Man könnte meinen, Politiker hängen ihr Fähnchen immer nach dem Wind. Oder nach dem aktuellen Gegenüber aus der Bevölkerung. Dass das nicht bigott sein muss, zeigt der brandenburgische CDU-Landtagsabgeordnete Henryk Wichmann in Andreas Dresens Herr Wichmann aus der dritten Reihe. Eine Gruppe älterer Frauen beschwert sich über eine fehlende Bahnanbindung ihres vom Weihnachtstourismus lebenden Orts. Der Schreiadler sei Schuld, der sich laut Naturschutzbund (NABU) gestört fühlen könnte. Der Schreiadler, versichert Wichmann den Damen, habe schon so viel verhindert in der Region. Und etwas später schwärmt der 35-jährige Politiker dann gegenüber dem NABU von der Majestät des Vogels.
In einer anderen Szene streiten sich zwei Parteien, Privatbesitzer und Naturschützer, um eine Moorfläche. Wichmann agiert als Mediator und führt den Konflikt letztlich zu einem Kompromiss. Hier wie im Fall des Schreiadlers wird jene Behauptung deutlich, die Henryk Wichmann im Laufe von Dresens Dokumentation mehrfach von sich gibt. Die Bürger müssen ihm sagen, wo ihnen der Schuh drückt. Und dann schaut er als ihr Landtagsabgeordneter, wie er ihnen helfen kann. Das hatte er schon vor zehn Jahren in Herr Wichmann von der CDU immerzu erklärt, nur wollte er damals als 25-Jähriger in den Bundestag gewählt werden und sitzt nun bereits seit 2009 im Landtag. Wenn auch nur als Nachrücker für jemanden.
Seit 2002 hat Henryk Wichmann eine merkliche Wandlung erfahren. War er damals jung, naiv und brauchte die Aufmerksamkeit, ist er nun sichtlich reifer geworden. Dies mag zum einen daran liegen, dass er nun zehn Jahre älter, verheiratet und Vater dreier Töchter ist. Zum anderen vielleicht aber auch daran, dass er inzwischen seit drei Jahren tagtäglich in politische Prozesse involviert ist. Versicherte er in Dresens erstem Teil noch auf die Frage eines Bürgers, wem man denn noch vertrauen könne wie aus der Pistole geschossen „Der Frau Merkel!“, so erklärt er inzwischen, dass weder er selbst die Welt retten könne, noch Angela Merkel. Henryk Wichmann ist scheinbar in der Realität angekommen.
Das soll nicht heißen, dass der alte Herr Wichmann von der CDU völlig verschwunden ist. In gewisser Weise ist sich der gebürtige Templiner durchaus treu geblieben, wenn er einem jungen Kollegen im Landtag aus besagter dritter Reihe in die Rede schimpft. Oder wenn er im Auto darüber philosophiert, dass ein Chauffeur nicht schlecht wäre, sodass er nebenher arbeiten könne. „Tote Zeit“ sei das Autofahren, klagt Wichmann und stellt fest, dass er sich verfahren hat. Es ist einer der wenigen „klassischen“ Wichmann-Momente wie man sie aus Herr Wichmann von der CDU kennt. Diese wiederum sind deutlich rarer gesät als noch vor zehn Jahren. Die Fortsetzung von Dresens Film nimmt sich somit durchaus ernster.
Bezog das Original seinen Humor aus dem Zusammenprall von Wichmanns naiv geführtem Wahlkampf und der Politikverdrossenheit seiner brandenburgischen Provinz, seziert Herr Wichmann aus der dritten Reihe nun bisweilen überaus geschickt den politischen Alltag in Deutschlands Gemeinden. Zwischen Schreiadlern und Mooren befasst sich Wichmann mit Kürzungen im Schulfördergeld und der Schließung einer Polizeiwache, mit einer Durchfahrerlaubnis für Segelboote und Bahnübergangsproblemen in der Einöde. Eben mit jenen Dingen, bei denen den Bürgern der Schuh drückt. Wichmann schenkt ihnen Zeit und hört ihnen zu, was vermutlich mehr ist, als andere Landtagsabgeordnete bisher für sie getan haben.
Zugleich zeigt Herr Wichmann aus der dritten Reihe jedoch auch, was möglich ist in der Politik, wenn alle Parteien zusammenarbeiten – in diesem Fall sprichwörtlich. Die Bereitschaft ist da, sowohl von Linken als auch von Regierungspräsident Matthias Platzeck (SPD), verschiedene Probleme zu lösen. Und so nährt Dresens Film abseits seiner humorigen Momente am Ende die Hoffnung, dass die Parteipolitik in Deutschland noch nicht ganz verloren ist. Henryk Wichmann ist – und wer hätte das 2002 schon gedacht? - ein positives Beispiel für diesen möglichen Prozess, der sich näher am Volk verortet. Und wer weiß, vielleicht sehen wir ja 2022 dann den Trilogie-Abschluss „Herr Wichmann von der Bundesregierung“.
In einer anderen Szene streiten sich zwei Parteien, Privatbesitzer und Naturschützer, um eine Moorfläche. Wichmann agiert als Mediator und führt den Konflikt letztlich zu einem Kompromiss. Hier wie im Fall des Schreiadlers wird jene Behauptung deutlich, die Henryk Wichmann im Laufe von Dresens Dokumentation mehrfach von sich gibt. Die Bürger müssen ihm sagen, wo ihnen der Schuh drückt. Und dann schaut er als ihr Landtagsabgeordneter, wie er ihnen helfen kann. Das hatte er schon vor zehn Jahren in Herr Wichmann von der CDU immerzu erklärt, nur wollte er damals als 25-Jähriger in den Bundestag gewählt werden und sitzt nun bereits seit 2009 im Landtag. Wenn auch nur als Nachrücker für jemanden.
Seit 2002 hat Henryk Wichmann eine merkliche Wandlung erfahren. War er damals jung, naiv und brauchte die Aufmerksamkeit, ist er nun sichtlich reifer geworden. Dies mag zum einen daran liegen, dass er nun zehn Jahre älter, verheiratet und Vater dreier Töchter ist. Zum anderen vielleicht aber auch daran, dass er inzwischen seit drei Jahren tagtäglich in politische Prozesse involviert ist. Versicherte er in Dresens erstem Teil noch auf die Frage eines Bürgers, wem man denn noch vertrauen könne wie aus der Pistole geschossen „Der Frau Merkel!“, so erklärt er inzwischen, dass weder er selbst die Welt retten könne, noch Angela Merkel. Henryk Wichmann ist scheinbar in der Realität angekommen.
Das soll nicht heißen, dass der alte Herr Wichmann von der CDU völlig verschwunden ist. In gewisser Weise ist sich der gebürtige Templiner durchaus treu geblieben, wenn er einem jungen Kollegen im Landtag aus besagter dritter Reihe in die Rede schimpft. Oder wenn er im Auto darüber philosophiert, dass ein Chauffeur nicht schlecht wäre, sodass er nebenher arbeiten könne. „Tote Zeit“ sei das Autofahren, klagt Wichmann und stellt fest, dass er sich verfahren hat. Es ist einer der wenigen „klassischen“ Wichmann-Momente wie man sie aus Herr Wichmann von der CDU kennt. Diese wiederum sind deutlich rarer gesät als noch vor zehn Jahren. Die Fortsetzung von Dresens Film nimmt sich somit durchaus ernster.
Bezog das Original seinen Humor aus dem Zusammenprall von Wichmanns naiv geführtem Wahlkampf und der Politikverdrossenheit seiner brandenburgischen Provinz, seziert Herr Wichmann aus der dritten Reihe nun bisweilen überaus geschickt den politischen Alltag in Deutschlands Gemeinden. Zwischen Schreiadlern und Mooren befasst sich Wichmann mit Kürzungen im Schulfördergeld und der Schließung einer Polizeiwache, mit einer Durchfahrerlaubnis für Segelboote und Bahnübergangsproblemen in der Einöde. Eben mit jenen Dingen, bei denen den Bürgern der Schuh drückt. Wichmann schenkt ihnen Zeit und hört ihnen zu, was vermutlich mehr ist, als andere Landtagsabgeordnete bisher für sie getan haben.
Zugleich zeigt Herr Wichmann aus der dritten Reihe jedoch auch, was möglich ist in der Politik, wenn alle Parteien zusammenarbeiten – in diesem Fall sprichwörtlich. Die Bereitschaft ist da, sowohl von Linken als auch von Regierungspräsident Matthias Platzeck (SPD), verschiedene Probleme zu lösen. Und so nährt Dresens Film abseits seiner humorigen Momente am Ende die Hoffnung, dass die Parteipolitik in Deutschland noch nicht ganz verloren ist. Henryk Wichmann ist – und wer hätte das 2002 schon gedacht? - ein positives Beispiel für diesen möglichen Prozess, der sich näher am Volk verortet. Und wer weiß, vielleicht sehen wir ja 2022 dann den Trilogie-Abschluss „Herr Wichmann von der Bundesregierung“.
7.5/10