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8. Oktober 2010

She’s All That

Brock Hudson? What kind of a name is that?

Die High-School-Komödie ist ein inzwischen traditionelles Genre im hollywoodschen Gefilde. Doch High-School-Komödie ist nicht gleich High-School-Komödie und in den neunziger Jahren setzt zudem bereits eine Abgrenzung zu den Vertretern aus den 80ern ein, die durch die gegenwärtige Apatowisierung ihren Höhepunkt erreicht zu haben scheint. Ende der neunziger Jahre, 1999 um präzise zu sein, prügelten sich dann zwei Schulkomödien um den Thron, die im Grunde unter denselben Voraussetzungen gestartet waren und auf die sich die Kritik und Muster des Genres vis-à-vis anwenden ließ. Dass es American Pie (11 Millionen Dollar Kosten) letztlich gelang mehr als doppelt so viel einzuspielen als She’s All That (10 Millionen Dollar Kosten), dürfte wahrscheinlich daran liegen, dass Ersterer sich eher darauf beschränkte, Jungenhumor zu erzeugen. Denn die moderne Adaption von George Bernard Shaws Pygmalion tendierte dann doch eher in Richtung einer Katharsis der Figuren als Paul Weitz’ Sex-Klamotte.

Dabei bedienen sich wie gesagt beide Filme freizügig des Klischeepools. „All the students seem to be in their 20s“ merkte Roger Ebert hinsichtlich des Alters von Freddie Prinze Jr. (damals 23) und Rachel Leigh Cook (damals 20) an. James Berardinelli sah in der Story des hässlichen Entleins als potentielle Ballkönigin “the foundation for nearly every teen romantic comedy“, wohingegen Mick LaSalle feststellte, dass She’s All That “runs out of plot”. Godfrey Cheshire schloss sogar die sehr nette Analogie, dass Robert Iscoves Film “makes (…) 'Varsity Blues' look like 'Citizen Kane'“. Sicherlich keine unberechtigte Kritik, aber nun auch keine, die in irgendeinem Genrebeitrag der damaligen Zeit - insbesondere American Pie - eine Ausnahme gefunden hätte. Da die Schablone seit gut dreißig Jahren angewendet wird, ist es folglich, wie auch im Horrorfach, stets eine Frage der kreativen Umsetzung einer altbekannten Geschichte bzw. eines vorgegebenen Musters. Und für das, was die jeweiligen Filme darstellen wollen, muss man eingestehen, dass American Pie weitaus harmonischer funktioniert, als in diesem Fall She’s All That.

Der kanadische Regisseur Robert Iscove, jahrelang Fernsehregisseur, dessen Vita Ende der Achtziger mit Gastarbeiten für Miami Vice, Star Trek: TNG oder 21 Jump Street am eindrucksvollsten erscheint, steht letztlich zwischen den Stühlen eine moralische Komödie zu drehen oder sich auf ein Klischeefeuerwerk zu beschränken. Der Pygmalion-Ansatz ist in seinem Grundsatz nicht verfehlt. Nachdem Zack (Freddie Prinze Jr.), der populärste Junge der Schule, von seiner Freundin Taylor (Jodi Lyn O’Keefe), dem populärsten Mädchen der Schule, sitzen gelassen wurde, fühlt er sich natürlich in seinem Stolz gekränkt. Später im Film bringt es Zacks vermeintlicher Freund Dean (Paul Walker) einmal auf den Punkt, wenn er rekapituliert, welchen Status Zack während der letzten Jahre inne hatte („For four years I watched you fool people into thinking you’re some sort of god in this place“). Und so führt sich Zack - zumindest zu Beginn - auch auf. Egal ob er ein Mädchen mit falschem Namen anspricht oder Simon (Kieran Culkin) lediglich „Spasti“ ruft („He knows my name!“), die Reaktionen der Personen sind sympathischer Natur.

Seine Oberflächlichkeit kommt auch in seiner Reaktion auf Taylors Abservierung zum Ausdruck. „You strip away all that attitude and makeup...and basically all you have is a C-minus G.P.A. with a wonder bra”, urteilt er über die Frau, mit der er zuvor glücklich zusammen war und die ihn verlassen hat. Nun ist High School weniger eine Sache von emotionaler Verbundenheit als eher ein Sehen und Gesehen werden unter den bestmöglichen Voraussetzungen. Das pygmalion'sche Element greift nun, als Zack behauptet, an seiner Seite würde jedes Mädchen zur Ballkönigin. Hier sieht Dean seine Chance („This is one contest you’re gonna lose“), den Unfehlbaren versagen zu lassen. Die Wahl fällt auf die verschlossene und verschrobene Laney (Rachel Leigh Cook), die in ihrer Kunstklasse schon mal den Hinweis erhält, sich doch umzubringen, weil die meisten Maler erst nach ihrem Tod entsprechend gewürdigt wurden. Im Folgenden kommt es folglich wie es kommen muss: Zack verliert seine Oberflächlichkeit und beginnt sich in Laney zu verlieben - und vice versa.

In der Choreographie dieser Romanze verhebt sich Iscove ein ums andere Mal. Viele Ausflüge zu unwichtigen und total belanglosen Charakteren in den Personen von The Real World-Star Brock Hudson (Matthew Lillard), der Zack Taylor ausgespannt hat, oder speziell dem Campus-DJ (Usher) führen der Handlung weder Inhalt noch Humor zu. Dies wird nur noch dadurch überboten, dass einerseits eine zwar nett inszenierte, aber unerhebliche Tanzsequenz integriert wurde (um die Laufzeit aufzublähen) und andererseits durch eine krude Schamhaar-Pizza-Rache-Szene, die zum einen den romantischen Helden zum Beschützer des Nerds erklärt (Lucas lässt grüßen), dann jedoch aber auch in die humoristischen Gefilde eines American Pie vordringt, die der Film zuvor allerdings weitestgehend vermieden hat. Stattdessen widmet sich She’s All That zu wenig der Annäherung von Zack und Laney, die von Iscove meisten dann abgebrochen wird, wenn sie gerade erst beginnt, sich in eine interessante Richtung zu bewegen. Sei es die unglücklich verlaufene Party von Preston („Sometimes when you open up to people, you let the bad in with the good”) oder das sich öffnende Gespräch zwischen den beiden in Laneys Keller über ihre Verschlossenheit und seine Zukunftsängste.

Dabei weist der Film viele positive Eigenschaften auf: sei es die interaktive Rückblende zu Taylors Spring-Break-Erlebnissen oder Zacks Bühnenauftritt im Jesters. Wie viele High-School-Komödien finden sich nach einigen Jahren Abstand auch bekannte Gesichter wieder, wie in Nebenrollen: Milo Ventimiglia, Anna Paquin, Gabrielle Union oder Jodi Lyn O’Keefe. Von den drei größeren Rollen konnte sich lediglich - wenn man so will - Paul Walker durchsetzen, während sich ein gut aufgelegter Kevin Pollock auch für einen Nebenpart als schrulliger Vater nicht zu schade war. Was den Film ansonsten auszeichnet, ist sein stimmiger Soundtrack, der speziell durch „Kiss Me“ von Sixpence Non The Richer besticht, aber auch durch Goldies „Believe“ herausragt. Hätte sich She’s All That mehr an seinen emotionalen Momenten versucht, die ehrlichen Augenblicke zwischen Zack und Laney stärker fokussiert und andere Elemente wie Brocks Eskapaden weitestgehend beschnitten, hätte Iscoves High-School-Komödie sicher zu mehr getaugt. So ist der Film bisweilen recht nett, aber schlussendlich einfach nur durchschnittlich.

6/10

18. September 2010

Kurz & Knackig: US-Serien Teil IV

Better Off Ted - Season Two

Friendship. It’s the same as stealing.

Manche Serien haben es nicht leicht. Sie kämpfen und widersetzen sich, durchaus geschätzt, aber nicht wirklich angenommen. Better Off Ted ist so eine die-hard-Serie, deren Finalfolgen der ersten Staffel bereits ausgesetzt und schließlich in den Sommer verschoben wurden. Nach langem Hin und Her wurde die Sitcom von Victor Fresco doch für weitere 13 Episoden verlängert - nur damit sich das Spiel dann wiederholte. Die letzten zwei Folgen wurden nicht ausgestrahlt, die Serie dieses Mal nicht für eine weitere Staffel verlängert. Immerhin zeigte sich ABC kulant genug, die verbliebenen Folgen erneut im Sommer doch noch zu senden. Was umso erfreulicher ist, da sie sehr gelungen sind. Mit Better Off Ted verlässt nun eine Serie die Showbühne, die nicht nur Potential hatte, sondern dies bisweilen auch mehr als gekonnt zur Schau stellte. Letztlich war es aber wohl ihre Inkonsistenz, die ihr zum Verhängnis wurde - war der Wechsel zwischen „Durchschnitt“ und der Preisklasse darüber doch zu stark.

