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21. Februar 2016

Total Recall

I feel like I was meant for something more than this.

Tag aus, Tag ein immer dasselbe. Man steht auf, geht zur Arbeit, folgt stets derselben Routine. “Without questioning it”, klagt Fabrikarbeiter Doug Quaid (Colin Farrell). Sogar dieselben Plätze nehmen er und Arbeitskollege Harry (Bokeem Woodbine) täglich im Shuttle-Transport zur Arbeit ein. Das kann es nicht gewesen sein, vor allem, als Quaid erfährt, dass eine erhoffte Beförderung ausbleibt. Aus Frust sucht er Rekall auf, eine Firma, die falsche Erinnerungen ins Gehirn transplantiert. Quaid will einen Traum, in dem er mit einer mysteriösen Frau (Jessica Biel) als Geheimagent arbeitet, vertiefen. Nur scheint der Traum weniger Traum als subtile Erinnerung zu sein.

Wer alt genug ist, mag sich daran erinnern, dass diese Geschichte bereits erzählt wurde. Paul Verhoeven adaptierte 1990 Total Recall aus Philip K. Dicks Kurzgeschichte “We Remember It For You Wholesale”. Darin spielte Arnold Schwarzenegger den Bauarbeiter Doug Quaid, der von einer Mars-Reise träumte – ehe Mitarbeiter von Rekall feststellten, dass er diese bereits getätigt hatte. Als Spielball zwischen dem Mars-Gouverneur Cohaagen und dem subversiven Widerstand erlebt Quaid ein wildes Abenteuer auf einem fremden Planeten – oder womöglich doch nicht. Verhoeven ließ dabei offen, ob sein Film letztlich nicht vielleicht doch bloß ein Rekall-Implantat war.

Derartig verspielt gibt sich das 2012er Remake von Regisseur Len Wiseman keineswegs. Dies fängt bereits mit dem Beginn an. Wo Verhoeven eine simple, kurze Szene auf dem Mars zwischen Quaid und einer unbekannten Frau (Rachel Ticotin) inszenierte, setzt sich Wisemans einleitender Traum visuell nicht wirklich von der Realität ab. Und wirkt somit weitaus weniger als Traum, sondern ziemlich offensichtlich wie eine Erinnerung. Der restliche erste Akt folgt weitestgehend dem Originalfilm, verzichtet lediglich auf die Mars-Komponente und präsentiert dem Zuschauer eine dystopische Zukunft mit zwei Handlungsorten: der United Federation of Britain und der Kolonie.

Zumindest visuell macht die Kolonie – eine Blade-Runner-eske Interpretation einer asiatisch angehauchten Shanty Town – etwas her, nur verlagert sich die Handlung in der zweiten Filmhälfte in das sterilere Groß-Großbritannien. Im Remake ist Rekall weniger seriöse Firma als ein Hinterhof-Esoterik-Schuppen neben Straßen-Tattoo-Shops (hat aber das Budget, große Werbereklamen in der Kolonie zu schalten. Die Rekall-Implantation kommt nicht zu Stande, Quaid wird auf der Flucht zum Mörder und sieht sich Zuhause mit seiner Frau Lori (Kate Beckinsale) einer Agentin von UFB-Kanzler Cohaagen (hier: Bryan Cranston) konfrontiert. Erneut muss Quaid danach die Flucht ergreifen.

Wo Verhoeven nun den Plot auf den Mars verlagert, wo Quaids vorheriges Alter Ego ihn instruiert, Melina, jene mysteriöse Frau, aufzusuchen, um den Kontakt zu Rebellenführer Kuato herzustellen, substrahiert Wiseman den Mutanten-Subplot aus der Gleichung, folgt aber in der Struktur dem Original (wobei Kuato hier zu Matthias, gespielt von Bill Nighy, wird). Lebt die 1990er Version vom futuristischen Mars-Setting inklusive Mutanten, Johnnycab und “I got five kids to feed”-Benny (Mel Johnson, Jr.), verliert sich das Remake in seiner glanzlosen Darstellung einer mehrstöckigen Gebäudewelt. Verhoevens Film atmet durchweg Philip K. Dick, Wiseman äfft eher Minority Report nach.

