Als junger Mensch hat man es heutzutage nicht immer leicht. Bereits vor fast einem Jahrzehnt war von einer „Generation Ratlos“ die Rede, aktuell spricht man von einer Generation ohne Zukunft. Manche hangeln sich von Praktikum zu Praktikum, auf der Suche nach einer festen Anstellung, in einigen Ländern wie Spanien ist es mit der Jugendarbeitslosigkeit sogar noch schlimmer. Die Folge ist eine Orientierungslosigkeit, ein Verlorensein. Dabei will jeder nur partizipieren an der joie de vivre – nur kann dies nicht jeder. Mit sich und ihren Lebensumständen hadert auch die 27-jährige Tänzerin Frances Halliday, gespielt von Greta Gerwig, in Noah Baumbachs Frances Ha, einem erquicklichen Beitrag zum Coming-of-Age-Genre.
Darin beginnt Frances zum Jahresende hin allmählich ihr bisheriges Leben zu entgleiten als sie zuerst aus Loyalität zur besten Freundin und Mitbewohnerin Sophie (Mickey Sumner) ihren Freund verliert, dann Sophie als Mitbewohnerin, schließlich ihren Job in einem Tanzensemble und aus Geldmangel daraufhin ihr aktuelles WG-Zimmer. Vieles hiervon ist sicherlich auch selbstverschuldet, immerhin ist Frances zwar relativ süß in ihrer unbekümmerten Art, aber eben auch chaotisch, tollpatschig und – im positiven Sinne – deppert. Für sie kommt ihre Freundschaft zu Sophie an erster Stelle und die Unzertrennlichkeit der beiden Frauen, für deren Fortbestand Frances ihre Beziehung opfert, bildet den Einstieg in den Film.
“We are like a lesbian couple that doesn’t have sex anymore”, scherzt Frances anfangs noch. Später, als Sophie in New York die Stadtteile von Brooklyn nach Tribeca tauscht, wird sie über das Verhältnis zur Freundin dann in der Tat so sprechen, als wären sie ein Paar gewesen. An der 27-Jährigen ist das Leben scheinbar vorbeigezogen und dennoch steht ihr zumindest laut den anderen Figuren eine, wenn auch ungewollte, Reife ins Gesicht geschrieben. Sie sähe älter aus als die in etwa gleichaltrige Sophie, hört Frances von einer losen Bekanntschaft. “Like…a lot older. But less, like, grown up”. Als sie später darüber mit ihrem Mitbewohner Benji (Michael Zegen) spricht, bestätigt auch dieser: “27 is old though”.
In der neuen WG mit Benji und dessen Kumpel Lev (Adam Driver) blüht Frances kurzzeitig auf – nicht zuletzt, da sie in Benji einen ähnlichen Rumtreiber findet. Dieser arbeitet aktuell an einem Drehbuchentwurf für einen dritten Gremlins-Film, sein Leben finanziert er sich wie einige andere Figuren in Frances Ha – darunter auch Sophie – mittels Darlehen von den Eltern. Frances wiederum hat akut Probleme, die $1,200 Miete für ihr WG-Zimmer zusammenzubekommen – speziell als ihr Engagement in der Weihnachtsaufführung ihres Tanzensembles platzt. Für dieses vermochte sie sich nicht recht zu empfehlen, jüngere Tänzerinnen wie Rachel (Grace Gummer) haben der 27-Jährigen seit langem den Rang abgelaufen.
Seinen Höhepunkt erreicht Frances Niedergang in einem Wochenend-Trip nach Paris, den sie quasi zwischen Tür und Angel beschloss und der – chaotisch wie sie ist – letztlich völlig in die Hose geht. Wenn Baumbach dieses Segment dann mit Every 1’s a Winner von Hot Chocolate unterlegt, ist das natürlich kongenial-ironisch. Dennoch wird die schusselige Figur nie zur Lachnummer degradiert, trotz allerlei amüsanter Wortphrasen, die sie von sich gibt. So plant sie, speziell in Paris endlich mal Proust zu lesen. Wo, wenn nicht da? Wann, wenn nicht jetzt? “Sometimes it’s good to do what you’re supposed to do when you’re supposed to do it”, sinniert Frances entsprechend und macht sich auf in Richtung Frankreich.
Die Figur durchlebt hierbei das Gefühl, vom Leben abgehängt worden zu sein. Ihre Suche nach einer abgesicherten Existenz und zugleich einem gewissen Lebensstandard sowie einer Verwirklichung ihrer Persönlichkeit gerät hierbei zum Spiegelbild einer ganzen Generation. Insofern werden insbesondere diejenigen an Frances Ha Gefallen finden, die sich mit dieser Situation identifizieren können. Es können eben nicht alle Sieger sein, manche müssen auch an der Seite stehen und ihnen applaudieren. Diese Selbsterkenntnis, die Noah Baumbach hier abgeschwächt in Form eines Pilgerschritts als „zwei Schritte vor, einen Schritt zurück“ implementiert, schließt letztlich den Reifeprozess von Gerwigs chaotischem Twen ab.
Diesbezüglich eint den Film zumindest thematisch viel mit Lena Dunhams HBO-Serie Girls, allerdings ohne dessen Sex and the City-Einschlag zu nehmen. Die Ähnlichkeiten zwischen Greta Gerwigs Figur und der von Lena Dunham sind jedoch relativ offensichtlich. Dank der Dialoge aus der Feder von Gerwig und Baumbach gewinnt Frances Ha zudem etwas von dem Charme der frühen Werke von Woody Allen, nicht zuletzt aufgrund der Entscheidung, in Schwarzweiß zu drehen. Dies wiederum, ähnlich wie so manche Szenenatmosphäre, weckt natürlich auch Erinnerungen an die Nouvelle Vague. Am ehesten erweckt der Film aber dennoch den Eindruck, Woody Allen hätte eben eine Doppelfolge von Girls inszenieren dürfen.
Mit Leichtigkeit getragen wird das Endergebnis dann von der wie immer exzellenten Gerwig, die Anfang des Jahres bereits in Damsels in Distress (hierzulande als Algebra in Love veröffentlicht) zu gefallen wusste. Nach Greenberg ist es ihre zweite Zusammenarbeit mit Noah Baumbach und weiß dieses thematisch ebenfalls nicht unähnliche Werk sogar noch zu übertreffen. Trotz seines Inhalts kann Frances Ha ob seiner Stimmigkeit und seines Laissez-faire womöglich als Feel Good Movie 2013 angesehen werden, dies könnte aber auch am Soundtrack rund um David Bowies Modern Love liegen. So oder so zählt Frances Ha zu den Filmen des Jahres und zeigt uns Orientierungslosen dabei, dass wir nicht alleine sein.
Darin beginnt Frances zum Jahresende hin allmählich ihr bisheriges Leben zu entgleiten als sie zuerst aus Loyalität zur besten Freundin und Mitbewohnerin Sophie (Mickey Sumner) ihren Freund verliert, dann Sophie als Mitbewohnerin, schließlich ihren Job in einem Tanzensemble und aus Geldmangel daraufhin ihr aktuelles WG-Zimmer. Vieles hiervon ist sicherlich auch selbstverschuldet, immerhin ist Frances zwar relativ süß in ihrer unbekümmerten Art, aber eben auch chaotisch, tollpatschig und – im positiven Sinne – deppert. Für sie kommt ihre Freundschaft zu Sophie an erster Stelle und die Unzertrennlichkeit der beiden Frauen, für deren Fortbestand Frances ihre Beziehung opfert, bildet den Einstieg in den Film.
“We are like a lesbian couple that doesn’t have sex anymore”, scherzt Frances anfangs noch. Später, als Sophie in New York die Stadtteile von Brooklyn nach Tribeca tauscht, wird sie über das Verhältnis zur Freundin dann in der Tat so sprechen, als wären sie ein Paar gewesen. An der 27-Jährigen ist das Leben scheinbar vorbeigezogen und dennoch steht ihr zumindest laut den anderen Figuren eine, wenn auch ungewollte, Reife ins Gesicht geschrieben. Sie sähe älter aus als die in etwa gleichaltrige Sophie, hört Frances von einer losen Bekanntschaft. “Like…a lot older. But less, like, grown up”. Als sie später darüber mit ihrem Mitbewohner Benji (Michael Zegen) spricht, bestätigt auch dieser: “27 is old though”.
In der neuen WG mit Benji und dessen Kumpel Lev (Adam Driver) blüht Frances kurzzeitig auf – nicht zuletzt, da sie in Benji einen ähnlichen Rumtreiber findet. Dieser arbeitet aktuell an einem Drehbuchentwurf für einen dritten Gremlins-Film, sein Leben finanziert er sich wie einige andere Figuren in Frances Ha – darunter auch Sophie – mittels Darlehen von den Eltern. Frances wiederum hat akut Probleme, die $1,200 Miete für ihr WG-Zimmer zusammenzubekommen – speziell als ihr Engagement in der Weihnachtsaufführung ihres Tanzensembles platzt. Für dieses vermochte sie sich nicht recht zu empfehlen, jüngere Tänzerinnen wie Rachel (Grace Gummer) haben der 27-Jährigen seit langem den Rang abgelaufen.
Seinen Höhepunkt erreicht Frances Niedergang in einem Wochenend-Trip nach Paris, den sie quasi zwischen Tür und Angel beschloss und der – chaotisch wie sie ist – letztlich völlig in die Hose geht. Wenn Baumbach dieses Segment dann mit Every 1’s a Winner von Hot Chocolate unterlegt, ist das natürlich kongenial-ironisch. Dennoch wird die schusselige Figur nie zur Lachnummer degradiert, trotz allerlei amüsanter Wortphrasen, die sie von sich gibt. So plant sie, speziell in Paris endlich mal Proust zu lesen. Wo, wenn nicht da? Wann, wenn nicht jetzt? “Sometimes it’s good to do what you’re supposed to do when you’re supposed to do it”, sinniert Frances entsprechend und macht sich auf in Richtung Frankreich.
Die Figur durchlebt hierbei das Gefühl, vom Leben abgehängt worden zu sein. Ihre Suche nach einer abgesicherten Existenz und zugleich einem gewissen Lebensstandard sowie einer Verwirklichung ihrer Persönlichkeit gerät hierbei zum Spiegelbild einer ganzen Generation. Insofern werden insbesondere diejenigen an Frances Ha Gefallen finden, die sich mit dieser Situation identifizieren können. Es können eben nicht alle Sieger sein, manche müssen auch an der Seite stehen und ihnen applaudieren. Diese Selbsterkenntnis, die Noah Baumbach hier abgeschwächt in Form eines Pilgerschritts als „zwei Schritte vor, einen Schritt zurück“ implementiert, schließt letztlich den Reifeprozess von Gerwigs chaotischem Twen ab.
Diesbezüglich eint den Film zumindest thematisch viel mit Lena Dunhams HBO-Serie Girls, allerdings ohne dessen Sex and the City-Einschlag zu nehmen. Die Ähnlichkeiten zwischen Greta Gerwigs Figur und der von Lena Dunham sind jedoch relativ offensichtlich. Dank der Dialoge aus der Feder von Gerwig und Baumbach gewinnt Frances Ha zudem etwas von dem Charme der frühen Werke von Woody Allen, nicht zuletzt aufgrund der Entscheidung, in Schwarzweiß zu drehen. Dies wiederum, ähnlich wie so manche Szenenatmosphäre, weckt natürlich auch Erinnerungen an die Nouvelle Vague. Am ehesten erweckt der Film aber dennoch den Eindruck, Woody Allen hätte eben eine Doppelfolge von Girls inszenieren dürfen.
Mit Leichtigkeit getragen wird das Endergebnis dann von der wie immer exzellenten Gerwig, die Anfang des Jahres bereits in Damsels in Distress (hierzulande als Algebra in Love veröffentlicht) zu gefallen wusste. Nach Greenberg ist es ihre zweite Zusammenarbeit mit Noah Baumbach und weiß dieses thematisch ebenfalls nicht unähnliche Werk sogar noch zu übertreffen. Trotz seines Inhalts kann Frances Ha ob seiner Stimmigkeit und seines Laissez-faire womöglich als Feel Good Movie 2013 angesehen werden, dies könnte aber auch am Soundtrack rund um David Bowies Modern Love liegen. So oder so zählt Frances Ha zu den Filmen des Jahres und zeigt uns Orientierungslosen dabei, dass wir nicht alleine sein.
8/10
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen