(Friedrich Schiller – Wallensteins Tod, I, 1)
Die technische Revolution des Kinos im vergangenen Jahrzehnt wirkte Wunder für das Genre des Fantasy-Films. Peter Jacksons Lord of the Rings-Verfilmungen generierten ein Einspiel in Milliardenhöhe, James Cameron zog mit Avatar vor ein paar Jahren nach. Eine ganze phantastische Welt, gerendert aus Rechnern, bestehend aus Bits und Bytes. Wenn nicht jetzt, wann dann sollte also das Projekt A Princess of Mars aus seiner fast 80 Jahre währenden development hell auferstehen? Denn der Fantasy-Roman von Tarzan-Schöpfer Edgar Rice Burroughs, zuerst 1912 als Under the Moons of Mars publiziert, sollte bereits in den 1930er Jahren als erster Animationsfilm der Geschichte umgesetzt werden.
Stattdessen lag das Projekt Jahrzehnte lang auf Eis, während unter anderem Filme wie Star Wars und ebenjener Avatar von Burroughs’ sogenannten Barsoom-Romanen, die A Princess of Mars einläutete, inspiriert wurden. Wie passend, dass Disney nun zum 100-jährigen Jubiläum von Burroughs’ erstem literarischen Erzeugnis mit John Carter, dem Spielfilmdebüt des Pixar-Regisseurs Andrew Stanton, aufwartet. Mit einem Budget von 250 Millionen Dollar und gefühlt ebenso vielen digitalen Effekten könnte John Carter nach The Hobbit: An Unexpected Journey das Fantasy-Highlight des Kinojahres 2012 werden. Und eines dürfte sicher sein: Edgar Rice Burroughs wäre mit dem Film wohl mehr als zufrieden.
Vordergründig geht es in John Carter um Existenzpolitik auf dem Mars, von Burroughs Barsoom genannt. Die übernatürliche Rasse der Therns rund um Matai Shang (Mark Strong) stattet Sab Than (Dominic West), Anführer der Stadt Zodanga, mit einer gewaltigen Waffe aus. Den Untergang seiner Stadt Helium vermag deren Anführer Tardos Mors (Ciarán Hinds) nur zu verhindern, indem er seine Tochter Dejah Thoris (Lynn Collins) mit Than vermählt. Auf ihrer darauf folgenden Flucht wird sie von John Carter (Taylor Kitsch) gerettet, einem Erdenmenschen und Veteran des US-Bürgerkriegs aus Virginia, der nach dem Verlust seiner Familie dem Krieg abgeschworen hat und zufällig nach Barsoom transportiert wurde.
Mars ist in der römischen Mythologie der Gott des Krieges und seinem Namensgeber wird Barsoom im Folgenden auch gerecht. Denn von einem Bürgerkrieg scheint Carter direkt zum nächsten zu gelangen. Bemerkenswert gerät hierbei die Darstellung des Helden. Aufgrund der geringeren Schwerkraft des Mars verfügt Carter über eine gesteigerte (Sprung-)Kraft. Was ihn in gewisser Weise zu einer Art Proto-Superman macht: Ein Fremdling von einem anderen Planeten, der in seiner neuen Umgebung gegenüber deren Einwohnern über enorme Kräfte verfügt. Diese erregen die Aufmerksamkeit des grünen Marsianers und Anführers der Tharks, Tars Tarkas (Willem Dafoe), der Carter gefangen nimmt.
Es sind nun seine übernatürlichen Kräfte, die den Erdenmenschen sowohl für Tars Tarkas als auch für Dejah Thoris so interessant machen. Denn als er die Prinzessin während einer Luftschlacht mit Sab Than rettet und sein Kraftpotential zur Schau stellt, ernennt ihn Tarkas zum Thark ehrenhalber. Nur will der als kriegsmüde eingeführte Carter weder für die Tharks noch für Helium kämpfen – trotz des Bittens und Drängens von Thoris. Diese soll ihn stattdessen zu einer heiligen Stätte der Therns führen, wo sich Carter Anleitungen für seine Heimkehr erhofft. Dabei dürfte es wenig überraschen, dass sich der Kriegsveteran nach einer Katharsis letztlich doch noch auf die Seite der gefährdeten Marsianer schlagen wird.
Unweigerlich fallen in John Carter also der Aspekt des Fremden in einer fremden Welt und die Ähnlichkeit zu Camerons Avatar auf. In beiden Fällen hilft ein US-Kriegsveteran einer außerirdischen Rasse bei ihrem Kampf gegen einen übermächtig erscheinenden tyrannischen Gegner – und verliebt sich in die Prinzessin ebenjener Rasse. Ist John Carter folglich nur der Avatar von 2012? Nicht wirklich. Dafür ist Stantons Film zu sehr im Fantasy-Genre verhaftet, trotz seiner vorhandenen SF-Elemente wie der wandernden Stadt Zodanga und den Fluggeräten der roten Marsianer. Vielmehr erinnert die Geschichte auch aufgrund ihres Wüstensettings an He-Man oder eine jugendgerechte Version von Conan der Barbar.
