Posts mit dem Label Samuel L. Jackson werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Samuel L. Jackson werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

14. Februar 2016

RoboCop

Why is America so robophobic?

Irgendwas muss Paul Verhoeven doch richtig gemacht haben, angesichts einer jüngsten Remake- und Reboot-Welle seines Sci-Fi-Œuvres. Auf ein Remake von Total Recall aus 2012 folgte zwei Jahre später ein Reboot von RoboCop, während ein Reboot von Starship Troopers derzeit in der Mache ist. Verhoeven zog sich derweil vor zehn Jahren in die Niederlande zurück, wo er alle Jubel Jahre weitaus kleinere Filme dreht (dieses Jahr erscheint sein Psycho-Thriller Elle). Es kommt nicht von ungefähr, dass Verhoevens Sci-Fi-Werke eine Neugestaltung erfahren, zählen sie doch zu den Kult-Filmen ihrer Zeit. Ein Attribut, mit dem sich José Padilhas (Tropa de Elite) Remake von Verhoevens 1987er RoboCop nicht schmücken können wird.

Die 2014er und 1987er Versionen von RoboCop ähneln sich über weite Strecken. Beide Filme beginnen mit Nachrichtensegmenten (hier Samuel L. Jackson als TV-Moderator, der Roboter-kontrollierte Kriminalitätsbekämpfung verfechtet), ehe sie eine Tötung durch einen ED-209 zum Anlass für ihr RoboCop-Programm nutzen. Wo dieses im Original eine Alternative zu ED-209 darstellt, ist RoboCop im Remake eine massentaugliche Ergänzung seitens OmniCorp-Chef Raymond Sellars (Michael Keaton) als Reaktion auf das fehlende humane Element in seinem bisherigen Firmen-Portfolio. Wie bei Verhoeven avanciert auch hier der bei seinen Ermittlungen lebensgefährlich verletzte Alex Murphy (Joel Kinnaman) unfreiwillig zum Probanden.

Schon bei der Exposition dieses Umstands zeigt sich, was Original von Remake unterscheidet. Wird Murphys Tod bei Verhoeven als wahre Folter durch Bösewicht Boddicker (Kurtwood Smith) inszeniert, greift Padilha auf eine schlichte Autobombe zurück. Diese wird auf Geheiß eines zweitklassigen eindimensionalen Widersachers angeordnet, der zuvor erklärte, er wolle keine Polizisten umbringen, weil er dann im Fadenkreuz der Polizei sei. Das Ganze, nachdem er in der Szene zuvor seine Männer anordnete, Murphy und dessen Partner Lewis (Michael K. Williams) umzubringen. Als Folge wird also eine Autobombe platziert, die aber nicht sofort losgeht, sondern erst irgendwann im Verlauf des Films. Es geht wohl schwerlich unsinniger.

Visuell gefällig gerät zumindest die Szene, wenn Murphy später verlangt, zu sehen, was von ihm menschlich übrig geblieben ist. Auch wenn sich nicht ganz erklärt, warum eine abgetrennte rechte Hand gerettet wurde. Padilha wendet viel Zeit für Murphys Akklimatisierung auf, wenn dieser in einem OmniCorp-Labor in China zu sich kommt, um von Dr. Dennett Norton (Gary Oldman) zu erfahren, dass er nun praktisch Firmeneigentum ist. Dort wird Murphy modifiziert, indem sein Bewusstsein mittels Dopamin-Schranke in Schach gehalten wird, um ihn im Gefecht effektiv wie die bisherigen OmniCorp-Dronen zu machen. Sehr zum Missfallen von Murphys Gattin Clara (Abbie Cornish) und Sohn David, die Alex kaum mehr wieder erkennen.

Des Weiteren ähnelt der Verlauf des Remakes der Verhoeven-Version – nur dass die Ereignisse nicht im Bewusstsein bleiben wollen. Das liegt auch daran, dass Padilhas Film die vermeintliche Leblosigkeit seiner Titelfigur auf sich selbst überträgt. Im direkten Vergleich vermag kein Charakter seinem Vorbild das Wasser zu reichen. Weller strahlte mehr Sympathie und Integrität aus als Kinnaman wohl je fähig sein wird, Keaton ist eine Schlaftabletten-Version von Ronny Cox, der Darsteller des Pseudo-Boddicker verdient nicht einmal, hier namentlich genannt zu werden. Allenfalls Gary Oldman – und mit Abstrichen Dexter’s Aimee Garcia – scheint ansatzweise bemüht zu sein, währen Samuel L. Jackson und Abbie Cornish unterfordert wirken.

Obendrein fehlt dem 2014er RoboCop die Relevanz. Eingangs wird mit einer fatalen Iran-Mission noch im Ansatz das Thema Dronen und technologisierte Kriegsführung angesprochen, aber nicht weiterverfolgt. In Edward Neumeiers Originaldrehbuch ging es um Themen wie Gentrifizierung, Privatisierung der Polizei, Kapitalismus und Militarisierung. Das falsche Nachrichtenintro wirkte weit weniger dystopisch als man glauben sollte, die Werbeeinblendungen karikierten satirisch das Bild der USA. Dinge, von denen das Remake nichts wissen will und sich stattdessen als generischer Action-Blockbuster ohne eigene Identität präsentiert. Als hätte man menschliche Elemente des 1987er Originals in einen leblosen mechanischen Körper aus 2014 platziert.

Gerade im Vergleich beider Filme zeigt sich die Klasse des Originals. Völlig belanglos gerät die Iran-Mission im Remake, weil dem Zuschauer ihr Kontext fehlt. Wohingegen man im Original selbst eingangs mit dem Tod von Frederickson durch ED-209 mitfühlen kann, obschon die Figur in derselben Szene stirbt, in der sie eingeführt wird. Die Aufpolierversuche des Remakes scheitern praktisch durch die Bank, nicht zuletzt im Bestreben, den zuerst präsentierten silbernen RoboCop-Anzug durch eine schlankere schwarze Version zu tauschen. Wenn dann der klassische Einzeiler “I’d buy that for a dollar” von Padilha in einer 0815-Szene von Jackie Earle Haleys Söldner gen Boden geraunt wird, vermag man nur noch mit dem Kopf zu schütteln.

Wenn in einer weiteren Remake-Szene Michael Keatons CEO propagiert “People really don’t know what they want until you show it to them” ist dies in einem der wenigen Meta-Momente des Films durchaus auch auf sein Publikum gemünzt. RoboCop will dabei – wie so viele Remakes – eine leicht modifizierte Version eines bisherigen Erfolgsmodells sein (praktisch ein filmisches iPhone 5S). Überzeugen kann er dabei nicht. Wie passend gerät da der Slogan der ersten Fake Commercial aus dem Original, der versichert: “And remember: we care.” Insofern kann sich Paul Verhoeven gewiss sein, dass die lausigen Remakes seiner Kultfilme sein Erbe nur bestärken. Und mag in Richtung Starship Troopers-Reboot unken: “Your move, creep.”

4/10

18. November 2015

Kurz & Knackig: Star Wars

A long time ago in a galaxy far, far away....

Keine 40 Jahre ist es jetzt her, dass in einer sehr fernen Galaxie ein junger Amerikaner den Schlüssel zum ewigen Reichtum fand. Mit Star Wars begründete George Lucas – den man damals tatsächlich noch als Auteur bezeichnen konnte – sein Vermögen von mehreren Milliarden Dollar. Und gleichzeitig auch das vierterfolgreichste Film-Franchise aller Zeiten. Inflationsbereinigt ist Star Wars (1977) der zweiterfolgreichste Film der je in den USA lief, mit starken 775 Millionen Dollar heutiger Zeit. Es folgten im Abstand von drei Jahren zwei Fortsetzungen sowie die Einordnung der Trilogie als „Episoden IV bis VI“. Neben Lucas’ Wohlstand sorgte Star Wars auch für ein pop-kulturelles Phänomen und ein Fandom wie kein zweites.

Kurz vor der Jahrtausendwende folgten dann die Prequels, jene „Episoden I bis III“, auf die Fans seit jeher gewartet hatten. Selbst wenn sie nicht auf diese Episoden I bis III gewartet hatten. Dem Erfolg tat dies keinen Abbruch, weitere Milliarden wurden im Kino eingespielt, nicht minder so viel wohl durch Merchandise. Der Zauber, den Star Wars zwei Jahrzehnte zuvor versprühte, wussten die Prequels jedoch nicht zu generieren. Mag es am Herz gefehlt haben oder schlicht am Talent hinter den Filmen. Ehe nun im Zuge der Disneyfizierung die desaströse Entwicklung von Star Wars mit der nächsten Fortsetzungs-Trilogie und Spin-Off-Filmen zu jeder Figur, die einmal übers Bild gehuscht ist, weitergeht, heißt es: Zurückblicken und Reflektieren.

Star Wars – Theatrical Cut (1977)

This is where the fun begins.

Nach gut 20 Jahren Star Wars mal wieder in seiner unbefleckten Form zu sehen, ist bereits ein kleines Highlight für sich. So ganz ohne all den CGI-Schwachsinn, den Lucas seither alle Jubel Jahre verstärkt in sein filmisches Erbe presst. Den Spruch „If it ain’t broke don’t fix it“ hat George wohl noch nie gehört. Arg viel besser als im Original wird massentaugliches Kino wohl nicht mehr, was angesichts der Umsetzung nicht selbstverständlich ist. Denn den Anfang des Films, abgesehen von kurzen Momenten mit Darth Vader (James Earl Jones) und Prinzessin Leia (Carrie Fisher), verbringt das Publikum dabei nahezu ausschließlich mit C-3PO (Anthony Daniels) und R2-D2 (Kenny Baker), zwei Robotern, von denen einer nichtmal spricht.

Star Wars ist im Kern dabei ein herzlicher Film, mit allerlei Neckereien. Sei es zwischen 3PO und R2 oder den menschlichen Figuren. So wie Obi-Wan (Alec Guiness), der sich ein Schmunzeln nicht verkneifen kann, als Han Solo (Harrison Ford) von den Qualitäten des Millennium Falcon schwärmt. Lucas präsentiert seine Welt, ohne zu viel zu erklären, was es ihr erlaubt, authentisch zu wirken. Mitten drin erleben wir dabei Luke Skywalker (Mark Hamill), einen Jugendlichen, der sich interessiert an der Rebellion gegen das Imperium zeigt, aber später hadert, als er Obi-Wan nach Alderaan begleiten soll. Luke wächst mit seiner Aufgabe, genauso wie Han Solo im weiteren Verlauf als Mensch. Star Wars präsentiert uns Figuren zum Mitfiebern.

Die Geschichte selbst ist relativ simpel und lebt weniger von der Handlung als von ihren Protagonisten. Sie funktioniert für mich sogar so gut, dass ich das Schlusskapitel, wenn die Rebellen den Todesstern in die Luft sprengen, gar nicht mehr gebraucht habe. Nicht zuletzt, weil die Bedeutung der Situation eigentlich weitaus mehr Raum verdient hätte, als eine Viertelstunde am Schluss eines bereits begeisternden Abenteuers. Nicht zuletzt, da Return of the Jedi uns im Grunde nochmal dasselbe erzählen wird. Die Sequenz erinnert mich an das Venedig-Kapitel zum Ende von Casino Royale: keineswegs schlecht, aber irgendwie mutet es wie ein nicht zwingend notwendiger Zusatz für eine bereits zufrieden stellende Geschichte an.

Dabei ist der Film nicht makellos, wobei viele Momente primär durch die Folgefilme ins Fragwürdige gezogen werden, wenn der Serienkanon Dingen eine andere Bedeutung verleiht. So wirkt Vader hier eher wie ein Handlanger (oder an der Leine von Gouverneur Tarkin, wie es Leia formuliert), anstatt die Nummer 2 des Imperiums zu sein. Etwas stutzig macht auch, woher Leia Obi-Wans Koordinaten hat und wieso dieser den wenig sinnigen Decknamen „Ben Kenobi“ nutzt. Andere Störfaktoren betreffen das Verhältnis zwischen Obi-Wan und Vader, doch hier liegt die Ursache in den Prequels, nicht dem Original selbst. “This is where the fun begins”, tönt Han Solo darin noch an einer Stelle. Und Recht behalten sollte er. Auch fast 40 Jahre später.

9.5/10

The Empire Strikes Back – Theatrical Cut (1980)

Do or do not. There is no try.

Für die meisten Fans – so heißt es jedenfalls – stellt The Empire Strikes Back den Höhepunkt des Franchises dar. Ich selbst tue mich da etwas schwerer, nicht zuletzt, da der Film fast eine halbe Stunde braucht, ehe er wirklich losgeht. All das Drama um Lukes Sondierungsausflug auf Hoth über den Angriff des Wampas und Hans Rettungsmission mit Tauntaun führt für meinen Geschmack nirgends hin. Abgesehen von ein paar humorvollen Momenten mit den Charakteren („Who’s scruffy looking?”). Wirklich Schwung nimmt der Film erst auf, wenn nach 25 Minuten Vader und das Imperium auf Hoth aufschlagen. Selbst wenn auch hier die Auseinandersetzung mit den AT-ATs – wie jede größere Action-Szene der Reihe – zu ausufernd gerät.

Anschließend teilen sich die Figuren in zwei Gruppen auf, mit gegensätzlicher Dramatisierung. Temporeich gerät die Flucht von Han, Chewbacca (Peter Mayhew), Leia und 3PO vor Vaders Truppen, die sie letztlich nach Cloud City zu Hans altem Freund Lando Calrissian (Billy Dee Williams) führt. Als Gegenpol präsentiert Regisseur Irwin Winkler Lukes Begegnung auf Dagobah mit Yoda (Frank Oz), dem letzten verbliebenen Jedi. In ruhigen, fast schon meditativen Momenten lernt Luke die Kraft der Macht, während Yoda selbst ähnlich wie 3PO und R2 zur humorvollen Auflockerung dient. Dank dieser Figuren sowie Han Solo („Never tell me the odds”) mangelt es dem Film trotz seiner Auszeichnung, der düsterste Teil der Reihe zu sein, nicht an Witz.

Hier nun ist das Standing von Vader im Imperium ein ganz anderes, er antwortet nur noch dem Emperor und plant sogar dessen Sturz mit der Eröffnung, Luke sei sein Sohn. Bei diesem scheint die Verwandtschaft sein Nachname verraten zu haben, erscheint es doch befremdlich, dass Vader auch in Anwesenheit von Leia erneut nicht zu spüren scheint, dass diese seine Tochter ist. Womöglich ist die Macht doch nicht so stark in ihr, entgegen dem, was Yoda im nächsten Teil sagt. Wahrscheinlicher ist wohl, dass hier noch nicht klar war, dass Vaders Nachwuchs nochmals erweitert wird (siehe die Kussszene zwischen Leia und Luke zu Beginn des Films). Grundsätzlich ist The Empire Strikes Back aber eine gelungene Fortsetzung.

9/10

The Return of the Jedi – Theatrical Cut (1983)

The Emperor is not as forgiving as I am.

Überraschenderweise waren die beiden Folgeteile von Star Wars weitaus weniger erfolgreich als dieser, so auch der Trilogieabschluss The Return of the Jedi. Ähnlich wie sein Vorgänger hat er quasi einen Akt vor der eigentlichen Geschichte, wenn erst C-3PO und R2-D2, dann Leia und Chewie und schließlich Luke selbst versuchen, Han Solo aus der Gefangenschaft von Jabba the Hutt auf Tatooine zu befreien. Eine Rettungsmission, die mit Rancor und Sarlacc durchaus Spaß bereitet, obschon die Rettung selber gänzlich absurd durchdacht und enorm vom Zufall abhängig ist. Auch die Hintergründe werden nicht vollends klar, berücksichtig man die Ereignisse zum Ende des letzten und zum Beginn von diesem Teil. Aber sei’s drum.

Die Kernhandlung des Films ist das, was Lucas in seinem ersten Teil am Ende in einer Viertelstunde kurz erzählt hat: Die Rebellen müssen (mal wieder) den Todesstern in die Luft sprengen. Eine Geschichte, die Regisseur Richard Marquand in der zweiten Hälfte auf drei Ebenen erzählt, nach einem langatmigen Ausflug auf Endor zu den Ewoks. Hier verabschiedet sich Luke dann zur Konfrontation mit Vader und dem Emperor, während Han, Chewie und Leia mit den Ewoks versuchen, den Schildgenerator des Todessterns auszuschalten, damit Lando und Co. diesen zerstören können. Viele Handlungsorte mit ausufernden Szenen, wo letztlich ohnehin nur jene Sequenz interessiert, in der Luke sich seinem Schicksal stellen muss.

Der Ausflug nach Dagobah zuvor dient nur weiterer Exposition, ist Luke doch auch ohne Fortführung seines Trainings nun bereit – und autodidaktisch im Stande, Lichtschwerter zu konstruieren. Sehr schön ist aber der Moment, wenn Luke die Roboterhand seines Vaters sieht und dies ihm Warnung genug ist, nicht zu enden, wie dieser selbst. Seltsam mutet dafür an, wieso er Anakin später mit Darth Vaders Maske verbrennt. Auch hier tauchen wieder Fragen für das Franchise auf. Grundsätzlich ist Return of the Jedi aber ein solider Abschluss, der allerdings viel zu lang für alle seine Szenen aufwendet: von Hans Rettung, über die Ewoks bis hin zum Endor-Angriff und Lukes Konfrontation. Hier wäre mal wieder weniger mehr gewesen.

8/10

Star Wars – Episode I: The Phantom Menace (1999)

Yousa in big dudu this time.

Groß war die Euphorie, als mit The Phantom Menace das nächste Star Wars-Kapitel aufgeschlagen wurde. Rückblickend erscheint der Film als einziges Kuddelmuddel, der sowohl Kinder als auch ihre Eltern bedienen will und schlussendlich in beiden Fällen versagt. Im Zentrum steht eine Blockade und Invasion des Planeten Naboo durch die Handelsorganisation rund um Nute Gunray aus Besteuerungsgründen. Die Jedi Qui-Gon Jinn (Liam Neeson) und Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) sollen den Konflikt klären, entkommen aber nur knapp einem Attentat und fliehen schließlich mit Naboos Königin Amidala (Natalie Portman) und dem Einheimischen Jar Jar Binks (Ahmed Best) Richtung Coruscant – mit einem langen Zwischenstopp auf Tatooine.

Hier folgt die Einführung von Anakin Skywalker (Jake Lloyd) als Space Jesus, der unbefleckten Empfängnis entstammend buchstäblich ein Kind der Macht. Mit einer Zahl an Midi-chlorians, die sogar Yodas übersteigt. Ein nutzloses Podrace später folgt auf dem Zwischenstopp in Coruscant die Rückkehr nach Naboo. Wieso der Planet überhaupt wichtig ist, wird dabei zu keinem Zeitpunkt klar. The Phantom Menace ist ein Film, der um Actionszenen herum konzipiert ist, die über viel CGI-Effekte funktionieren sollen. Die Geschichte und die Figuren stehen hintenan – also all das, was Star Wars 22 Jahre zuvor zum Welthit werden ließ. Hinzu kommt, dass Lucas den Film zum Großteil nur als eine Exposition missbraucht – die viele Fragen aufwirft.

Sprach Obi-Wan in Star Wars Vader noch mit „Darth” an, als sei dies dessen Vorname, erfahren wir nun, dass einfach jeder Sith Lord den Beinamen „Darth” erhält. Kanzelte der Emperor in Return of the Jedi Lukes Lichtschwert noch als “Jedi weapon” ab, rennt Darth Maul (Ray Park) nun selbst mit einem herum. War Darth Maul also auch mal ein Jedi? Und während Yoda warnt, “anger leads to hate” und letztlich zur dunklen Seite der Macht, sind es gerade Wut und Zorn, die Luke in Return of the Jedi im Kampf gegen Vader obsiegen lassen und mit denen Obi-Wan nach Qui-Gons Tod wiederum Darth Maul begegnet. Es sind alles leblose Worte in einem Film, dem es an dreidimensionalen Figuren und einer erzählenswerten Geschichte fehlt.

Stattdessen bemüht Lucas das Referieren auf die Trilogie. So ist es Anakin, der C-3PO baut und R2-D2 darf bereits hier zum Alltagshelden aufsteigen. Bei der Begegnung zwischen Amidala/Padme und Anakin weht Lucas ebenso mit dem Zaunpfahl wie beim Treffen von Anakin und Obi-Wan. Dass der wiederum so wie der Rat der Jedi und Padme von dem Knirps irritiert ist, stört Qui-Gon aus unerklärlichen Gründen nicht. The Phantom Menace ist auch unabhängig von Jar Jar Binks – der mit seinem ersten Auftritt sofort nervt – ein einziges filmisches Ärgernis. Der Film will jeden ansprechen und verhallt infolgedessen unter all dem Lärm, den er verursacht. “Anger leads to hate, hate leads to suffering”, sagte Yoda. Und sollte Recht behalten.

3/10

Star Wars – Episode II: Attack of the Clones (2002)

I wish I could just wish away my feelings, but I can’t.

Wie sehr die Star Wars-Euphorie einbüßte, zeigt sich schon darin, dass Attack of the Clones ganze 300 Millionen Dollar weniger einspielte als noch The Phantom Menace. Vielleicht auch, weil die Irritation dessen, was inzwischen Star Wars war, hier noch verstärkt wurde. Auslöser der Handlung ist eine Reihe von Attentatsversuchen auf Padme, die aktuell als Senatorin von Naboo in Coruscant dient. Obi-Wan und Anakin (Hayden Christensen) werden zu ihrem Schutz abgestellt, erhalten jedoch kurz darauf jeder ihren eigenen Erzählstrang. Während Anakin und Padme sich im Versteck auf Naboo allmählich ineinander verlieben, geht Obi-Wan der Spur eines Kopfgeldjägers nach, die ihn zu einer Klonkrieger-Armee auf Kamino führt.

Erweckte der Vorgänger zumindest den Eindruck, teils in einer echten Umgebung gedreht worden zu sein, entstammt Attack of the Clones nun aus der Konserve – und sieht entsprechend hässlich aus. Vollgestopft mit CGI ist das einzig Authentische das jeweilige Kostüm, das Natalie Portman trägt. Und für jede Szene gemeinsam mit ihrer Frisur wechselt. Der Film selbst klatscht eine Referenz an die Trilogie an die nächste. Von Obi-Wans Cantina-Kampf aus Star Wars bis hin zu Boba Fetts Verfolgungstrick aus Empire Strikes Back. Dachte man “May the Force be with you” war ein gutes Zureden von Obi-Wan für Luke, erscheint es nun eher als Jedi-Grußform. Die Folge ist weniger eine Hommage als Entmystifizierung des Originals.

Peinlich wird es, wenn Obi-Wan auf der Suche nach Kamino von einem 5-Jährigen belehrt wird, während sich Padme aus verstörenden Gründen in einen Soziopathen verknallt. Dass die Darsteller dabei allesamt steif wie ein eingefrorener Besenstiel agieren, mag daran liegen, dass sie von Blue Screens umgeben waren. Denn so schlecht das Drehbuch auch ist, könnte man mehr aus diesem herausholen, als es die Darsteller tun. Positiv ist in Attack of the Clones zumindest, dass Obi-Wan mehr zu tun bekommt, Jar Jar Binks kaum auftritt und Anakin, obschon er genauso nervt wie zuvor, nun zumindest etwas mehr Persönlichkeit erhält. Das große Finale auf Geonosis ist dann wieder klassischer ausufernder CGI-Overkill à la George Lucas.

3.5/10

Star Wars – Episode III: Revenge of the Sith (2005)

What have I done?

