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14. Februar 2016

RoboCop

Why is America so robophobic?

Irgendwas muss Paul Verhoeven doch richtig gemacht haben, angesichts einer jüngsten Remake- und Reboot-Welle seines Sci-Fi-Œuvres. Auf ein Remake von Total Recall aus 2012 folgte zwei Jahre später ein Reboot von RoboCop, während ein Reboot von Starship Troopers derzeit in der Mache ist. Verhoeven zog sich derweil vor zehn Jahren in die Niederlande zurück, wo er alle Jubel Jahre weitaus kleinere Filme dreht (dieses Jahr erscheint sein Psycho-Thriller Elle). Es kommt nicht von ungefähr, dass Verhoevens Sci-Fi-Werke eine Neugestaltung erfahren, zählen sie doch zu den Kult-Filmen ihrer Zeit. Ein Attribut, mit dem sich José Padilhas (Tropa de Elite) Remake von Verhoevens 1987er RoboCop nicht schmücken können wird.

Die 2014er und 1987er Versionen von RoboCop ähneln sich über weite Strecken. Beide Filme beginnen mit Nachrichtensegmenten (hier Samuel L. Jackson als TV-Moderator, der Roboter-kontrollierte Kriminalitätsbekämpfung verfechtet), ehe sie eine Tötung durch einen ED-209 zum Anlass für ihr RoboCop-Programm nutzen. Wo dieses im Original eine Alternative zu ED-209 darstellt, ist RoboCop im Remake eine massentaugliche Ergänzung seitens OmniCorp-Chef Raymond Sellars (Michael Keaton) als Reaktion auf das fehlende humane Element in seinem bisherigen Firmen-Portfolio. Wie bei Verhoeven avanciert auch hier der bei seinen Ermittlungen lebensgefährlich verletzte Alex Murphy (Joel Kinnaman) unfreiwillig zum Probanden.

Schon bei der Exposition dieses Umstands zeigt sich, was Original von Remake unterscheidet. Wird Murphys Tod bei Verhoeven als wahre Folter durch Bösewicht Boddicker (Kurtwood Smith) inszeniert, greift Padilha auf eine schlichte Autobombe zurück. Diese wird auf Geheiß eines zweitklassigen eindimensionalen Widersachers angeordnet, der zuvor erklärte, er wolle keine Polizisten umbringen, weil er dann im Fadenkreuz der Polizei sei. Das Ganze, nachdem er in der Szene zuvor seine Männer anordnete, Murphy und dessen Partner Lewis (Michael K. Williams) umzubringen. Als Folge wird also eine Autobombe platziert, die aber nicht sofort losgeht, sondern erst irgendwann im Verlauf des Films. Es geht wohl schwerlich unsinniger.

Visuell gefällig gerät zumindest die Szene, wenn Murphy später verlangt, zu sehen, was von ihm menschlich übrig geblieben ist. Auch wenn sich nicht ganz erklärt, warum eine abgetrennte rechte Hand gerettet wurde. Padilha wendet viel Zeit für Murphys Akklimatisierung auf, wenn dieser in einem OmniCorp-Labor in China zu sich kommt, um von Dr. Dennett Norton (Gary Oldman) zu erfahren, dass er nun praktisch Firmeneigentum ist. Dort wird Murphy modifiziert, indem sein Bewusstsein mittels Dopamin-Schranke in Schach gehalten wird, um ihn im Gefecht effektiv wie die bisherigen OmniCorp-Dronen zu machen. Sehr zum Missfallen von Murphys Gattin Clara (Abbie Cornish) und Sohn David, die Alex kaum mehr wieder erkennen.

Des Weiteren ähnelt der Verlauf des Remakes der Verhoeven-Version – nur dass die Ereignisse nicht im Bewusstsein bleiben wollen. Das liegt auch daran, dass Padilhas Film die vermeintliche Leblosigkeit seiner Titelfigur auf sich selbst überträgt. Im direkten Vergleich vermag kein Charakter seinem Vorbild das Wasser zu reichen. Weller strahlte mehr Sympathie und Integrität aus als Kinnaman wohl je fähig sein wird, Keaton ist eine Schlaftabletten-Version von Ronny Cox, der Darsteller des Pseudo-Boddicker verdient nicht einmal, hier namentlich genannt zu werden. Allenfalls Gary Oldman – und mit Abstrichen Dexter’s Aimee Garcia – scheint ansatzweise bemüht zu sein, währen Samuel L. Jackson und Abbie Cornish unterfordert wirken.

Obendrein fehlt dem 2014er RoboCop die Relevanz. Eingangs wird mit einer fatalen Iran-Mission noch im Ansatz das Thema Dronen und technologisierte Kriegsführung angesprochen, aber nicht weiterverfolgt. In Edward Neumeiers Originaldrehbuch ging es um Themen wie Gentrifizierung, Privatisierung der Polizei, Kapitalismus und Militarisierung. Das falsche Nachrichtenintro wirkte weit weniger dystopisch als man glauben sollte, die Werbeeinblendungen karikierten satirisch das Bild der USA. Dinge, von denen das Remake nichts wissen will und sich stattdessen als generischer Action-Blockbuster ohne eigene Identität präsentiert. Als hätte man menschliche Elemente des 1987er Originals in einen leblosen mechanischen Körper aus 2014 platziert.

Gerade im Vergleich beider Filme zeigt sich die Klasse des Originals. Völlig belanglos gerät die Iran-Mission im Remake, weil dem Zuschauer ihr Kontext fehlt. Wohingegen man im Original selbst eingangs mit dem Tod von Frederickson durch ED-209 mitfühlen kann, obschon die Figur in derselben Szene stirbt, in der sie eingeführt wird. Die Aufpolierversuche des Remakes scheitern praktisch durch die Bank, nicht zuletzt im Bestreben, den zuerst präsentierten silbernen RoboCop-Anzug durch eine schlankere schwarze Version zu tauschen. Wenn dann der klassische Einzeiler “I’d buy that for a dollar” von Padilha in einer 0815-Szene von Jackie Earle Haleys Söldner gen Boden geraunt wird, vermag man nur noch mit dem Kopf zu schütteln.

Wenn in einer weiteren Remake-Szene Michael Keatons CEO propagiert “People really don’t know what they want until you show it to them” ist dies in einem der wenigen Meta-Momente des Films durchaus auch auf sein Publikum gemünzt. RoboCop will dabei – wie so viele Remakes – eine leicht modifizierte Version eines bisherigen Erfolgsmodells sein (praktisch ein filmisches iPhone 5S). Überzeugen kann er dabei nicht. Wie passend gerät da der Slogan der ersten Fake Commercial aus dem Original, der versichert: “And remember: we care.” Insofern kann sich Paul Verhoeven gewiss sein, dass die lausigen Remakes seiner Kultfilme sein Erbe nur bestärken. Und mag in Richtung Starship Troopers-Reboot unken: “Your move, creep.”

4/10