Dabei gelang Burroughs eine interessante Verschmelzung von futuristischen und antiken Vorstellungen. Leicht bekleidete Marsianer kämpfen mit Schwertern auf fliegenden Luftschiffen, Dejah Thoris ist einerseits ganz klassische Prinzessin, andererseits kundig in den Wissenschaften, insbesondere der Astronomie. Wie das alles genau funktioniert, versucht John Carter erst gar nicht zu beantworten. Und das kann er vermutlich auch gar nicht, erscheint Burroughs hier erschaffene Welt zu groß und komplex für einen zweistündigen Film. Etwas unter geht da zum Beispiel die Bedeutung, dass Tars Tarkas in Sola (Samantha Morton) eine Tochter hat, obschon Tharks keine Elternschaft billigen.
Ähnlich verhält es sich mit der Mitteilung zu Beginn, dass Barsoom im Sterben liegt. Dies ist weniger für die folgende Handlung von imminenter Bedeutung, sondern eher ein roter Faden für eine sicherlich intendierte Fortsetzung, sollte der erste Film von Erfolg gekrönt sein. Zwar gibt sich John Carter reichlich Mühe, offene Fragen ausreichend – sowohl was die Inanspruchnahme der Laufzeit als auch den Erklärungsbedarf angeht – zu beantworten, völlig zufriedenstellend gerät das allerdings nicht immer. Weniger mit einem „aha!“ als mit einem „okay...“ bedenkt man als Zuschauer daher dann, wenn Matai Shang gegenüber Carter später die Intentionen und Aktivitäten der Therns auf Barsoom erkärt.
Allzu störend gerät dies jedoch nicht, da Stanton gekonnt die Welt von Burroughs auf die Leinwand transferiert. Nicht zuletzt verdankt sich dies der überzeugenden Digitaleffekte, die für die glaubwürdige Kreation der Tharks zuständig sind. Aber auch sonst wirkt die Welt von John Carter lebendig, obschon stets zu erkennen ist, was aus dem Rechner stammt und was sich tatsächlich im Studio vor dem green screen befunden hat. Möglich macht dies auch die Tatsache, dass die Tharks abgesehen vom ersten Akt und Solas späterer Involvierung weitaus weniger präsent sind als man vermuten würde, und der Film speziell in seinem Mittelteil eher den Genres des Road Movie und Abenteuerfilm zuzurechnen ist.
Wer sich also auf den Fantasy-Aspekt der Geschichte einlässt, dürfte kaum enttäuscht werden. Ähnlich wie im Dezember sein Pixar-Kollege Brad Bird mit Mission: Impossible - Ghost Protocol reüssiert auch Andrew Stanton mit seinem ersten Ausflug in die Gefilde des Live-Action-Films. Hierbei beschränkt er sich auf die Erzählung der inzwischen 100 Jahre alten Geschichte, ohne sich allzu sehr in einem politischen Subtext zu verlieren wie beispielsweise Avatar. John Carter hat keine direkte Moral, auch wenn sich Parallelen zur Zeitgeschichte finden lassen würden. So lernt Carter, dass es durchaus wert sein kann Kriege zu führen, solange es etwas gibt, das es zu bewahren gilt. Selbst wenn dies nur ein love interest ist.
Erwähnenswert ist dabei die Rolle von Lynn Collins’ Mars-Prinzessin, die zwar auch love interest ist, zusätzlich jedoch nicht nur über reichlich wissenschaftliche Kenntnisse verfügt, sondern auch über ansprechende Schwertkünste. Genauso sind die übrigen zentralen Figuren des Films mehr als nur Abziehbilder aus dem Blockbuster-Panini-Heft. Tars Tarkas darf sich ebenso wie Sola von ihrem Volk durch empathische Züge abgrenzen, James Purefoys merklich unterforderter Kantos Kan hinterlässt einen charmanten Eindruck als loyaler Captain von Helium und selbst Bryan Cranstons lediglich zu Beginn auftauchender Konföderierten-Colonel erlebt in seinen wenigen Minuten eine sympathische Wandlung.