Bei Veridian Dynamics ist alles beim Alten. Immer noch arbeitet Ted (Jay Harrington) für seine Vorgesetzte Veronica (Portia de Rossi) - und manchmal auch gegen sie - um das Wohl der Entwicklungsfirma, die sich zuallererst einmal um sich selbst kümmern - und dann um niemanden mehr. Hier versuchen die nerdigen Wissenschaftler Phil (Jonathan Slavin) und Lem (Malcolm Barrett) sich an neuen nützlichen Erfindungen - wenn sie nicht gerade irrwitzige und eigensinnige Ideen in die Tat umzusetzen. Des Weiteren bleibt die sexuelle Spannung zwischen Ted und seiner Mitarbeiterin Linda (Andrea Anders) bestehen, die jedoch nie vollends kanalisiert wird. In der zweiten Staffel geht es dabei weniger um einfallsreiche Erfindungen wie noch im Vorjahr, sondern eher um bürokratische Eitelkeiten, wie vermeintliche sexuelle Belästigung (The Great Repression) oder die Freiheit, jeden zu beschimpfen (The Impertence of Communicationizing). Bedauerlicherweise nehmen sich gleichzeitig jedoch die Veridian-Dynamics-Werbespots etwas zurück.

Den Vorwurf der Durchschnittlichkeit muss sich die zweite Staffel von Better Off Ted über weite Strecken zu Recht gefallen lassen. Nur selten schöpft die Show ihr Potential vollends aus, obschon es jederzeit vorhanden wäre. Erkennbar machen dies Folgen wie It's My Party and I'll Lie If I Want To oder die nahezu perfekte Episode Change We Can’t Believe In. Leider knüpfen die übrigen Geschichten aber nicht an dieses Niveau an. Woher diese abweichende Qualität kommt, ist fraglich, letztlich scheint sie der Serie jedoch das Genick gebrochen zu haben. Insofern ist es nachvollziehbar, dass bei lediglich 2,5 Millionen Zuschauern zuletzt (weniger als die Hälfte, die noch die Pilot-Folge gesehen hatte) nun der Saft abgedreht wird bei Veridian Dynamics. Immerhin sind viele der Darsteller versorgt. Der sympathische Harrington wird neben Bill Pullman die Hauptrolle in der NBC-Serie Nathan vs. Nurture übernehmen und die brillante Portia de Rossi wartet auf den Arrested Development Kinofilm, der 2012 erscheinen soll.

7.5/10

Futurama - Season Six

As if Futurama has never been cancelled by idiots.

Was haben Matt Groenings Futurama und Seth MacFarlanes Family Guy gemeinsam? Beide wurden von der Fox Broadcasting Company abgesetzt und später wieder ins Leben gerufen. Während sich Family Guy wieder munter auf Fox austobt, wurde Futurama an Comedy Central weitergereicht. Nachdem die 16 Folgen der fünften Staffel in Form von 4 Filmen a 4 Episoden herausgebracht wurden (von denen eigentlich nur Bender’s Big Score als gelungen angesehen werden kann), kehrt die sechste Staffel zu klassischen Einzelepisoden zurück. In 12 Folgen dürfen nun also Fry, Leela und Bender wieder mit ihrem Planet Express Raumschiff durch die Galaxie fliegen und dabei nicht nur dem Ende der Erde, sondern auch den Beziehungsproblemen der Hauptfiguren ins Auge blicken. Hierbei kann vorab schon konstatiert werden, dass die Einzelauswertung der Serie sehr viel gesünder bekommt, als ihr letztjähriges Filmkonzept. Zwar ist Futurama nicht auf altem Niveau, aber etwas Nostalgie blitzt durchaus auf - good news everyone.

Die auffälligste Veränderung dürfte sich in der Beziehung zwischen Fry und Leela finden. Diese wird jedoch nicht kontinuierlich thematisiert, so dass in manchen Episoden der Eindruck entsteht, die Beiden wären nicht zusammen, während sie es in anderen Folgen ziemlich eindeutig sind. Das Hin und Her der Zwei ist dabei so nervig wie eh und je, wenn auch in abgeschwächter Form nun nicht mehr ganz so präsent. Ähnlich verhält es sich jedoch, als Bender in Proposition Infinity mit Amy gepaart wird, was zwar physisch keinen Sinn macht, dafür aber immerhin politisch verwertbar wird, wenn Verweise auf die kalifornische Proposition 8 eingespeist werden. Auch sonst werden kulturelle Aspekte aufgegriffen, beispielweise der Hype ums iPad in Attack of the Killer App oder Lolcat in The Darn Katz!. Ansonsten treibt es die Charaktere in Folgen wie In-A-Gadda-Da-Leela, The Duh-Vinci-Code oder A Clockwork Origin auf fremde Planeten, beziehungsweise in The Late Philip J. Fry in fremde Zeiten auf der Erde.

Ein Wiedersehen gibt es mit vielen der liebgewonnen Figuren wie Mom, Scruffy, Kif und Zapp Brannigan, bis hin zu Elzar, Calculon, Lrrr und Hypnotoad. Die Qualität der Folgen bewegt sich dabei wie angesprochen auf einem höheren Niveau als zuletzt Into the Green Wild Yonder, bleibt jedoch hinter den guten alten Zeiten der ersten Staffel zurück. Es ist der zweiten Hälfte der sechsten Staffel (bzw. der ersten Hälfte der sechsten Staffel) zu verdanken, dass sich Futurama noch in die Durchschnittlichkeit rettet, fielen gerade die kulturellen Episoden (Proposition 8/iPad) besonders schwach aus. Seinen Höhepunkt findet das sechste Jahr in A Clockwork Origin, wenn die Evolutionstheorie auf einem fremden Planeten mit Nanobots nachgespielt wird. Gastsprecher machen sich auch dieses Mal wieder rar, sieht man von George Takei ab, der inzwischen fast schon zur Requisite gezählt werden darf (dabei gäbe es ja Potential bei Comedy Central). Immerhin haben die verbleibenden 14 Episoden, die ab November bis 2011 ausgestrahlt werden, somit Luft nach oben.

7/10

True Blood - Season Three

Trash is as trash does.

Über True Blood sprach man ja zuletzt sehr häufig, nicht nur weil die beiden Hauptdarsteller Anna Paquin und Stephen Moyer erstens zusammen und zweitens verlobt sind, sondern wegen der Tatsache, dass die Paquin ihr Coming Out hatte - sozusagen. Bisexuell sei sie und irgendwie passte das ganz zu ihrer HBO-Serienfigur der Sookie Stackhouse. Diese ist im dritten Jahr besonders nervtötend, wenn sie ihr Gänseblümchen-Spiel mit Vampir-Lover Bill (Ich lieb ihn, Ich lieb ihn nicht, Ich lieb ihn, Ich lieb ihn nicht, ∞) bis(s) zum Erbrechen - ja, ich musste diesen lahmen Wortwitz nochmals auswälzen - fortführtt. Immerhin: HBO propagiertt im dritten Jahr weniger Sex, Sex, Sex (aber keine Sorge, die Paquin streckt dennoch ihre Titten in die Kamera) und dafür vermehrt: Gore, Gore, Gore. Süßer die Vampire nie zerspringen, als Umtextung des Weihnachtsklassikers. Es zerbersten die Vampire en masse in der dritten Staffel, wie auch sonst Schädel eingedroschen werden und sonstiger Splatter-Scheiß über den Bildschirm trifft. Geilo!

Man vergisst fast, dass es eine Handlung (lies: „Handlung“) gibt. Bill (Stephen Moyer) hält also um Sookies (Anna Paquin) Hand an, wird jedoch von Mississippis Vampirkönig Russell Edgington (Denis O’Hare) entführt - durch Werwölfe! Aber nein, kein Taylor Lautner ist am Start, dafür jedoch Joe Manganiello als Alcide - der Werwolf, dem die Frauen vertrauen. Es gibt ne Buchse voll neuer Figuren: Neben Alcide auch die Wer-Pantherin Crystal (Lindsay Pulsipher), die schwule Hexe Jesus (Kevin Alejandro) und Sam Merlottes (Sam Trammell) kleiner Bruder und Gestaltwandler Tommy (Marshall Allman). Man könnte fast meinen, normale Leute gibt es nicht mehr in Bon Temps und vermutlich denkt die emotional (und auch körperlich) total gefickte Tara (Rutina Wesley) genau dasselbe. Dabei kochen die Figuren meist ihr eigenes Süppchen. Jason (Ryan Kwanten) versucht sich als Hilfssheriff, Tara versucht, ihren soziopathischen Vampir-Stecher loszuwerden, Sam versucht, mit seiner white trash Familie zu Recht zu kommen und Sookie - egal.

