6. Januar 2008

Gilgamesh

We’ll always be together.

Zwischen 1976 und 1978 erschienen in Japan sechs Bände des Mangas Gilgamesh, gezeichnet von Shōtarō Ishinomori, der sich auch für die Cyborg 009 Serie verantwortlich zeichnete. Auf seinem Manga basierte die gleichnamige Anime-Serie, welche von der Group TAC im Jahr 2003 initiiert worden ist. Masahiko Murata präsentiert die Geschichte rund um die Geschehnisse von Heaven’s Gate in 26 Episoden a 20 Minuten reiner Laufzeit, sowohl in englischer, als auch in deutscher Synchronisation. Von beiden ist die deutsche wohl der englischen vorzuziehen, generell empfiehlt sich jedoch den japanischen Originalton mit Untertiteln (deutsch oder englisch nimmt sich hier nichts) anzusehen. Eine große Rolle innerhalb der Serie spielt auch Musik und nach wenigen Folgen ist man selbst von dem emotionalen Abspannlied jedes Mal richtig eingenommen. Allerdings wird die Musik, und hiermit sei jegliche Form von Musik, also alles was einen Ton erzeugt, angesprochen, auch in der Serie selbst in vielen entscheidenden Szenen zum Tragen kommen und von Bedeutung sein.

In klassischer 2-D-Animation, hin und wieder unterstützt von digitalen Effekten, zeigt sich Gilgamesh in einem düsteren, harten und kalten Gothic-Gewand. Die Gegenwart ist nicht nur trostlos, sondern sie sieht auch so aus, die Charaktere zeigen selten bis nie Emotionen, da sie in die Hoffnungslosigkeit ihrer Umgebung eingebettet sind. Zudem sind alle auftretenden Emotionen ein Resultat aus Erfahrungen der Vergangenheit, welche Stück für Stück in der Serie enthüllt werden. Grundlage für Serie und Manga bildet dabei die Legende um Gilgamesh, einen mesopotamischen Herrscher aus dem dritten Jahrtausend vor Christus, welchem nachgesagt wurde, dass er zum Teil Mensch und zum Teil Gott gewesen sei. Die Legende von Gilgamesh erhält große Empathie auf seine Freundschaft zu Enkidu, bzw. seine Trauer über dessen Tod, welche ihn in den Wunsch nach Unsterblichkeit trieb. Ebenjene Legende von Gilgamesh und Enkidu wird im Verlauf der Serie mehrmals von den verschiedensten Charakteren rezitiert werden.

Eingeleitet wird Gilgamesh von einer historischen Ausgrabungsstätte, Heaven’s Gate genannt. Dort wird ein wissenschaftliches Projekt eingestellt, da von ihm eine Gefahr für den gesamten Planeten ausgehen könnte. Kurz darauf verübt jedoch einer der Wissenschaftler einen terroristischen Anschlag, welcher in einer Katastrophe für die gesamte Menschheit endet. Es bildet sich eine Art elektromagnetischer Schirm am Himmel, welcher dessen ursprüngliches Blau verdeckt und stattdessen die Erdoberfläche widerspiegelt. Von den Menschen Sheltering Sky genannt, bewirkt der Schirm, dass alle Elektronik aus dem Leben der Menschen verschwand und es folglich keine Computer gibt. Da die Geschehnisse von Heaven’s Gate am 10. Oktober stattfanden, erinnert man sich dieses Tages in der Geschichte als Twin X (XX). Was genau hinter Heaven’s Gate steht wird jedoch erst am Ende der Serie verraten werden.

Der Wissenschaftler, welcher für Twin X verantwortlich war, lebt unter dem Namen Enkidu im Untergrund weiter. Für ihn arbeiten die Gilgamesh, zehn engelsgleiche Jugendliche, die nach dem lateinischen Zahlensystem benannt wurden. Die Regierung vermag gegen die nichtmenschlichen Gilgamesh nicht vorzugehen und widmet sich stattdessen mit dem Oktober-Projekt und dem Bau des Turmes Turangalila der Umkehrung der Ereignisse von Twin X. Lediglich die Gräfin von Werdenberg, welche einst bei Twin X selbst beteiligt gewesen war, stellt sich mit ihrer Organisation Orga, die aus drei telekinetisch begabten Kindern besteht, gegen die Gilgamesh. Dies tut zwar auch der ominöse Kazamatsuri, doch scheint er im Gegensatz zur Gräfin ein anderes Ziel zu verfolgen. Als das Geschwisterpärchen Tatsuya und Kiyoko auf der Bildfläche erscheint, vereinen sich die Interessen aller drei Gruppierungen und umgarnen die Jugendlichen, welche für den Verlauf von Gilgamesh von alles entscheidender Bedeutung sein werden.

Bei Tatsuya und Kiyoko handelt es sich nämlich um die Kinder von Enkidu selbst und in ihnen wird daher dieselbe Macht vermutet, wie in dem Terroristen. Durch die Geschehnisse von Twin X wurde nämlich eine Antimaterie, in der Serie Dynamis benannt, freigesetzt, die für die telekinetischen Begabungen der Kinder verantwortlich ist. Für welche Seite sich die Kinder schließlich entscheiden werden, welchen Verlauf Kazamatsuris Bestrebungen und die Hoffnungen der Regierung in Turangalila nehmen werden und ob Enkidu und die Gilgamesh von den Orga gestoppt werden können – all dies wird in den sechsundzwanzig Episoden von Gilgamesh ausführlich geschildert, genauso wie die Ereignisse um Heaven’s Gate und Twin X, sowie die Verstrickung der einzelnen Personen in jene Geschehnisse mit jeder Folge mehr aufgeklärt werden. Hierbei wird jedoch nicht überhastet vorgegangen, sondern bedächtig jedes wichtige Detail, jedes entscheidende Merkmal für die Handlung immer wieder angesprochen, untersucht und interpretiert.

Die wichtigste Figur der Serie ist dabei wohl Tatsuya Madoka, der in fast jeder Episode auftaucht und der wie so oft im Science-Fiction Genre die Rolle des „Erlösers“ verkörpert. Die Kraft von Dynamis ist besonders stark in Tatsuya und das hängt natürlich nicht von ungefähr mit seinem Vater Teruchimi Madoka, alias Enkido, zusammen. Die genauen Umstände von Tatsuyas Kräften genauso wie seine Geburt, werden in der Mitte der Serie immer öfters angeschnitten werden. Da Tatsuyas Mutter nach Twin X ihren Lebenswillen verlor, übernahm seine ältere Schwester Kiyoko seine Erziehung und somit verbindet die beiden Geschwister eine sehr innige Beziehung. Durch die Gräfin und die Orgas – verkörpert durch den reifen Isamu, die reizvolle Fu und den naiven Toru – gelingt es Tatsuya sich jedoch zu emanzipieren, was schließlich zum Bruch mit seiner Schwester führen wird, die einen anderen Weg als ihr Bruder einschlägt. Hierbei spielt Liebe eine große Rolle und jeder der Charaktere hat eine andere Figur innerhalb der Serie, für die er dieses Gefühl der Liebe empfindet.

Neben der Liebe und der Musik gibt es selbstverständlich ein übergeordnetes und größeres Thema: die Frage nach dem großen Ganzen und ob hierbei der Zweck die Mittel heiligt. Enkidu und die Gilgamesh wollen die Welt von ihren Sünden reinigen, damit die Menschheit daraus gestärkter hervorgehen kann. Hierbei nehmen sie nicht nur menschliche Opfer in Kauf, sondern stellen auch ihr eigenes Leben in den Dienst des Professors, wie Enkidu von den Gilgamesh genannt wird. Tatsuya und die Orga-Kinder hingegen wissen ihr Leben sehr wohl zu schätzen und kämpfen für das Wohl der Menschheit – dabei wird ihre eigene Herkunft von einem sehr dunklen und fragwürdigen Geheimnis begleitet. Auch wenn die Kämpfe zwischen den Gilgamesh und den Orga auf Leben und Tod ausgetragen werden, kommt es im Verlauf der Serie zu keinen gegenseitig resultierten Todesfällen. Den meisten Kämpfen geht eine Diskussion der beiden Gruppierungen zuvor, hauptsächlich zwischen Tatsuya und dem Gilgamesh Novem, der später in der Serie noch von alles entscheidender Bedeutung sein wird.

Auf welcher Seite stehst du?, fragt Gilgamesh mit seinem Inhalt des Öfteren sein Publikum, sind die Mittel der Gilgamesh vertretbar, um ihr Ziel zu erreichen? Oder sind doch die Gräfin und ihre zwielichtigen Methoden zu rechtfertigen, vielleicht gar das Handeln von Kazmatsuri? Zu Beginn von Gilgamesh wird der Zuschauer mit vielen offenen Fragen konfrontiert, zu denen erst kurz vor Schluss eine Antwort offeriert werden soll. Langsam entwickelt sich die Serie, im Vordergrund stehen dabei ihre Figuren. Die letzten sechs Episoden brechen dann schließlich wie eine Flutwelle herein und auch wenn die Serie das eine oder andere Logikloch hat und die Auflösung von Twin X und Heaven’s Gate eher schwach ist, endet die Serie in einem Finale, das in seiner Brutalität und Kompromisslosigkeit, seiner Stimmigkeit und zugleich seinem Widerspruch, in dieser Form eher Seltenheitscharakter in der Filmgeschichte haben dürfte.

7.5/10

2 Kommentare:

  1. Danke für die Empfehlung. Ich finde den Text zwar an einigen Stellen leicht konfus, das wird aber wahrscheinlich daher rühren dass du, um Spoiler zu vermeiden, halt manchmal ein wenig um den heißen Brei herumschreibst, richtig?

    Wenn ich mit der Armada an zu schauenden Serien-Boxen und gerade im Januar arg überhand nehmenden Kinofilmen (alleine drei mit Philip Seymour Hoffman, das ist beinahe schon zuviel des Guten) fertig bin, werde ich mich vielleicht mal an "Gilgamesh" versuchen.

    Möchte eh mal ein bißchen mehr reinschnuppern ins Themengebiet der Animes. Und wenn ich's dieses Jahr nicht schaffe, naja ...

    ... dann halt spätestens 2020. ;)

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  2. Da mit dem Text könntest du Recht haben, es ist nicht sonderlich leicht die Serie zu beschreiben ohne Ereignisse vorweg zu nehmen (wie es aber bei jeder stringenten Serie der Fall ist). Vielleicht hab ich jedoch auch nur konfus geschrieben ;)

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