So fraglich wie es generell sein mag, überhaupt die Genesis von Darth Vader erzählen zu wollen, war doch ziemlich deutlich, dass der ganze Sinn der Prequels am Ende in Revenge of the Sith bestand. Folglich ist das Thema der Verführung von Anakin zur dunklen Seite durch Palpatine (Ian McDiarmid) der Kern der Geschichte, während Obi-Wan wieder mal eine Extramission erhält. In dieser setzt er sich mit Roboter-General Grievous auseinander, ehe der große Jedi-Genozid startet, weil Anakin nachts nicht gut schlafen kann. “This is where the fun begins”, sagt dieser zu Beginn in einer von so vielen Szenen, die deutlich macht, dass George Lucas die Magie der Originalfilme einfach nicht begreift. Oder womöglich schlichtweg nie begriffen hat.

Der Film beginnt dabei mit einem ähnlichen CGI-Overkill wie der Vorgänger zu Ende ging. Jeder Konflikt wird in den Prequels mit dem Lichtschwert geklärt, wo dieses in der Originalreihe noch weitestgehend verzichtenswert war. Count Dooku (Christopher Lee), eine Figur, der sich Lucas zuvor wenig bis kaum gewidmet hat, wird sich erledigt. Genauso wie kurz darauf dem erst hier eingeführten General Grievous. Beschäftigungstherapie für Obi-Wan, der immer noch an Anakin zweifelt. Von der Freundschaft, über die er in Star Wars sprach, und von gefühlter Bruderliebe, wie hier am Ende, als er Anakin die Beine abschneidet, spürte der Zuschauer in allen drei Filmen in keiner einzigen Szene etwas. Alles ist nur noch Selbstzweck für Lucas.

Yoda faselt unterdessen “fear of loss is the path to the dark side”, wobei laut Prequel-Yoda sowieso alles irgendwie ein “path to the dark side” ist. Samuel L. Jacksons unterbeschäftigter Mace Windu guckt trüb in die Kamera und Padme wechselt weiter fleißig ihre Kostüme. Anakin wiederum darf Palpatine im Rat der Jedi vertreten – ohne zum Meister ernannt zu werden –, und man fragt sich, wieso Palpatine überhaupt im Jedi-Rat vertreten ist? Alles nur, um Anakin an einen Punkt zu bringen, wo er zu Vader werden darf – was nach einem weiteren CGI-Overkill mit Obi-Wan auf Mustafar der Fall ist. Weil Obi-Wan “the high ground” hat, die geschicktere Position, über Anakin stehend. Selbst wenn Darth Maul damals eigentlich auch den “high ground” besaß.

Wenig macht noch Sinn. Selbst Palpatine hat nun ein Lichtschwert, ungeachtet seiner Haltung aus Return of the Jedi nach. Wieso die Prequels so missraten sind, ist schwer zu sagen (Redlettermedia versuchte es), Potential war vorhanden. Teil 1 mit Anakin bereits im Endstadium als Padawan beginnen, den Fokus auf die freundschaftliche Beziehung zwischen ihm und Obi-Wan legend. In Teil 2 hätte Padme eingeführt werden können und eine erste Begegnung mit der dunklen Seite. Der wäre ein sympathischer Anakin dann in Teil 3 erlegen, weniger wegen nächtlicher Albträume und auch ohne zum wahnsinnigen Massenmörder zu werden. Das Positive ist: Schlechter als die Prequels kann auch Disneys The Force Awakens nicht mehr sein.

2/10

22. April 2015

Avengers: Age of Ultron

I know you mean well. But you just didn’t think it through.

Befragt nach Avengers: Age of Ultron soll Regisseur Joss Whedon gemeint haben, der Film werde “smaller” und “not just a rehash of what worked the first time”. Anhand dieser Äußerungen muss das jüngste Action-Fest aus dem Hause Marvel als gescheitert betrachtet werden. Kleiner ist das so genannte Marvel Cinematic Universe hier keineswegs, vielmehr folgt Whedon der Blockbuster-Marschrichtung: The bigger, the better. Das heißt mehr Action, mehr Figuren, mehr, mehr, mehr. Und im Umkehrschluss vermutlich auch mehr Einnahmen an den Kinokassen als das 1,5-Milliarden-Dollar-Baby The Avengers. Am Vorgänger orientiert sich das Sequel speziell in seinem finalen Set Piece teils 1:1, was Age of Ultron entsprechend langweilig macht.

Hilfreich für die Spannung ist ebenso wenig, dass Marvel im Vorfeld groß sein Line-up bis 2019 ankündigt, inklusive dem Benennen, welche Figuren in welchen Filmen auftauchen werden. Wer sich also mit der Materie auseinandersetzt, weiß schon vorab, wer am Ende des Films ins Gras beißen und um wen man sich keine Sorgen machen muss. Dass zahlreiche Trailer und TV Spots die Handlung vorwegnehmen, ist derweil schon seit Jahren Gang und Gebe in Hollywood. Insofern ist Age of Ultron ein ziemlich ermüdender Film, der ohne wirkliche Höhepunkte daherkommt. Die Action ist belanglos und die Charaktermomente verschenkt, weil die Mehrheit der Figuren – auch aufgrund ihrer Anzahl – wenig bis nichts zu tun bekommt.

Die Handlung des Films setzt dabei einige Zeit nach den Ereignissen von Captain America: The Winter Soldier ein. Obschon S.H.I.E.L.D. de facto nicht mehr existiert, da von HYDRA unterwandert, sind die Avengers scheinbar immer noch in Aktion, wie das Opening Set Piece in medias res zeigt. Captain America (Chris Evans) hat die Suche nach seinem alten Kameraden Bucky Barnes in die Hände von Falcon (Anthony Mackie) gelegt, kämpft stattdessen mit Black Widow (Scarlett Johansson) sowie Hawkeye (Jeremy Renner), Iron Man (Robert Downey Jr.), Thor (Chris Hemsworth) und Hulk (Mark Ruffalo) gegen die Schergen von HYDRA-Bösewicht Baron von Strucker (Thomas Kretschmann) im fiktiven osteuropäischen Land Sokovia.

Schnell erledigt man sich der hier aufgefundenen Probleme und hat HYDRA scheinbar endgültig besiegt. Für die Figuren von Downey Jr. und Ruffalo Anlass, mit Hilfe von Lokis geborgenem Zepter und dem darin enthaltenen Infinity Stone ihr Projekt der künstlichen Intelligenz Ultron zu perfektionieren. Diese soll auf lange Sicht die Avengers obsolet machen und selbstständig die Erde vor (außer-)irdischer Bedrohung schützen. Nur hat Ultron (James Spader) andere Pläne, strebt vielmehr danach, die Avengers und die Menschheit auszulöschen, weil sie in ihrer Evolution stagniert seien. Helfen sollen ihm dabei die aus Sokovia stammenden Mutanten-Zwillinge Quicksilver (Aaron Taylor-Johnson) und Scarlet Witch (Elizabeth Olsen).

Die haben mit Tony Stark noch ein Hühnchen zu rupfen, weil ihr Haus einst von einer Rakete zerstört wurde, die Stark Industries hergestellt und verkauft hat. Nunmehr Waisen stellten sie sich in den Dienst von HYDRA und Baron von Strucker. Für die Avengers gilt es also, Frankensteins Monster zu eliminieren, ehe es Schaden anrichtet. Eine Mission, die die Helden vom fiktiven afrikanischen Staat Wakanda zum real existierenden Staat Südkorea über eine Zwischenstation in den USA zurück nach Sokovia führt. Mittendrin gibt es viel Krawall und Remmidemmi, in dessen Verlauf die Avengers quasi zu Terroristen avancieren, selbst wenn Ex-S.H.I.E.L.D.-Agentin Maria Hill (Cobie Smulders) dies charmant zum Social Media Trend euphemisiert.

Wirklicht thematisiert wird allerdings nicht, dass Iron Man und Hulk Anfang des zweiten Akts in Wakanda eine halbe Stadt in Schutt und Asche legen, bei der mehrere Gebäude beschädigt oder sogar zerstört werden. Womöglich sterben auch Menschen, was in diesen Disney-Marvel-Filmen schwer zu sagen ist. Später wird Joss Whedon diese innerstädtische Zerstörungsorgie noch zwei Mal wiederholen und damit Man of Steel toppen, der dies nur in zwei Städten wagte. Hier zeigt sich – zumindest für mich – eines der großen Probleme der Superhelden-Filme der Gegenwart, die glauben, großes Drama lässt sich nur dort inszenieren, wo es die Leute mitbekommen: mitten in der Stadt. Problematisch wird es, wenn ein Film hierbei redundant ausfällt.

Dass weniger manchmal mehr ist, haben Ang Lee und Bryan Singer vor zwölf Jahren in ihren Comic-Adaptionen unter Beweis gestellt. Dort wird in Hulk nicht halb San Francisco in Schutt und Asche gelegt, lediglich eine Straße aufgerissen und sowohl in X-Men als auch in X2 spielt sich der Konflikt zwischen Helden und Antagonisten außerhalb Bevölkerungsansammlungen ab. Wenn Whedon dann im Finale von Age of Ultron eine gesteigerte Neuauflage von The Avengers abliefert, spricht das Bände ob der fehlenden Ideen für dieses Sequel. Zugleich zeigen sich hier nochmals verstärkt die Probleme, die dem Film schon in seinen anderthalb Stunden zuvor die meiste Zeit über innewohnten: Er weiß mit seinen Figuren (zu) wenig anzufangen.

Denn zu den bereits angesprochenen Helden gesellen sich im Verlauf noch Nick Fury (Samuel L. Jackson), War Machine (Don Cheadle) und der Android The Vision (Paul Bettany). Der Film beherbergt derart viele Figuren, dass er nie Zeit findet, sich wirklich um sie zu kümmern. Allenfalls Tony Stark bekommt eine richtige Handlung auf den Leib geschrieben, als moderner Dr. Frankenstein, dem seine Schöpfung abhanden kommt. Bezeichnend ist, wenn Thor Mitte des zweiten Akts kurzzeitig die Gruppe verlässt, um sich um eine Nebenhandlung zu kümmern, die sich im Off abspielt, für die aus unerfindlichen Gründen aber dennoch Stellan Skarsgård kurzzeitig zurück ins Franchise gezerrt wird. Alles im Dienste des Marvel Cinematic Universe.

Rechnet man die kleinen Nebenrollen von Andy Serkis als Ulysses Klaw (vorausschauend für Black Panther in zwei Jahren eingeführt) und Claudia Kim als Genetikerin Helen Cho dazu, plus Cameos von Idris Elba und Haley Atwell, beinhaltet Age of Ultron beinahe zwei Dutzend Figuren. Nahezu dankbar muss man sein, dass da die Helden-Freundinnen Gwyneth Paltrow und Natalie Portman nur in zwei Halbsätzen erwähnt werden. Und dennoch opfert Whedon Zeit, um zwei der übrigen Figuren mit einer aus heiterem Himmel ins Geschehen geschriebenen Romanze, der jegliches Fundament fehlt, auszustatten. Ironischerweise sind dies dann noch die dankbareren Momente, weil die Charaktere hier zumindest etwas zu tun kriegen.

Zumindest der Ansatz, den Joss Whedon mit Age of Ultron verfolgt, ist vielversprechender als noch im Vorgänger die beliebig erscheinende Alien-Invasion. Ultron als ultimativer Avenger ist nachvollziehbar gedacht, seine augenblicklich eintretende Abkehr vom Schöpfer wirkt aber so überhastet, wie sein finaler Plan in sich selbst unsinnig. Er ist, wie so vieles in diesem Film, bloß Mittel zum Zweck und Aufhänger für die nächste Actionszene. Das Potential der Handlung wird ebenso verschenkt wie seine Figuren in dieser, von denen der im Vorgänger blass gebliebene Hawkeye vermeintlich etwas mehr Tiefe bekommt – nur macht diese den langweiligen Bogenschützen, trotz aller im Film geäußerten Beteuerungen, nicht wirklich interessanter.

Ein Urteil, das auf die meisten hier zutrifft. Wirklich spannend ist lediglich die Beziehung von Stark und Ultron, ohne dass Whedon sie vollends ins Zentrum stellt. Sie wird angerissen, wie so vieles, darunter auch die Folgen, die das Treiben von Iron Man und Avengers auf die Menschheit haben (siehe Quicksilver und Scarlet Witch oder Wakanda/Sukovia). Beiläufig erwähnt, weil: keine Zeit. Wirklich Leben bekommen die Mutanten nicht eingehaucht, genauso wenig wie The Vision. Und der eigentlich vielschichtige Ultron verkommt schnell zum 0815-Maniac, der mit seinem Weltzerstörungsplan ebenso gut der Widersacher von James Bond wie den Avengers sein könnte. Etwas mehr Auseinandersetzung mit sich selbst wäre nett gewesen.

Etwas, was man Whedon und Marvel generell als Rat mitgeben möchte. Denn irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht, keine Stadt mehr zerstörbar, auch die letzte Minute der zweieinhalbstündigen Laufzeit mit am Computer gerenderter Action ausgefüllt. Dass man mit wenig auch viel, wenn nicht sogar mehr erreichen kann, zeigte zuletzt Marvels auf Netflix exportierte Serie Daredevil. Hier ist der Bösewicht eine reale Figur mit Persönlichkeit und der Held ein mit sich hadernder Weltverbesserer, beide sich nicht unähnlich und doch mit unterschiedlichen Ansätzen. Ihr Konflikt ist spannend und steht im Fokus des Geschehens. Manchmal ist weniger mehr. Zumindest an den Kinokassen wird das für Age of Ultron aber irrelevant sein.

3.5/10

24. März 2014

Captain America: The Winter Soldier

On your left.

Eine gewisse Chuzpe muss man Marvel schon zugestehen, wenn Captain America: Civil War in 2016 nahezu zeitgleich mit dem Batman V Superman-Vehikel aus dem Hause Warner Bros. starten soll. Schließlich lief Captain Americas Origin Story von allen Solo-Avengers-Filmen am bescheidensten, trotz des innewohnenden Zweiter-Weltkriegs-Pathos’ der Thematik. Als letzter Wegbereiter des Milliarden-Spektakels The Avengers war der Captain auch in diesem eher die zweite Geige hinter Iron Man und Co. Mehr als genug Grund also für die Regie-Brüder Anthony und Joe Russo (Community), in Captain America: The Winter Soldier richtig auf die Kacke zu hauen.

Nach 70 Jahren Froststarre scheint Steve Rogers (Chris Evans) langsam angekommen in der Neuzeit, macht er doch das, was er schon damals tat: Für Vater Staat die bösen Buben jagen. Darunter auch moderne wie Piraten, die ein geheimes S.H.I.E.L.D.-Schiff überfallen. Auf diesem finden Captain America und Black Widow (Scarlett Johansson) jedoch noch mehr: Dateien, die auf eine Verschwörung innerhalb von S.H.I.E.L.D. hinweisen. Die könnte nicht nur das Leben von Nick Fury (Samuel L. Jackson) in Gefahr bringen, sondern obendrein auch drastische Folgen für den Rest der Welt haben. Seine Nachforschungen bringen Captain America selbst ins Schussfeld.

Direkt im ersten Akt muss Rogers feststellen, dass die USA – hier in Form von S.H.I.E.L.D. – wenig mit jenem Land eint, für das er einst in den Krieg zog. Im Geheimen basteln Fury und Co. an drei weiteren Helicarriern, die präventive militärische Schläge ausüben können. Man lebe schließlich in der Welt, wie sie ist, und nicht, wie man sie gerne hätte, blafft Fury den Captain an. Dass S.H.I.E.L.D. selbst im Verlauf immer mehr faschistische Züge annimmt und für die Helden der Geschichte die Offenlegung der Wahrheit mittels des Internets –WikiLeaks lässt grüssen – der einzige Ausweg scheint, war im Vorfeld eines Captain America-Films so nicht zu erwarten.

Ohnehin hat das zweite Abenteuer um den First Avenger (der in der deutschen Version weiter den Titelzusatz schmückt) über weite Strecken wenig mit dem Krachbumm von The Avengers zu tun, sondern folgt der Tradition von 70er-Jahre-Spionage-Thrillern (daher die Inklusion von Robert Redford als S.H.I.E.L.D.-Direktor). An Action kommt der Film dennoch nicht vorbei. Wer es pompös mag, kommt ebenso auf seine Kosten wie Leute, für die größer nicht gleich besser ist. Gerade die Eins-gegen-Eins-Situationen bergen Spannung, sei es wenn Rogers gegen Martial-Arts-Söldner Batroc kämpft oder den gespenstischen Winter Soldier (Sebastian Stan).

In seiner Summe ist Captain America: The Winter Soldier somit einer der besseren Marvel-Filme, auch wenn nicht vollends überzeugen kann. Die Auflösung der Verschwörung gegen Ende des zweiten Akts überzeugt in ihrer Konzeption nur bedingt, wie auch die Action in ihren pompösen Momenten und gerade im Finale etwas zu ausufernd gerät. Zudem wundert man sich ob der jeweiligen Betroffenheit der Avengers: Als die USA in Iron Man 3 von Terrorismus bedroht waren, blieben Captain America und S.H.I.E.L.D. außen vor. Nun, da nicht nur die USA, sondern auch die Welt betroffen sind, ist von Tony Stark keine Spur. Dabei ist er hier sogar persönlich betroffen.

Mit dem The Avengers-Erfolg im Rücken dürfte Captain America: The Winter Soldier aber ebenso wie Thor: The Dark World beim Einspiel etwas zulegen. Inwieweit die Ereignisse des Films dann in Avengers: Age of Ultron einfließen, bleibt ungeachtet der obligatorischen Mid-Credit-Szene von Marvel vorerst noch abzuwarten. Eines steht jedoch außer Frage, von der sozio-politischen Chuzpe der Russo-Brüder dürfte sich auch der blasse Joss Whedon für seine Avengers-Fortsetzung ruhig eine Scheibe abschneiden. Und Captain America selbst wird es anschließend in Civil War wieder „alleine“ wagen – selbst wenn ein Großteil der Avengers ebenfalls gebucht sind.

6.5/10

20. April 2012

The Avengers

There is no version of this where you come out on top.

Jetzt, endlich, ist es soweit. Jeder Held und jede Sekretärin aus dem Avengers-Büro wurde, seit 2008 Iron Man die große Vorstellungsrunde begann, eingeführt. Okay, die Gründungsmitglieder aus dem Comic, Ant-Man und Wasp, haben es nicht in den finalen Film geschafft, aber irgendwann schien auch Marvel keinen Bock mehr gehabt zu haben, für jede Figur einen eigenen Prologfilm zu produzieren. Immerhin kostet jedes cineastische Bewerbungsgespräch der Spandex-Träger knackige 150 Millionen Dollar – Marketingkosten nicht einmal berücksichtigt. Stattdessen kommt also nun The Avengers, mit 220 Millionen Dollar etwas teurer produziert, dafür aber vollgestopft mit Superhelden und Hollywood-Stars. Total super, oder?

Das Problem war nur, wie das Ergebnis strukturiert werden würde. Denn im Gegensatz zu den beiden Iron Man-Filmen liefen die anderen Avenger-Helden zwar solide, aber auch keineswegs (ähnlich) überragend. Das Reboot-Sequel The Incredible Hulk spielte kaum mehr ein als der – gänzlich zu Unrecht – vielgescholtene Hulk von Ang Lee, während Captain America etwas mehr als die Hälfte von Iron Man 2 einbrachte. Wie passend, dass selbst in den USA Thor erfolgreicher lief als der US-Posterboy. Es oblag also nun Joss Whedon, dafür zu sorgen, dass The Avengers nicht zu Iron Man & Friends verkommen würde. Bezeichnend ist nunmehr, dass dieser Fall nun dennoch eingetreten ist. Und angesichts der Figurengestaltung im Grunde auch zurecht.

Robert Downey Jr. und sein Tony Stark sind der große Trumpf dieses Films. Egomanisch, egozentrisch und damit quasi die fleischgewordene Inkarnation Hollywoods. Kein Wunder ist es Tony Stark alias Iron Man, dem die Glanzlichter des Films gehören. Während Stark für den comic relief sorgt, indem er sich verbale Scharmützel mit dem steifen Steve Rogers alias Captain America (Chris Evans) liefert oder Bruce Banner (Mark Ruffalo) und Gegenspieler Loki neckt, obliegt es Iron Man, die Kohlen aus dem Feuer zu holen, wenn seine Kollegen überfordert sind. Man wird folglich das Gefühl nicht los, hier einen Füllfilm zwischen Teil 2 und 3 von Iron Man zu sehen. Denn im Grunde braucht es Captain America und Co. für The Avengers nicht.

Das wiederum ist dem Gesamtkonzept geschuldet, war doch absehbar, dass es einer überaus bedrohlichen Gefahr bedurfte, um Iron Man, Captain America, Hulk und Thor zu vereinen. Am Ende ist es nun Loki (Tom Hiddlestone) geworden, der kleine Asen-Bruder von Thor (Chris Hemsworth), der ihm bereits in dessen Intro-Film nicht gewachsen war. Zwar erhält er Hilfe einer außerirdischen Rasse – die laut Produzent Kevin Feige nicht die in den Comics auftauchenden Skrulls sein sollen, seltsamerweise jedoch Chitauri, auch bekannt als Ultimate Skrulls, sind –, wirklich ins Hemd macht man sich als Zuschauer angesichts dieser aber nicht. Es passt daher ins Bild, dass die größte Gefahr im Finale nicht außerirdischen Ursprungs ist.

Ohnehin sind die Alien-Invasion und Lokis Agenda, die gleichzeitig die Prämisse des Films bilden, reichlich unausgegoren geraten. Die Aliens wollen den Tesserakt, und diesen soll ihnen Loki besorgen, der wiederum will sich die Menschheit Untertan machen, dabei war sie ihm in Thor noch total egal. Weshalb die Aliens der Hilfe von Loki bedürfen und dieser sich von Ende des ersten bis Anfang des dritten Aktes mit einem total bescheuerten Nebenkriegsschauplatz aufhält – der für sich genommen keinen Zweck erfüllt und lediglich eine Ausrede für ein Action-Set-Piece sowie eine Gegenüberstellung aller Figuren darstellt –, sollte man besser nicht hinterfragen. Denn statt einer Handlung wartet nur eine Szenen-Show.

Viele kleine Einzelszenen werden dem Publikum geboten, einige von ihnen gab es bereits im massigen Preview-Material zu sehen. Iron Man und Captain America konfrontieren Loki, Iron Man und Captain America prügeln sich mit Thor, Thor prügelt sich mit Hulk, Black Widow prügelt sich mit Hawkeye, am Ende prügeln sich alle mit den Chitauri und Nick Fury steht meistens neben Cobie Smulders’ Maria Hill und erzählt den Superhelden, was eigentlich Sache ist. Zu einer stringenten und zusammenhängenden Handlung wird dies eher gequetscht, als dass es harmonisch ineinander fließt. Und dass die Hälfte des zweiten Akts sowie der gesamte dritte Akt – und damit die ganze zweite Hälfte des Films – nur aus Action besteht, tut ihr Übriges.

Zwar klingt das spaßig, wenn man sich vorstellt, dass Iron Man, Captain America, Hulk und Thor eine geschlagene Stunde lang in Action involviert sind, nur verliert die Action dadurch irgendwann an Spannung. Allein die Actionszene im Mittelteil gerät so epochal, dass allein der Versuch, sie noch mit einer Alien-Invasion zu steigern, beinahe anmaßend ausfällt. Und wenn dann Welle auf Welle nimmermüder Chitauri niedergestreckt werden, während die B-Riege der Helden um Black Widow und Hawkeye aufgrund fehlender Superkräfte Passanten aus Bussen befreien – das alles ohne erkennbare zivile Verluste oder Blut, schließlich ist es ein FSK-12-Film von Disney –, sehnt man irgendwann nur noch sehnsüchtig das Ende herbei.

