Kinder können grausam sein. Das weiß vermutlich niemand besser als die 69-jährige Karen Klein, die jahrelang im US-Bundesstaat New York als Schulbus-Begleitung fungierte. Bis sie im Juni 2012 von vier Schülern im Bus derart bedroht und beschimpft wurde, dass ein Handyvideo der Jugendlichen auf YouTube viral ging. Die Teenager wurden darauf ein Jahr suspendiert und Klein ist nach einer weltweiten Internet-Spendenaktion mehr als eine halbe Million Dollar reicher. Ein Happy End, das in den USA nicht jedem, der Opfer von Schülermobbing ist, beschert wird. So verübte 2009 der 17-jährige Schüler Tyler Long Selbstmord, als ihn seine Mitschüler wiederholt aufforderten, sich zu erhängen, weil er wertlos sei.
“I think he got to this point where enough was enough”, blickt Tylers Vater David Long mit wässrigen Augen in Lee Hirschs Dokumentation Bully zurück. “I still think he’s gonna come through that door”, sagt Long. “But I know he’s not.” In den USA sind Suizide nach Mobbing (engl. bullying) kein Einzelfall. “Bullycide” wurde als Portmanteau-Wort kreiert. Im Jahr 2010 erhängte sich in Massachusetts die 15-jährige Phoebe Prince, in Oklahoma setzte der 11-jährige Ty Field seinem Leben ein Ende. In den USA wird eines von vier Kindern regelmäßig in der Schule gemobbt, insgesamt sind 30 Prozent der Schüler in Mobbing involviert, entweder als Opfer oder Täter. Lee Hirsch widmet sich in Bully fünf solcher Mobbing-Vorfälle.
Am prominentesten verfolgt Hirsch den 12-jährigen Alex Libby, der jeden Tag im Schulbus geschlagen, gewürgt und bedroht wird. In der Schule wollen sich viele gar nicht mit ihm abgeben, er gilt aufgrund seines Aussehens als “freak” bei seinen Mitschülern. “I feel like I belong somewhere else”, gesteht er. Seine kleine Schwester erzählt, sie wird aufgrund ihrer Verwandtschaft zu ihm gemobbt. “That doesn’t even make sense”, zeigt sich Alex irritiert. Ab einem Zeitpunkt nimmt die Gewalt gegen ihn so zu, dass Hirsch, der mit versteckter Kamera gefilmt hat, die Aufnahmen seiner Mutter und Alex’ Rektorin Kim Lockwood zeigt. Doch die Hilf- und Planlosigkeit der Rektorin hatte Bully zuvor bereits verdeutlicht.
Zu Beginn des Films läuft Lockwood im Schulgang ein Junge mit blutendem Kopf entgegen, dessen Schädel von einem Mitschüler auf einen Nagel geschlagen wurde. “You didn’t like that, did you?”, fragt die Rektorin sogar noch und leistet später gegenüber der Kamera den Offenbarungseid: “Tell me how to fix this. I don’t know”. Mobbing floriert laut Studien speziell an den Schulen, wo es nicht angesprochen wird, die Lehrer keine Aufsicht leisten. In manchen Fällen, wie bei der 16-jährigen homosexuellen Kelby Johnson, beteiligt sich die Belegschaft sogar am Mobbing und stellt die Jugendliche vor der versammelten Klasse bloß. “The school doesn’t care”, bestätigt Kelbys Vater entsprechende Gespräche mit dem Schulrektorat.
Kelby berichtet, wie sie auf dem Heimweg von Mitschülern angefahren wurde, dass sie Selbstmordgedanken hatte. Auch dem friedfertigen Alex setzt das Mobbing zu. “They push me so far that I want to become the bully”, gesteht er. Ähnlich erging es der 14-jährigen Ja’meya Jackson, die gegen ihre Peiniger eines Tages im Schulbus die Pistole ihrer Mutter erhob, um sie zum Schweigen zu bringen. Sofort lastete sie sich damit 22-faches Kidnapping und versuchte schwere Körperverletzung auf. Mit einer Handlung sieht sie sich nun 45 Anklagepunkten gegenüber und sitzt zu Beginn von Bully in Untersuchungshaft. Es sind ungemein eindringliche und erschütternde Vorfälle, die Hirsch in seinem Film Bully dokumentiert.
Allerdings geht die Dokumentation über das Emotionale auch nicht hinaus. Hirsch versucht gar nicht, aufzuschlüsseln, warum Jugendliche zu Tätern werden. Er spricht weder mit solchen Schülern, noch mit Psychologen oder Soziologen. Was sind die Ursachen für Mobbing? Wie könnte man es verhindern? Forschern zufolge kann es einen populär machen, andere zu piesacken. Gefördert wird Bullying, wenn man im eigenen Elternhaus zu viele Freiheiten erhält oder zu sehr diszipliniert, kaum beaufsichtigt wird. Bully will den Zuschauer lediglich erschüttern, was der Film auch schafft. Im Gegensatz dazu, einen aufzuklären. “Maybe what it takes is only for one person to stand up”, mutmaßt Kelby. Es wäre zumindest ein Anfang.
