Es gibt nicht so viele Charakterdarsteller, die wahrlich als solche zu sehen sind. Harry Dean Stanton gehörte dazu, mit einer eindrucksvollen Karriere, die sich oft – mit Ausnahmen wie Wim Wenders Paris, Texas – auf Nebenrollen beschränkte. Es zeichnet einen großen Darsteller wie es Harry Dean Stanton war aus, sich auch in Kurzauftritten wie in Escape from New York oder in Nebenrollen wie in Alien ins Bewusstsein des Zuschauers zu spielen. Und auch wenn seine Darbietung in John Carroll Lynchs Lucky nicht der finale Abgesang unter eine Karriere mit über 200 Filmauftritten vor seinem Tod vergangenes Jahr war, so ist Lucky doch der ideale Schlusspunkt unter das 60 Jahre währende Schaffen von Harry Dean Stanton.
In gewisser Weise mag er sich darin selbst gespielt haben. Der Alltag des 90-jährigen Lucky (Harry Dean Stanton) besteht aus Gewohnheitsabläufen. Auf die kurze Morgengymnastik folgt die erste Tasse Kaffee im lokalen Diner seiner Kleinstadt, einhergehend mit dem Ausfüllen seines Kreuzworträtsels, ehe es über einen Besuch im Lebensmittelladen zurück nach Hause geht und der Tag seinen Abschluss auf eine Margarita in der Bar von Elaine (Beth Grant) findet. Erst als Lucky eines Morgens unerwartet stürzt, sein Arzt (Ed Begley, Jr.) jedoch keine andere Diagnose außer das fortgeschrittene Alter seines Patienten nennen kann, beginnt Lucky mit dem Gedanken an seine eigene, nahende Sterblichkeit und sein Umfeld konfrontiert zu werden.
Lucky ist ein Mann geringer Ansprüche. In seinem Kühlschrank stehen lediglich drei Milchkartons, im Kleiderschrank hängen derweil drei Flanellhemden. Der Ausflug ins Diner von Joe (Barry Shabaka Henley) ist wie der in die Bar von Elaine das Mindest- und zugleich Maximalmaß an sozialer Interaktion, die sich der 90-Jährige, der dennoch von allen Stadtbewohnern sehr geschätzt wird, aufbürdet. Seinem Kaffee und Kreuzworträtsel geht er schließlich auch zuhause nach. “There’s a difference between lonely and alone”, stellt Lucky später einmal klar, als seine Lebenssituation nach seinem Sturz Fragen aufwirft. Lucky lebt zwar einerseits für sich, ist andererseits auf seine Art und Weise aber auch Teil des sozialen Lebens seiner Stadt.
Eine Art Gegenentwurf zu Lucky findet der Film in David Lynchs Figur von Howard. Der reagiert reichlich aufgescheucht, als ihm eines Tages seine Landschildkröte und zugleich bester Freund President Roosevelt abhanden kommt. Dabei wollte er jüngst mit seinem Anwalt (Ron Livingston) noch sein Testament derart anpassen, dass das Reptil alles erben würde. Lynch spielt eine derer schrulligen Figuren, mit denen er seine eigenen Filme füllt, und stiehlt hier mit seiner herrlichen Darbietung Harry Dean Stanton beinahe die Show. Lucky ist ein wunderbar zurückgenommener Film, unaufgeregt und doch aufrichtig, humorvoll und stellenweise bewegend – zum Beispiel als Lucky in einer Szene Carlos Gardels und Alfredo La Peras „Volver“ anstimmt.
Es gibt ein paar solcher Momente, darunter eine kurze Alien-Reunion zwischen Harry Dean Stanton und Tom Skerritt oder jener Arztbesuch von Lucky, bei dem mit Stanton und Ed Begley, Jr. (ebenfalls bereits über 300 Filmauftritte im CV) zwei Mittelgewichte des Kinos aufeinander treffen. Meckerte zuvor Diner-Chef Joe noch, Luckys Zigarettenkonsum würde ihn ins Grab bringen (“If they could’ve, they would’ve”, lautet dessen lapidare Antwort), mutmaßt sein Arzt später gar, dass er besser nicht damit aufhöre, wenn er trotz seiner Schachtel am Tag bereits so alt geworden ist. Lucky hat dabei gar nicht so viel über das Altern oder das Leben zu sagen, sondern beschränkt sich zuvorderst schlicht auf die Interaktion seiner Figuren.
“You have to learn to die before you die. You give up, surrender to the void, to nothingness”, hat Harry Dean Stanton einst gesagt. Ähnlich mag es Lucky halten, selbst wenn er kurzzeitig doch überrascht scheint, dass die Veränderung seines Gesundheitszustandes ein nahendes Ende anzukündigen scheint. Harry Dean Stanton dürfte von seinem eigenen Ende vermutlich weniger überrascht gewesen sein. Sein Film sollte eine Ovation für seinen Hauptdarsteller sein, sagte John Carroll Lynch in einem Interview. Lucky steht nicht nur für die Art von Rollen, die Harry Dean Stanton seine Karriere hindurch gespielt hat, sondern fängt auch etwas seiner eigenen Persönlichkeit ein. Etwas jenes Charakters eines großen Charakterdarstellers.
In gewisser Weise mag er sich darin selbst gespielt haben. Der Alltag des 90-jährigen Lucky (Harry Dean Stanton) besteht aus Gewohnheitsabläufen. Auf die kurze Morgengymnastik folgt die erste Tasse Kaffee im lokalen Diner seiner Kleinstadt, einhergehend mit dem Ausfüllen seines Kreuzworträtsels, ehe es über einen Besuch im Lebensmittelladen zurück nach Hause geht und der Tag seinen Abschluss auf eine Margarita in der Bar von Elaine (Beth Grant) findet. Erst als Lucky eines Morgens unerwartet stürzt, sein Arzt (Ed Begley, Jr.) jedoch keine andere Diagnose außer das fortgeschrittene Alter seines Patienten nennen kann, beginnt Lucky mit dem Gedanken an seine eigene, nahende Sterblichkeit und sein Umfeld konfrontiert zu werden.
Lucky ist ein Mann geringer Ansprüche. In seinem Kühlschrank stehen lediglich drei Milchkartons, im Kleiderschrank hängen derweil drei Flanellhemden. Der Ausflug ins Diner von Joe (Barry Shabaka Henley) ist wie der in die Bar von Elaine das Mindest- und zugleich Maximalmaß an sozialer Interaktion, die sich der 90-Jährige, der dennoch von allen Stadtbewohnern sehr geschätzt wird, aufbürdet. Seinem Kaffee und Kreuzworträtsel geht er schließlich auch zuhause nach. “There’s a difference between lonely and alone”, stellt Lucky später einmal klar, als seine Lebenssituation nach seinem Sturz Fragen aufwirft. Lucky lebt zwar einerseits für sich, ist andererseits auf seine Art und Weise aber auch Teil des sozialen Lebens seiner Stadt.
Eine Art Gegenentwurf zu Lucky findet der Film in David Lynchs Figur von Howard. Der reagiert reichlich aufgescheucht, als ihm eines Tages seine Landschildkröte und zugleich bester Freund President Roosevelt abhanden kommt. Dabei wollte er jüngst mit seinem Anwalt (Ron Livingston) noch sein Testament derart anpassen, dass das Reptil alles erben würde. Lynch spielt eine derer schrulligen Figuren, mit denen er seine eigenen Filme füllt, und stiehlt hier mit seiner herrlichen Darbietung Harry Dean Stanton beinahe die Show. Lucky ist ein wunderbar zurückgenommener Film, unaufgeregt und doch aufrichtig, humorvoll und stellenweise bewegend – zum Beispiel als Lucky in einer Szene Carlos Gardels und Alfredo La Peras „Volver“ anstimmt.
Es gibt ein paar solcher Momente, darunter eine kurze Alien-Reunion zwischen Harry Dean Stanton und Tom Skerritt oder jener Arztbesuch von Lucky, bei dem mit Stanton und Ed Begley, Jr. (ebenfalls bereits über 300 Filmauftritte im CV) zwei Mittelgewichte des Kinos aufeinander treffen. Meckerte zuvor Diner-Chef Joe noch, Luckys Zigarettenkonsum würde ihn ins Grab bringen (“If they could’ve, they would’ve”, lautet dessen lapidare Antwort), mutmaßt sein Arzt später gar, dass er besser nicht damit aufhöre, wenn er trotz seiner Schachtel am Tag bereits so alt geworden ist. Lucky hat dabei gar nicht so viel über das Altern oder das Leben zu sagen, sondern beschränkt sich zuvorderst schlicht auf die Interaktion seiner Figuren.
“You have to learn to die before you die. You give up, surrender to the void, to nothingness”, hat Harry Dean Stanton einst gesagt. Ähnlich mag es Lucky halten, selbst wenn er kurzzeitig doch überrascht scheint, dass die Veränderung seines Gesundheitszustandes ein nahendes Ende anzukündigen scheint. Harry Dean Stanton dürfte von seinem eigenen Ende vermutlich weniger überrascht gewesen sein. Sein Film sollte eine Ovation für seinen Hauptdarsteller sein, sagte John Carroll Lynch in einem Interview. Lucky steht nicht nur für die Art von Rollen, die Harry Dean Stanton seine Karriere hindurch gespielt hat, sondern fängt auch etwas seiner eigenen Persönlichkeit ein. Etwas jenes Charakters eines großen Charakterdarstellers.
6.5/10