich so was hör, bin ich immer sehr skeptisch und meistens auch (siehe The Wrestler) auch zu Recht. Howard adaptiert Peter Morgans gleichnamiges Bühnenstück von 2006, welches wiederum die Ereignisse des Jahres 1977 adaptiert, in welchem der britische TV-Moderator David Frost in einem Fernsehinterview ein Quasi-Geständnis vom ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon bezüglich der Watergate-Affäre entlocken konnte. Das bedeutsamste Fernsehinterview in der Geschichte, unken manche über jenes Ereignis, dessen Inhalt sich mir selbst nicht sonderlich erschließen will. Dass Nixon etwas zugibt, von dem eh jeder weiß, dass er es getan hat, revolutioniert nun mal nicht mein Weltbild.

Frost/Nixon beginnt mit dem Rücktritt des 37. amerikanischen Präsidenten Richard Nixon (Frank Langella), verfolgt vom britischen Fernsehmoderator David Frost (Michael Sheen). Letzterer lässt sich die Quoten für Nixons Abschiedsrede geben und spürt, dass ein Interview mit dem großen Mann ein Hit werden könnte. Doch selbstverständlich will Tricky Dick nicht unbedingt über Watergate reden. Frost fragt also an und blitzt zuerst ab. Allerdings sind eine halbe Million Dollar immer noch eine halbe Million Dollar und in Anbetracht der Tatsache, dass Entertainer Frost nicht wirklich als Bedrohung empfunden wird, sagt Nixon letztlich zu. Dumm nur, dass Frost das Interview nicht an den Mann bringen konnte und nun auf den Ausgaben sitzen bleibt, während er sich mit seiner Freundin (Rebecca Hall) vergnügt und seine Experten (Sam Rockwell, Oliver Platt) sowie sein Produzent (Matthew Macfadyen) in der Zwischenzeit die Interviewrunden vorbereiten.

Die meiste Zeit des Filmes über bestätigt sich das Bild, welches Nixon und seine Berater (u.a. Kevin Bacon) von Frost hatten. Er ist ein stümperhafter Journalist, der sich unvorbereitet in die Interviews stürzt und dabei auch prompt auf die Nase fliegt. Für Frost zählt nicht der Inhalt des Interviews, sondern seine Quote. Da diese sich jedoch erst dadurch definieren lässt, dass das Interview an den Mann gebracht wird, was wiederum auf seinem Inhalt basiert, ist es relativ unverständlich, weshalb Frost erst kurz vor knapp anfängt sich mit der Materie vertraut zu machen. Howard selbst schenkt dem Publikum hierzu keinen wirklichen Einblick, sondern fokussiert sich eher darauf die klassische Underdog-Story zu propagieren. Frost, von vielen belächelt, rafft sich auf und zeigt allen was eine Harke ist. Und weil die letzte Interviewrunde so gut lief, erklärt er, spielt der Dilettantismus in den übrigen drei keine Rolle. Eine komische Einstellung, aber scheinbar hat sie funktioniert, wie die Rezeption in der Geschichte zeigt.

Historisch genau scheint die Portraitierung von Nixon nicht immer zu sein, wie einige seiner Biographen bemerkten. Aber es geht auch weniger um historical correctness, sondern darum eine Art Mediendrama zu inszenieren. Der Versuch von Howard, dem ganzen einen dokumentarischen Touch zu geben, misslingt dabei. Selbstverständlich wirken die gespielten Interviews der Beteiligten, welche die Ereignisse reflektieren, mehr als gestelzt. Sowieso eignet sich die Thematik des Filmes besser für einen Dokumentarfilm oder einen Essay, denn einen Abendfüllenden Spielfilm. Zu belanglos ist das Gesehene und zu uninteressant die Verpackung. Das bisweilen auftauchende Getue auf Thriller ist da nur die Spitze des Eisberges.

Getragen wird Frost/Nixon, der Titel sagt es schon, von den beiden historischen Persönlichkeiten Frost und Nixon. Sheen wiederum gibt den dauergrinsenden Stümper auch recht überzeugend und Langella wirkt zwar nicht unbedingt wie Nixon, aber spielt nichtsdestotrotz intensiv. Die belanglosen Nebenfiguren wie Bacon, Hall, Rockwell und Co. fallen nicht weiter auf, müssen sie ja aber auch nicht. Insgesamt betrachtet zählt der Film also innerhalb von Howards Biographie zu seinen besseren (oder wenn man will: guten) Werken. Allerdings hätte es hinsichtlich der Thematik nicht wirklich eines zweistündigen Kinofilmes bedurft, eine zweiseitige Retrospektive in einem größeren Magazin hätte denselben Effekt erzielen können. Oder die Sichtung des Originalinterviews. Wobei, da ist ja nur ein Teil interessant. Und der wiederum nicht unbedingt informativ. Somit dürfte Frost/Nixon ein Film sein, der keinem wirklich wehtut. Wo der Hype herkommt, frag ich mich trotzdem.

7/10