Nach all dem Prologgedöns der letzten vier Jahre fällt The Avengers somit doch relativ enttäuschend aus. Sicher muss der Film keinen Drehbuch-Oscar gewinnen, aber bereits seine Vorgänger wandelten auf narrativ dünnen Pfaden. Dass die krude zusammengehaltene Handlung hier nur Legitimation für Action Deluxe sein soll, macht Whedons Film jedenfalls ziemlich vergessenswert. In wenigen Monaten, wenn dann mal wieder Batman und Spider-Man über die Leinwand turnen, wird man The Avengers bereits abgehakt haben. Dabei hat der Film durchaus seine positiven Eigenschaften und Momente, nur erscheinen diese angesichts der vielen vergeudeten Möglichkeiten zu gering, als dass sie das Ergebnis korrigieren könnten.

So sind es primär die vergnüglichen Iron Man und Hulk, die mit Humor und Schmackes dem Film eine Lanze brechen, was aufgrund der enormen Überlänge von zweieinhalb Stunden und Randfiguren wie denen von Jackson, Johansson und Renner aber nicht genug erscheint. Hier wäre im Nachhinein weniger mehr gewesen. Weniger Laufzeit, weniger Action, mehr Handlung und mehr Zeit für die Figuren. Denn irgendwie hat man sich nach fünf Filmen, die hierauf zugearbeitet haben, mehr versprochen als eine einzige große Actionszene ohne wirkliche Spannungsmomente, einem eher entschuldigten denn fundierten Handlungsgerüst und einer Handvoll Figuren, die zuvorderst Downey Jr. als Futter seiner ironiegewürzten Dialoge dienen.

Wen es also nach enormer Action voller Superhelden lechzt, wer sowieso am liebsten Iron Man die Daumen drückt, der dürfte mit The Avengers die richtige Hausnummer erwischt haben. Wünscht man sich jedoch, dass sich der Film so viel Zeit für seine Figuren und Geschichte nimmt, wie Bryan Singer in seinen X-Men- oder Sam Raimi in seinen Spider-Man-Filmen, dürfte man enttäuscht werden. Sollte es eine Fortsetzung geben und Joss Whedon erneut auf den Regiestuhl zurückkehren, will er das Sequel im Übrigen „kleiner und persönlicher“ inszenieren. Das klingt zwar schon vielversprechend(er), ob dem so ist, muss sich jedoch erst zeigen. Zuvor gilt es ohnehin erst einmal fünf weitere, flache Marvel-Filme durchzustehen.

4.5/10

29. Juli 2011

Captain America

A weak man knows the value of strength.

An und für sich bietet Marvels Superheld Captain America genug Reibungsfläche. Sei es sein (sich schon im Namen widerspiegelnder) überbordender Patriotismus oder seine Entstehungsgeschichte. Im Kampf gegen die faschistischen Nazis wird von Seiten der USA ein blond-blauäugiger Supermensch ins Gefecht geschickt. Alle körperlichen Benachteiligungen wie Schweratmigkeit werden weg-eugenisiert und der All American Hero Steve Rogers somit zum Wunschbild des Herrenmenschen wie ihn wohl auch der nationalsozialistische Gegner gerne gehabt hätte. Um das Ganze etwas zu entkräften, versucht Joe Johnston in seinem Film den Fokus weg vom „Für Amerika!“-Charakter zu lotsen und seinen Steve Rogers (Chris Evans) als netten und aufrechten Knirps von Nebenan zu inszenieren.

„Wollen Sie Nazis töten?“, wird Rogers vor dem Experiment gefragt. Dieser verneint und weist darauf hin, ihm gehe es darum, Tyrannen zu stoppen. Dementsprechend erklärt sich auch, warum ein Film über Captain America ein so genanntes period piece sein muss. Denn das Bild der USA als Weltpolizei ist nach Vietnam, Nicaragua, Irak und Co. inzwischen so beschädigt, dass ein Captain America des 21. Jahrhunderts es wohl zuvorderst auch mit den USA selbst aufnehmen müsste. Stattdessen sind seine Gegner Rüpel, Raufbolde und Unterdrücker. Töten will er sie nicht, erklärt er zu Beginn. Später muss dennoch ein Gegner nach dem anderen dran glauben. Aber schließlich lautet die Reihenfolge von Captain Americas Maxime zu diesem Zeitpunkt bereits: Töten oder gefangen nehmen.

Es ist also ziemlich offensichtlich, dass sich Thor und Captain America aus ideologischer Sicht weit weniger ideal auf die Leinwand transferieren lassen, wie ihre etwas simpleren und zeitgenössischeren Kollegen Iron Man und Hulk. Vielleicht erklärt sich dadurch die spätere Auswertung für den im kommenden Jahr startenden The Avengers. Und möglicherweise auch, weshalb beide Filme sich versuchen sowohl selbstironisch als auch nüchtern mainstreamig zu geben. Beiden Marvel-Helden gelingt dies nur bedingt. Wo Thor sich mitunter campig-trashig anbiederte, wurde er von seiner zweigleisigen Handlung korrumpiert. Captain America vermeidet letzteren Fehler, indem er einer klar strukturierten Geschichte folgt. Allerdings gerät er dabei speziell in seiner zweiten Hälfte sehr viel bierernster als ihm gut tut.

So zeigt sich Steve Rogers zu Beginn als sympathisch ideologischer Hänfling, den es 1941 hinüber nach Europa zieht, um sich in einen Krieg zu stürzen, dem viele lieber entflohen wären. Wider Erwarten setzt er sich dabei durch, erhält mit Stanley Tuccis deutschem Klischee-Wissenschaftler eine Vaterfigur, die es später ganz dem Klischee entsprechend wieder zu verlieren gilt. Die Palette – Tommy Lee Jones gibt einen mürrischen Colonel und Haley Atwell ein pseudo-emanzipiertes, barbusiges love interest – der klassischen Filmfiguren funktioniert dabei nur deshalb, weil die Schauspieler sie mit ausreichend Leben füllen. Allen voran Hugo Weaving untermauert als Strickmuster-Nazi sein darstellerisches Händchen für Bösewichter und gefällt mit deutschem Akzent ebenso wie die Kollegen Toby Jones und Tucci.

Trotz seines Charakters als Actionfilm sind es die zwischenmenschlichen Momente, in denen Captain America reüssiert. Sei es ein abendlicher Dialog von Tucci und Evans oder eine kurze Propaganda-Montage als pointierter Seitenhieb auf die Ursprünge der Comic-Figur. Nur wenn sich Captain America im Star-Spangled-Banner-Outfit ins Gefecht stürzt und sein Frisbee-Bumerang-Schild auf Gegner wirft, beginnt sich der Film in die Länge zu ziehen. Das liegt daran, dass Steve Rogers  interessanter ist als sein Alter Ego. Aber auch der Versuch, Charaktere aus dem Comic – wie Dum Dum Dugan (Neal McDonough) – zu integrieren, will nicht überzeugen. Man wünscht sich stattdessen einen stärkeren Fokus auf Weavings diabolischen Red Skull, der in der zweiten Hälfte des Films abwesend an Profil verliert.

Grundsätzlich macht Johnston aber viel richtig. Die Effekte sind solide, verlieren sich im großen Kriegsspektakel ein wenig, überzeugen dagegen bei einem digital verkümmerten Chris Evans. Dieser bleibt ebenso in Erinnerung wie Weavings gelungene Maske als Red Skull. Was sich vom erneut überflüssigen, da kaum räumlichen 3D-Effekt nicht sagen lässt. Auch bei der Besetzung wurde wenig falsch gemacht, obschon man gerade Tommy Lee Jones seine Unterforderung am Gesicht ablesen kann. Ein Schmunzeln ringen einem zudem Filmzitate zu Men in Black oder The Return of the Jedi ab, wie auch der obligatorische Stan-Lee-Cameo (der die Figur nicht erfand, sie aber in die Avengers integrierte). Nun bleibt abzuwarten, ob sich das Warten auf The Avengers über fünf Filme hinweg im kommenden Jahr lohnen wird.

6/10

16. Juni 2010

Unbreakable

They say this one has a surprise ending.

Für Viele sind Comics lediglich Bilderheftchen. Entfernte Verwandte von Romanen, denen man keine allzu große Beachtung schenkt. Comic-Leser werden dabei oft als Nerds verschrien, als dicke bebrillte Loser. Dabei ist die Comic-Gemeinde eine große Gemeinde. Und zugleich auch eine Mächtige. Bei all den Superhelden-Filmen dieser Tage gehört es zum guten Ton für Hollywood, sich im Sommer bei der größten Comic-Messe „Comic-Con“ zu zeigen. Auch James Camerons Avatar begann dort seinen Siegeszug. Welchen Wert Comics haben, zeigte sich auch Ende Januar diesen Jahres. Die 27. Ausgabe der Detective Comics von 1939, die das erste Auftreten von Batman beinhaltete, wurde damals für $1,075,000 verkauft. Laut M. Night Shyamalans Unbreakable, seinem zweiten Spielfilm, werden jährlich in den USA fast 63 Millionen Comics verkauft. Mit seinem persönlichen Lieblingsfilm setzte Shyamalan diesem Submedium im Jahr 2000 selbst ein Denkmal.

Ursprünglich sollte Unbreakable in drei Teile aufgeschlüsselt werden. Nachdem ganz klassisch der Ursprung des Helden erklärt würde, sollte dieser sich erst mit einigen gewöhnlichen Kriminellen auseinandersetzen, um im Finale seiner Nemesis zu begegnen. Eine traditionelle Prozedur, wie sie beispielsweise in Sam Raimis Spider-Man zu finden ist. "Two roads diverged in a wood, and I / I took the one less traveled by / And that has made all the difference", endet Robert Frosts berühmtes Gedicht The Road Not Taken. Zeilen, die in gewisser Weise auch auf Shyamalans Entscheidung bezüglich Unbreakable münzbar wären. Statt dem klassischen Superhelden-Aufbau folgend, entschied er sich für eine reine Origin-Story, die erst in ihrem Finale beginnt, in den zweiten Teil abzudriften. Eine Entscheidung, wie man sie selten in Comic-Verfilmungen trifft und die letztlich "all the difference" für Shyamalans Comic-Verfilmung, die auf keinem Comic basiert, ausmacht.

Sein Film will sich nicht auf Schauwerte verlassen, ist vielmehr Charakterstudie einer - oder wenn man so möchte, zweier - gebrochenen Figur. David Dunn (Bruce Willis) wacht jeden Morgen mit einer ihm unbekannten Traurigkeit auf. Eine Traurigkeit, unter der wohl seine Ehe zu seiner High-School-Liebe Audrey (Robin Wright Penn) gelitten hat. Die Ehe wird gegenwärtig eher sporadisch aufrecht erhalten, dem einzigen Sohn, Joseph, zuliebe. Nachts legt sich David in dessen Bett, bis Joseph eingeschlafen ist, wie lange dem noch so ist, dürfte fraglich sein. Zu Beginn des Filmes kommt David nämlich aus New York zurück nach Philadelphia. Im Big Apple hatte er ein Bewerbungsgespräch für eine Sicherheitsfirma, vermutlich ein finanzieller Aufstieg für den Sicherheitsangestellten im örtlichen Baseball-Stadion. Nun ereignet sich zu Beginn jedoch etwas, mit dem David nicht gerechnet hat. Sein Zug verunglückt, alle Passagiere an Bord sterben. Alle außer David.

Während David das Ereignis bei Seite schiebt, erregt es die Aufmerksamkeit des Comic-Atelier-Betreibers Elijah Price (Samuel Jackson). Wie viele Tage er in seinem Leben krank gewesen sei, fragt dieser David und schickt den Familienvater damit auf eine sein Leben verändernde Reise. Weder sein Vorgesetzter noch seine Frau können sich daran erinnern, dass David jemals krank gewesen sei. Angetrieben von der Überzeugung seines Sohnes, beginnt David daraufhin seine Grenzen auszuloten. Er stemmt dasselbe Gewicht, wie zu Schulzeiten. Und noch zwanzig Pfund mehr. Am Ende wird die vollständige Anzahl der Gewichte noch mit Farbeimern erweitert. David kämpft zwar jedes Mal mit dem Gewicht, aber er stemmt es. Zwar überzeugt ihn das selbst noch nicht, dafür allerdings Joseph. In einer dramatischen Szene will der Sohn dann auch den Vater zur Einsicht bringen, indem er droht, diesen mit seinem Revolver anzuschießen. Schließlich würden die Kugeln einfach abprallen.

Es ist der Glaube eines Anderen, oftmals eines Kindes, der den Helden im Comic umzustimmen vermag. So wie der Held ab einem gewissen Zeitpunkt seinen Pflichten den Rücken kehrt, weil er sich nach einem normalen und gewöhnlichen Leben sehnt. David hat erfolgreich seine Vergangenheit verdrängt. Erst eine alte Lehrerin weist ihn auf seinen beinahe tödlichen Schwimmunfall als Schüler hin, der David seine Aquaphobie beschert hat. Ein Autounfall sorgt dann schließlich dafür, dass er mit seiner Freundin zusammenbleiben kann, die am Ende seine Frau wurde. Eine geopferte Football-Karriere um der Liebe willen. Eine Liebe, die nun am Abgrund steht. "You were giving up a part of yourself when you gave up football", erkennt Elijah, als er David das zusammengesetzte Puzzle präsentiert. Die letzte Erinnerungslücke, die David kurz darauf selbst schließt, als er sich an jenen Autounfall erinnert. "What am I supposed to do?", fragt er Elijah schließlich.

Zu diesem Zeitpunkt sind bereits siebzig der rund hundert Minuten von Unbreakable vorbei. Es war eine ausführliche und gemächliche Genesis, die David bis zu diesem Zeitpunkt durchschritten hat. "You can’t let bad things happen to good people, right?", hatte ihn Joseph einige Szenen zuvor gefragt. Elijah selbst konstatierte bereits gegen Ende des ersten Aktes. "You could have been one of ten thousand things... but in the end, you chose to protect people." Shyamalan vereint hier gelungen und glaubwürdig Origin- wie im gewissen Sinne auch Comeback-Story miteinander, wenn David nicht nur seine Kräfte (wieder-)entdeckt sondern auch zu seinen vermeintlichen Pflichten zurückkehrt (man erinnere sich an das Spider-Man-Mantra: "With great power comes great responsibility"). David ergibt sich nunmehr quasi seinem vermeintlich vorherbestimmten Schicksal und greift mit seinem Besuch am Bahnhof Elijahs späteren Worten "It has begun" voraus.

Dementsprechend ist seine erste Mission, die David quasi im Cape in Angriff nimmt (sein Arbeitsregenmantel, passenderweise mit dem Schriftzug „Security“, dient als Tarnung), eine wie zu erwarten Problematische. Sich orientierend an Filmen wie Richard Donners Superman stellt im Finale nicht so sehr die Nemesis ein Hindernis für den Helden dar, sondern seine natürliche Schwäche, im Fall von David das Wasser. Im Gegensatz zu Supermans Kryptonit ist es bei David allerdings weniger natürlicher Schwachpunkt als vielmehr psychologisches Trauma. Entgegen Elijahs Glauben und entsprechend der Erinnerung von Davids Lehrerin - bzw. der durch die Schüler tradierten Legende - würde auch Wasser David nichts anhaben können. Die Geburt des Helden ist dann in Unbreakable nicht nur das Ende einer Origin-Story, sondern kulminiert im Finale dann schließlich auch zum Abschluss einer zweiten Ursprungsgeschichte.

Shyamalan ist bekannt geworden durch seine finalen Plottwists, die bereits in South Park durch die Folge Imagionationland parodiert wurden ("That’s not an idea, that’s a twist"). Bedenkt man, dass die Wendung des Films jedoch bereits nach 29 Minuten durch das zweite Aufeinandertreffen von David und Elijah vorausgedeutet wird, spielt die finale Auflösung für die Harmonie von Unbreakable eine eher untergeordnete Rolle. Es ist im Gegenteil ein entsprechend harmonisches Ende unter die bis dato erfolgte Entwicklung zweier Figuren. "Now that we know who you are … I know who I am", schließt Elijah quasi den Film ab, indem er sich durch die Erschaffung des Helden als dessen Gegenspieler definiert. Da Shymalan die Auflösung durchaus auch als Twist integrieren wollte, leidet Elijahs eigene Origin-Story ein wenig, die lediglich sein Hadern mit seiner Glasknochenkrankheit und seine dadurch entstandene Liebe zu Comics schildert.

Leider bewahrheitet sich Elijahs Ausspruch "It has begun" nicht für Unbreakable selbst. Entgegen früherer Versuche aller Beteiligten, versandete eine Fortsetzung, der mit der finalen Texttafel im Film jedoch auch so ein befriedigendes Ende gesetzt wurde. Ohne Makel ist Shyamalans zweiter und nach The Sixth Sense und Signs bestrezipierter Film jedoch nicht. Gerade zu Beginn wartet Eduardo Serras Kameraarbeit mit oft diffusen Einstellungen auf, am besten zu beobachten in der wechselnden Bewegung hinter zwei Sitzen, während eines Dialogs von David. Auch die kriselnde Beziehung zu Audrey wirkt ob ihrer plumpen Integration eher als Mittel zum Zweck, dient hier doch die von Elijah angesprochene Leere durch die Entscheidung für die Liebe als nahezu alleiniger Auslöser. Zudem ist wie erwähnt die schwache Ausarbeitung von Elijah ein vernachlässigtes Merkmal, stellt Shyamalan hier unnötiger Weise den Twist für das Publikum über den Twist für David.

Grundsätzlich ist Unbreakable allerdings eine über weite Strecken gelungene Liebeserklärung an das Medium „Comic“, durchzogen mit vielen kleinen Details und Anekdoten. Ein Film, der wie eingangs angesprochen ohne große Schauwerte auskommt. Vom tragischen Zugunglück präsentiert Shyamalan lediglich Nachrichtenaufnahmen als top shot. Das Finale verkommt zu einem stillen Zweikampf, an dessen Ende David sein Gegenüber erdrosselt. Die effektreichste Szene dagegen ist jener Sturz, den Elijah bei der Verfolgung seiner These auf den Treppen zur U-Bahn erlebt, wenn die Tonspur mit brechendem Glas und seinem gequälten Schrei erfüllt wird. Obschon also Unbreakable keinen perfekten Film darstellt, der trotz seines Fokus’ auf die Figuren diese dennoch nicht genügend in Anbetracht der Geschichte ausarbeitet, ist Shyamalan eine mehr als gerechte Würdigung dieses Genres und Mediums gelungen.

7/10

30. Januar 2009

Panel to Frame: The Spirit

Shut up and bleed.

Für viele Fans der Szene ist es die Mutter aller Comics: Will Eisners The Spirit, zum ersten Mal erschienen am 2. Juni 1940. „Es gibt niemanden wie Will Eisner“, sagte Comic-Legende Alan Moore 1986. „Es gab nie jemanden und an meinen schlechten Tagen bezweifele ich, dass es je einen geben wird“. Eisner hat den Comic per se nicht erfunden, sowohl Superman als auch Batman waren damals schon aktiv. Die Meinung der Experten ist jedoch, dass Eisner das Genre neu erfunden hat. Revolutioniert. Für Legenden wie Alan Moore wäre die heutige Comic-Landschaft nicht denkbar ohne Eisner, unabhängig von all den Verdiensten eines Bob Kane, Stan Lee oder Jack Kirby. „What we’re doing is building upon the solid groundwork that Eisner has been laying down“, erläuterte Moore und ergänzte: „He’s THE BOSS, and we know it“. Was genau war so revolutionär an The Spirit, Eisners Superhelden-Geschichte, die dieser nie als solche konzipiert hatte? Ein Jahr vor der ersten Veröffentlichung trat 1939 Busy Arnold an Eisner heran. Er beauftragte den Zeichner für die Sonntagsausgabe von Zeitungen eine Comicserie zu erschaffen.

„Something that had never been done before“, erinnerte sich Eisner noch im Jahr 2000. Der 23-Jährige durfte eine Figur erschaffen, zeichnen und gestalten – alles auf eigener Verantwortungsbasis. Eisner konzipierte seine Geschichte als Detektivroman, sein Held – Privatermittler Denny Colt – sollte menschlich und glaubwürdig erscheinen. Eines Tages erhielt Eisner dann einen Anruf von Busy Arnold, der wissen wollte, ob Colt auch ein Kostüm tragen würde. „Every comic-book hero today has a costume“, beharrte er, sonst könnte man die Geschichte nicht verkaufen. Eisner gab nach, verpasste Colt, den er The Spirit nannte, eine Maske und Handschuhe. Ironischerweise sollte Colt weder das eine noch das andere in seinem ersten Abenteuer, The Origin of The Spirit (2. Juni 1940), tragen. Mit seiner damals meist 7-seitigen Serie lotete Eisner die Grenzen des Genres neu aus. In der einen Woche war The Spirit in eine Detektiv-Geschichte involviert, in der anderen in eine Geister-, Piraten-, Liebesgeschichte oder gar Komödie.

Mit einer Unterbrechung von drei Jahren – Eisner diente von 1942 bis 1945 in der Armee – war der Amerikaner insgesamt neun Jahre an The Spirit beteiligt. Die Serie lief von 1940 bis 1952. Ein Problem der frühen Abenteuer war fraglos die Tatsache, dass Eisner nur eine beschränkte Anzahl an Einzelbildern (panels) zur Verfügung standen. Zwar bewies der junge Zeichner durchaus Brillanz, indem er zusätzliche Bilder überlappend über zwei Panels platzierte – eine Maßnahme, die inzwischen längst zum Alltag geworden ist -, doch ändert dies nichts daran, dass die Serie aus heutiger Sicht unwahrscheinlich schlecht gealtert ist. Gerne hätte Eisner ausführliche Handlungen etabliert, nur hatte er hierfür keinen Platz. So wirken viele der Abenteuer unglaublich hastig, wird das Problem von Colt innerhalb weniger Panels – meist um die neun – gelöst und dadurch teilweise unglaubwürdig. Dabei besitzt die Reihe fraglos ihren Charme und Colt Wiedererkennungswerte. Er ist ein Frauenmann, der es besonders Ellen Dolan, der Tochter des Polizeichefs Dolan, angetan hat.

Auszug aus The Mastermind Strikes (6. Oktober 1940)

Es ist jener Polizeichef, der als Einziger um die wahre Identität von The Spirit weiß. Seine Abenteuer begeht Colt dabei stets mit einer Portion Humor, ohnehin ein Aspekt, den Eisner nicht vernachlässigen wollte. So kommt es in The Prom beispielsweise dazu, dass The Spirit Ellen den Hintern versohlt, als diese ihn fälschlicherweise in einen Mordfall hineinziehen will. Als Kind seiner Zeit sind Colt und andere Charaktere jedoch auch klar stereotyp gezeichnet. Der Detektiv selbst ist ein Narzisst und über alle Maße von sich selbst überzeugt. Ein gewisser Chauvinismus schlägt auch durch. Frauen wie Ellen Dolan oder Sand Saref verkommen zu Klischeebildern. Die eine himmelt ihren starken Liebhaber an und bereitet ihm meist Probleme, die andere ist hauptsächlich an schimmernden Dingen orientiert und strebt nach Schmuck und Reichtum.

Beides sind Aspekte die Comicautor Frank Miller – eine eigene Legende innerhalb der Szene – in seine Verfilmung The Spirit eingebaut hat. Vor vier Jahren dann stieß Miller zum Projekt und machte sich an die Arbeit die Kultreihe zu verfilmen. Einen Aspekt hat er dabei bewusst ausgelassen: Ebony White. Man mag es auf die Epoche schieben – Martin Luther King Jr. sollte mit seiner Reformbewegung noch 28 Jahre auf sich warten lassen -, aber Eisners The Spirit ist zweifelsohne rassistisch. Eine Woche nach seiner Erstehung wurde Ebony in The Return of Dr. Cobra eingeführt. Er ist ein afroamerikanisches Straßenkind, von Eisner mit großen weißen Augen und einem übergroßen Schmollmund gezeichnet. Zudem offenbart sich die Figur noch durch ihre Sprache, die gegenüber der Ausdrucksweise der anderen (beziehungsweise weißen) Figuren weit primitiver war. Schon bald verkommt Ebony zum Sidekick vom Spirit, wird sein Stammtaxifahrer und Begleiter. Immerhin lässt sich sagen, dass Colt nie sonderlich despektierlich mit Ebony umgeht, was am Rassismus gegenüber der Figur (allein der Name spricht für sich) jedoch nichts ändert.

„I intend to be extremely faithful to the heart and soul of the material, but it won't be nostalgic”, erklärte Miller im Frühjahr 2007. Während Eisners Reihe vom visuellen Hintergrund eher in einer Liga mit Kollegen wie The Phantom oder The Shadow spielte, adaptierte Miller die Geschichte anhand seines eigenen visuellen Stils, den Robert Rodriguez bereits in Sin City oder auch Zach Snyder in 300 angewandt hatte. Während in der Filmversion die Figur von Ebony White wegfiel, arbeitete Miller andere Charaktere wie The Octopus und Silken Floss ein wenig aus. Eisners The Spirit ist sicherlich keine Comicserie, die sich schwer adaptieren lassen würde und dennoch hat es Miller geschafft, diese Aufgabe in den Sand zu setzen. Anstatt „faithful to the heart and soul of the material“ zu sein, hat Miller einen Film geschaffen, der quasi eine Frank Miller Interpretation von The Spirit ist und letztlich daherkommt, als hätte der Amerikaner einen Band seiner eigenen Sin City-Reihe verfilmt.

Miller beginnt den Film vielversprechend, indem er sich nämlich nicht die Mühe macht die Entstehung seiner Figur als Einführung zu verwenden. Ein Einsatz ruft und The Spirit (Gabriel Macht) ist auf dem Weg. Er rennt über die Häuserdächer und dies mit artistischer Präzision. Als es ihm zu langsam geht, übernimmt er einen vorbeifahrenden Polizeiwagen (Auftritt von Miller als Polizist). Am Einsatzort wartet eine verwundete Person und murmelt etwas von einer wunderschönen Frau. Es folgt der Auftritt des Octopus (Samuel L. Jackson), der bei den Fans der Vorlage für Kontroversen sorgen dürfte. Während Eisner seinen Octopus als Nemesis von Colt erschuf, der abgesehen von seinen Handschuhen nie zu sehen war, inszeniert Miller den Oberschurken als durchgeknallte Kanaille, die von Jackson mit Freude überspielt wird. Was folgt ist ein minutenlanger Kampf zweier Männer, die scheinbar keinen Schmerz verspüren. Irgendwann nimmt der Octopus eine Keramiktoilette (wo er diese mitten in einer Sumpflandschaft her hat erfahren wir nicht) und knallt sie Spirit über den Kopf. „Come on! Toilets are always funny!“, schreit der Octopus und dies weniger an Spirit gerichtet, als vielmehr ans Kinopublikum selbst.

Jene Szene steht exemplarisch für den gesamten Film, wenn Miller seine Zuschauer durch den Film selbst anweisen muss, wie sie zu reagieren haben. Der Kampf und die Szene allgemein haben keinen tieferen Sinn, dienen der Klimax des Filmes, die später kommt und dramatisch sein soll, es jedoch letztlich nicht ist. In Millers Film dreht sich alles um diese Beziehung zwischen dem Octopus und Spirit. „We’re two of a kind“, trällert ihm der Bösewicht entgegen und regt den Held zum Nachdenken an. Kurz darauf findet sich eine neue Leiche und wieder wird diese auf eine schöne Frau zurückgeführt. Es stellt sich heraus, dass Sand Saref (Eva Mendes) wieder in Central City ist. Wie es scheint, macht sie gemeinsame Sache mit dem Octopus. Doch Colt weiß es besser, hat er doch eine eigene Vergangenheit mit Sand. Diese wiederum wird zwar sehr schön inszeniert, allerdings wirkt sie nicht minder konstruiert beziehungsweise platziert wie alle anderen Elemente in Millers Film. Auf den ersten Blick hat The Spirit nicht mehr viel mit Eisners ursprünglicher Geschichte (zumindest in ihrer Anfangszeit) zu tun. Miller verändert die Figuren nach seinem eigenen Belieben. Aus Denny Colt, dem Detektiv im obligatorischen blauen Anzug wird Denny Colt, der Straßenpolizist, in Schwarz mit übermenschlichen Kräften. Mehrere Schusswunden heilen innerhalb weniger Minuten. Aus dem ehemals menschlichen Helden ist bei Miller der Superheld schlechthin geworden.

Die Entstehungsgeschichte der Figur ist verloren gegangen, wurde stattdessen mit dem Octopus verwoben. Dieser ist weniger Octopus als vielmehr Samuel L. Jackson in Reinform. Bevorzugt inszeniert von Miller in schrillen Kostümen in noch schrillerer Ausstattung. Eine unsägliche Figur und ganz speziell eine unsägliche Interpretation von Jackson. Doch immerhin erträglicher als die Bodyguards des Octopus, eine geklonte Armee von Louis Lombardi. Das ganze kulminiert dann in einer der nervigsten Szenen der letzten Jahre, wenn der Octopus in seinem Labor sitzt und einen springenden Lombardi-Fuß klont, dem alle fasziniert beiwohnen. Die Figureninterpretation von Miller ist somit bedenklich und insbesondere zwiespältig. Während Lombardi und Jackson wie Störfaktoren wirken, können Mendes als Sand Saref und auch Sarah Paulson als Ellen Dolan überzeugen. Scarlett Johansson liefert eine eigene Interpretation von Silken Floss, bei der deren Sinn und Zweck nie wirklich erläutert wird. Von der Nuklearphysikerin und brillanten Chirurgin ist im Film nichts zu sehen. Enttäuschenderweise wird auch sonst keine Agenda für die junge Frau eingeführt, die lediglich als kalkulierte Assistentin des Octopus aufwartet. Die DarstellerInnen des Filmes und ihre Besetzung sind somit streitbar, jedoch nicht das Manko des Filmes. Dieses liegt ganz klar auf der inhaltlichen und visuellen Ebene von The Spirit.

Die meiste Zeit über ist der Film an einem aufgehellten schwarz-weiß Ton orientiert, wie man ihn auch in Sin City oder Sweeney Todd findet. Die Bilder sind dunkel und düster, Central City selbst erinnert fraglos an Basin City oder Burtons Gotham City. Eine Gegend, in der man sich Nachts nicht freiwillig rum treiben möchte und zugleich doch die Stadt des Helden. „Walk down the right alley in Sin City and you can find anything“, säuselte Marv in Millers Eigenwerkadaption. Hier darf Colt seine nie in Frage gestellte Liebe zu seiner Stadt bekunden: „My city screams. She is my mother. She is my lover“. Dass Colt statt einem blauen einen schwarzen Anzug trägt, hängt wohl mit Millers Inszenierungsstil zusammen. So kann er die Figur mit dem ohnehin schwarzen Hintergrund verschmelzen lassen und dadurch die Betonung auf Colts rote Krawatte legen. Abgelöst werden die ausgebleichten Bilder dann hin und wieder stets von kräftigen und satten Farben, die oftmals als Hintergrundpanels dienen.oder für die Hervorhebung von Details verwendet werden. Miller setzt sie bei Sand Sarefs Abschied in Jugendjahren ein, am häufigsten jedoch wenn der Octopus im Bild ist.

Gerade in dessen Hauptquartier treibt es der Regisseur sprichwörtlich kunterbunt. Hier ist mit Miller ohne Zweifel das Pferd durchgegangen. Ohnehin sind die Szenen, die sowohl den Octopus als auch Silken Floss enthalten, derartig schrill und gewollt schräg, dass einem der Kopf zu schmerzen droht. Seinen stilistischen Höhepunkt findet das Ganze dann, wenn Jackson und Johansson in SS-Uniformen zu „Deutschland, Deutschland über alles“ dem Spirit den „Twist“ des Filmes offenbaren. Was Miller mit jener Szene bezwecken will, bleibt einem ebenso fremd wie die Intention des gesamten Werkes. Dieses verfügt weder über eine eigene (visuelle) Seele, noch über eine stringente Geschichte. Vielmehr ist The Spirit nur eine Aneinanderreihung von hübsch photographierten Sequenzen, die optisch etwas hermachen, jedoch völlig frei von Inhalt sind. Dass Miller nicht im Stande war, Eisners Geschichte auf eine andere Art und Weise zu erzählen, als Miller es mit seinen eigenen Geschichten handhabt, spricht diesem im Grunde die Tatsache sich „Regisseur“ zu nennen ab. Der unerfahrene Zuschauer wird nicht feststellen könne, ob er hier einer missratenen Sin City-Fortsetzung beiwohnt oder einer Verfilmung von Eisners Kultcomic.

Dennoch verfügt der Film auch über einige wenige gelungene Aspekte. Gelegentlich findet man die humoristischen Elemente aus Eisners Comic, einige Einstellungen wissen trotz ihrer Sin City-Verwandschaft zu gefallen. Klare Stärke und größter Stimmungsmacher sind jedoch die Einzeiler, die auf den Weg gestreut werden. Viele von ihnen fanden bereits Einzug in die Trailer oder Werbekampagne zum Film („Do I look like a good girl?“) und wissen durchaus auch in ihrem Kontext zu gefallen. Gelegentlich entwickelt The Spirit auch etwas Zug, nimmt an Fahrt auf und wirkt kurzzeitig homogen. Meist werden diese gelungenen Augenblicke dann jedoch von weiteren überkandidelten Spielereien von Miller korrumpiert. Das Experiment Eisner Comic in das Gewand von Millers Comic zu packen, muss als gescheitert angesehen werden. Die Struktur von Eisners Geschichte passt nicht mit Millers visuellem (Erzähl-)Stil zusammen, wirkt hier eher störend. Etwas mehr Tiefe hätte Millers Film nicht geschadet, genauso wenig wie eine Reduzierung der weiblichen Riege, die mit Ellen Dolan, Sand Saref, Silken Floss und Lorelei Rox zu überfüllt wirkt. Auch die Entscheidung dem Octopus ein Gesicht zu geben und dieses mit Samuel L. Jackson zu besetzen war ein Fehler des Regisseurs. Einige nette Schauwerte und Momente ausgenommen ist The Spirit somit zu einer großen Enttäuschung verkommen, die Laien ein falsches Licht auf Eisners Comic und ein schlechtes auf Miller selbst wirft. Sein Inszenierungsstil wirkt bereits jetzt verbraucht und inwieweit die kommenden beiden Sin City-Fortsetzung funktionieren werden, bleibt abzuwarten.

4.5/10

27. September 2008

Vorlage vs. Film: Sphere

Sphere (1987)

Neben Stephen King und John Grisham zählt sicherlich auch Michael Crichton zu Amerikas meistgelesenem Bestsellerautor, dessen Werke immer wieder gerne von den Produzenten in Hollywood aufgegriffen werden. Dabei konzentrieren sich Crichtons Romane oft auf dieselbe Thematik, nämlich ein schief gelaufenes wissenschaftliches Experiment als warnendes soziales Beispiel anzuprangern. Letztlich ist es das Streben nach jener wissenschaftlichen Errungenschaft, welche die Protagonisten seiner Geschichten in ihr Dilemma führt. Hierzu zählen unter anderem Werke wie Prey oder auch sein letzter Roman Next. Hierbei vertieft sich Crichton meist durchaus in das jeweilige Thema, recherchiert das Fachgebiet, auf welches er Bezug nimmt und gibt dieses über weite Strecken akkurat wieder. Grundsätzlich „technisch“ sind seine Geschichten allerdings nicht, eher wirken diese Einschübe gestreut zwischen seinen staffelartigen Spannungsmomenten. Auf der literarischen Ebene ist Crichton kein Ernest Hemingway, wobei man ihm zugestehen muss, dass seine Dialoge ein auffälliges Streben nach Authentizität haben. Seine Stärke liegt dabei vormerklich in der Exposition und der Hinführung zu einer durchaus interessanten Thematik. Lediglich mit dem weiteren Verlauf respektive Ende seiner Geschichten hapert es bei dem 66-Jährigen etwas. Zuletzt sorgte Crichton auch für Kontroversen, als er in seinem Roman State of Fear die Globale Erwärmung negierte und in Next einen Zeitungsredakteur persönlich angriff. Da verwundert es auch nicht, dass seit 2003 keiner seiner Romane mehr für die Kinoleinwand adaptiert wurde, nachdem die letzten drei Versuche grandios gefloppt waren.

