25. Februar 2015

To Kill a Mockingbird [Wer die Nachtigall stört]

What kind of man are you?

Jahr(zehnt)elang habe ich geglaubt, Robert Mulligans To Kill a Mockingbird – in Deutschland: Wer die Nachtigall stört – wäre ein Gerichtsdrama. Ich kannte die Prämisse des Films, dass Gregory Pecks Anwalt Atticus Finch einen Schwarzen vertritt – mehr aber auch nicht. Entsprechend schob sich eine Sichtung immer wieder und wieder auf, da ein Gerichtsdrama grundsätzlich wie das nächste ist. Nun wurde diese filmhistorische Lücke doch endlich geschlossen und umso größer war meine Überraschung, dass ich dem Film seit jeher Unrecht getan habe. Sicher, To Kill a Mockingbird ist auch ein Gerichtsdrama, allerdings nur gut ein Viertel seiner Zeit. Rund die Hälfte des Films, wenn nicht sogar mehr, fokussiert sich auf Atticus’ Kinder.

Die beiden Halbwaisen Jem (Phillip Alford) und Scout (Mary Badham) lernen während der Sommerferien Dill (John Megna), den Neffen ihrer Nachbarin kennen. Gemeinsam versuchen sie, einen Blick auf Boo Radley, einen weiteren, sehr zurückgezogenen lebenden Nachbarsjungen, zu erhaschen. Gleichzeitig weckt aber auch Atticus’ jüngster Fall ihre Aufmerksamkeit – wie auch die der ganzen Stadt. Immerhin wurde der Anwalt vom örtlichen Richter gebeten, den schwarzen Farmarbeiter Tom Robinson (Brock Peters) zu verteidigen, dem vorgeworfen wird, er habe eine weiße Frau vergewaltigt. Aus nächster Nähe können Jem und Scout lernen, was es heißt, tolerant zu sein. Und sehen zudem, wie rassistisch ihre Gesellschaft in Wirklichkeit ist.

Atticus Finch wird dabei als der Gutmensch schlechthin dargestellt – falls es jemals einen gegeben hat. Wenn seine Klienten ihn nicht bezahlen können, gibt er sich auch mit ein paar Lebensmitteln zufrieden. Schließlich liegt die Weltwirtschaftskrise – der Film spielt Anfang der 1930er Jahre – erst ein paar Jahre zurück und seine Klienten seien Farmer vom Land. “Crash hit them the hardest”, erklärt Atticus seiner Tochter. Die ruft wie ihr Bruder den Vater beim Vornamen, was so ungewohnt wie amüsant ist. Ohnehin sorgen die Kinder für allerlei humorvolle Auflockerung. Beispielsweise wenn Tomboy Scout zu ihrem ersten Schultag ein Kleid tragen soll. Und in der Pause gleich in eine Rauferei gerät. Dennoch ist der Respekt vor ihrem Vater enorm.

Insofern ist To Kill a Mockingbird ein Film über Werte und infolgedessen auch über Erziehung. Man müsse lernen, die Welt aus der Sicht der anderen zu sehen, sagt Atticus seiner Tochter. “There just didn’t seem to be anyone or anything Atticus couldn’t explain”, verrät uns die Erzählstimme der älteren Scout zugleich. Egal ob es die biestige alte Nachbarin oder ein tollwütiger Hund in der Straße ist, Attticus weiß, wie man sich zu verhalten hat. Auch, wenn ein Schwarzer in den Südstaaten der USA in den Dreißiger Jahren eines Verbrechen gegen eine Weiße beschuldigt wird. Zumindest denkt so die städtische Bevölkerung. Aber anstatt dem Lynchmobgedanken nachzugeben, setzt sich der Anwalt und Witwer für seinen Gerechtigkeitsglauben ein.

Auch hier gibt es wie in Stanley Kramers The Defiant Ones eine Szene mit einem Lynchmob, die de-eskaliert werden muss. Die Art und Weise wie dies in Harper Lees Roman und Robert Mulligans Adaption geschieht, wirkt obschon etwas konstruierter im selben Moment jedoch innerhalb der Handlung glaubwürdiger. Dasselbe Urteil muss man auch für den Verlauf des Gerichtsfalls fällen, ist der Prozess wie hier gezeigt doch in seiner Zeit verhaftet und könnte so heutzutage keinesfalls mehr funktionieren. Sein Ausgang kommt dennoch unerwartet, wie auch der der Schlusssequenz. Sicher ist nicht alles völlig rund in To Kill a Mockingbird, aber grundsätzlich dient die Handlung auch nur dem Verbreiten einer moralischen Botschaft.

Zuvorderst lebt der Film aber von seinen zwei Kinderdarstellern, besonders Mary Badham als altkluge Scout ist eine echte Sympathieträgerin mit ihrer gewinnenden Art. Zugleich inszeniert Mulligan seinen Film überraschend modern, sei es das Credit-Intro (das mich entfernt an Wes Anderson erinnerte) oder auch so manche Kameraeinstellung. In seiner Summe ist diese Harper-Lee-Adaption ein stets unterhaltsamer, oftmals amüsanter und speziell gegen Ende auch bewegender Film, der zurecht als Klassiker gilt. Wieso ich eine Sichtung so lange vor mich her geschoben habe, Gerichtsdrama hin oder her, mag sich mir nicht erklären. Ich weiß jedoch, dass ich To Kill a Mockingbird keinesfalls zum letzten Mal gesehen habe.

9/10

19. Februar 2015

Last Days in Vietnam

Those sons of bitches.

Lange galt der langlebige Vietnamkrieg in der US-Gesellschaft als das Trauma der Zeitgeschichte, ein Status, den inzwischen vielleicht die Kriege in Irak und Afghanistan als Folge der Anschläge vom 11. September 2001 streitig machen. Jene Kriege sind es, die in jüngeren Jahren das betreffende Genre in Hollywoods Filmlandschaft bestimmen, von The Hurt Locker über Zero Dark Thirty bis hin zu Lone Survivor. Vielleicht deswegen wurde Rory Kennedys Dokumentation Last Days in Vietnam derart positiv aufgenommen, als Bildnis eines wenig berücksichtigten Kapitels der US-Militärgeschichte: der Evakuierung seiner Botschaft und südvietnamesischen Bevölkerung 1975 als Truppen des Vietcong den Vormarsch auf Saigon forcierten.

Offiziell waren die USA 1965 in den Krieg gegen den Vietcong eingetreten, tatsächlich hatte sie schon zwischen 1956 und 1963 fast 17.000 militärische Berater nach Südvietnam geschickt, um dessen Regierung gegen die Anschläge aus dem Norden zu unterstützen. Und obschon am 27. Januar 1973 in Paris ein Waffenstillstandsabkommen zwischen allen Beteiligten unterzeichnet wurde, ließ der Vietcong nicht ab. Und schaute, wie Last Days in Vietnam betont, wie weit sie gehen konnten, ehe die USA intervenieren würden. Was in der Folge ziemlich weit war, sich immer mehr gen Süden erstreckte und zwei Jahre später vor Saigon führte. “You saw out of control panic”, beschreibt ein damaliger US-Militär rückblickend die Lage.

Der Krieg zwischen den USA und dem Vietcong war faktisch zu Ende, Amerika hatte verloren. Und dem Gegner, das war nach dem Pariser Treffen klar, nichts mehr entgegenzusetzen. Ein militärisches Aufbäumen war unmöglich, es blieb nur, alle Amerikaner und deren Familien – darunter oft Vietnamesen – zu evakuieren. “These people were dead men walking”, heißt es von einem anderen Talking Head im Film von Rory Kennedy, ihres Zeichens die Tochter von Robert F. Kennedy. Entgegen der Anweisungen ihres Botschafters schafften viele US-Soldaten oder Botschaftsmitarbeiter Südvietnamesen in die Botschaft oder schlicht in Sicherheit. Es sei nicht um legal oder illegal gegangen, sagt einer, sondern um richtig oder falsch.

Dass der US-Kongress seinen Präsidenten Gerald Ford damals nicht wie von diesem gewünscht unterstützen wollte (“Those sons of bitches”, soll Ford danach geflucht haben), zeigt von der bereitwilligen Aufgabe eines Konflikts, der zu lange zu viele Opfer gefordert hatte. Am Ende stand also der große Rückzug – nur wie sollte dieser vonstattengehen? Kurz vor dem Einmarsch des Vietcong in Saigon seien noch 5.000 Amerikaner mit ihren vietnamesischen Familien im Land gewesen. Boote waren ebenso überfüllt wie Flugzeuge, hinter denen die Leute beim Abflug hinterher eilten. Das Personal in der Botschaft wurde schließlich in zahlreichen Helikopterflügen nach und nach in Sicherheit gebracht. Eine Rettung, die als „Option 4“ galt.

Kennedy spricht in Last Days in Vietnam mit vielen Beteiligten, mit dem damaligen US-Außenminister Henry Kissinger sowie mit US-Veteranen und ehemaligen CIA-Analysten, aber auch mit südvietnamesischen Soldaten, die teils erst nach Jahren in Erziehungslagern nach der Evakuierung Saigons ihren Weg in die USA fanden. Insofern ist die Dokumentation durchaus umfangreich und informativ in ihren Einblicken in die Schlussphase eines verlorenen Krieges. Aber derart Neues, wie viele der positiven Kritiken hervorheben, weiß ihr Film gar nicht zu erzählen. Bereits vor 20 Jahren hatte Michael Dutfield das Thema in seiner Fernsehdoku The Fall of Saigon verarbeitet, Bilder vom Fall Saigons tauchen auch in Genrefilmen auf.

Wie umfangreich die Evakuierung ausfiel und mit welchem Idealismus die Amerikaner diese vollzogen ist wohl das Entscheidende, was Rory Kennedy in ihrem Film ausdrücken kann. Dennoch wäre dem Ganzen wohl als Magazinbeitrag oder komprimierte 40-minütige Sendung – beispielsweise auf dem History Channel (oder eben PBS) – besser gedient gewesen. Nicht unproblematisch ist zudem, dass – wenn auch thematisch-zeitlich bedingt – all jene Gräuel, die von den USA im Vietnamkrieg ausgingen, hier unerheblich sind. Als Folge sah Amerikas Rolle in jenem dunklen Kapitel der Zeitgeschichte selten positiver aus. Insofern ist Last Days in Vietnam zwar durchaus informativ, aber zugleich auch im Kontext seiner Zeit zu sehen.

6/10

13. Februar 2015

Kurz & Knackig: Justice League

Das hätten sich auch die Nerds nicht träumen lassen, dass Comic-Filme irgendwann die Filmindustrie dominieren. Marvels Output – Spider-Man und X-Men außen vor – hat bislang über sieben Milliarden Dollar eingespielt, mehr als ein Drittel davon allein durch The Avengers und Iron Man 3. DC’s Portfolio baute primär auf Nolans Batman-Filme, die den Löwenanteil der drei Milliarden Einspiel besorgten, wohingegen Green Lantern zum Flop avancierte. Kein Wunder also, dass auch Warner Bros. ein Stück vom Kuchen abhaben will und nächstes Jahr mit Batman v Superman: Dawn of Justice auf ihren eigenen Ensemble-Film hinarbeiten. Dabei ist die Justice League schon seit Jahren im Einsatz – wenn auch bislang nur im Animationsbereich.

Seit 2007 spült DC Comics in regelmäßigen Abständen Filme zu seinen Helden Ensemble-Werke auf den DTV-Markt. Die Filme folgen dabei zu Beginn keiner wirklichen Chronologie. Was sie neben namhaften Voice Casts (Nathan Fillion als Green Lantern!) auszeichnet, sind teils interessante Ideen, Szenen und Momente. Aber auch so manche Stolpersteine. Das Schema ist oft dasselbe: Batman ist der seriöse Leader, Green Lantern meist der comic relief – oft unterstützt von Flash –, während Wonder Woman bzw. Diana Prince etwas steif daherkommt, Cyborg eher ein Militärstratege ist und Superman oft auf seine Stärke reduziert wird. In der Folge sollen einige der jüngeren Justice League-Filme etwas ausführlicher beleuchtet werden.

Justice League: Crisis on Two Earths (2010)

The philosophical implications are tremendous.

Von den vier vorgestellten Filmen entspricht der Zeichenstil von Lauren Montgomerys und Sam Lius Crisis on Two Earths sicher am ehesten dem von Fernseh-Cartoons. Wie im Falle der anderen Filme wird sich aus dem großen Print-Fundus bedient, um eine der populäreren Handlungsstränge zu erzählen. In diesem Fall wird die Justice League von der Ankunft Lex Luthors überrascht, der kundtut, aus einer Paralleldimension zu stammen, wo die Superhelden als Crime Syndicate die Bösewichte geben und die im DC-Universum bekannten Antagonisten rund um Luthor, Joker und Deathstroke wiederum die Justice League stellen. Luthor als letztes überlebendes Mitglied dieser Justice League bittet nun Superman und Co. um Unterstützung.

Den Zuschauer erwartet somit ein “What if”-Szenario, in dem mit großer Macht große Gier einhergeht. Superman (Mark Harmon) wird zu Ultraman, Wonder Woman zu Superwoman, usw. Hierbei wird zugleich die subtile Idiotie der Heldennamen deutlich, wenn in der Alternativwelt Batman (William Baldwin) schließlich zu Owlman (James Woods) mutiert. Gerade letztere beide bestimmen das Geschehen, wenn Owlman eine Superbombe dazu nutzen will, die Ursprungserde zu zerstören, weil in einer Welt mit unzähligen Erden jegliche Entscheidung und somit auch die menschliche Existenz irrelevant sei. Eine Suizidmission, bei der Owlman bereitwillig von seiner bloß aufs Monetäre fixierten Freundin Superwoman unterstützt wird.

Die ist als verruchte Femme fatale einer der Höhepunkte, auch wenn ihre Motivation nur bedingt Sinn macht. Ansonsten gibt es hier wie in den anderen Filmen viele, teils ausufernde Actionszenen, wenn sich unsere Superhelden ohne wirkliche Konsequenzen eins auf die Zwölf geben. Manche Figur wie Green Lantern rückt da in den Hintergrund, was im Falle des Crime Syndicates jedoch noch auffälliger ist. Trotz allem finden die Regisseure Zeit, dem Martian Manhunter eine Liebesgeschichte auf den Leib zu schreiben. Seine Stärken bezieht Crisis on Two Earths jedoch aus der verkehrten Darstellung der gewohnten Verhältnisse, kulminierend in einem spannenden und gut geschriebenen Finale zwischen Batman und Owlman.

6/10

Justice League: The Flashpoint Paradox (2013)

You’re one hell of a messenger.

Dass Jay Oliva als Storyboarder an Bord von Zack Snyders Man of Steel war, sollte man dem Regisseur der The Dark Knight Returns-Adaption nicht zum Vorwurf machen. Zumindest versucht The Flashpoint Paradox in diesem Fall eine Rehabilitation. Was eingangs wie ein gewöhnliches Justice League-Abenteuer beginnt, in dem Flash (Justin Chambers) ein Bombenattentat des Reverse-Flash mithilfe der Justice League abwenden muss, entwickelt sich schnell zu einer alternativen Realität, die buchstäblich keine Gefangenen macht. Hier führen Wonder Womans (Vanessa Marshall) Amazonen Kriegt mit Aquamans Atlanteanern, weil Diana Prince für den Tod von Aquamans Frau Mera verantwortlich ist. Doch das ist nur eine Abwandlung von vielen.