Grob dem dritten Band Club Dead von Schriftstellerin Charlaine Harris folgend, ist die Haupthandlung die on-and-off-Beziehung zwischen Sookie und Bill, sowie Erics (Alexander Skarsgård) Versuch, sich an Russell Edgington, dem Mörder seines Vaters, zu rächen. Derweil folgen Nebenfiguren wie Lafayette (Nelsan Ellis), Hoyt (Jim Parrack) und Arlene (Carrie Preston) ihrer eigenen Story. Viele Nebenkriegsschauplätze, die ausgelutscht werden wie sonst etwas. Wofür Alan Ball hier zwölf Episoden braucht, hätte wieder mal locker in der Hälfte erzählt werden können. Am gelungensten ist da noch Everything Is Broken, aber auch das Staffelfinale Evil Is Going On gefällt - weil es so schlecht ist, dass es dank Trash-Faktor schon wieder unterhält. Wie sagt es Jason im Finale so schön: “Sometimes the right thing to do is the wrong thing. And I know I did the right thing“. Aber: True Blood steigert sich im Vergleich zur lahmen zweiten Staffel. Und wenn der Trash-Faktor des Staffelfinales fortlebt, wird das noch eine grandiose Serie. Trash is as trash does.

7.5/10

Entourage - Season Seven

I don't care if Justin Bieber calls and wants me to negotiate the rights to his virginity.

Wenn die Hauptfigur einer Serie - oder in diesem Fall: Sitcom - überflüssig wird, hat besagte Show ein Problem. Ein großes Problem. Dabei trat dies bereits in der sechsten Staffel auf. Als Hollywood-Star Vincent Chase (Adrian Grenier) zur „blassesten aller Nebenfiguren degradiert“ wurde. Weitere Urteile waren Perspektivlosigkeit und eine fehlende Handlung. Keine Erkältung, sondern wohl eher ein krebsartiges Geschwür. Quo vadis, Entourage? Serien-Schöpfer Doug Ellis verliert sich nicht nur in (s)einer Perspektiv-, sondern verstärkt in einer Planlosigkeit. Probleme werden gezwungen heraufbeschworen, aus Gründen, die nicht nur keiner kennt, sondern die im Grunde nicht nötig waren. Vinnies Karriere zog wieder an, Drama (Kevin Dillon) hatte seine Fernsehserie, Turtle seine berühmte Freundin Jamie-Lynn Sigler und Eric (Kevin Connolly) feierte Verlobung mit seiner großen Liebe, Sloan (Emmanuelle Chriqui). Was wünscht man sich mehr? Quoten. Produzent Marky Mark zwingt die Serie in zwei weitere Staffeln - und damit an den Abgrund.

Tabula Rasa also. Drama ist die TV-Show los, Turtle die Freundin und Vince die Rehabilitation. Das, was die Macher eine Handlung nennen, ist schnell umrissen. Drama versucht (s)eine neue Fernsehserie zu kreieren, schlägt das vermeintlich gute Exposé von Billy Walsh (Rhys Coiro) jedoch (vorerst) aus. Turtles eigenes Chaffeur-Unternehmen scheitert, auch wenn Ex-Fahrerin Alex (Dania Ramirez) ihn zwischen ihre Beine und zu einer mexikanischen Tequila-Firma führt. Eric wiederum verliert sich in Eifersüchteleien zwischen seinem Kollegen Scott (Scott Caan) und Vince. Und Letzterer beginnt eine Liaison mit Porno-Darstellerin Sasha Grey und startet eine Karriere als Kokssüchtiger. Last but not least wäre da noch Ari (Jeremy Piven) zu nennen, der eigentlich nur eines will: Sein eigenes L.A.-Football-Team. Doch seine ehrgeizige Agentin Lizzie Grant (Autumn Reeser) macht ihm einen Strich durch die Rechnung - indem sie und Aris Nemesis Amanda Daniels (Carla Gugino) ihn zerstören wollen.

Die meisten dieser Handlungsstränge werden früh eingeführt und stagnieren dann bis zum bitteren Ende. Ein mühseliges Szenario, das durch die wachsende Animosität gegenüber Vinnies Figur noch anstrengender wird. Da hilft auch nicht, dass Ellis mit Namen wie John Stamos, Nick Cassavetes, Peter Berg, Jessica Simpson, Christina Aguilera, Sean Combs, Eminem, John Cleese oder US-Sport-Gesichtern wie Mark Cuban, Chris Bosh und Co. versucht das Showbusiness vertretbarer zu machen. Es tut weh, den sich bemühenden Ari leiden zu sehen. Und es schmerzt noch mehr, wenn eine unsympathische Figur wie E plötzlich zu den Sympathischen zählt. Nach annehmbarem Start driftet Entourage in seiner siebten und schwächsten Staffel in die Bedeutungslosigkeit ab. Stunted und Dramedy sind noch die gelungeneren Folgen, während die grausige zweite Hälfte und die Ankündigung, dass die achte (und letzte Staffel) wohl nur über sechs Folgen verfügt, ein rasches Ende nur umso schneller herbeisehnen lässt.

7/10

Covert Affairs - Season One

Blind guy leading you around the CIA. Insert ironic joke here.

Mit Ende des Kalten Krieges schien auch der Bedarf an Spionage-Filmen zurück zu gehen, auch wenn Martin Campbell 1995 Pierce Brosnan in GoldenEye erneut auf die Russen losließ. Dass der von Matt Damon verkörperte Jason Bourne dem Genre neues Leben eingehaucht hat, lässt sich leider nicht leugnen, obschon die Bourne-Reihe selbst eher … lassen wir das. Auch dieses Jahr tummeln sich wieder Spezial- und Geheimagenten in der Filmwelt, sei es Tom Cruise in Knight & Day oder Angelina Jolie in Salt. Es verwundert also nicht sonderlich, dass Bourne Identity-Regisseur Doug Liman, zugleich auch verantwortlich für die Agenten-Action-Komödie Mr. and Mrs. Smith, als ausführender Produzent der Agenten-Serie Covert Affairs auf dem Fernsehsender USA Network fungiert. Über fünf Millionen Amerikaner begeisterten sich wöchentlich für die Serie, in der Altersgruppe zwischen 18 und 49 war Covert Affairs sogar Spitzenreiter bei den Produktionen fürs Kabelfernsehen.

Der ausschlaggebende Sichtungsgrund findet sich in Piper Perabo. Die Coyote Ugly-Darstellerin verkörpert CIA-Rookie Annie Walker, die von der Ausbildung direkt ins kalte Wasser in Langley geworfen wird. Hier trifft sie auf Augie (Christopher Gorham), einen blinden Technik-Spezialisten, und auf ihre Vorgesetzte Joan Campbell (Kari Matchett), die mit dem Abteilungsleiter Arthur Campbell (Peter Gallagher) verheiratet ist. Zur CIA trieb die Sprachwissenschaftlerin Annie eine verflossene Liebe. Zwei Jahre zuvor hatte sie in Sri Lanka den charmanten Ben Mercer (Eion Bailey) kennen und lieben gelernt. Doch nach wenigen Wochen verschwand dieser eines Morgens. Eine Beziehung, von der die CIA weiß, war Mercer doch einst selbst Agent, der inzwischen untergetaucht ist. Annie wird fortan zumindest unterschwellig als Spielball benutzt, um Mercer aus der Reserve zu locken, der seiner eigenen Agenda folgt, die sich immer öfter mit Annies Missionen kreuzt. Dass ein Maulwurf Interna an die Presse verrät, hilft dabei wenig.

In elf Episoden darf sich Annie nun in In- und Auslandsmissionen behaupten, dabei neben Augie primär Unterstützung erfahrend durch Kollege Jai Wilcox (Sendhil Ramamurthy), der nach der Pilotfolge Eric Livelys identisch aufgebauten Conrad Sheehan ersetzt. Ansonsten wartet die Serie mit Nebenfiguren wie Emmanuelle Vaugier als Journalistin mit internen Informationen und kleineren Gastdarstellern wie Oded Fehr (The Mummy), Sienna Guillory (Eragon), Eriq La Salle (ER), Lauren Holly (Dumb and Dumber) oder Anna Chlumsky (In the Loop) auf. Nun reißt Covert Affairs bei weitem keine Bäume aus und an sich findet sich die gelungenste Episode bereits in Pilot, dem Serienauftakt. Was Limans Serie dafür auszeichnet, ist ihre durchschnittliche Konstanz und insbesondere das harmonisch-sympathisch aufspielende Duo Perabo und Gorham. Gerade Letzterer verkörpert den blinden Augie durchaus überzeugend, was für manch schwach ausgearbeitete Handlung entschädigt. Kein Wunder also, dass die Serie eine zweite Staffel erfährt.

7/10

10. Juni 2010

True Blood - Season Two

I’d die if I wasn’t already dead.

