12. Juli 2013

Pacific Rim

I’m a big believer in second chances.

Es gibt sicher bessere Bewerbungszeugnisse als das Drehbuch – oder zumindest die erste Fassung ebendieses – zum katastrophalen Fantasy-Remake Clash of the Titans verfasst zu haben. Da jedoch Louis Leterriers Perseus-Quark ein moderater Kassenerfolg war, der im Vorjahr mit der Fortsetzung Wrath of the Titans bedacht wurde, verwundert es nicht, dass Drehbuchautor Travis Beachem erneut mit einer Geschichte Hunderte Millionen Dollar aus Produzenten herausleiern konnte. Das Ergebnis heißt Pacific Rim und ist ein wenig origineller Versuch, die populäre japanische Anime-Serie Neon Genesis Evangelion soweit als Live-Action-Film zu pervertieren, dass man eine Urheberrechtsklage vermeiden kann.

Hier wie da schlüpfen Menschen also in Riesenroboter, um sich mit riesigen Monstern oder Aliens zu kloppen. Wie Transformers eben, nur mit einem menschlichen Aspekt. Die Idee dahinter ist vermutlich, dass sich mit einem von Menschen kontrolliertem Avatar eher mitfiebern lässt als mit einem außerirdischen Kraftfahrzeug. Statt in Evangelions schlüpfen die Piloten um Held Raleigh Becket (Charlie Hunnam) in Pacific Rim in so genannte Jaeger, die wiederum gegen außerirdische Monster – im Film kaiji genannt, basierend auf dem japanischen Filmsubgenre um Gojira und Konsorten – kämpfen, die durch ein Dimensionsportal am pazifischen Meeresgrund auf unserem Planeten erscheinen und dessen weltweite Invasion anstreben.

Damit eint Pacific Rim viel mit den übrigen Sommer-Blockbustern à la The Avengers oder Man of Steel – Alien-Invasion-Filme als Effektgewitter ohne echte Persönlichkeit. Allerdings ist die Prämisse in diesem Fall relativ simpel, wenn Jaeger und kaiji in ein Rock ‘Em Sock ‘Em-Szenario geschickt werden und man sich an der daraus resultierenden Zerstörungsorgie ergötzen soll. Problematisch wird es im Falle von Pacific Rim dadurch, dass der Film seine simple Prämisse in eine unnötig komplizierte Narration verpackt. So tut sich die Geschichte merklich schwer damit, ihren eigenen Jaeger-Steuerungsmechanismus namens The Drift – wobei zwei Piloten mittels Erinnerungsteilung ihre Psyche verschmelzen – zu verstehen.

Eben aus diesem Talent resultiert die Rekrutierung von Protagonist Raleigh Becket und seinem Bruder. Der richtige Drift-Partner ist entscheidend für die Effizienz und Funktionalität des Jaegers. Das zumindest propagiert der Film über eine Stunde lang, wenn erläutert werden soll, wieso die junge Mako Mori (Kikuchi Rinko) sich so ideal als Partnerin – natürlich in mehr als einer Hinsicht – für Raleigh eignet. Angesichts dieser ausgiebigen Exposition überrascht es durchaus, dass das Konzept für den dritten Akt ausgehebelt wird. Die Ursache liegt an dem Konformitätszwang des Films, der sich stur an gängigen Vertretern seiner Zunft orientiert. Was umso enttäuschender ist, wenn man bedenkt, wer hier Regie geführt hat.

Hinter der Kamera saß kein Louis Leterrier, Jonathan Liebesman oder McG, vielmehr Guillermo del Toro. Gezeichnet von Produktionsverzögerungen sowohl bei The Hobbit: An Unexpected Journey als auch seinem Passionsprojekt At the Mountains of Madness scheint der Mexikaner nach fünf Jahren nach dem erstbesten filmischen Strohhalm gegriffen zu haben, der sich ihm bot. Was seine vorherigen Filme ausgezeichnet hat, fehlt hier vollkommen. Im Audiokommentar des Oscarnominierten El laberinto del fauno nannte del Toro diesen “not a blockbuster movie, not a massive movie but a delicate little film from the heart”. Pacific Rim ist das absolute Gegenteil: ein klotzender Blockbuster ohne einen Anflug von Herz.

Profillose Figuren wie Jaeger-Leiter Stacker Pentecost (Idris Elba) klopfen pathetische Sprüche wie “Today we are cancelling the apocalypse!” und treffen Entscheidungen, die mit fortlaufender Dauer immer weniger Sinn ergeben oder nachvollziehbar sind. Die Riege der charakterlosen Charaktere reicht von einem schrulligen Wissenschaftsduo (u.a. Charlie Day) über einen deplatzierten Cameo von del Toro-Spezi Ron Perlman als kaiji-Organhändler Hannibal Chau bis hin zum bärbeißigen Iceman-Verschnitt Chuck Hansen (Robert Kazinsky) und dessen Jaeger-Kollegen (die passend aus China und Russland stammen). Letztere lernt man natürlich nie kennen, was erwartungsgemäße Konsequenzen für sie hat.

Somit sind die eindimensionalen Figuren so leblos wie ihre Jaeger-Roboter – die einzige emotionale Wucht vermag eine Rückblende von Mako Mori zu entwickeln, in der die junge Ashida Mana authentischer auftritt als das gesamte Ensemble den Film hindurch. Wenn schon die Charaktere nicht überzeugen, kann es die Handlung noch weniger. Für die kaiji fällt Beachem nichts Besseres ein als das durchgekaute Invasionsszenario, von der Vielschichtigkeit eines Gojira ist dieser Monsterfilm meilenweit entfernt. Stattdessen folgt Pacific Rim vorgefertigten, schablonenhaften Filmmustern, bis hin zum über seine eigenen dramatisierenden und visuellen Effekte stolpernden finalen Showdown am Meeresboden.

Die Action selbst verliert sich in einer ähnlichen Unübersichtlichkeit wie sie bereits Transformers: Revenge of the Fallen plagte. Wenn digitaler Jaeger auf digitalen kaiju trifft, wird im nächtlichen Regen – bei zusätzlich verdunkelndem, mehrwertlosen 3D-Effekt – nur selten klar, wer wem grad welche Extremität abgerissen hat. Ohnehin ist die Choreografie der Kämpfe grenzwertig dämlich, wenn beispielsweise nach ollem Gekloppe als letztes Mittel ein ausfahrbares Schwert herhalten soll, mit welchem der Gegenüber geköpft wird. Dass dies die letzte und nicht die erste Attackenwahl darstellt, ist sinnbildlich. Bei derartigen Taktiken verwundert es nicht, dass die Menschheit am Rande der Auslöschung steht.

Die exorbitante Länge von über zwei Stunden – die mit dazu dient, die blassen Figuren einzuführen – setzt dem Ganzen dann die Krone auf. Wieso sich Pacific Rim selbst so viele Probleme bereitet, verwundert. Am Ende trägt die simple Prämisse weder die verkomplizierte Handlung, noch vermögen die versteift-vertieften Klischee-Charaktere Sympathien zu erzeugen. Als kurzweilige Fantasy-Action versagt der Film somit ebenso wie als vielschichtige Renaissance des Monsterfilms. Wirklich schade ist es am Ende lediglich um Guillermo del Toro, der sich in diesem Kuddelmuddel irgendwie nicht so recht wiederfinden will und dem man nur wünschen kann, sich alsbald mit einer zweiten Chance hiervon zu rehabilitieren.

5/10

3 Kommentare:

  1. Hätte ich jetzt auch gesagt - wie ein 5/10 wirkt der Text nicht. Aber davon mal: Wenn ich mir schon nicht viel von dem Film verspreche, aber ein wenig "mehr" hätte ich schon gedacht...

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  2. Das ist eben die Crux mit Bewertungen :)

    Der Film ist fraglos nicht auf demselben Level wie Totalausfälle à la TRANSFORMERS, im Grunde ist er auf Augenhöhe mit den im Text genannten AVENGERS und MAN OF STEEL. Es gibt Momente in den Kampfszenen, die haben durchaus eine immersive Wirkung und generell mag ich den Cast, die Musik bisweilen bzw. das Theme des Films.
    PACIFIC RIM ist keine Katastrophe, aber eben auch nicht mehr als Durchschnitt. Der Text sollte eher zum Ausdruck bringen, welches Potential der Film allgemein und del Toro speziell verschenken.

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