Wie Flash bei einem Besuch in Gotham feststellen muss, ist Batman in dieser Zeitachse Thomas Wayne (Kevin McKidd), nachdem es Bruce war, der seinerzeit starb, statt seiner Eltern. Superman ist in dieser Realität ein geheimes Militärexperiment, das Batman und Flash später mit Cyborg (Michael B. Jordan) befreien müssen und Hal Jordan ist nie zu Green Lantern geworden. Wieder ist es die Umkehr mancher Gewohnheit – auch hier gehören Luthor und Slade Wilson zu den Guten –, die gefällt. Beeindruckend ist zuvorderst jedoch die ernste und sehr gewalthaltige Herangehensweise, wenn unsere bekannten Helden wie Shazam hier teilweise brutale und grausame Tode sterben. Was nicht bedeutet, der Film sei frei von Humor.

Problematisch gerät allerdings die Auflösung des Ursprungs der alternativen Realität, die aus einer einzigen Handlung resultierte. Wieso dies sich wiederum derart auswirkt, dass Bruce Wayne an seiner Eltern statt stirbt oder Superman nie von den Kents aufgezogen wird, will nicht ganz klar werden. Und auch wenn The Flashpoint Paradox auf einer emotionalen Note endet, steht das Konstrukt der Handlung im Nachhinein auf wackeligen Beinen. Die zuvor erschaffene dystopische Welt hingegen wusste zu gefallen, auch wenn manche Figur – wie ein direkt aus Pumping Iron entsprungener Aquaman – etwas befremdlich wirkt. Härter und dreckiger als The Flashpoint Paradox kann man einen Justice League-Film jedoch kaum inszenieren.

6/10

Justice League: War (2014)

You’re not just some guy in a bat costume, are you?

Auch in War führte Jay Oliva wieder die Regie, während der Film erneut eine neue Kontinuität beginnt – die immerhin in Throne of Atlantis fortgesetzt wird –, obschon er am Ende von Flashpoint in einer Post-Credit-Szene angeteasert wurde. Die Hintergründe dieser Realität ergeben sich während der Sichtung, beispielsweise welche der Figuren sich kennen und welche nicht. Darkseid plant in bester The Avengers-Manier mittels beliebiger Alien-Krieger die Invasion der Erde, was zuerst Batman (Jason O’Mara) und Green Lantern (Justin Kirk) in Gotham zusammenführt. Beide suchen in Metropolis daraufhin die Unterstützung durch Superman (Alan Tudyk), während Victor Stone eher widerwillig durch Darkseids Invasions-Pläne zu Cyborg mutiert.

Während verschiedener Angriffe, unter anderem auf Air Force One, werden auch Helden wie Wonder Woman (Michelle Monaghan), Flash (Christopher Gorham) und Shazam (Sean Astin) in das Geschehen involviert. Gemeinsam müssen die sieben Superhelden nun einen Mittel und Weg finden, um Darkseids Plänen ein Ende zusetzen. Und damit wäre auch die Handlung bereits umrissen, die im Gegensatz zu den beiden anderen Filmen relativ wenig tiefgründig gerät. Zuvorderst lebt War von der Konfrontation der verschiedenen Figuren, wobei das Duo Batman und Green Lantern neben der Genesis von Cyborg (zurecht) die meiste Laufzeit in Anspruch nimmt. Der überzeugende Zeichenstil orientiert sich dabei an Olivas Vorgänger-Film.

Letztendlich hätte man das alles jedoch auch auf etwas mehr als die Hälfte der Zeit eindampfen können, da der Film so manchen Leerlauf hat. So sehr Wonder Woman auch auf den Putz haut, ist Diana Prince doch eine unwahrscheinlich steife Figur geworden. Shazam wiederum gerät relativ verzichtenswert und ironischerweise spielt Superman auch hier wieder nur die zweite Geige hinter Batman. Bereitet Darkseid zuerst enorme Probleme, gelingt es den Helden dann auch ohne Batman und Superman später relativ einfach, mit ihm fertig zu werden. Dass manche Figuren wie Wonder Woman hier erneut neu gezeichnet und das Ensemble neue Stimmen erhält (und teils in Throne of Atlantis nochmals) steht War am Ende ein wenig im Weg.

5.5/10

Justice League: Throne of Atlantis (2015)

Journalism is dead.

Obschon Throne of Atlantis die Ereignisse aus War fortführt, warten wieder einige Wechsel bei den Synchronsprechern auf. So wird Superman nun von Jerry O’Connell gesprochen, Wonder Woman von Rosario Dawson und Green Lantern wieder von Nathan Fillion. Ansonsten gehen die Figuren im Grunde ihre eigenen Wege, eine Justice League – wie Cyborg zu Beginn resümiert – existiert de facto nicht wirklich. Natürlich kommt sie hier dennoch wieder zusammen, als ein U-Boot der Armee im Marianengraben verschwindet. Ursache ist eine Attacke der Atlanteaner, die den Tod ihres Königs rächen wollen, der als Kollateralschaden in Darkseids Invasion aus War starb. Nur Arthur Curry (Matt Lanter) kann als Aquaman das Schlimmste verhindern.

Als Folge schickt sich der diesmal von Ethan Spaulding inszenierte Film als Origin-Story für Aquaman an, lernt Arthur Curry doch von seiner wahren Abstammung und designierten Rolle, während sein Halbbruder Orm (Sam Witwer) sich als Kriegstreiber versucht. Die Justice League nimmt sich in Throne of Atlantis etwas zurück, wobei durchaus Plot-Elemente aus War fortgeführt werden. So beginnen Superman und Wonder Woman zu daten wie auch Green Lantern und Batman ihre zotiges Miteinander intensivieren. Für Flash und Shazam bleibt da wenig zu tun, auch Cyborg agiert etwas passiver. Die Handlung gehört zum Großteil Aquamans Origin, der zugleich reichlich hastig abgespult wird, um sich wirklich entfalten zu können.

Bisherige Kritikpunkte finden sich hier wieder. Shazam ist eine überflüssige Figur und Wonder Woman arg steif. Hier kann sie nicht einmal auf den Putz hauen, was dafür Mera (Sumalee Montano) eindrucksvoll zufällt. Throne of Atlantis gerät dabei zwar nicht so blutig wie Flashpoint Paradox, aber der Großteil der Justice League sowie die Atlanteaner machen hier keine Gefangenen. Die Action weiß zu gefallen, auch wenn sie in ihrer Redundanz schnell eintönig wird. Am stärksten ist Throne of Atlantis in seinen ruhigen Momenten, wenn die Charaktere miteinander agieren dürfen. Eine weitere Post-Credit-Szene deutet an, dass im nächsten Justice League-Teil endlich etwas mehr Fleisch an den Knochen kommt. Zu wünschen wäre es.

5.5/10

7. Februar 2015

The Defiant Ones [Flucht in Ketten]

Run, chicken, run.

Zehn Jahre vor dem Civil Rights Act war Rassismus auch das Thema in Stanley Kramers The Defiant Ones – hierzulande als Flucht in Ketten erschienen. Der Film verlieh Sidney Poitiers Karriere kräftigt Schwung und bescherte ihm als ersten Afroamerikaner eine Oscarnominierung als Bester Hauptdarsteller, genauso wie zuvor den Silbernen Bären auf der Berlinale. Gemeinsam mit Tony Curtis spielte Poitier das, was in der Realität noch ein Jahrzehnt entfernt war: dass sich Schwarze und Weiße einander die Hand reichen. Selbst wenn dies in The Defiant Ones zumindest in seinem Beginn eher der Prämisse der Handlung geschuldet war, die einen weißen und einen schwarzen Häftling aneinander gekettet gemeinsam auf die Flucht schickte.

Die Chance hierzu ergibt sich, da eingangs ein Gefangenentransport einen Autounfall baut. An den Händen zusammengekettet treten die beiden Häftlinge Noah Cullen (Sidney Poitier) und John Jackson (Tony Curtis) die Flucht an, während am nächsten Tag der zuständige Sheriff Max Muller (Theodore Bikel) einen Suchtrupp inklusive einiger Bluthunde organisiert. Obschon seine Männer dafür plädieren, die Bluthunde ihre Arbeit machen zu lassen, erinnert Muller an die Menschlichkeit der zwei Häftlinge. Auch wenn deren Flucht dem Gesetzeshüter bald gehörig auf den Zeiger geht. Cullen und Jackson wiederum müssen lernen, zusammenzuarbeiten und ihre Vorurteile und Ressentiments zu überwinden, wenn sie überleben wollen.

Stanley Kramer inszeniert diese Geschichte, die auf einer Vorlage von Nedrick Young basiert, mit relativ simplen Mitteln. Es gibt nur wenige Sets, wenige Charaktere und im Grunde keine Musik. Dies fällt speziell in einer Szene auf, in der Poitier und Curtis einen Bachstrom überqueren. Zugleich nutzt Kramer die Musik, die im Film vorhanden ist, als einen Running Gag, wenn Carl “Alfalfa” Switzer ein Suchtrupp-Mitglied spielt, dass unablässig sein Transistor-Radio laufen lässt. Und trotz seiner zurückgenommen Art weiß The Defiant Ones zu faszinieren – schlicht indem der Film seine Figuren miteinander interagieren lässt. Hier ist es vor allem Jackson, der seine Vorbehalte – gegenüber Cullen als auch der Welt – überwinden muss.

“You gotta take things as they are”, sagt Jackson, der es leid ist, sich für niedere Jobs herzugeben. Er will ein Stück vom Kuchen abhaben, während Cullen zum Opfer seines aufbrausenden Temperaments wurde. Eine Ironie des Schicksals führt dazu, dass beide Männer aneinander gekettet werden – was im Süden der USA auch bei Gefangen nicht üblich war und seinerzeit Robert Mitchum, selbst einst ein Chain-Gang-Häftling, dazu bewog, den Part von Jackson abzulehnen. Als die zwei Männer nachts in einem Dorf von einem Lynchmob gefasst werden, verdanken sie auch hier einem ehemaligen Chain-Gang-Häftling (Lon Chaney) ihr Leben. Während ihnen im Hause einer alleinerziehenden Mutter (Cara Williams) wieder Rassismus begegnet.

Letztere Episode gerät dabei etwas ausufernd, wie auch die Motivation und Entscheidung von Williams’ Figur leicht konstruiert wirkt, nur um bei Jackson eine Katharsis zu bewirken. Diese wird ebenfalls nur minimal unterfüttert, ohne dass Kramer in seinem Film wirklich die vermeintliche Wand des Rassismus einzureißen vermag. Grundsätzlich spricht sicher nichts dagegen, dass sich Cullen und Jackson, auch aufgrund ihrer Persönlichkeiten, anfreunden. Allerdings wirkt die Besetzung von Jackson mit „Schönling“ Curtis – auch wenn dieser sich schauspielerisch nichts zu Schulden kommen lässt – nicht vollends ausgereizt. Mit dem ursprünglich vorgesehenen Marlon Brando als Gegenpart zu Poitier wäre dem Film wohl mehr geholfen.

Sidney Poitier ist es auch, der The Defiant Ones mit seinem starken Spiel die meiste Zeit schultert und seinen Stempel aufdrückt. Leider etwas unter geht Theodore Bikels grundsätzlich interessanter, humaner Sheriff, während eine Anti-Lynch-Rede von Lon Chaney im Mittelteil irgendwie etwas im luftleeren Raum stehen bleibt. Nichtsdestotrotz ist Stanley Kramer ein kurzweiliger und über weite Strecken packender Film gelungen, der zwar nur unterschwellig das Thema Rassismus aufgreift, aber dafür in seiner Besetzung und seinem Umgang mit Poitier – was die Reklame des Films und die finanzielle Gegenleistung angeht – eine Botschaft sendete. In The Defiant Ones sind schwarz und weiß gleich – wenn auch nur auf der Flucht vor dem Gesetz.

7.5/10

1. Februar 2015

Filmtagebuch: Januar 2015

THE AMAZING SPIDER-MAN
(USA 2012, Marc Webb)
5.5/10

THE AMAZING SPIDER-MAN 2
(USA 2014, Marc Webb)
5/10

ART AND CRAFT
(USA 2014, Sam Cullman/Jennifer Grausman/Mark Becker)
5.5/10

BATMAN: UNDER THE RED HOOD
(USA 2010, Brandon Vietti)
7/10

THE BEACH
(USA/UK 2000, Danny Boyle)
6/10

THE BOX
(USA 2009, Richard Kelly)
4/10

BROKEDOWN PALACE
(USA 1999, Jonathan Kaplan)
4.5/10

THE DEFIANT ONES [FLUCHT IN KETTEN]
(USA 1958, Stanley Kramer)

7.5/10

FRIDAY NIGHT LIGHTS – SEASON 1
(USA 2006/07, Jeffrey Reiner u.a.)
7/10

FRIDAY NIGHT LIGHTS – SEASON 2
(USA 2007/08, Jeffrey Reiner u.a.)
6/10

FRIENDS – SEASON 6
(USA 1999/2000, Gary Halvorson u.a.)
7.5/10

FRIENDS – SEASON 7
(USA 2000/2001, Gary Halvorson u.a.)
7.5/10

FRIENDS – SEASON 8
(USA 2001/2002, Gary Halvorson u.a.)
7.5/10

GRUDGE MATCH [ZWEI VOM ALTEN SCHLAG]
(USA 2013, Peter Segal)

5/10

THE IMMIGRANT
(USA 2013, James Gray)
6/10

JACKASS: THE MOVIE
(USA 2002, Jeff Tremaine)
5.5/10

JUMANJI
(USA 1995, Joe Johnston)
5.5/10

JUSTICE LEAGUE: CRISIS ON TWO EARTHS
(USA 2010, Sam Liu/Lauren Montgomery)
6/10

JUSTICE LEAGUE: THE FLASHPOINT PARADOX
(USA 2013, Jay Oliva)
6/10

JUSTICE LEAGUE: THRONE OF ATLANTIS
(USA 2015, Ethan Spaulding)
5.5/10

JUSTICE LEAGUE: WAR
(USA 2014, Jay Oliva)
5.5/10

LAGGIES
(USA 2014, Lynn Shelton)
4.5/10

LOVE IS STRANGE
(USA/F/BR/GR 2014, Ira Sachs)
5.5/10

NEED FOR SPEED
(USA/RP/IRL/UK 2014, Scott Waugh)
3/10

THE OMEN
(USA/UK 1976, Richard Donner)
4/10

PARDÉ [CLOSED CURTAIN]
(IR 2013, Jafar Panahi/Kambuzia Partovi)

3/10

RETURN TO PARADISE [FÜR DAS LEBEN EINES FREUNDES]
(USA 1998, Joseph Ruben)

6.5/10

SPIDER-MAN
(USA 2002, Sam Raimi)
7.5/10

TROPIC THUNDER
(USA/UK/D 2008, Ben Stiller)
6.5/10

VIRUNGA
(UK/CG 2014, Orlando von Einsiedel)
5.5/10

Retrospektive: Top Five 2008


SWEENEY TODD: THE DEMON BARBER OF FLEET STREET
(UK/USA 2007, Tim Burton)
8/10

SOUTHLAND TALES
(USA/F/D 2006, Richard Kelly)
8.5/10

IN BRUGES [BRÜGGE SEHEN... UND STERBEN?]
(UK/USA 2008, Martin McDonagh)

8.5/10

INTO THE WILD
(USA 2007, Sean Penn)
8.5/10

LE SCAPHANDRE ET LE PAPILLON [SCHMETTERLING UND TAUCHERGLOCKE]
(F/USA 2007, Julian Schnabel)

9.5/10