Zugleich gerät das, was dem Zuschauer präsentiert wird, wenig interessant. Jede Actionszene besteht aus derselben Flucht von Quaid vor Lori (Wiseman verschmilzt in ihr Lori und Michael Ironsides Figur Richter), was sie repetitiv-ermüdend macht. Zudem wird Cohaagen mit einer suspekten Motivation ausgestattet. Zwar schwand gegen Ende meine Aufmerksamkeit, aber es wirkte so, als wolle er die Menschen in der Kolonie ausmerzen, und sie durch seine UFB-Dronen ersetzen. Aber die könnten an sich ja auch in Afrika oder Nordamerika hausen (?). Im Gegenzug präsentierte Verhoeven eine weitaus simplere Action und Handlung, die jedoch sehr viel spannender gerieten.

Wisemans Inszenierung ist trotz aller futuristischen Spielerei eine reichlich lieblos-sterile Angelegenheit. Weitaus ärgerlicher als die belanglose Action ist dabei sein ausuferndes Faible für Lens Flares. Die brechen in fast jeder Szene über einen herein, reißen dabei immer wieder aus dem Geschehen heraus und scheinen nahezu ein Eigenleben zu entwickeln. Total Recall vereint so viele Lens Flares in sich wie drei J.J. Abrams’ Filme – und das will etwas heißen. Was Remake und Original aber noch mehr unterscheidet, ist der Ton. Hier und da versucht Wiseman den süffisanten Humor der 1990er Version zu übernehmen (“It’s safe to say we’re separated”) – und scheitert.

Bei Verhoeven und Dick ging es um Dougs Identitätskrise und dem Wunsch nach mehr (“I want to do something with my life”). Rekall versprach hier “a vacation from yourself” – nur war der vermeintliche Kunde nicht die Person, die er zu sein schien. Der doppelte Boden des Rekall-Implantants fehlt im Remake gänzlich. “People are trying to kill you left and right, you meet this beautiful exotic woman (…) I don’t want to spoil it for you, but rest assured: by the time the trip is over you get the girl, kill the bad guys and save the entire planet”, nimmt im Original Rekall-Chef Bob McClane (Ray Baker) den Filmverlauf vorweg. Entsprechend offen lässt Verhoeven diesen enden.

Sein Total Recall ging auch um Vertrauen – oder dessen Mangel. Cohaagen traute der außerirdischen Technologie nicht. Melina vertraut Quaid, vormals Hauser, auch nachdem dieser als Schläfer enttarnt wird. Und Quaid vertraut letztlich seiner neuen Identität gegenüber seiner alten. Die 1990er Version überzeugt in allen Belangen, ist Actionreich und gewaltvoll, aber in kleinen Dosen. Dabei bleibt der Humor nicht auf der Strecke und sowohl visuell (Effekte, Make-up) als auch auditiv (Jerry Goldsmiths Musik) und mit seinem Ensemble (Sharon Stone vor ihrem Durchbruch in Verhoevens Basic Instinct zwei Jahre später) weiß Total Recall auf ganzer Linie zu überzeugen.

Was sich vom Remake nicht sagen lässt. Der talentfreie Handlanger Wiseman gibt sich besonders schlau (Farrell liest auf dem Weg zur Arbeit Ian Flemings The Spy Who Loved Me), zitiert fleißig das Original, hat dieses aber wie so viele Remake-Marionetten (siehe auch RoboCop) schlicht nicht verstanden. Es erstaunt immer wieder, dass Leute wie Wiseman, Brett Ratner oder McG weiterhin Jobs in Hollywood kriegen. Der Vorteil dieses Total Recall-Remakes ist, dass man es bereits beim Sehen vergisst, während man an die Klasse des Originals denkt. “Best memories I have”, lässt sich zum Verhoeven-Film ein Zitat des Remakes ummünzen. “A whole lot better than this shit.”