Liebe auf den ersten Blick wird gerne als Mythos angesehen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Generell wird jedoch auch gesagt, mal soll nicht immer nach dem ersten Eindruck gehen. Manche Dinge wachsen mit der Zeit. Speziell auch Fernsehserien, in ihrer bekanntesten Form auf diesem Blog hier Chuck. In der ersten Staffel noch kritisch beäugt, steigerte sich die Comedy-Show von Josh Schwartz schließlich im darauffolgenden Jahr. Was sie zu keiner herausragenden, aber letztlich doch unterhaltsamen Serie macht. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Andere Formate wie Breaking Bad wissen dagegen auch in ihrer zweiten Instanz keine sonderliche Verbesserung mit sich zu bringen, bleiben also auf demselben Niveau. Dass dies bei einer HBO-Serie nicht viel anders ist, dürfte kaum überraschen. Die Formate des Pay-TV-Senders bestechen durch ihre Redundanz und Stagnation. Was man gut finden kann, aber nicht muss.

„Mein Problem mit den Sopranos ist, dass sich weder die Serie noch die Figuren weiterentwickeln“, schrieb ich einst zur zweiten Staffel von The Sopranos. Einer Serie, die ich aus ebendiesem Grunde auch Anfang der dritten Staffel abbrach. Etabliert HBO seine Figuren erst einmal, hat es sich damit an sich oft auch. Egal ob Carrie Bradshaw, Tony Soprano oder Sookie Stackhouse (Anna Paquin), sie sind, was sie waren und sie bleiben, was sie sind. Verzeiht man einem Film noch hier und da die eine oder andere Redundanz, fällt einem dies bei einer 10-stündigen Serienstaffel schon schwieriger. Etwas, das besonders in der zweiten Staffel von Alan Balls Literaturadaption True Blood bemerkbar wird. Speziell in der zweiten Hälfte der Staffel wiederholt sich eigentlich ein und derselbe Handlungsstrang wieder und wieder. Was dazu führt, dass die präsentierte Handlung zum einen langweilig wird und zum anderen zu nerven anfängt.

Ähnlich wie in Tolkiens The Two Towers teilt sich nun die Handlung in drei Gruppen auf. Ein neuer Mord ist in Bon Temps geschehen, was aber schon bald keine Rolle mehr spielt, weil Sookie ins Fangtasia gerufen wird, um Eric (Alexander Skarsgård) einen Gefallen zu tun. Sein Schöpfer und Sheriff von Dallas, Godric, ist verschwunden, und Sookie soll bei der Suche behilflich sein. Gemeinsam mit Vampir-Stecher Bill (Stephen Moyer) geht es ab nach Texas, wo die Spur schnell zur sektiererischen Anti-Vampir-Kirche Fellowship of the Sun führt. Bei denen ist inzwischen Sookies Bruder Jason (Ryan Kwanten) ziemlich engagiert, macht er doch die Kirche für seine Gefängnisrettung Ende der ersten Staffel verantwortlich. In Bon Temps treibt derweil die Teufelsanbeterin Maryann (Michelle Forbes) ihr Unheil, verschlägt die ganze Stadt rund um Tara (Rutina Wesley) in ihren Bann und will Sam (Sam Trammell) ihrem geliebten Gott opfern.

Wie schon der Vorgänger (und auch die kommenden Nachfolger) basiert die zweite Staffel auf dem jeweiligen Band von Charlaine Harris’ Romanreihe. In diesem Fall Living Dead in Dallas. Die oben genannten Haupthandlungsstränge werden ergänzt von kleineren Subplots wie Lafayette (Nelsan Ellis), der zu Beginn von Eric als Sklave im Keller gehalten wird, weil er Vampirblut verkauft hat. Oder der romantischen Beziehung zwischen Bills Schöpfung Jessica (Deborah Ann Woll) und dem Muttersöhnchen Hoyt (Jim Parrack). Überblickt man nun diese ganzen Haupt- und Nebenhandlungen, könnte man meinen, sie würden die zwölf Episoden der Staffel ausreichend füllen. Das Gegenteil ist der Fall. Was Ball dieses Jahr zu erzählen hat, hätte auch problemlos in der Hälfte der Episoden zusammengefasst werden können. So schleichen sich wie erwähnt besonders in der zweiten Hälfte der Staffel unentwegt Redundanzen ein, die irgendwann eintönig werden.

Beliebte Szenen sind das Anknurren von Bill und Eric, da Letzterer inzwischen Gefallen an Sookie gefunden hat, aber besonders die Szenerie in Bon Temps lädt zum munteren Déjà-vu ein. Hier folgt eine von Maryann inszenierte Orgie auf die Nächste, was die Gelegenheit für viele Kopulationsszenen bietet. Hinzu kommen dann ekstatische Gewaltausbrüche, beispielsweise von Tara und ihrem boy toy Eggs (Mehcad Brooks), die sich im zweiten Akt der Staffel mehr als einmal genüsslich gegenseitig herbatschen. Es ist besonders die Integration von Maryann, die True Blood im zweiten Jahr das Genick bricht. Ihr Handlungsstrang ist so dermaßen schlecht ausgearbeitet, dass nicht nur sie einem absolut egal ist, sondern eigentlich auch die restlichen Figuren (einschließlich der Charaktere, die sich nicht in Bon Temps aufhalten). Dies führt letztlich dazu, dass sich in der zweiten Staffel der Serie keine Folge sonderlich auszuzeichnen vermag.

Sieht man von den zahlreichen Orgien ab, hält sich auch die von HBO so gern betrieben Sexualisierung etwas in Grenzen. Auch wenn Ball in der Auftaktfolge Nothing But the Blood besonders pervers zu Gange geht, wenn er Bill und Sookie erst streiten, neunzig Sekunden später dann vögeln, er sie beißen und ihr dann ihr eigenes Blut anschließend in den Mund rotzen lässt. Snowballing a la Vampir ist das dann wohl. Ob man so etwas sehen will, ist eine andere Frage. Einzig erwähnenswerter Gaststar ist dieses Jahr dann Evan Rachel Wood in einer ziemlich überflüssigen Rolle, die mit unwahrscheinlich dümmlichen Textzeilen ausgestattet wurde. Im Gegensatz zum Vorjahr kann diesmal das Staffelfinale Beyond Here Lies Nothing gefallen, allerdings nur aus dem Grund, weil der ganzen Chose nach elf langen Folgen endlich ein Ende gesetzt wird. Liebe auf den ersten Blick war True Blood keineswegs. Leider wächst die Serie aber auch nicht mit den Jahren.

6.5/10

7. Juni 2010

True Blood - Season One

All anyone’s thinking about here is sex, sex, sex.

In Spanien führte das Ende des Franquismus, der das Land gut vier Jahrzehnte lang unterdrückte, unter anderem zur movida madrileña, einer Kulturbewegung der spanischen Hauptstadt, der auch der junge Pedro Almodóvar angehörte. Dessen erste Filme, Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón und Laberinto de pasiones sind dann vor allem eins: obszön und vulgär. Aus dem einfachen Grund, weil man nun vulgär und obszön sein durfte, bedeutete das Ende des Diktators doch den Anfang der Freiheit. In ähnlicher Weise ließe sich so auch das Konzept des amerikanischen Pay-TV-Senders Home Box Office, kurz „HBO“ genannt, beschreiben. Der Sender präsentiert Fernsehserien, die das zeigen, was die Network-Sender nicht ausstrahlen dürfen: Titten und Sex. Egal ob Sex and the City, Six Feet Under oder seit zwei Jahren Alan Balls True Blood, Sex wird bei HBO groß geschrieben und verkommt zum fast schon primären Narrationsmittel. Aus dem einfachen Grund, weil man es darf. Ob das hilft, ist eine andere Frage.

Das vergangene Jahrzehnt wird gerne als die Ära der Superhelden-Filme angesehen. Dabei treiben sich fast genauso viele Vampire herum. Der lebende Untote feiert Renaissance, sowohl in der Literatur- wie Filmwelt. Und so viele verschiedene Reihen es gibt, sind sie sich doch alle ähnlich. Junges hübsches Menschen-Mädchen darf sich in blassen, knackigen Vampir-Boy verknallen. Bevorzugt aus dem 19. Jahrhundert, weil sich da ein schöner Bezug zum Unabhängigkeits- und Bürgerkrieg finden lässt. Stephenie Meyers Twilight-Serie läuft hier noch am erfolgreichsten mit ihren Kinoadaptionen rund um R-Pattz und K-Stew. Dabei sprang Meyer nur auf den Zug auf, den einige Jahre zuvor Charlaine Harris mit ihrer The Southern Vampire Mysteries-Reihe in Gang gebracht hat. Allerdings publizierte L.J. Smith ein Jahrzehnt zuvor bereits ihre The Vampire Diaries-Reihe. Dementsprechend mutet das Vampir-Genre wie eine Großküche an, in der sich jeder desselben Rezeptes bedient und lediglich die eine oder andere Zutat hinzufügt oder weglässt.

Alan Ball, Schöpfer der hochgeschätzten Serie Six Feet Under, nahm sich nun Harris’ Romanreihe an und basierte seine neue HBO-Serie True Blood auf Dead Until Dark, den ersten Roman der Southern Vampire Mysterie-Reihe. Hier dreht sich alles um die Einwohner der kleinen Stadt Bon Temps in Louisiana. Stadtzentrum ist die Kneipe „Merlotte’s“ von Sam Merlotte (Sam Trammell), wo die Hälfte der Figuren arbeitet und die andere Hälfte zum Trinken herkommt. Dreh- und Angelpunkt ist die telepathische Kellnerin Sookie Stackhouse (Anna Paquin), in die Sam verschossen ist, die sich aber Hals über Kopf in den Vampir Bill Compton (Stephen Moyer) verknallt. Vampire leben in True Blood als „geoutete“ Minderheit, dank dem japanisch-synthetischen Kunst-Blut „True Blood“. In schöner Rassismus-Parabel sind nun die Vampir-Amerikaner die Diskriminierten, als fangs verunglimpft (ihre Sexpartner dagegen als fang banger) und somit auch von den Einwohner Bon Temps’ misstrauisch beäugt.

Zu letzterer Gruppe zählt neben Sam auch Sookies sexsüchtiger Bruder Jason (Ryan Kwanten) und ihre beste Freundin Tara (Rutina Wesley). Während die anderen Figuren also im abwechselnden Spiel Sookie davon abraten, sich mit Bill einzulassen, treibt ein Frauenmörder beziehungsweise vermeintlicher Fang-Banger-Mörder sein Unwesen. Bevorzugt killt er Frauen, die mit Jason Stackhouse in der Kiste waren, sodass dieser bei den örtlichen Behörden (Chris Bauer und J.F. Sebastian William Sanderson) Hauptverdächtiger Nummer Eins ist. Es handelt sich hierbei um zwei Handlungsstränge, die recht leidlich funktionieren, ohne besonders mitreißen zu können, auch oder gerade aufgrund der ausufernden Laufzeit von rund fünfzig Minuten pro Folge. Es gibt das klassische Hin und Her zwischen den Hauptfiguren, dass später nach Sookies ersten Mal dazu führt, dass sie immer dann gut gelaunt ist, wenn ihr der Vampir zwischen die Beine gespritzt hat und andernfalls eine Fresse wie sieben Tage Regenwetter zieht.

Ohnehin lebt True Blood von seiner Sexualisierung, gibt es doch kaum eine Episode, in der Jason nicht irgendeine Thekenschlampe von hinten durchnimmt oder eine der verehrten Damen ihre sekundären Geschlechtsteile in die Kamera wackelt. Einen wirklichen Sinn haben diese Szenen nicht, außer eben die Tatsache, dass man im Pay-TV nicht zimperlich sein muss. Würde man alle Sex-Szenen der ersten Staffel herausschneiden, hätte sich die Episodenzahl vermutlich um zwei Folgen reduziert (was man bei HBO’s Politik, 12-Episoden-Staffel zu produzieren, scheinbar nicht verantworten konnte). Wer immer schon mal die Titten von Anna Paquin, Lynn Collins oder Lizzy Caplan bestaunen wollte, ohne sich wie ein Perverser durchs Internet zu stöbern, kann dies im kultivierten HBO-Qualitätsfernsehen nun ziemlich unbekümmert tun. Ähnlich wie im Falle von Almodóvars Frühwerken sollte man sich jedoch überlegen, ob es sich wirklich lohnt, etwas Sinnfreies zu machen, nur weil man es ungestraft machen kann. Einen Mehrwert sucht man vergeblich.

Der andere Handlungsstrang um die Serienmorde verläuft eher nebenher, wird in Form von einer Leiche alle paar Folgen kurz aufgegriffen und zu Gunsten einer Sex-Szene dann vorerst wieder ins Hinterkämmerchen geschoben. Es wundert also nicht, dass die Auflösung des Täters im Staffelfinale weder schockiert, überrascht oder sonst eine Reaktion hervorruft. Ein Motiv sucht man ebenfalls vergeblich. True Blood kokettiert eben mit seinen erotischen Bildern, anstatt eine ausgefeilte Handlung anbieten zu wollen. Einen Sub-Plot um die Vampir-Gesellschaft rund um deren Sheriff, Eric (Alexander Skarsgård), wird vermutlich in der zweiten Staffel ausführlicher ausgelotet, die eigentlich interessanteren - oder sympathischeren - Nebenfiguren wie Layfayette (Nelsan Ellis) oder Terry (Todd Lowe) ließ Ball meist im Hintergrund vor sich hindümpeln. Die Anspielungen auf die US-Geschichte (Rassismus, Diskriminierung, etc.) sind zwar ganz nett (Angelina Jolie adoptiert Vampir-Baby, hihihoho), aber mit der Dauer dann auch ziemlich eintönig.

Die Serie ist dabei nicht schlecht, aber eben relativ leidlich. Durchschnitt, aus dem sich allenfalls noch The Fourth Man in the Fire als gefälligste Folge herausgreifen lässt. Dass es True Blood nicht gelingt, ein überzeugendes - oder nennen wir es: spannendes - Staffelfinale zu produzieren (die Identität des Serienmörders ist so egal, wie sonst was, wird dann aber dennoch spektakulär unspektakulär aufgelöst) und mit einem Cliffhanger abschließt, der eher zum Abschalten, denn Fingernägelknabbern einlädt, spricht für beziehungsweise in diesem Falle gegen sich. Dabei ist die Inszenierung - Michael Lehmann führte in der Mehrzahl der Folgen Regie - relativ gelungen, auch die Effekte sind ansehnlich. Zudem erfreuen die Gastrollen von Collins, Caplan und John Billingsley, die weitaus überzeugender aufspielen, als Paquin und Co. So ist True Blood insgesamt eine Serie, die an ihrer Orientierungslosigkeit, zu langen Laufzeit und übertriebenen Sexualisierung leidet. Oder kurz gesagt: eine HBO-Serie.

7/10

17. August 2008

X-Men: The Last Stand

You, of all people, know how fast the weather can change.

Manche Projekte stehen unter keinem guten Stern und dies gilt auch für den Abschluss der X-Men-Trilogie. Ursprünglich hatte Bryan Singer mit 20th Century Fox einen Vertrag über drei Teile, überwarf sich dann jedoch während der Planungen für X-Men: The Last Stand mit dem Studio. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass sich der Film um Dark Phoenix drehen würde. Singer verließ schließlich das Projekt, als ihm Warner Bros. anbot, Superman Returns zu inszenieren, von dem zuvor unter anderem McG und Brett Ratner abgesprungen waren. Singer, ein selbst erklärter Fan des Man of Steel, nahm dann nicht nur seinen Drehbuchautoren mit, sondern auch Cyclops-Mime James Marsden. Als potentieller Ersatz auf dem Regiestuhl handelte Fox anschließend verschiedene Namen.

Zu diesen gehörten auch Alex Proyas und Zack Snyder, Ersterer hatte jedoch kein Interesse und Letzterer war mit 300 beschäftigt. Schließlich konnte Matthew Vaughn engagiert werden, der durch sein Debüt Layer Cake zu überzeugen wusste. Vaughn besetzte Kelsey Grammer als Beast und Vinnie Jones als Juggernaut, verließ jedoch nach wenigen Wochen das Filmprojekt wieder. Offiziell aus familiären Gründen gab Vaughn später zu, sich dem Druck von Fox nicht gewachsen gefühlt zu haben, zudem sei das Drehbuch sehr schwach gewesen. Als Ersatz für Vaughn wurde letzten Endes ebenjener Brett Ratner engagiert, der einst bei Superman Returns hätte Regie führen sollen und nun mit seinem persönlichen Freund Bryan Singer die Stühle der jeweiligen Comic-Verfilmungen getauscht hatte.

Zwei Regisseure und über zwei Dutzend Drehbuchentwürfe später konnten die Dreharbeiten zu X-Men: The Last Stand dann endlich beginnen - mit Halle Berry. Dies geschah jedoch unter der Voraussetzung, dass Berry weitaus mehr Leinwandzeit erhalten würde als bei den Vorgängern der Fall. Für sagenhafte 210 Millionen Dollar durfte Brett Ratner, der sich bis dahin hauptsächlich durch die beiden Rush Hour-Filme ausgezeichnet hatte ein Effektgewitter loslassen, welches unterm Strich wenig glaubwürdiger wirkte, als es bei Singers X-Men und einem Budget mit einem Drittel des Umfangs der Fall war. Dennoch gelang es Ratners Film an seinem Startwochenende, wenn auch kurzfristig, Rekorde aufzustellen und im Nachhinein weltweit rund das Doppelte seiner Kosten wieder einzuspielen.

