Früher waren die Geschlechter ein gemeinsames Kugelwesen, ehe sie Zeus in einer göttlichen Trennung in zwei Hälften teilte. So legt es der Philosoph Platon in seinem Dialog Symposion seiner Figur Aristophanes in den Mund. „Jeder von uns ist demnach nur eine Halbmarke von einem Menschen, weil wir zerschnitten, wie die Schollen, zwei aus einem geworden sind“, erzählt Platon durch seine Figur. „Daher sucht denn jeder beständig seine andere Hälfte.“ Zwei verwandte Seelen treffen auch in der Geschichte von Testről és lélekről – bei uns: Körper und Seele – der ungarischen Regisseurin Ildikó Enyedi aufeinander. Die Jury der Berlinale 2017 um Paul Verhoeven lobte das Mitgefühl des Films und zeichnete ihn mit dem Goldenen Bären aus.
Als auf einem Schlachthof die Qualitätskontrolleurin in die Elternzeit geht, wird sie durch Mária (Alexandra Borbély) ersetzt, eine soziale Außenseiterin mit Asperger-Charakteristika. Nach dem Diebstahl einiger Tier-Potenzmittel lädt der Finanzdirektor des Schlachthofs, Endre (Géza Morcsányi), auf Anraten der Polizei eine Psychologin ein, um das Personal zu profilieren. Dabei stellen Mária und Endre fest, dass sich beide nachts in ihren Träumen treffen. Dort streifen sie gemeinsam als Hirsch und Hirschkuh durch den verschneiten Wald. Fortan tauschen sich die Zwei regelmäßig über ihre Träume aus und kommen einander näher. Doch Márias soziale Störung und Berührungsängste drohen, ihrer zarten Romanze in die Parade zu fahren.
Mit Ruhe und Bedacht erzählt Ildikó Enyedi ihre Geschichte von zwei Figuren, die gemeinsam ihre Einsamkeit bekämpfen wollen. Mária ist aufgrund ihres autistischen Verhaltens ein Außenseiter, meidet körperlichen Kontakt und geht ihr Leben gänzlich strukturiert und nach Regeln geordnet an. Da wird dann auch schon mal Rindfleisch abgestuft, weil es minimal an der Top-Auszeichnung vorbei schrammt. Endre wiederum ist durch die Lähmung seines linken Arms gebeutelt, lebt seither zurückgezogen und hat in der Folge dem anderen Geschlecht abgeschworen. Die Faszination des geteilten Traums treibt die Charaktere anfangs zueinander, ein romantisches Interesse aneinander und die Suche nach Liebe ergibt sich erst danach daraus.
Inspiration für ihre Handlung könnte sich Enyedi von Brian Wilsons Song Meet Me in My Dreams Tonight geholt haben. “Tonight I’ll drive home all alone / And maybe later we'll talk on the phone / But it takes a little more to get me through / If we can’t get together here’s what we’ll do / Hold on / And meet me in my dreams tonight”, sang der Musiker darin 1988. Fortan ist Mária bestrebt, über ihre soziale Störung hinwegzukommen, um die Affektion zwischen ihren tierischen Traumbildern auf ihre reale Beziehung zu Endre zu übertragen. Testről és lélekről generiert seinen subtilen Humor aus vielen solchen Momenten, beispielsweise wenn Mária nach Feierabend zu „Studienzwecken“ mit griffbereiten Gummibärchen Pornofilme goutiert.
Dieses Bestreben, „aus zweien eins zu machen und die menschliche Schwäche zu heilen“, um nochmals aus Platons Symposion zu zitieren, eint nun Mária und Endre. Gänzlich harmonisch verläuft ihre Geschichte deswegen aber nicht. Wie auch die Beziehung der beiden Figuren nicht die einzige im Film ist, die das Zwischenmenschliche zum Thema hat. So hadert der Schlachtmeister damit, dass seine Gattin bereits mit anderen Angestellten des Schlachthofs liiert war, und Endre selbst verdächtigt erst einen neuen extrovertierten Schlachter des Potenzmittel-Diebstahls, ehe der Konflikt bereinigt wird. Ihren Fokus richtet Ildikó Enyedi jedoch klar auf ihre zwei Protagonisten, ihre Einsamkeit und Sehnsucht nach Zuneigung.
Der Film lebt speziell von Alexandra Borbélys zurückgenommenem Spiel, das sich aufgrund der Persönlichkeit der Figur dabei auf bloße Blicke beschränkt. Gerade auch mit den Tiermotiven – sei es im Traum oder als Kontrast dazu im Schlachthof – gelingt es Enyedi oft, teils anmutige Bilder zu finden. Das tröstet etwas über das etwas ungeschickte Drama zum Ende des zweiten Aktes und die Vorhersehbarkeit der Geschichte hinweg. „Allein ist der Mensch ein unvollkommenes Ding; er muss einen zweiten finden, um glücklich zu sein“, wusste auch Blaise Pascal getreu der Rede des Aristophanes. Dennoch hätte Testről és lélekről nicht zwingend ins Genre des Liebesfilms abgleiten müssen – zwei lediglich verwandte Seelen hätten schon ausgereicht.