2.5/10

17. Januar 2015

Return to Paradise vs. Brokedown Palace

Für viele Rucksack-Touristen ist Asien der Hotspot schlechthin. Das Leben ist für westliche Verhältnisse nicht sonderlich teuer und zugleich dank Sonne, Strand und Meer paradiesisch. Allerdings liegen in den träumerischen Ländern Fernosts Paradies und Hölle bisweilen nah beieinander. Denn wenn es um Drogen geht, versteht das asiatische Justizsystem meist keinen Spaß. Fälle von Backpackern, die wegen Drogen im Gepäck zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werden, sind keine Seltenheit. Auch in Hollywood war das Thema Ende der 90er Jahre aktuell, zuerst in Joseph Rubens Return to Paradise (dt. Für das Leben eines Freundes) von 1998, ein Jahr später dann in Jonathan Kaplans Brokedown Palace. Beide Filme liefen wenig erfolgreich.

Im Gegensatz zu A Bug’s Life/Antz oder Snow White & the Huntsman/Mirror, Mirror handelt es sich allerdings nicht um Schwesternfilme. Zwar ähneln sich die Werke von Ruben und Kaplan darin, dass ihre US-amerikanischen Figuren aus Spaßzwecken nach Asien kamen, ehe sie wegen des Besitzes von Drogen ins Gefängnis wandern, dennoch geraten sie in ihrer Struktur unterschiedlich. Während Brokedown Palace seine Figuren als Opfer zeichnet, denen Unrecht getan wurde, gelingt es Return to Paradise, über weite Strecken ein interessantes moralisches Dilemma zu zeichnen, das der Zuschauer auf sich selbst übertragen kann. Aufgrund des ähnlichen Themas sollen beide Filme an dieser Stelle  etwas genauer betrachtet werden.

Return to Paradise [Für das Leben eines Freundes]

It’s like God’s own bathtub.

Manchmal kann eine unbedachte Handlung ein ganzes Leben verändern. “So, the plan was to party till we ran out of cash in Malaysia”, berichtet Vince Vaughns Figur Sheriff zu Beginn von Return to Paradise. “It was a paradise of rum, girls and cheap hash.” Gemeinsam mit seinem Kumpel Tony (David Conrad) lernt Sheriff vor Ort den „Öko“ Lewis (Joaquin Phoenix) kennen. Das Trio verbringt fortan seinen Urlaub gemeinsam, mit Alkohol und Haschisch. Leiht ein Fahrrad und entsorgt es dann einfach im Dschungel, als es nach einem Unfall nicht mehr fahrtauglich ist. Am nächsten Tag verabschieden sich Sheriff und Tony zurück nach New York. Dort erhalten sie zwei Jahre später Besuch von Anwältin Beth (Anne Heche), die um Lewis’ Leben kämpft.

Denn als der Fahrradbesitzer mit der Polizei vorstellig wurde, fanden sie das verbliebene Haschisch der Jungs in Lewis’ Besitz. Vier Gramm über der Toleranzgrenze gilt Lewis nun als Schmuggler. Worauf in Malaysia die Todesstrafe steht. Nachdem alle Einsprüche abgeschmettert wurden, bleibt ihm nur noch eine Woche Zeit. Wenn sich Sheriff und Tony bereit erklären, für jeweils drei Jahre ins Gefängnis zu gehen oder alternativ einer der beiden für sechs Jahre, wird die Todesstrafe für Lewis ausgesetzt. Ein moralisches Dilemma, dem sich die beiden Männern in den Folgetagen stellen müssen. Sind sie bereit, für das Leben eines Freundes das eigene hintenanzustellen und es womöglich sogar im Gefängnis eines fremden Landes zu gefährden?

Es ist diese zentrale Frage, die im Grunde die Handlung von Return to Paradise darstellt. Und auch, wenn der Film bisweilen Tonys Abwägung berücksichtigt, steht Sheriff doch im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu Tony, der einen respektableren Job und eine Verlobte (Vera Farmiga) hat, blickt Sheriff auf ein eher nutzloses Leben zurück. Die Wohnung macht wenig her, tagsüber verdingt er sich als Limousinenfahrer. Entsprechend hebt auch sein Vater hervor, dass es eigentlich die sinnigere Entscheidung sei, zurückzugehen. Auch wenn ihm natürlich klar ist, dass Sheriffs Persönlichkeit dies nicht hergibt. “Who’s kiddin’ who?”, meint dessen alter Herr süffisant. Und auch Sheriff betont immer wieder die Schwäche in seinem Charakter.

“It isn’t in me”, gesteht er da an einer Stelle Beth, wie auch vor Jahren bereits ihrem Bruder. In Malaysia hatte Lewis Sheriff gefragt, ob er mit ihm in Borneo Orang-Utans retten wolle. “I don’t have that kind of stuff in me”, lehnte Sheriff den Vorschlag dankend ab. Erst in der Erkenntnis, dass sein Leben in der jetzigen Form kein lebenswertes ist – schon gar nicht, wenn Lewis hierfür sein eigens Leben lassen muss –, setzt bei Sheriff allmählich ein Umdenken ein. Dabei reitet Ruben gar nicht mal so sehr auf der Tatsache herum, dass es Sheriff war, der einerseits das Fahrrad weggeworfen und andererseits Lewis das Haschisch überlassen hat. Von der Schuldfrage her sollte Sheriffs Rückkehr als Hauptverursacher kaum Überwindung kosten.

Zugleich postuliert Return to Paradise die Frage, die sich Sheriff und Tony stellen müssen, auch an sein Publikum. Wie würde der Zuschauer selbst reagieren, wenn das Leben eines Freundes von seiner Entscheidung abhinge? Hier macht es sich der Film im Grunde sogar so leicht, dass Lewis weniger Freund als Urlaubsbekanntschaft ist. Dennoch wird seine Persönlichkeit zumindest für die übrigen Figuren derart etabliert, dass diese ihn als guten Menschen beschreiben. Womöglich als einen besseren als sie selbst es sind. Dass Sheriff und Tony dabei voneinander abhängig sind, ob sie „nur“ drei oder doch sechs Jahre ins malaysische Gefängnis müssen, führt bei der jeweiligen Entscheidungsfindung der beiden zu weiteren Spannungen.

Dennoch winkt der Film teils etwas arg mit dem Zaunpfahl, beispielsweise wenn Sheriff in New York an einem Werbeplakat für Malaysia vorbeiläuft. Auch der Subplot mit Jada Pinkett-Smiths egoistischer und destruktiver Klatschreporterin sowie die etwas unnötig in die Handlung geschriebene Romanze zwischen Sheriff und Beth (die sich obendrein als Lewis’ Schwester entpuppt) ziehen einen von seiner Intention ausgesprochen starken Film etwas herunter. Gerade, da das eigentliche Thema die Wandlung von Sheriff darstellt. “I knew you was coming back”, sagt Lewis da zum Schluss. “Even if you didn’t.” Das hätte trotz der Ereignisse in aller Tragik als „Happy“ End gereicht. Schade, dass der Film dennoch die Abfahrt nach Hollywood nimmt.

6.5/10

Brokedown Palace

No matter how I look at this, you didn’t deserve this.

Der Habitus, nach dem Schulabschluss erstmal um die Welt zu reisen, ist inzwischen Gang und Gäbe. So entschließen sich auch die Freundinnen Alice (Claire Danes) und Darlene (Kate Beckinsale) in Brokedown Palace dazu, nach dem High-School-Abschluss einen kurzen Trip zu unternehmen. Statt nach Hawaii, wie ursprünglich geplant, geht es heimlich doch lieber nach Thailand. “It hat to be amazing”, sagt Alice später. “Memorable.” In Thailand ist das Leben billiger und aufregender, zwischen alten Tempeln und gefälschten Souvenirs. Als sich die Mädchen in ein Luxushotel schleichen und dabei erwischt werden, Cocktails auf Kosten anderer Gäste zu trinken, springt ihnen der nette Australier Nick (Daniel Lapaine) rettend zur Seite.

Wo Return to Paradise das Beziehungsdrama bis zum Schlussakt aufspart, präsentiert es Jonathan Kaplan im ersten Akt. Sowohl Alice als auch Darlene finden Gefallen an Nick, der beide Mädchen zu einem kostenlosen Flug nach Hong Kong einlädt. Beim Einchecken taucht jedoch plötzlich die Polizei auf und findet bei den Amerikanerinnen Heroin im Gepäck. In ihrer Naivität unterschreibt Darlene unwissentlich ein in Thai verfasstes Geständnis, vor Gericht werden sie und Alice daraufhin zu je 33 Jahren Gefängnis verurteilt. Lag ihnen soeben noch ihre ganze Zukunft offen, scheint ihr Leben nunmehr dahin. Die Frage, ob eine von ihnen dabei für Nick die Drogen schmuggelte, stellt Kaplan gar nicht, etabliert lieber die Unschuld der zwei Mädchen.

Seinerzeit schlug Brokedown Palace Wellen, weil sich Hauptdarstellerin Claire Danes negativ über die Philippinen äußerte, wo der Film wegen seiner kritischen Darstellung des thailändischen Justizsystems gedreht wurde. Anschließend wurde sie dort zur Persona non grata ernannt – nicht gerade die beste Werbung. Ein Problemkind ist auch ihre Figur, wie Darlenes Vater später etabliert. Nicht zuletzt war es Alices Idee, statt nach Hawaii gen Asien zu reisen. Wenn also eine der beiden das Heroin in die Tasche gepackt hätte, wäre es wohl unweigerlich Alice gewesen. Insofern ist die Entscheidung, beide als Opfer der Umstände zu zeichnen, nachvollziehbar. “They don’t give a shit in this third world country”, echauffiert sich Alice entsprechend.

Insofern geht Kaplan in seinem Film einen anderen Weg als Kollege Ruben, auch wenn Brokedown Palace am Ende mit Alices Entschluss, beide Haftstrafen abzusitzen und somit ihre Freundin seit Kindestagen in die Freiheit zu entlassen einen ähnlichen Verlauf nimmt. Der wiederum ist selbst jedoch nicht Thema, obschon Alices Entscheidung, statt 33 Jahren 66 Jahre – und damit den Rest ihres Lebens – in dem thailändischen Gefängnis zu verbringen, weitaus dramatischer ist, als Sheriffs Akzeptanz von sechs Jahren (die schlussendlich ohnehin zu sechs Monaten verkürzt werden). Dass den Zuschauer dennoch Sheriffs Entschluss mehr berührt, obschon die Tragweite für Alice größer ist, zeugt vom Scheitern von Brokedown Palace.

Vielmehr ist Kaplans Beitrag ein Drogen-Drama mit Kritik am Justizsystem von Thailand im Speziellen wie Asien im Allgemeinen. Berücksichtigt man beide Filme, erscheinen die Strafen in der Tat übertrieben hart, angesichts dessen, wie leicht und billig die Drogen in den Ländern erhältlich sind. Auch derartige Haftstrafen scheinen sie nicht wirklich von der Straße zu halten. Im Gegensatz zu Return to Paradise (wo vier läppische Gramm den Unterschied zwischen Konsum und Handel ausmachten) ist der Drogenfund bei Alice und Darlene alles andere als ein Kavaliersdelikt, dem man fehlendes Fingerspitzengefühl nachsagen kann. Und das trotzdem wie bei Sheriff, Lewis und Tony am Ende schlicht auf westliche Naivität zurückzuführen ist.

In seiner zweiten Hälfte driftet der Film dann durch die Integration des in Thailand tätigen Anwalts “Yankee” Hank Green (Bill Pullman), der die Verteidigung von Alice und Darlene übernimmt, etwas mehr in Justizdrama-Gefilde, was aber nicht allzu spannend gerät. Auch, weil Nachforschungen zu Nick, die nicht so schwierig sein sollten, im Sand verlaufen. Dass Kaplan den Film von Anfang bis Ende mit Pop-Gedudel der Marke PJ Harvey unterlegt, sollte ihn wohl der MTV-Generation nahebringen, lässt ihn jedoch eher fiktionaler erscheinen, als seine Geschichte eigentlich ist. Wo sich Return to Paradise letztlich also trotz seiner guten Prämisse zu sehr Hollywood-Klischees bedient, ist Brokedown Palace nicht mehr als ein ebensolches.

4.5/10

21. März 2008

Kurz & Knackig: Welcome to Bayhem

Bad Boys – mit diesem Film begann damals alles, der große Auftakt für Michael Bay in Hollywood. Auch Will Smith verdankt dem Film seinen filmischen Durchbruch, der in nach Independence Day in die Superliga katapultieren würde. Dabei hätte es den Film in der Form fast nie gegeben, da das Produzenten-Duo Bruckheimer/Simpson ursprünglich Dana Carvey und Jon Lovitz in den Hauptrollen vorgesehen hatte. Zum Brüllen. Überraschend auch dass der Film bei Rotten Tomatoes nur 44% inne hat. Natürlich ist die Story – wie immer bei Bay – extrem schwach, was mitunter daran gelegen haben mag, dass sich der Regisseur wenig ans Drehbuch hielt und seine Darsteller improvisieren ließ. In Miami müssen die beiden Cops Mike Lowry (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) innerhalb von vier Tagen versuchen das konfiszierte und wieder gestohlene Dope der Polizei zu besorgen. Immer im Schlepptau die einzige Zeugin des Täters (Teá Leoni). Ironischerweise besteht das 2003er Sequel fast zur Hälfte aus demselben Inhalt nur um sehr viel schlechter zu sein. Man sollte sich jedoch nichts vormachen, Bad Boys steht exemplarisch für das Actionkino der 90er Jahre, das von Simpson/Bruckheimer geprägt wurde. In der Hinsicht ist der Film nicht schlechter als ein Beverly Hills Cop oder Lethal Weapon, daher, wenn auch mit gehörig Nostalgiebonus, bekommen die Bad Boys von mir 6.5/10.

The Rock – Der zweite Spielfilm vom Master of Desaster ist bis dato sein bester, zumindest laut Rotten Tomatoes. Dort hält der Film starke 62%, was fast der dreifachen Bewertung von Bad Boys II entspricht. Wer weiß, vielleicht liegt dies ja an Quentin Tarantino, der am Drehbuch mitgeschrieben hat, auch wenn ihm kein Kredit zufiel. Die Handlung lässt sich dabei wie immer bei Bay auf ein Staubkorn pressen. Der durchgeknallte Ed Harris ist stinkig weil tote Soldaten nicht gewürdigt wurden und droht damit San Francisco mit Nervengas zu beschissen. Dabei wird schon zu Beginn erwähnt, dass seine Figur ein Mann der Ehre ist und jetzt dürfte auch dem letzten klar sein, dass er die Teile nicht auf die Bevölkerung loslassen wird. Aber weil das keinen Spaß macht, dürfen Nicky Cage und Sir Sean Connery durch Alcatraz kraxeln und Stück für Stück die Bomben entschärfen. Die Logik hinterlässt man an der Abendkasse, auch Bay-typisch. Die aufdringlichste Frage, weshalb Hummel nicht alle seine Männer einfach zu den Bomben abzieht, wird nicht mal diskutiert. Holla die Waldfee, eine Videospielverfilmung zu einem Videospiel das es nie gab. Besonders hinten raus ist das Teil eine absolute Schlaftablette die in den letzten fünfzehn Minuten niemanden mehr zu fesseln weiß. Weshalb die Subplots mit Claire Forlani und dem Photofilm eingeführt wurden, frag ich mich bis heute, insbesondere wie es Cage möglich ist auf einem einzelnen Photo zu erkennen wer Kennedy erschossen hat (entweder Nixon himself oder die Täter trugen CIA T-Shirts). Die Action ist so lala, damals (1996) vielleicht noch akzeptabel wirkt sie heute wie aus der Konserve. Für die erste Hälfte des Filmes bekommt der Streifen dann doch ein paar Pluspunkte, die er jedoch einzig und allein John C. McGinley und Michael Biehn zu verdanken hat, für den Rest gibt es 5.5/10.

Armageddon – Roger Ebert (mit dem ich zuletzt bei Totoro und Gattaca fast 1:1 übereinstimmte) beschrieb den dritten Bay unter anderem als einen „Angriff auf Augen, Ohren und Gehirn“. Endlich mal wieder ein Film, bei dem ich nicht mit Ebert übereinstimme – und im übrigen scheinbar nicht mal mit überhaupt jemanden (nicht mal mit dem Kleriker, von ich die DVD, wie alle anderen Bays [als ob ich welche auf DVD hätte] entliehen habe). Ein Asteroid fliegt auf die Erde zu und die NASA schickt Bruce Willis und Konsorten aus um unseren Planeten zu retten. Im Grund ist der Film eine Version des Dreckigen Dutzends im All, macht aber gerade jetzt noch mehr Spaß wie früher – hier sieht man eigentlich jeden, den es zu sehen gibt. Nebst Willis tummeln sich Billy Bob Thornton, Will Patton, Steve Buscemi, Peter Stormare, Michael Clarke Duncan, Liv Tyler, Ben Affleck, Owen Wilson und William „The Boss“ Fichtner. Scheiße, was will man eigentlich mehr als Billy Fichtner in einem Film zu haben, selbst Mr. Bay gibt sich in einem Cameo die Ehre. Die Story könnte natürlich dümmer nicht sein, nicht einmal ein Heroinjunkie würde solche zehn Versager ins Weltall schicken, aber gerade das ist der Charme des Filmes. Zu verdanken hat er dies fraglos seinen sechs (!) Drehbuchautoren, darunter die damals relativ unbekannten J.J. Abrams und Tony Gilroy. Bei Armageddon darf man sich einfach nichts vormachen, der Film ist so herzhaft selbstironisch und eine Trashkomödie vom allerfeinsten, dass er exakt das darstellt, was ich mir unter Popcorn-Kino vorstelle. Allein Steve Buscemi und seine One-Liner sind jedes Mal den Blick in den Film wert und mit einem vom Herzen kommenden „Your mama is“ in Richtung Mr. Ebert vergebe ich meinem Lieblings-Bay unterhaltsame 8/10.