Auch Sphere, der in Deutschland unter dem Titel Die Gedanken des Bösen vertrieben wurde (ein undankbar schlechter Titel), beschäftigt sich mit einem von Crichtons beliebten Warnbeispielen. Der Psychologe Norman Johnson wird in den Pazifik hinaus geflogen, wo er auch eine Militärflotte trifft. Ursache für das Szenario ist ein abgestürztes und in 300 Meter Meerestiefe gefundenes Raumschiff, welches außerirdischen Ursprungs sein soll. Norman, der einst einen Kontaktbericht über Außerirdische verfasst hat, soll gemeinsam mit vier anderen Wissenschaftler in ein Tiefseehabitat und mit jenen unbekannten Wesen in Verbindung treten. Was niemand weiß: Norman hatte seinen Auftrag nie Ernst genommen und wahllos Bekannte als Kontaktpersonen eingesetzt. Als die Gruppe um Mathematik-Genius Harry Adams, Astrophysiker Ted Fielding und Biologin Beth Halpern in der Tiefe ankommt, stellt sich bald heraus, dass es sich vielmehr um ein amerikanisches Raumschiff aus der Zukunft, denn ein außerirdisches UFO handelt. Diese Entdeckung, welche Harry bereits an der Oberfläche gemacht hat, spaltet die Gruppe in zwei Parteien. Da kein außerirdischer Kontakt vorhanden ist, zieht es Norman, Beth und Harry zurück an die Oberfläche – doch es kommt alles anders. Im Frachtraum des Raumschiffes entdeckt die Gruppe eine ominöse Kugel (engl. sphere), welches sich offenbar jedoch nicht öffnen lässt. Als ein Zyklon an der Oberfläche aufzieht, ist das Team jedoch gezwungen einige Tage auszuharren – da stellt sich heraus, dass Harry in die Kugel gegangen ist. Nachdem er wieder aus ihr erscheint, beginnen sich seltsame Zufälle zu ereignen. Der Meeresboden ist plötzlich von Lebensformen belebt und es findet sich eine Matrix auf dem Bordcomputer. Scheinbar versucht die Kugel mit Norman und den anderen Crew-Mitgliedern in Kontakt zu treten.

Das Geheimnis der außerirdischen Entität Jerry ist dabei ebenso leicht durchschaubar, wie das von Crichton angestrebte Finale. Besser wäre es wahrscheinlich gewesen, hätte sich die Handlung nicht allein auf Norman konzentriert, sondern abwechselnd auf die drei tragenden Charaktere des Psychologen sowie Harry und Beth. Denn das Bild, das die Leser von diesen beiden erhalten, ist durch Norman bereits vorgegeben, während eine wirkliche Reflexion seiner Figur durch die Augen der Anderen nicht vorhanden ist. Was es dabei genau mit der Kugel auf sich hat, spielt für den Ausgang der Geschichte eine untergeordnete Rolle. Das Bild, welches man von ihr in den späteren Kapiteln, darunter dem Epilog, erhält, ist für eine Interpretation ausreichend. Umso schrecklicher daher der deutsche Titel, der hier ein völlig falsches Resümee der ganzen Ereignisse zieht. Die technisch-wissenschaftlichen Einschübe Crichtons über die Funktion von Unterwasserhabitaten, den Aufbau von Schwarzen Löchern und anderen Themenfeldern sind gut recherchiert, informativ und dabei in Verbindung mit der Geschichte nicht so abgehoben, dass sie verfälschend wären. In regelmäßigem Abstand wissen sie die sich im Kreis drehenden Dialoge und thrillerlastige Geschichte auf ein semi-authentisches Niveau zu heben. Im Ganzen ist Sphere jedoch wegen seiner narrativen Schwächen, gerade zum Ende hin, ein etwas unausgegorenes Werk, welches durch die rudimentäre Übersetzung von Alfred Hans („Kreuzdonnerwetter“, „Rutsch mir doch den Buckel runter“, etc.) einen ungewollt trashigen Zug erhält.

Sphere (1998)

We're all gonna die down here.

Neben Steven Spielberg zählt auch Oscarpreisträger Barry Levinson zu den Regisseuren, die zwei Mal einen Roman von Michael Crichton verfilmt haben. Vier Jahre nach Disclosure würde Levinson sich des Stoffes von Sphere annehmen und für 80 Millionen Dollar einen Flop für Warner Bros. Pictures einbringen. Dabei ist sein Film eine weitestgehend getreue Adaption der Romanvorlage, die lediglich hier und da eine Abweichung präsentiert, abgesehen vom veränderten Finale. Mit Dustin Hoffman, Sharon Stone und Samuel L. Jackson konnte Levinson auch drei namhafte Darsteller gewinnen, die durch den damals noch recht unbekannten Liev Schreiber ergänzt wurden. Weltweit konnte der Film lediglich 50 Millionen Dollar einspielen und sollte auch für Levinson eine Pause in seiner Karriere bewirken, konnten doch keine seiner folgenden Filme an Erfolge wie Rain Man oder Good Morning, Vietnam anknüpfen. Ohnehin war das Jahr 1998 mit Filmen wie Armageddon oder Deep Impact ziemlich beengt, was Missionen in luftdichten Anzügen anging. Obschon es sich wie erwähnt um eine ziemlich getreue Adaption handelt, geht Levinson einen anderen Weg als es Crichton im Buch gepflegt hat. Die technischen Aspekte werden nur so weit erläutert, wie sie für das Verständnis des Filmes von Nöten sind. Im Gegensatz zur Vorlage wird daher vielleicht nicht jeder exakt verstehen, wie ein Schwarzes Loch funktioniert, wenn die Person es nicht ohnehin bereits weiß. Aber allgemein spielt die Kugel in Sphere eine weitaus geringere Rolle, als sie Crichton in seinem Roman benutzt. Levinson bedient sich ihrer vormerklich als Projektionsfläche für ein Überthema: Angst.

Im Film ist die Kugel gewichtiger aus Auslöser der unterbewussten Angst dargestellt, als es im Roman der Fall ist. Dort verwendet die Crew auch mehr Zeit in ihren Gesprächen mit Jerry, die ebenfalls anders strukturiert werden, um später eine Identifikation mit Harry (Samuel L. Jackson) zu offenbaren. Levinson wirft dieses Konstrukt vollkommen über Bord, sodass die Szenen selbst noch mal eine andere Bedeutung als im Kontext des Romans erhalten. Stattdessen ist die Kugel hier lediglich der Auslöser, wird aber nicht großartig im weiteren Verlauf berücksichtigt. Für ihr Verständnis fehlt dann auch Normans (Dustin Hoffman) Besuch in ihr, der im Film ohnehin viel früher stattfindet und zu einem wahren Mischmasch der Ereignisse führt. Dem Publikum erschließt sich im Film daher nicht um was es sich genau bei der Kugel handelt bzw. nicht handelt, da diese Frage von den Charakteren hier nicht erörtert wird. Da der Film in seiner vorhanden Form über zwei Stunden lang ist scheint sich die Ursache hierfür in der Laufzeit niederzuschlagen, die man ungern über zweieinhalb Stunden dehnen wollte. Ohnehin begeht Levinson den typischen Weg einer Romanadaption indem er viele Haken schlägt. Was als wichtig erachtet wird, erfährt eine Thematisierung, ist dabei oftmals aus seinem Zusammenhang gerissen, weshalb viele Einstellungen unfertig und nichts sagend wirken.

Mach mir den Kubrick, Barry ... 2001: A Spacey Odyssey meets Sphere.

Hinzu kommen kleine, unwichtige Veränderungen wie Norman und Beths (Sharon Stone) Nachnamen. Unklar, weshalb Norman im Film Goodman und nicht Johnson heißt, ebenso wie Beths Name von Halpern zu Halperin geändert wurde. Ebensowenig tragisch ist der Alterstausch der Figuren Harry und Ted (Liev Schreiber). Wohingegen Ted im Roman vierzig und Harry dreißig und bebrillt ist, ist es im Film umgekehrt. Gut möglich dass Levinson einfach keinen bekannten dreißigjährigen Afroamerikaner gefunden hat, der ihm geeignet schien die Rolle von Harry zu spielen. Grundsätzlich lässt sich an den Besetzungsentscheidungen jedoch nicht meckern, die Darsteller repräsentieren ihre Figuren authentisch und spielen sie über weite Strecken auch glaubhaft und überzeugend. Es ist wenn dann das Drehbuch, das sie mitunter ins Overacting treibt, da es übertrieben auf jenes Element der Angst ausgerichtet ist. Die Konzentration auf jene sollte für Levinson den Film wohl verstärkt in die Thriller-Kategorie schieben, was ihm jedoch misslingt, da er nicht den Punkt der Vorlage trifft. Hierzu zählt auch das flache und unspannende Finale, welches selbst das des Romans noch mal unterbietet und kulminiert schließlich in dem veränderten Ende, welches seine zwiespältige Interpretation – zumindest hat es den Anschein – aufgeben muss. Die Veränderungen gegenüber der Vorlage stoßen nur hier etwas sauer auf, hat man zuvor bereits die Tode von Barnes (Peter Coyote) und Ted in ihrer abgewandelten Form – mehr Unfall wie „Absicht“ – bereitwillig geschluckt. Das Finale des Filmes ist in seiner Form jedoch zu weichgespült und mehr als unglaubwürdig. Mordversuche der Überlebenden aneinander werden sofort vergeben, umso lächerlicher, da zuvor eine extreme Spannung zwischen allen vorbereitet wurde.

Zudem scheitert der Film an seiner versuchten Vertiefung der jeweiligen Charaktere, speziell natürlich Harry und Beth. Des einen Tintenfischabneigung und der anderen Vorgeschichte mit Norman ist prinzipiell zur Erzählung der Geschichte nicht notwendig und erfüllt dabei auch nicht den Zweck der Dramatisierung. Dafür werden diese Aspekte nicht stark genug gewichtet, sodass der Versuch zeitweise in den Bereich des Horror abzutauchen jedes Mal grandios scheitern. Auch von den Nebenkriegsschauplätzen bei Crichton (Norman war nur vierte Wahl, Barnes belügt das Team) ist im Film nicht mehr viel geblieben, insgesamt entfaltet sich bei Levinson die angespannte Situation aller Beteiligten, nicht nur untereinander sondern vor allem gegenüber Jerry, weniger gelungen wie in der Romanvorlage. Andere Kürzungen wie den Angriff des Riesenkalmars hat man soweit umgeformt, dass man sich die Effekte für jenen Kalmar sparen konnte. Das ist gerade deswegen enttäuschend, da die Ursache für einige Todesfälle dadurch abgeändert wird und umso erstaunlicher, weil es Levinsons Ansatz der Geschichte eigentlich unterstützt hätte. Im Grunde bleibt Sphere jedoch von der Adaption her eine gute Umsetzung, deren Fehler weniger die Arbeit von Levinson und Konsorten ist, als vielmehr Crichtons Vorlage. Der Film versagt aus denselben Gründen, weshalb es auch dem Roman nicht zu gelingen vermag mehr als Durchschnitt zu sein, obschon er zu meinen Lieblingswerken zählt (was ich mir selbst nicht erklären kann). Die Ausstattung, die Effekte, die Besetzung der Figuren – alles ist im Grunde gelungen, lediglich die Geschichte von Crichton gibt nicht mehr her, als das was dem Zuschauer hier geboten werden kann. Ähnlich, wie es auch bei anderen Crichton-Verfilmungen (Timeline, Congo) der Fall gewesen ist.

5/10