Somit ist Disneys John Carter in seiner Summe ein imposantes und vergnügliches Fantasy-Epos, dem man allenfalls vorwerfen kann, mehr in seinen zwei Stunden erzählen zu wollen, als ihm vielleicht gut tut. Womöglich wäre es einfacher gewesen, die Handlung von A Princess of Mars nicht noch durch den komplexen Subplot mit Matai Shang und den Therns zu erweitern. An der gelungenen Adaption von Andrew Stanton ändert dies allerdings wenig, die neben einer spannenden neuen Welt mit sympathischen Figuren und überzeugenden Digitaleffekten (sowie einer zwar überflüssigen, aber nicht störenden 3D-Konvertierung) aufwartet. Die fast 80 Jahre andauernde development hell hat sich folglich gelohnt.
Stattdessen lag das Projekt Jahrzehnte lang auf Eis, während unter anderem Filme wie Star Wars und ebenjener Avatar von Burroughs’ sogenannten Barsoom-Romanen, die A Princess of Mars einläutete, inspiriert wurden. Wie passend, dass Disney nun zum 100-jährigen Jubiläum von Burroughs’ erstem literarischen Erzeugnis mit John Carter, dem Spielfilmdebüt des Pixar-Regisseurs Andrew Stanton, aufwartet. Mit einem Budget von 250 Millionen Dollar und gefühlt ebenso vielen digitalen Effekten könnte John Carter nach The Hobbit: An Unexpected Journey das Fantasy-Highlight des Kinojahres 2012 werden. Und eines dürfte sicher sein: Edgar Rice Burroughs wäre mit dem Film wohl mehr als zufrieden.
Vordergründig geht es in John Carter um Existenzpolitik auf dem Mars, von Burroughs Barsoom genannt. Die übernatürliche Rasse der Therns rund um Matai Shang (Mark Strong) stattet Sab Than (Dominic West), Anführer der Stadt Zodanga, mit einer gewaltigen Waffe aus. Den Untergang seiner Stadt Helium vermag deren Anführer Tardos Mors (Ciarán Hinds) nur zu verhindern, indem er seine Tochter Dejah Thoris (Lynn Collins) mit Than vermählt. Auf ihrer darauf folgenden Flucht wird sie von John Carter (Taylor Kitsch) gerettet, einem Erdenmenschen und Veteran des US-Bürgerkriegs aus Virginia, der nach dem Verlust seiner Familie dem Krieg abgeschworen hat und zufällig nach Barsoom transportiert wurde.
Mars ist in der römischen Mythologie der Gott des Krieges und seinem Namensgeber wird Barsoom im Folgenden auch gerecht. Denn von einem Bürgerkrieg scheint Carter direkt zum nächsten zu gelangen. Bemerkenswert gerät hierbei die Darstellung des Helden. Aufgrund der geringeren Schwerkraft des Mars verfügt Carter über eine gesteigerte (Sprung-)Kraft. Was ihn in gewisser Weise zu einer Art Proto-Superman macht: Ein Fremdling von einem anderen Planeten, der in seiner neuen Umgebung gegenüber deren Einwohnern über enorme Kräfte verfügt. Diese erregen die Aufmerksamkeit des grünen Marsianers und Anführers der Tharks, Tars Tarkas (Willem Dafoe), der Carter gefangen nimmt.
Es sind nun seine übernatürlichen Kräfte, die den Erdenmenschen sowohl für Tars Tarkas als auch für Dejah Thoris so interessant machen. Denn als er die Prinzessin während einer Luftschlacht mit Sab Than rettet und sein Kraftpotential zur Schau stellt, ernennt ihn Tarkas zum Thark ehrenhalber. Nur will der als kriegsmüde eingeführte Carter weder für die Tharks noch für Helium kämpfen – trotz des Bittens und Drängens von Thoris. Diese soll ihn stattdessen zu einer heiligen Stätte der Therns führen, wo sich Carter Anleitungen für seine Heimkehr erhofft. Dabei dürfte es wenig überraschen, dass sich der Kriegsveteran nach einer Katharsis letztlich doch noch auf die Seite der gefährdeten Marsianer schlagen wird.
Unweigerlich fallen in John Carter also der Aspekt des Fremden in einer fremden Welt und die Ähnlichkeit zu Camerons Avatar auf. In beiden Fällen hilft ein US-Kriegsveteran einer außerirdischen Rasse bei ihrem Kampf gegen einen übermächtig erscheinenden tyrannischen Gegner – und verliebt sich in die Prinzessin ebenjener Rasse. Ist John Carter folglich nur der Avatar von 2012? Nicht wirklich. Dafür ist Stantons Film zu sehr im Fantasy-Genre verhaftet, trotz seiner vorhandenen SF-Elemente wie der wandernden Stadt Zodanga und den Fluggeräten der roten Marsianer. Vielmehr erinnert die Geschichte auch aufgrund ihres Wüstensettings an He-Man oder eine jugendgerechte Version von Conan der Barbar.
Dabei gelang Burroughs eine interessante Verschmelzung von futuristischen und antiken Vorstellungen. Leicht bekleidete Marsianer kämpfen mit Schwertern auf fliegenden Luftschiffen, Dejah Thoris ist einerseits ganz klassische Prinzessin, andererseits kundig in den Wissenschaften, insbesondere der Astronomie. Wie das alles genau funktioniert, versucht John Carter erst gar nicht zu beantworten. Und das kann er vermutlich auch gar nicht, erscheint Burroughs hier erschaffene Welt zu groß und komplex für einen zweistündigen Film. Etwas unter geht da zum Beispiel die Bedeutung, dass Tars Tarkas in Sola (Samantha Morton) eine Tochter hat, obschon Tharks keine Elternschaft billigen.
Ähnlich verhält es sich mit der Mitteilung zu Beginn, dass Barsoom im Sterben liegt. Dies ist weniger für die folgende Handlung von imminenter Bedeutung, sondern eher ein roter Faden für eine sicherlich intendierte Fortsetzung, sollte der erste Film von Erfolg gekrönt sein. Zwar gibt sich John Carter reichlich Mühe, offene Fragen ausreichend – sowohl was die Inanspruchnahme der Laufzeit als auch den Erklärungsbedarf angeht – zu beantworten, völlig zufriedenstellend gerät das allerdings nicht immer. Weniger mit einem „aha!“ als mit einem „okay...“ bedenkt man als Zuschauer daher dann, wenn Matai Shang gegenüber Carter später die Intentionen und Aktivitäten der Therns auf Barsoom erkärt.
Allzu störend gerät dies jedoch nicht, da Stanton gekonnt die Welt von Burroughs auf die Leinwand transferiert. Nicht zuletzt verdankt sich dies der überzeugenden Digitaleffekte, die für die glaubwürdige Kreation der Tharks zuständig sind. Aber auch sonst wirkt die Welt von John Carter lebendig, obschon stets zu erkennen ist, was aus dem Rechner stammt und was sich tatsächlich im Studio vor dem green screen befunden hat. Möglich macht dies auch die Tatsache, dass die Tharks abgesehen vom ersten Akt und Solas späterer Involvierung weitaus weniger präsent sind als man vermuten würde, und der Film speziell in seinem Mittelteil eher den Genres des Road Movie und Abenteuerfilm zuzurechnen ist.
Wer sich also auf den Fantasy-Aspekt der Geschichte einlässt, dürfte kaum enttäuscht werden. Ähnlich wie im Dezember sein Pixar-Kollege Brad Bird mit Mission: Impossible - Ghost Protocol reüssiert auch Andrew Stanton mit seinem ersten Ausflug in die Gefilde des Live-Action-Films. Hierbei beschränkt er sich auf die Erzählung der inzwischen 100 Jahre alten Geschichte, ohne sich allzu sehr in einem politischen Subtext zu verlieren wie beispielsweise Avatar. John Carter hat keine direkte Moral, auch wenn sich Parallelen zur Zeitgeschichte finden lassen würden. So lernt Carter, dass es durchaus wert sein kann Kriege zu führen, solange es etwas gibt, das es zu bewahren gilt. Selbst wenn dies nur ein love interest ist.
Erwähnenswert ist dabei die Rolle von Lynn Collins’ Mars-Prinzessin, die zwar auch love interest ist, zusätzlich jedoch nicht nur über reichlich wissenschaftliche Kenntnisse verfügt, sondern auch über ansprechende Schwertkünste. Genauso sind die übrigen zentralen Figuren des Films mehr als nur Abziehbilder aus dem Blockbuster-Panini-Heft. Tars Tarkas darf sich ebenso wie Sola von ihrem Volk durch empathische Züge abgrenzen, James Purefoys merklich unterforderter Kantos Kan hinterlässt einen charmanten Eindruck als loyaler Captain von Helium und selbst Bryan Cranstons lediglich zu Beginn auftauchender Konföderierten-Colonel erlebt in seinen wenigen Minuten eine sympathische Wandlung.
Somit ist Disneys John Carter in seiner Summe ein imposantes und vergnügliches Fantasy-Epos, dem man allenfalls vorwerfen kann, mehr in seinen zwei Stunden erzählen zu wollen, als ihm vielleicht gut tut. Womöglich wäre es einfacher gewesen, die Handlung von A Princess of Mars nicht noch durch den komplexen Subplot mit Matai Shang und den Therns zu erweitern. An der gelungenen Adaption von Andrew Stanton ändert dies allerdings wenig, die neben einer spannenden neuen Welt mit sympathischen Figuren und überzeugenden Digitaleffekten (sowie einer zwar überflüssigen, aber nicht störenden 3D-Konvertierung) aufwartet. Die fast 80 Jahre andauernde development hell hat sich folglich gelohnt.
8/10