Als auf einem Schlachthof die Qualitätskontrolleurin in die Elternzeit geht, wird sie durch Mária (Alexandra Borbély) ersetzt, eine soziale Außenseiterin mit Asperger-Charakteristika. Nach dem Diebstahl einiger Tier-Potenzmittel lädt der Finanzdirektor des Schlachthofs, Endre (Géza Morcsányi), auf Anraten der Polizei eine Psychologin ein, um das Personal zu profilieren. Dabei stellen Mária und Endre fest, dass sich beide nachts in ihren Träumen treffen. Dort streifen sie gemeinsam als Hirsch und Hirschkuh durch den verschneiten Wald. Fortan tauschen sich die Zwei regelmäßig über ihre Träume aus und kommen einander näher. Doch Márias soziale Störung und Berührungsängste drohen, ihrer zarten Romanze in die Parade zu fahren.
Mit Ruhe und Bedacht erzählt Ildikó Enyedi ihre Geschichte von zwei Figuren, die gemeinsam ihre Einsamkeit bekämpfen wollen. Mária ist aufgrund ihres autistischen Verhaltens ein Außenseiter, meidet körperlichen Kontakt und geht ihr Leben gänzlich strukturiert und nach Regeln geordnet an. Da wird dann auch schon mal Rindfleisch abgestuft, weil es minimal an der Top-Auszeichnung vorbei schrammt. Endre wiederum ist durch die Lähmung seines linken Arms gebeutelt, lebt seither zurückgezogen und hat in der Folge dem anderen Geschlecht abgeschworen. Die Faszination des geteilten Traums treibt die Charaktere anfangs zueinander, ein romantisches Interesse aneinander und die Suche nach Liebe ergibt sich erst danach daraus.
Inspiration für ihre Handlung könnte sich Enyedi von Brian Wilsons Song Meet Me in My Dreams Tonight geholt haben. “Tonight I’ll drive home all alone / And maybe later we'll talk on the phone / But it takes a little more to get me through / If we can’t get together here’s what we’ll do / Hold on / And meet me in my dreams tonight”, sang der Musiker darin 1988. Fortan ist Mária bestrebt, über ihre soziale Störung hinwegzukommen, um die Affektion zwischen ihren tierischen Traumbildern auf ihre reale Beziehung zu Endre zu übertragen. Testről és lélekről generiert seinen subtilen Humor aus vielen solchen Momenten, beispielsweise wenn Mária nach Feierabend zu „Studienzwecken“ mit griffbereiten Gummibärchen Pornofilme goutiert.
Dieses Bestreben, „aus zweien eins zu machen und die menschliche Schwäche zu heilen“, um nochmals aus Platons Symposion zu zitieren, eint nun Mária und Endre. Gänzlich harmonisch verläuft ihre Geschichte deswegen aber nicht. Wie auch die Beziehung der beiden Figuren nicht die einzige im Film ist, die das Zwischenmenschliche zum Thema hat. So hadert der Schlachtmeister damit, dass seine Gattin bereits mit anderen Angestellten des Schlachthofs liiert war, und Endre selbst verdächtigt erst einen neuen extrovertierten Schlachter des Potenzmittel-Diebstahls, ehe der Konflikt bereinigt wird. Ihren Fokus richtet Ildikó Enyedi jedoch klar auf ihre zwei Protagonisten, ihre Einsamkeit und Sehnsucht nach Zuneigung.
Der Film lebt speziell von Alexandra Borbélys zurückgenommenem Spiel, das sich aufgrund der Persönlichkeit der Figur dabei auf bloße Blicke beschränkt. Gerade auch mit den Tiermotiven – sei es im Traum oder als Kontrast dazu im Schlachthof – gelingt es Enyedi oft, teils anmutige Bilder zu finden. Das tröstet etwas über das etwas ungeschickte Drama zum Ende des zweiten Aktes und die Vorhersehbarkeit der Geschichte hinweg. „Allein ist der Mensch ein unvollkommenes Ding; er muss einen zweiten finden, um glücklich zu sein“, wusste auch Blaise Pascal getreu der Rede des Aristophanes. Dennoch hätte Testről és lélekről nicht zwingend ins Genre des Liebesfilms abgleiten müssen – zwei lediglich verwandte Seelen hätten schon ausgereicht.
6.5/10
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen