Jeder Künstler, findet Alejandro Jodorowsky, mache sein Leben zum Kunstwerk. In seinem persönlichen Fall ist dies beim inzwischen 89-jährigen franko-chilenischen Regisseur auch genau so zu verstehen. Über fünf Filme hinweg plant Jodorowsky seine Lebensgeschichte auf Zelluloid zu bannen. Und hat trotz seines hohen Alters wohl noch genug Zeit dazu, rechnet er doch damit, locker 120 Jahre alt zu werden. Seine Kindheit bildete 2013 den Rahmen für La Danza de la Realidad [The Dance of Reality], in Poesía sin fin [Endless Poetry] widmet er sich nun jener Phase seines Lebens, in der er seine Bestimmung als Poet für sich entdeckte. Ein Einschnitt in seiner Biographie – und wie sich herausstellen soll, zugleich auch in gewisser Weise Therapie.
In der Spätphase seiner Jugendlichkeit zeigt sich Alejandro (Adan Jodorowsky) immer mehr fasziniert von der Poesie und der chilenischen Bohème rund um Stella Díaz Varín (Pamela Flores) oder auch Enrique Lihn (Leandro Taub). Gerade mit Letzterem soll Alejandro in der Folge eine Seelenverwand- und Freundschaft verbinden, während sich die beiden Künstler als solche zu definieren versuchen. Enrique ist dabei etwas unsteter als Alejandro, was sich auch auf seine Beziehung zu Pequeñita (Julia Avendaño) auswirkt. Probleme zuhause waren es ebenfalls, die Alejandro einst vertrieben, zeigt sein herrischer Vater Jaime (Brontis Jodorowsky) doch wenig Verständnis für die körperlichen wie geistigen Bedürfnisse des Sohnes.
Gerade in seinem ersten Akt versprüht Poesía sin fin einiges von dem surrealistischen Charme, mit dem sich Jodorowsky einst durch Werke wie El Topo international einen Namen gemacht hat. Wie schon in La Danza de la Realidad trägt auch hier seine Mutter Sara (ebenfalls Pamela Flores) ihren gesamten Dialog singend vor. Fast so, als nehme der Sohn jedes Wort seiner Mutter wie ein Lied wahr. In schwarz gekleidete Figuren reichen den Darstellern die Requisiten und Jodorowsky inszeniert den Sprung zurück ins Chile von vor 70 Jahren über fotografierte Tapeten, die er über die heutigen Gebäude zieht. Der Film besitzt Originalität und Humor. Zwei Aspekte, die er über seine Laufzeit von über zwei Stunden jedoch nach und nach verliert.
Mit ein Faktor mag sein, dass Jodorowsky als narrative Klammer seinen Film über das schwierige Verhältnis zu seinem Vater Jaime erzählt, während die Beziehung den Großteil des Films aber nicht wirklich von Belang ist. Vielleicht auch, weil der 89-Jährige sie in La Danza de la Realidad genug aufgearbeitet sieht. Aber auch welche Rolle Enrique Lihn und Stella Díaz Varín konkret in seiner Frühphase gespielt haben, wird nicht vollends klar. Vielmehr gleiten sie eher durch die Handlung, um an einzelnen Stationen aufzutauchen. Wie Díaz Varín, die als Jodorowskys erste Muse eingeführt, kurz darauf aber bereits wieder abserviert wird. Ohne dass ihr Einfluss auf ihn und seinen kreativen Schaffensprozess hierbei wirklich eingehender beleuchtet wurde.
Das Ensemble arbeitet die semi-biografischen Erfahrungen seines Regisseurs aber durchweg gut auf. Allen voran Jodorowskys Sohn Adan wird der naiv-verträumten Art seines Vaters so vorzüglich gerecht, dass sein limitiertes Schauspiel kaum ins Gewicht fällt. Brontis, der älteste Sohn von Jodorowsky, überzeugt hier schon eher, hatte aber den Part seines Großvaters schon in La Danza de la Realidad inne. Alejandro Jodorowsky selbst tritt mitunter als alte Version seiner selbst auf, um sein jüngeres Ich über jenen Mann aufzuklären, der er im Laufe der Jahrzehnte bekommen würde. Ein vollständiges Bild erhält der Zuschauer von diesem Mann nicht, wobei er vielleicht auch erst in seiner nächsten Lebensphase in Paris allmählich zu diesem wurde.
Insofern erzählt Poesía sin fin womöglich weniger von der kreativen Findung Jodorowskys als der biografischen Abnabelung zu seinem Heimatland Chile und seiner Familie. “I wanted to be loved by my father”, verriet Jodorowsky 2014 der Washington Post. Dabei wird Jaime nicht nur als das Monster gezeigt, als das ihn sein Sohn wahrnahm (“Your mind is more powerful than any earthquake”, gibt er Alejandro während eines Erdbebens mit). “For art to be art it has to be a cure”, sagte Jodorowsky mal. Was das Filmende verständlicher macht, aber als Aufarbeitungsprozess der Vergangenheit nur bedingt funktioniert. Für Fans des Regisseurs lohnt Poesía sin fin allemal einen Blick, ist auch fraglos ein Kunst-, jedoch leider kein Meisterwerk.
In der Spätphase seiner Jugendlichkeit zeigt sich Alejandro (Adan Jodorowsky) immer mehr fasziniert von der Poesie und der chilenischen Bohème rund um Stella Díaz Varín (Pamela Flores) oder auch Enrique Lihn (Leandro Taub). Gerade mit Letzterem soll Alejandro in der Folge eine Seelenverwand- und Freundschaft verbinden, während sich die beiden Künstler als solche zu definieren versuchen. Enrique ist dabei etwas unsteter als Alejandro, was sich auch auf seine Beziehung zu Pequeñita (Julia Avendaño) auswirkt. Probleme zuhause waren es ebenfalls, die Alejandro einst vertrieben, zeigt sein herrischer Vater Jaime (Brontis Jodorowsky) doch wenig Verständnis für die körperlichen wie geistigen Bedürfnisse des Sohnes.
Gerade in seinem ersten Akt versprüht Poesía sin fin einiges von dem surrealistischen Charme, mit dem sich Jodorowsky einst durch Werke wie El Topo international einen Namen gemacht hat. Wie schon in La Danza de la Realidad trägt auch hier seine Mutter Sara (ebenfalls Pamela Flores) ihren gesamten Dialog singend vor. Fast so, als nehme der Sohn jedes Wort seiner Mutter wie ein Lied wahr. In schwarz gekleidete Figuren reichen den Darstellern die Requisiten und Jodorowsky inszeniert den Sprung zurück ins Chile von vor 70 Jahren über fotografierte Tapeten, die er über die heutigen Gebäude zieht. Der Film besitzt Originalität und Humor. Zwei Aspekte, die er über seine Laufzeit von über zwei Stunden jedoch nach und nach verliert.
Mit ein Faktor mag sein, dass Jodorowsky als narrative Klammer seinen Film über das schwierige Verhältnis zu seinem Vater Jaime erzählt, während die Beziehung den Großteil des Films aber nicht wirklich von Belang ist. Vielleicht auch, weil der 89-Jährige sie in La Danza de la Realidad genug aufgearbeitet sieht. Aber auch welche Rolle Enrique Lihn und Stella Díaz Varín konkret in seiner Frühphase gespielt haben, wird nicht vollends klar. Vielmehr gleiten sie eher durch die Handlung, um an einzelnen Stationen aufzutauchen. Wie Díaz Varín, die als Jodorowskys erste Muse eingeführt, kurz darauf aber bereits wieder abserviert wird. Ohne dass ihr Einfluss auf ihn und seinen kreativen Schaffensprozess hierbei wirklich eingehender beleuchtet wurde.
Das Ensemble arbeitet die semi-biografischen Erfahrungen seines Regisseurs aber durchweg gut auf. Allen voran Jodorowskys Sohn Adan wird der naiv-verträumten Art seines Vaters so vorzüglich gerecht, dass sein limitiertes Schauspiel kaum ins Gewicht fällt. Brontis, der älteste Sohn von Jodorowsky, überzeugt hier schon eher, hatte aber den Part seines Großvaters schon in La Danza de la Realidad inne. Alejandro Jodorowsky selbst tritt mitunter als alte Version seiner selbst auf, um sein jüngeres Ich über jenen Mann aufzuklären, der er im Laufe der Jahrzehnte bekommen würde. Ein vollständiges Bild erhält der Zuschauer von diesem Mann nicht, wobei er vielleicht auch erst in seiner nächsten Lebensphase in Paris allmählich zu diesem wurde.
Insofern erzählt Poesía sin fin womöglich weniger von der kreativen Findung Jodorowskys als der biografischen Abnabelung zu seinem Heimatland Chile und seiner Familie. “I wanted to be loved by my father”, verriet Jodorowsky 2014 der Washington Post. Dabei wird Jaime nicht nur als das Monster gezeigt, als das ihn sein Sohn wahrnahm (“Your mind is more powerful than any earthquake”, gibt er Alejandro während eines Erdbebens mit). “For art to be art it has to be a cure”, sagte Jodorowsky mal. Was das Filmende verständlicher macht, aber als Aufarbeitungsprozess der Vergangenheit nur bedingt funktioniert. Für Fans des Regisseurs lohnt Poesía sin fin allemal einen Blick, ist auch fraglos ein Kunst-, jedoch leider kein Meisterwerk.
5.5/10
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