14. Oktober 2010

The X Files - Season Eight

This is not happening.

Wenn eine Sportmannschaft über Jahre zusammenspielt, tritt gelegentlich etwas ein, was man als Sättigungseffekt bezeichnet. Nicht von ungefähr werden in manchen Fällen dann die Trainer wie Socken gewechselt, um jeweils auf ihre Art das Beste aus den Spielern zu kitzeln, oder stattdessen eine gesunde Fluktuation an Spielermaterial betrieben. Sieben Jahre hieß das dynamische Duo auf dem Mystery-Sektor Mulder und Scully. Stets ging es darum, die Verschwörung eines Syndikats aufzudecken, welches insgeheim mit Außerirdischen an einer bevorstehenden Kolonialisierung arbeitete. Mit jener Verschwörung hatte es sich dann in der Mitte der sechsten Staffel erledigt. The X Files drohte fortan allmählich in einer Spirale zu enden, die sich nach unten bewegt. Und da Hauptdarsteller David Duchovny ohnehin sein Glück im Spiel der Großen versuchen wollte, schien Fluktuation auch für Chris Carter des Rätsels Lösung zu sein. Ein Schema, das mit Abstrichen auch aufging.

Im vorangegangenen Staffelfinale wurde Special Agent Fox Mulder (David Duchovny) nun selbst von Außerirdischen entführt, was der achten Staffel ihre Prämisse verleiht. Im Staffelauftakt wird Agent John Doggett (Robert Patrick) von Deputy Director Kersh (James Pickens, Jr.) mit der Suche nach Mulder beauftragt. Die Spur scheint zu Gibson Praise zu führen, weshalb sich auch Dana Scully (Gillian Anderson) und Assistant Director Skinner (Mitch Pileggi) auf die Reise machen. Der Doppel-Auftakt mit Within/Without setzt dann zugleich auch erstmal ein Ende unter die Suche nach Mulder. Doggett wird den X-Akten zugeteilt, die bis zur Mitte der Staffel wie gewohnt fortgesetzt werden, ehe es zu Mulders spektakulärer Rückkehr nicht nur aus dem Weltall, sondern auch dem Reich der Toten kommt. Die Serie bleibt sich dabei in ihrer Staffelachse treu, drehen sich doch auch hier Anfang, Mittelteil und Ende um reine Serienmythologie.

Und wie so oft wollen sie nur leidlich überzeugen. Ist der Auftakt noch eine gelungene Form, um Doggett ins kalte Wasser zu schmeißen, wirkt die Mulder-Trilogie (This Is Not Happening/Deadalive/Three Words) reichlich unausgegoren. Das Doppel-Finale aus Essence und Existence, zu dem im Grunde thematisch auch die zwölfte Episode Per Manum zu zählen wäre, dreht sich dagegen um Scullys Baby und seine mögliche Verbindung zu den Außerirdischen. In allen drei Fällen bekommen die Zuschauer solide Unterhaltung, die allerdings zu sehr in die Länge gezogen wird und dadurch Redundanzen entwickelt. Man merkt es der Serie inzwischen an, dass zumindest in mythologischer Hinsicht allmählich die Ideen für eine Inanspruchnahme von Mulder und Scully rar werden. Immerhin wurden inzwischen auch etliche Felder für die Beiden abgegrast.

Da nervt es auch, wenn die Macher weiterhin versuchen, in der Beziehung der beiden Agenten um den heißen Brei zu reden. Zwar ist Mulder in der ersten Hälfte der Staffel nicht anwesend, dennoch zeigen Within (Scully verbringt die Nacht in Mulders Bett) oder Per Manum (es wird impliziert, dass Mulder der Samenspender für Scullys Baby ist), dass sich ihre Beziehung intensiviert hat. Dies setzt sich auch nach Mulders Rückkehr fort, wenn beide in Empedocles mal wieder ihr Eifersuchtsspiel - hier allerdings humoristisch - fortführen, wie Mulder ohnehin erstaunlich oft in Scullys Wohnung vorzufinden ist. Im Staffelfinale Existence bescheren Carter und Co. dann schließlich das, was sich der Fan schon seit Jahren gewünscht hat: Mulder und Scully küssen sich. Die Schlussszene suggeriert ebenfalls, was aus unerfindlichen Gründen nie vollends bestätigt wurde: Dass William in der Tat Mulders Sohn ist.  