“I think he got to this point where enough was enough”, blickt Tylers Vater David Long mit wässrigen Augen in Lee Hirschs Dokumentation Bully zurück. “I still think he’s gonna come through that door”, sagt Long. “But I know he’s not.” In den USA sind Suizide nach Mobbing (engl. bullying) kein Einzelfall. “Bullycide” wurde als Portmanteau-Wort kreiert. Im Jahr 2010 erhängte sich in Massachusetts die 15-jährige Phoebe Prince, in Oklahoma setzte der 11-jährige Ty Field seinem Leben ein Ende. In den USA wird eines von vier Kindern regelmäßig in der Schule gemobbt, insgesamt sind 30 Prozent der Schüler in Mobbing involviert, entweder als Opfer oder Täter. Lee Hirsch widmet sich in Bully fünf solcher Mobbing-Vorfälle.
Am prominentesten verfolgt Hirsch den 12-jährigen Alex Libby, der jeden Tag im Schulbus geschlagen, gewürgt und bedroht wird. In der Schule wollen sich viele gar nicht mit ihm abgeben, er gilt aufgrund seines Aussehens als “freak” bei seinen Mitschülern. “I feel like I belong somewhere else”, gesteht er. Seine kleine Schwester erzählt, sie wird aufgrund ihrer Verwandtschaft zu ihm gemobbt. “That doesn’t even make sense”, zeigt sich Alex irritiert. Ab einem Zeitpunkt nimmt die Gewalt gegen ihn so zu, dass Hirsch, der mit versteckter Kamera gefilmt hat, die Aufnahmen seiner Mutter und Alex’ Rektorin Kim Lockwood zeigt. Doch die Hilf- und Planlosigkeit der Rektorin hatte Bully zuvor bereits verdeutlicht.
Zu Beginn des Films läuft Lockwood im Schulgang ein Junge mit blutendem Kopf entgegen, dessen Schädel von einem Mitschüler auf einen Nagel geschlagen wurde. “You didn’t like that, did you?”, fragt die Rektorin sogar noch und leistet später gegenüber der Kamera den Offenbarungseid: “Tell me how to fix this. I don’t know”. Mobbing floriert laut Studien speziell an den Schulen, wo es nicht angesprochen wird, die Lehrer keine Aufsicht leisten. In manchen Fällen, wie bei der 16-jährigen homosexuellen Kelby Johnson, beteiligt sich die Belegschaft sogar am Mobbing und stellt die Jugendliche vor der versammelten Klasse bloß. “The school doesn’t care”, bestätigt Kelbys Vater entsprechende Gespräche mit dem Schulrektorat.
Kelby berichtet, wie sie auf dem Heimweg von Mitschülern angefahren wurde, dass sie Selbstmordgedanken hatte. Auch dem friedfertigen Alex setzt das Mobbing zu. “They push me so far that I want to become the bully”, gesteht er. Ähnlich erging es der 14-jährigen Ja’meya Jackson, die gegen ihre Peiniger eines Tages im Schulbus die Pistole ihrer Mutter erhob, um sie zum Schweigen zu bringen. Sofort lastete sie sich damit 22-faches Kidnapping und versuchte schwere Körperverletzung auf. Mit einer Handlung sieht sie sich nun 45 Anklagepunkten gegenüber und sitzt zu Beginn von Bully in Untersuchungshaft. Es sind ungemein eindringliche und erschütternde Vorfälle, die Hirsch in seinem Film Bully dokumentiert.
Allerdings geht die Dokumentation über das Emotionale auch nicht hinaus. Hirsch versucht gar nicht, aufzuschlüsseln, warum Jugendliche zu Tätern werden. Er spricht weder mit solchen Schülern, noch mit Psychologen oder Soziologen. Was sind die Ursachen für Mobbing? Wie könnte man es verhindern? Forschern zufolge kann es einen populär machen, andere zu piesacken. Gefördert wird Bullying, wenn man im eigenen Elternhaus zu viele Freiheiten erhält oder zu sehr diszipliniert, kaum beaufsichtigt wird. Bully will den Zuschauer lediglich erschüttern, was der Film auch schafft. Im Gegensatz dazu, einen aufzuklären. “Maybe what it takes is only for one person to stand up”, mutmaßt Kelby. Es wäre zumindest ein Anfang.
6.5/10
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