Bei vielen Kritikern und vor allem Fans fiel der Film jedoch durch und das sicherlich nicht unverdient. Löblich sind zwar die Ansätze, die Handlung des Trilogie-Abschlusses auf den Comicbänden The Dark Phoenix Saga von Chris Claremont und Gifted von Joss Whedon zu basieren. Es finden sich auch Querverweise zu anderen Ausgaben aus dem X-Men-Universum, doch das alles tröstet am Ende nicht über das katastrophale Drehbuch von Simon Kinberg und X2-Veteran Zak Penn hinweg. Dieses verstrickt sich den ganzen Film über in Widersprüche und Logiklöcher. Bedauerlicherweise machte der Trilogieabschluss viel von dem kaputt, was Bryan Singer zuvor aufgebaut hatte, was angesichts der Klasse der beiden Vorgänger umso enttäuschender ist. Was man falsch machen konnte, machte Ratner falsch.

Wenige Wochen nach dem Tod von Jean (Famke Janssen) einsetzend, befindet sich Scott (James Marsden) immer noch in einem emotionalen Loch. Die Mutanten scheinen mit der Regierung auf einen gemeinsamen Nenner gelangt zu sein, wurde Hank McCoy (Kelsey Grammer) doch inzwischen zum Kabinettsminister ernannt. Aufgrund eines Mutanten mit besonderen Fähigkeiten lässt sich zudem ein Serum gewinnen, welches als Heilung gegen das Mutanten-Gen verstanden wird. Eine Nachricht, die die Mutantengesellschaft spaltet, allen voran Magneto (Ian McKellen), der eine Armee aufzubauen beginnt. Die X-Men müssen sich derweil entscheiden, auf welcher Seite sie stehen wollen, in diesem scheinbar letzten Gefecht. Dabei müssen beide Lager etwaige Todesfällen und Verluste auffangen.

Das große Manko von X-Men: The Last Stand ist, dass die Dark Phoenix-Handlung rund um Jean, sowie die Gifted-Storyline bezüglich der Heilung weitestgehend aneinander vorbeilaufen, ohne miteinander zu interagieren. Sinnbildlich hierfür steht Famke Janssen, die in den Gifted-Segmenten nutzlos neben Ian McKellen wartet, bis sie sich wieder der anderen Haupthandlung widmen darf. Gefördert wird das Fiasko von den praktisch als Gastauftritte zu bezeichnenden Nebenrollen von Marsden und Rebecca Romijns Mystique, aber auch in verschenkten neuen Rollen wie die des Ur-X-Men Angel (Ben Foster). Ratner scheitert in fast jeder Einstellung daran, mehr als zwei Figuren simultan ins Zentrum rücken zu können, zudem schiebt er auch noch die falschen Figuren in den Fokus.

Den Vogel schießt Ratner dabei vor allem mit den Charakteren von Cyclops und Angel ab. So entgegenkommend es auch ist, Cyclops in die Geschichte einzubeziehen, so unsäglich verkommt dessen Auftritt. Ganze vier Minuten ist Marsden im Bild und darf dabei beeindruckende vier Sätze von sich geben. Da Singer bereits die Figur des X-Men-Leaders zu Gunsten von Wolverine (Hugh Jackman) verschenkt hat, hätte man auf dieses Armutszeugnis getrost verzichten können. Noch erbärmlicher wird das Ganze bei bei der neuen Figur von Angel, der wie Beast/Hank McCoy zu den Gründungsmitgliedern der X-Men zählt. Foster, der extra Krafttraining für die Rolle absolvierte, bringt es auf etwas mehr als zwei Minuten und drei Sätze und wird ebenso verschenkt wie die geopferte Mystique.

Besser wäre es hier gewesen, auf Mystique und Cyclops schlichtweg zu verzichten oder die Rollen neu zu besetzen, wenn man sie in die Geschichte zu integrieren beabsichtigt. Stattdessen muss man sich mit eindimensionalen und uninteressanten Figuren wie Pyro (Aaron Stanford) herumschlagen, die bereits im Vorgängerfilm nicht überzeugte. Auch die Neuzugänge überzeugen nur bedingt. So sorgt Vinnie Jones als Juggernaut zumindest für den ein oder anderen Lacher (obschon Juggernaut gar kein Mutant ist). Serienfans dürfen sich zudem auf Eric Dane als Multiple Man freuen, sowie Ken Leung als Kid Omega und Dania Ramirez als Callisto. Dennoch werden sie alle darauf beschränkt, hilflos neben Magneto zu stehen, während sich die Handlung um sie herum fortentwickelt.

Den Unterschied zwischen X-Men: The Last Stand und seinen Vorgängern merkt man bereits beim Vorspann, der nicht unmittelbar einsetzt, sondern erstmal die Themen vorstellt (passend zum Film individuell und chronologisch). Immerhin schlägt das Fan-Herz bei der nächsten Sequenz stärker, wenn der Zuschauer zumindest eine Ahnung vom Danger Room inklusive Sentinels erhält. Nur ist diese Szene fast schon der Höhepunkt. Während die Phoenix-Saga verschenkt wird, überzeugen mitunter wenigstens die Gifted-Elemente. Was wäre, wenn tatsächlich eine Heilung existieren würde? Für Mutanten wie Storm und Magneto unverständlich, bringt es Beast auf den Punkt: Nicht jeder gliedert sich mühelos in die menschliche Gesellschaft ein. Das lebende Beispiel: Rogue (Anna Paquin).

Da neben der Heilung aber noch ein weiterer Plot besteht und Ratner versucht, das Ganze in 90 Minuten abzuvespern, bleibt nicht viel Zeit, um dieser subversiven moralischen Frage nachzukommen. Die Kräfte wandern stattdessen ins Filmfinale, das durch schwachsinnige und unnötige Einfälle auftrumpft (Warum bewegt Magneto die Golden Gate Bridge, um damit nicht mal 200 Mutanten nach Alcatraz zu bewegen? Ist Angel die ganze Zeit über der Insel geflogen, darauf wartend, dass jemand seinen Vater vom Dach schmeißt? Etc.) Das alles wird abgerundet von schmalzigen Dialogen und weiteren verschenkten Darstellern wie Patrick Stewart (Professor X) und Ellen Page (Kitty Pryde). So ist X-Men: The Last Stand der Abschluss der X-Men-Trilogie, den man dieser nie gewünscht hat.

4/10

19. Juli 2008

X2

Have you ever tried...not being a mutant?

Nachdem Edeltrash-Filme wie Batman & Robin Ende der 1990er Jahre die Comic-Adaptionen an den Rande des Aussterbens brachten, bildete bereits 1998 die Verfilmung von Blade die Umkehr zum Besseren. Bei einem Budget von 45 Millionen Dollar Budget wurde das Dreifache der Kosten eingespielt, weshalb für die nächste Marvel-Verfilmung X-Men 75 Millionen Dollar zur Verfügung standen. Auch wenn der Film ein etwas verhaltener Erfolg war, prophezeite er doch eine neue Welle gut gemachter Comic-Adaptionen, deren Budgets im Verlauf exponentiell steigen sollten. Kein Wunder, dass man Bryan Singer mit einer Fortsetzung beauftragte, für die David Hayter und Zak Penn individuell Drehbücher verfassen sollten, um diese anschließend zu einem gemeinsamen Werk zu kombinieren.

Dieses Drehbuch wurde im Jahr 2002 von Michael Dougherty und Dan Harris überarbeitet und strich die Involvierung von Figuren wie Beast oder Angel. Aus Budgetgründen - das Studio gewährte Singer dieses Mal 110 Millionen Dollar - wurden auch Szenen mit den Sentinels und dem Danger Room entfernt. Zudem erhielt Halle Berry nachträglich mehr Leinwandzeit, war sie doch im Vorjahr für Monster’s Ball mit dem Oscar als Beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet worden. Am Ende brauchte es 27 Drehbuchentwürfe bis zum finalen Skript, also ähnlich viele wie für den ersten Teil. Da Singer in jenem bereits das Erscheinen von Phoenix angedeutet hatte, verwundert es ein wenig, dass so viel Korrektur nötig war, bis das Drehbuch zur Fortsetzung X2 zufrieden stellend war.

Im selben Jahr erschienen wie Hulk, war X2 erfolgreicher als Ang Lees Film, spielte er in den USA doch das Doppelte und weltweit das Vierfache seiner Kosten ein. Im Handlungsgeschehen selbst tauchen lediglich drei neue Figuren auf: Colonel William Stryker (Brian Cox) als Antagonist, sowie Lady Deathstrike (Kelly Hu) als dessen Handlangerin und Nightcrawler (Alan Cumming) als Neuzugang bei den X-Men. Letzterer setzte sich gegenüber Beast oder Gambit als Zugang durch, da er durch sein Erscheinungsbild nochmals die Außenseiterrolle der Mutanten untermauerte. Da der Schotte Alan Cumming deutsche Sprache beherrscht, war er Bryan Singers erste Wahl für die Darstellung der deutschstämmigen Figur, die eigentlich auf den Namen Kurt Wagner hört.

Mit Cummings und Cox wurde das Set nach Patrick Stewart (Professor X) und Ian McKellen (Magneto) um zwei weitere Darsteller der Royal Shakespeare Akademie erweitert. Leider avancierte Nightcrawler nicht zu einem festen Mitglied der Mutanten, fehlt er doch in X-Men: The Last Stand, was weniger mit dem fehlenden Interesse des Darstellers, als dem Produktionsaufwand seines Make-ups zu tun hat. Da kann man es verschmerzen, dass X2 nicht auf die Tatsache einging, dass Nightcrawler der Sohn von Mystique ist (obschon beide Figuren eine nette kleine Szene erhalten). In Rebecca Romijn hatte Cummings dann auch gleich eine Leidensgenossin gefunden, verbrachte er immerhin doppelt so viel Zeit (bis zu zehn Stunden) in der Maske wie die Mystique-Darstellerin.

Mit viel Brimborium hält sich Singer in X2 dann auch nicht auf, wird dem Publikum doch innerhalb der ersten fünf Minuten bereits die erste Actionsequenz präsentiert. Spektakulär wird die neue Figur Nightcrawler vorgestellt und in einer Szene positioniert, die bereits zu Beginn des Filmes dessen Höhepunkt darstellt. Dagegen sind die beiden späteren Kämpfe von Wolverine (Hugh Jackman) gegen Strykers Männer und Lady Deathstrike nur ein laues Lüftchen. Zudem beeindruckt Nightcrawlers Einführung auch durch ihre digitalen Effekte, stehen diese ebenso wie die Choreographie der Szene die Qualität der Handlungsexposition. So wünscht man sich als Zuschauer die Wundermaschine Kino, wobei auch Wolverines Ein-Mann-Feldzug im Internat über seine Stärken verfügt.

Vielleicht auch weil Singer hier die Schere ansetzte, um ein jugendfreies Rating zu erhalten, kommt die Szene nicht an den Anfang heran. Noch weniger gelingt dies dem Kampf von Wolverine und Lady Deathstrike, der schon deswegen an Spannung einbüßt, da Wolverine hier gegen sein weibliches Pendant kämpft. Ohnehin haben sich die Macher mit Lady Deathstrike keinen Gefallen getan, beschränken sich Kelly Hus Dialoge im gesamten Film auf eine einzige Zeile. Gerade hier hätte man eine Figur wie Gambit einbauen können, trägt dieser doch seine eigenen dunklen Geheimnisse mit sich herum. Viel mehr handfeste Action kriegt das Publikum dann auch nicht zu sehen, was angesichts der diesbezüglichen Steigerung in Brett Ratners X-Men: The Last Stand etwas beschämend ist.

Dabei eignen sich die X-Men aufgrund ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten doch so gut, um verschiedenste Kämpfe darzustellen. Aufgrund ihrer Quantität besteht nicht mal die Notwendigkeit jede Figur mit ihrer Historie einzuführen. Generell gebührt Singer Lob dafür, dass er es schafft, erfolgreich eine Geschichte zu erzählen, die um ein Dutzend Figuren konstruiert ist. Dennoch kommen dabei einige Figuren wie Lady Deathstrike, aber auch Pyro (Aaron Stanford) etwas zu kurz, obschon sie in vielen Einstellungen auftauchen. Hier wäre weniger mehr gewesen, trägt Rogue (Anna Paquin) zum Beispiel wieder einmal wenig bis gar nichts zur Entwicklung der Handlung bei, ähnliches lässt sich auch Iceman (Shawn Ashmore), Cyclops (James Marsden) und Storm (Halle Berry) vorwerfen.

Allgemein spielt das X-Men-Universum nur bedingt eine Rolle in Singers Verfilmungen, geht dieser doch sehr spielerisch mit dem Erbe Stan Lees um. Anstatt mit Kitty Pryde impliziert man eine tiefere Beziehung zwischen Rogue und Wolverine, zusätzlich befindet sich Rogue in einer Liebesbeziehung zu Iceman, wo dies in den Comics mit dem in den Filmen abwesenden Gambit der Fall ist. Auch familiäre Beziehungen (hier: die Mutterschaft von Mystique zu Rogue und Nightcrawler, später die Verwandschaft von Professor X und Juggernaut) werden außen vor gelassen. Dabei hätten diese Punkte X2 mehr Tiefe verleihen können, als sich auf Stryker zu fokussieren, der seinen Ursprung ohnehin mehr in einer Origin-Story von Wolverine hat, als im X-Men-Universum.

Zudem hat X2 an demselben Problem wie Hulk: zu knabbern: die Handlung ist zu komplex. Für eine Comic-Doppelausgabe von circa 80 Seiten funktioniert das fraglos einfacher, in einer Verfilmung fehlt dem Zuschauer jedoch die nötige Bindung zur Geschichte wie auch den betreffenden Figuren. Viel Lärm um Nichts wird erneut um Wolverines mysteriöse Vergangenheit gemacht, ohne dass man dieser auch nur einen Deut näher auf die Spur kommt. Künstlich werden Verbindungen zu Figuren wie Lady Deathstrike und Nightcrawler hergestellt, letzten Endes versucht, irgendwie auch noch die Antagonisten aus X-Men nunmehr als Verbündete in X2 einzubauen. Das alles mit zusätzlicher Gewichtung auf Cerebro, der bereits im ersten Teil zur Genüge gezeigt wurde.

Dem übergeordneten Thema des Rassismus wird im zweiten Teil wenig nachgegangen. Man baut zwar eine Drama-Szene zwischen Iceman und seiner Familie ein, die seinem Coming Out als Mutant dient. Nur dauert dies erstens zu lange und führt zweitens nirgendwo hin. Übertroffen wird das nur noch vom wenig überzeugenden Finale, in welchem sich Jean aus unerfindlichen Gründen für die Gemeinschaft opfert, obschon sie fünf X-Men (Nightcrawler, Storm, Iceman, Cyclops und Professor X) hätten retten können. Löblich, dass Singer hier die Plattform für die Geburt von Phoenix im dritten Teil bilden wollte, bloß entbehrt die Szene entbehrt jeglicher Glaubwürdigkeit. X2 ist also in vieler Hinsicht eine Verbesserung zu seinem Vorgänger, allerdings mit einigen Mängel im Drehbuch.

8.5/10

6. Juni 2008

X-Men

What do you say we give the geeks another chance?

In den 1970er Jahren entstanden die größten und erfolgreichsten Superhelden des Marvel-Verlags, darunter Spider-Man, Hulk oder die X-Men. Dabei sind die X-Men etwas jünger als die beiden genannten Kollegen, wenn auch nur ein Jahr. Im Jahr 1963 erschufen Stan Lee und Jack Kirby eine Gruppe Mutanten, die die Menschheit vor einer feindlich gesinnten Gruppe anderer Mutanten zu beschützen versucht. Zu Beginn lief die Serie jedoch etwas schleppend und vermisste noch ihr heute bekanntestes Mitglied: Wolverine. Der mysteriöse Einzelgänger stieß erst in Ausgabe 94 zu den X-Men, wobei er sein Debüt zuvor in einer Ausgabe des Hulk feierte. Inzwischen, und dies nicht erst durch die Kinotrilogie von 20th Century Fox, steht Wolverine jedoch stellvertretend für die X-Men.

In ihrer Ursprungsformation bestanden die X-Men aus Professor X, Cyclops, Jean Grey, Storm, Angel, Beast und Iceman. Interessanterweise markieren die X-Men die einzige Marvel-Serie, die seit ihrer Entstehung durchgehend veröffentlicht wird - im Gegensatz zu Spider-Man, den Fantastic Four oder Hulk. Was die X-Men dabei von den anderen Marvel-Superhelden unterscheidet, sind ihre Kräfte. Denn diese sind im Gegensatz zu Spider-Man oder Hulk kein Unfallrsultat, sondern Mutationen im Zuge der Evolution. Die X-Men sind eine Minderheit, die einen Sprung in der DNS-Kette erfahren hat, der ihnen ihre individuellen Fähigkeiten beschert. Daher können die Mutanten niemandem die Schuld für ihr Schicksal zuschieben, sondern ihr Dasein ist letztlich schlichtweg ihr Schicksal.

Angesichts der Popularität der X-Men, war eine Verfilmung seit jeher im Gespräch. In den späten Achtzigern begannen die Gespräche für eine Adaption und wie zur damaligen Zeit üblich, fiel hierbei auch der Name von Tim Burton, der mit seinen Batman-Filmen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen sollte. Damals sicherte sich Carolco Pictures die Rechte an den Marvel-Mutanten. Ebenjene Firma, die unter anderem hinter der Rambo-Trilogie stand und in James Cameron einen bekannten Schirmherren hatte, der hier als Produzent fungieren sollte (sich aber später Spider-Man zuwandte). Carolco spielte für seinen Film mit einigen bekannten Namen, darunter für Cyclops (Michael Biehn, Vince Vaughn, Edward Norton), Rogue (Natalie Portman) oder Storm (Angela Bassett).

Mit entscheidend schien schienen jedoch die Rollen von Jean Grey und Wolverine zu sein, rankten sich um Erstere Darstellerinnen wie Julianne Moore, Charlize Theron oder Ashley Judd. Für Wolverine waren neben Keanu Reeves auch Mel Gibson und Russell Crowe im Gespräch. Letztlich wurde es der Schotte Dougray Scott, der aufgrund seines Engagements in Mission: Impossible II jedoch absagte. Den Zuschlag erhielt dann der australische Mime Hugh Jackman, der mit seiner Darstellung des charmanten Grantlers den Durchbruch schaffen und zu seinem heutigen Starruhm aufsteigen sollte. Wie sein Comic-Pendant ist auch Jackman inzwischen das filmische Gesicht der X-Men geworden und erhält 2009 unter der Regie von Oscarpreisträger Gavin Hood sein eigenes Sequel.

Noch mehr Chaos als bei der Besetzung gab es lediglich beim Drehbuch zum Film. Im Laufe der Jahre wurden 25 Fassungen geschrieben, eine der ersten stammte vom Oscarprämierten Andrew Kevin Walker (Se7en) aus dem Jahr 1994. Sein Drehbuch wurde anschließend von John Logan (Gladiator) überarbeitet, das wiederum bei Michael Chabon (Wonder Boys) landete. Dieser konzentrierte sich ganz auf die innere Struktur der X-Men und ersparte sich die Anwesenheit von Antagonisten. Verständlich, dass dies das Studio wenig erfreute, weshalb das Skript zur Überarbeitung an Ed Solomon (Men in Black) weitergereicht wurde. Als man mit dessen Fassung ebenso unzufrieden war, kam Joss Whedon (Firefly) an Bord, der der Einfachheit halber ein vollkommen neues Drehbuch schrieb.

Inzwischen war nach einiger Überzeugungsarbeit Bryan Singer als Regisseur engagiert worden, der mit Whedons Skript zu seinen The Ususal Suspects-Partner Christopher McQuarrie ging, der die bisherigen Entwürfe überarbeitete. Am Ende vermerkte die Writers Guild of America lediglich David Hayter als Drehbuchautoren, da dieser als Letztes am Drehbuch gewerkelt hatte. Abgesehen von einigen charakterlichen Änderungen, die gleich angesprochen werden, muss man jedoch eingestehen, dass X-Men zu jenen Comic-Verfilmungen gehört, die ein funktionierendes und stringentes Drehbuch besitzen. Diesem gelingt es außerdem den sozialkritischen Subtext der Vorlage nicht nur geschickt, sondern auf die gesamte Trilogie übertragen sogar sehr bemerkenswert zu adaptieren.

Was die X-Men zusätzlich von den anderen Superhelden unterscheidet, ist ihr Team-Charakter. Die Folge ist eine Unmenge an Figuren, was eine Kinoauswertung nicht erleichtert. Singer verzichtet daher auf viele X-Men und beschränkt sich, mit unterschiedlicher Charaktertiefe, auf einige von ihnen. Dennoch kommen prominente X-Men wie Cyclops (James Marsden) und Storm (Halle Berry) unter die Aufmerksamkeitsdefiziträder der Hollywoodmachinerie, nehmen sie neben Wolverine (Hugh Jackman) doch lediglich eine Sidekick-Funktion ein. Noch härter trifft es die Partei der Antagonisten, bei denen nur Magneto (Ian McKellen) ausführlicher beleuchtet wird, während Mystique (Rebecca Romijn), Toad (Ray Park) und Sabretooth (Tyler Mane) austauschbare Handlanger repräsentieren.

Besonders die ambivalente Beziehung zwischen Wolverine und Sabretooth geht X-Men leider völlig ab. Neben Jackmans Charakter stellt Singer auch Jean Grey (Famke Janssen) ausführlicher vor und bildet im Laufe des Films eine perfekte Einleitung für den Trilogieverlauf (den Singer selbst dann nicht mehr vollendete). Ansonsten bekommt man ein gewisses Verständnis für von Professor X (Patrick Stewart) und Rogue (Anna Paquin). Letztere wird vor ihrem Aufeinandertreffen mit Ms. Marvel gezeigt, sodass sie nur über einen Teil ihrer späteren Kräfte verfügt. Sie hat natürlich ihre Funktion im Finale, doch zu Lasten ihrer eigenen (Comic-)Persönlichkeit. Zugleich presst Singer sie in die Rolle von Kitty Pride, wenn Paquin als Protege und emotionales Anhängsel von Wolverine dargestellt wird.

Der Subtext von X-Men ist dabei durchaus sozialkritisch motiviert, behandelt die Serie ganz zentral Themen wie Rassismus, Diskriminierung, Genozid und Faschismus. Erfreulich, dass dies auch Einzug in Singers Film findet, der sich primär für den Diskriminierungsfaktor interessiert. Wenn Senator Kelly (Bruce Davison) im Parlament eine Liste mit denunzierten Mutanten zu Tage fördert und vehement deren Demaskierung verlangt, ist dies ein gelungenes Spiegelbild der McCarthy-Ära. Das Mutanten-Thema wird im Film folglich sozio-politisch behandelt, und Magneto scheint sich mit dem Urteil abgefunden zu haben, das nur den offenen Konflikt als Lösung bietet. Die gute Seele repräsentiert sein alter Freund und Weggefährte Professor X, der an den positiven Wandel der Menschheit glaubt.

Hier divergiert der Film wohl am meisten zu Spider-Man, werden die Mutanten doch nicht mit Paraden bejubelt, sondern müssen im Untergrund arbeiten und eine Gesellschaft beschützen, die sie nicht akzeptiert, sondern verachtet. Gerade weil die X-Men verhasst sind, imponiert ihr Edelmut mehr als bei den anderen Comicfiguren. Bedauerlicherweise versäumt es die Trilogie mit den Marauders auf einen weiteren Subtext einzugehen. Bei den Marauders handelt es sich nämlich um eine Gruppe von Mutanten, die aufgrund ihrer anatomischen Mutationen im Gegensatz zu Jean Grey oder Rogue noch verdeckter leben muss. Immerhin wurde es geschafft, manche der Marauders zum Treffen der Bruderschaft der Mutanten im Trilogie-Abschluss X-Men: The Last Stand zu integrieren.

Die X-Men stellen quasi stellvertretend für die Afroamerikaner während der Bürgerrechtsfrage der 1960er Jahre. Bezeichnenderweise sind unter den X-Men wiederum selbst kaum Farbige, nimmt Storm hier eine Ausnahmestellung ein. Doch Singer greift nicht nur soziopolitische Themen auf, sondern er spickt X-Men auch mit einigen Referenzen, natürlich zur Comic-Serie, aber auch zu The Phantom Menace oder Enter the Dragon. Zur Verfügung standen ihm dabei moderate 75 Millionen Dollar, während Sam Raimi für Spider-Man immerhin fast das Doppelte erhielt. Weltweit gelang es dem Film dann auch nur bescheidene 300 Millionen Dollar einzuspielen, die sich in keiner Weise mit dem Erfolg von Spider-Man (Einspiel: 821 Mio.) messen können, sondern lediglich mit Ang Lees Hulk.

Dabei ist X-Men ein starker Film, das Drehbuch trotz seiner Querelen, überzeugend und auch die spärlich eingesetzten Effekte durchaus glaubwürdig. Lediglich in der Mitte verzeichnet Singers Film eine leichte Schwächephase, namentlich die zweite Fluchtszene von Rogue. Trotz allem macht der Film über weite Strecken ungemein Spaß, besitzt Tempo und Tiefe. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass X-Men maßgebend verantwortlich für die neue Welle an Comic-Verfilmungen war. Selbst wenn Blade zwei Jahre zuvor und Spider-Man zwei Jahre danach auch ihren Teil beitrugen. Fans vermissen vielleicht die Vertiefung einiger Nebenfiguren (beziehungsweise Integration solcher Charaktere wie Gambit), dennoch zählt Bryan Singers X-Men zu den wenigen gelungenen Genrebeiträgen.

8.5/10