Im Grunde also alles irgendwie beim Alten, aber dennoch gefällt die achte Staffel gerade wegen ihrer Frischzellen-Kur. Wie nach sieben Jahren zu erwarten war, werden nun die Rollen vertauscht. Scully ist die Gläubige, Doggett der Skeptiker. Der männliche Wechsel geht erstaunlich sauber und unproblematisch von Statten. Man akzeptiert Doggett sofort, was auch an Patricks sympathischem Spiel liegen dürfte. Zwar bleibt er eigentlich die gesamte Staffel hindurch weiterhin stets skeptisch, allerdings bleibt sich auch Scully ihrer zurückhaltenden Art weitestgehend treu (wie in der grandiosen Schlusseinstellung aus Alone zu sehen ist). Etwas verhaltener reagiert man da bezüglich Annabeth Gishs Figur der Monica Reyes, die sich zwar offener, aber deswegen nicht unbedingt entsprechend naiv gibt. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Serie nun über vier, wenn man Skinner mitzählt: fünf, Darsteller verfügt, die aus keiner ethnischen Minderheit stammen. 

Bei einer Episodenzahl von 21 und acht Folgen, die sich mit Mulders Obduktion oder Scullys Baby beschäftigen, bleibt nicht mehr viel Raum für die obligatorischen Monster-of-the-Week-Geschichten. Diese drehen sich um Fledermaus-, Reptil- oder unzerstörbare Metallmänner (man merkt die Redundanz), kleinwüchsige indische Parasiten, Geister von toten Kindern, Reinkarnationssektierern oder übernatürliche Serienmörder. Für kreative Ideen blieb nicht viel Raum, weshalb die meisten Folgen auch lediglich auf einem durchschnittlichen Niveau spielen. Es scheint der neuen Partnerkonstellation geschuldet, dass sich die selbstironischen Episoden dieses Mal in Grenzen halten. Lediglich Alone vermag leichte Anflüge davon zu versprühen, allerdings ist hier auch Mulder wieder mit an Bord. Wirkliche Höhepunkte wollen sich nicht finden lassen, hervorstechen können lediglich Redrum (eine Folge in der Tradition von Monday), The Gift und die Auftaktfolge Within.

Bereits in der siebten Staffel wurden die Gastauftritte aus finanziellen Gründen auf ein Mindestmaß reduziert. So muss man in dieser Staffel durchweg auf William B. Davis - der zu diesem Zeitpunkt noch als verstorben gilt, was er jedoch schon mal tat - und Lauren Holden verzichten. Letztere wird, wenn man so will, durch Adam Baldwin als Knowle Rohrer ersetzt, der diese Rolle in drei Episoden repräsentiert. Nicholas Lea ist das einzige bekannte Gesicht, dass auch in diesem Jahr für drei Folgen zurückkehrt. Wirkliche Gastdarsteller gibt es nicht, allenfalls Deep Roy (Badlaa), Grant Heslov (Via Negativa), sowie Danny Trejo und Joe Morton (beide Redrum) lassen sich wohl als solche bezeichnen. Ansonsten entdeckt das geschulte Serienauge in Ken Jenkins (Medusa) und Wade Williams (Salvage) alte Vertraute. Zusätzlich setzt sich die „Tradition“ fort, mit Michael Bowen (Surekill) und M.C. Gainey (Vienen) erneut zwei (spätere) Losties zu engagieren.

Ähnlich wie Scrubs fast ein Jahrzehnt später, stellt im Grunde bereits die achte Staffel von The X Files deren Ende dar. In Alone findet sich die letzte Monster-of-the-Week-Folge mit Involvierung von Mulder, der anschließend nur noch in mythologischen Episoden auftrat. In der neunten Staffel würde Duchovny wieder durch Abwesenheit glänzen, während Figuren wie Skinner und Reyes verstärkt in den Vordergrund gehoben wurden. Trotz eines späteren Kurzauftritts markierte das Staffelfinale auch den Abschied von Nicholas Leas Kultfigur des Alex Krycek. Insofern lässt sich also von der neunten und letzten Staffel nur bedingt wirklich noch von The X Files sprechen, begann die Serie in ihren letzten Episoden doch in gewisser Hinsicht eine neue Form anzunehmen. Im Vergleich zu schwächeren Staffeln wie insbesondere der Dritten baut die Serie im achten Jahr nochmals ein wenig ab. Stellte die siebte Staffel quasi die Todesmitteilung dar, repräsentiert ihr Nachfolger nun den Fall ins Koma.

7/10

1 Kommentar:

  1. Ich hatte eher das Gefühl, mit der achten Staffel ging es wieder etwas aufwärts... wenn auch nur: Etwas.
    Im Großen und Ganzen gebe ich dir aber in vielen Dingen recht.

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