Pearl Harbor – bis heute der erfolgreichste Film aller Zeiten….NOT! Wäre er wohl gerne geworden, das merkt man ihm schon allein an seinem Titanic-Touch an. Jahrelang hab ich dieses Vehikel gegenüber einem Kumpel als Titanic überlegen verteidigt – eigentlich nur um diesen zu ärgern, da er so ein Cameron-Fan ist. Aber Hand auf die Brust: das ist wohl eine Katastrophe sondergleichen und ich zitiere nichts lieber als T.E.A.M. America: "I miss you more like Michael Bay missed the point when he made Pearl Harbor". Amerikanische Tragödie und Liebesgeschichte gleich eine Milliarde Dollar, so lautete wohl die Prämisse von Bruckheimer. Dumm nur beides hier nicht funktionieren will, Bay tut sich sichtlich schwer mit den emotionalen Momenten der Romantik. Besser wäre es gewesen entweder die Dreiecksgeschichte rund um Rafe (Ben Affleck), Danny (Josh Hartnett) und Kate Beckinsale zu erzählen oder eben den Angriff auf Pearl Harbor – beides zusammen ist dann jedoch zuviel des guten. Dazu kommt dann noch die wahrhaft unnütze Nebenhandlung um Cuba Gooding Jr., sowie die Szenen mit Jon Voight und Dan Aykroyd – die führen zu absolut gar nichts und sind so interessant wie die Frühpension des Osterhasen. Problematisch auch die Charaktereinstellungen, während die Amis (zumindest Aykroyd) wussten, dass ein Angriff auf Pearl Harbor folgt, schwant dem japanischen Admiral kurz nach dem Angriff bereits übles – ja heide bimm bamm, hätt halt einer was gesagt. Dazu übertreffen sich Affleck, Hartnett du Beckinsale an Steifheit, sodass Gooding Jr. praktisch im Schlaf aus der Riege herausragt wie Goliath aus einer Kindergartenklasse. Zudem ist die Geschichte fast eine Stunde zu lang, gerade das Ende mit der Vergeltung ruft praktisch zum Einschlafen auf, ohne Frage ist dies ein Desaster für sich und gemeinsam mit Bad Boys II Michael Bays schlechtester Film (abgesehen von Transformers), daher katastrophale 3.5/10.

Con Air – ein gefühlter Michael Bay, seit Jahren mach ich immer wieder den Fehler und attributiere dieses Action-Vehikel dem werten Mr. Bay zu. Aber wer kann es mir übel nehmen? Der Film bietet Steve Buscemi, Nicolas Cage, Hubschrauber und eine total abstruse Geschichte – eigentlich schreit Con Air „Michael Bay!“. Gewisse nostalgische Elemente trägt auch dieser Film, da ich mich damals mit einem Kumpel als 14-jähriger in diesen Film ab 16 „geschlichen“ habe (auch wenn die DVD inzwischen seltsamerweise ab 18 ist) – was ein Abenteuer! Die Handlung passt wieder auf einen Bierdeckel: Cameron Poe (Nic Cage) wird nach acht Jahren Knast in die Heimat geschickt. Dumm nur dass Massenmörder und Vergewaltiger (u.a. John Malkovich) die Kontrolle über das Flugzeug an sich reißen. Und ich gebe ehrlich zu, dass mir der Film gefällt, was eigentlich hauptsächlich an Cyrus the Virus liegt und dessen markigen Sprüchen. Aber das Intro schon, wenn Cage drei Besoffene aufmischt und einen von ihnen in Selbstverteidigung tötet, dann aber doch acht Jahre absitzen muss (schreiende Ungerechtigkeit!) ist ansehnlich. Dazu kommt dann das Ende, wenn die aufgesplittete Familie zu LeAnn Rimes „How Do I Live“ sich erstmals begegnet – wie geil ist das denn, bitte schön? Ich beantrage Freilassung auf dem Beweisgrund der Unzurechnungsfähigkeit, meine Damen und Herren, der Film ist herrlich doof und nimmt sich dabei selbst nicht allzu ernst. John Cusacks Figur ist dabei erstaunlicherweise so nutzlos wie eine Badehose an Weihnachten, den hätte man auch getrost draußen lassen können. Ach ja, Regie führte Simon West, dessen Namen man sich nicht merken muss, seine Karriere geht auch wieder bergab, zuletzt brachte er When a Stranger Calls in die Kinos (gähn). Con Air, der inoffizielle „Michael Bay“ (ich will ihn mal so nennen) bekommt von mir unterhaltsame 7/10.