So vorhersehbar die Gewinner der Oscars inzwischen sind – dies schließt die Auszeichnung von Moonlight als besten Film mit ein –, war der Fauxpas zum Abschluss der 89. Academy Awards dann doch überraschend ungewöhnlich. Viel Aufhebens wurde darum gemacht, dass statt dem schnulzigen Musical-Märchen über zwei weiße Künstler nun der Preis für den besten Film an eine Produktion ging, die gänzlich auf weiße Schauspieler verzichtete. Und das ein Jahr nach #OscarSoWhite (oder vielleicht gerade deswegen?). Zumal Barry Jenkins’ Moonlight die Geschichte eines armen schwarzen Jungen erzählt, der sich mit seiner Homosexualität und den harten Reaktionen seiner Umwelt auf diese auseinandersetzen muss. Das sagt zumindest die Inhaltsangabe.
Wirklich viel zu sehen ist davon in Jenkins’ Film aber nicht. Bis auf einen klischeehaft inszenierten Moment wird aus ihm, so würde zumindest ich argumentieren, nicht einmal deutlich, dass es sich um die Coming-of-Age-Geschichte eines schwulen Jungen handelt. Als Kind wird Chiron (Alex Hibbert) von den anderen Kindern durch eine leerstehende Sozialwohnungs-Anlage in Miami gejagt, wo ihn der lokale Drogendealer Juan (Mahershala Ali) findet. Dieser nimmt sich des Jungen an, gibt ihm etwas zu essen und lehrt ihn das Schwimmen. Einen Vater hat Chiron nicht und seine Mutter Paula (Naomie Harris) verbringt ihre Zeit damit, sich zu prostituieren, um ihrer Drogensucht, unterfüttert durch die Produkte von Juan, zu frönen.
Untergliedert in drei Akte folgt Jenkins Chiron im Mittelteil (nun von Ashton Sanders gespielt) in dessen High School. Weiterhin wird der Jugendliche von seinen Altersgenossen gemobbt, die Mutter ist immer noch drogensüchtig. So bleiben dem Teenager nur Teresa (Janelle Monáe), Juans Freundin, und Kevin (Jharrel Jerome), ein Mitschüler. Letzterer hatte schon in jungen Jahren (dargestellt von Jaden Piner) dem introvertierten Chiron geraten, sich gegen die anderen Jungen körperlich zur Wehr zu setzen. Zwischen viel Sex-Talk und “Nigger”-Getöne nähern sich Kevin und Chiron dann während einer nächtlichen Begegnung am Strand an, ehe die Situation kurz darauf eskaliert und Moonlight sich auf den Weg in sein finales Schlusskapitel begibt.
Nun Anfang 20 ist Chiron (Trevante Rhodes) nicht mehr der Hänfling von einst, aber auch nicht mehr so unschuldig wie noch als Kind. An jene Vergangenheit erinnern ihn zwei Anrufe von Paula einerseits und Kevin (André Holland), nun Betreiber eines Diners, anderseits. Letztlich ist der Schlussakt in gewisser Weise Aufarbeitung der beiden vorherigen Kapitel, die inhaltlich wiederum praktisch identisch sind. Moonlight erzählt uns dabei von einem schwarzen Jungen, dem die Liebe seiner drogensüchtigen Mutter fehlte, während er in der Schule und Freizeit von seinen Altersgenossen gehänselt wurde. Dass Chiron homosexuell ist und was diese Homosexualität für ihn bedeutet, macht Jenkins allerdings nicht wirklich zum Thema.
Zwar fällt im ersten Kapitel das Wort „Schwuchtel“, dies lässt sich jedoch genauso gut als simple Beschimpfung unter Cisgender-Jungen verstehen. Unterdrückt Chiron seine sexuelle Ortientierung? Wir erfahren es nicht, weil sich der Film durchweg lediglich an der Oberfläche seiner Figuren bewegt. Welche Rolle Kevin in Chirons Leben einnimmt oder welche Folgen die plötzliche Abwesenheit von Juan auf den Jungen hat, bleiben offen. Dass Moonlight sporadisch in drei Lebensabschnitten seiner Figur vorbeischaut, aber dabei keinerlei Einblicke bietet, bricht ihm schlussendlich das Genick. Der Wandel der Figur im Schlussakt soll womöglich überraschen, ihm fehlt allerdings die Basis und ein Verständnis für die Unruhe des Protagonisten.
Moonlight erzählt seine Geschichte in Momenten. Der eine Moment, in dem Juan dem kleinen Chiron von seiner eigenen Kindheit auf Kuba erzählt. Gefolgt von dem Moment, in dem er ihm das Schwimmen beibringt. Ein Moment, in welchem Chiron erfährt, dass es Juan ist, von dem seine Mutter ihre Drogen erhält sowie mehrere Momente, in denen er die Ablehnung anderer Jungen auf sich zieht. Scheinbar, weil er komisch läuft und er läuft wohl komisch, da er homosexuell ist. Ob das die Figur tatsächlich ist, bleibt unklar. Im ersten Kapitel dürfte Chiron zu jung sein, um sich bereits seiner Sexualität gewahr zu sein. Ihr widmet sich Jenkins dann zwar stärker im Mittelteil, aber die Handlung ist nahezu identisch mit den 35 Minuten zuvor.
Insofern funktioniert Moonlight also auch als ganz „gewöhnlicher“ Film über einen schwarzen heterosexuellen Jungen, der mit seiner drogensüchtigen Mutter in einer Sozialwohnung lebt und von Klassenkameraden gemobbt wird. Die Situation eskaliert, ein Wandel findet statt. Persönlichkeiten ändern sich – wer hart war, wird weich, wer weich war, wird hart. Ein direkter Zusammenhang zu Hetero- oder Homosexualität besteht nicht, höchstens einer zu Männlichkeits-Idealen und Rollenbildern. Moonlight will besonders sein, ein schwarzer LGBT-Film, ist jedoch Letzteres nur ausgesprochen oberflächlich und könnte allgemein nahezu 1:1 in eine ärmliche Trailer-Park-Kleinstadt der Südstaaaten in ein White-Trash-Milieu verlegt werden.
Das Besondere an Jenkins’ Film will mir nicht klar werden. Die Handlung ist ausgesprochen generisch und wenig originell. Mahershala Ali liefert eine gewohnt solide Leistung in seinen wenigen Minuten auf der Leinwand ab, Naomie Harris wiederum verliert sich wie so oft in grenzenlosem Overacting ihrer 0815-Darbietung einer drogensüchtigen Frau. Die sechs Jungdarsteller sind in Ordnung, aber ähnlich wie Ali kaum da und dann bereits wieder weg. Es wäre wohl besser gewesen, sich konkret auf eine bestimmte Lebensphase von Chiron zu fokussieren, genauso wie auf seine Homosexualität. “At some point you got to decide for yourself who you’re gonna be”, sagt Juan zu Chiron. Barry Jenkins hätte sich das mal lieber zu Herzen genommen.
Wirklich viel zu sehen ist davon in Jenkins’ Film aber nicht. Bis auf einen klischeehaft inszenierten Moment wird aus ihm, so würde zumindest ich argumentieren, nicht einmal deutlich, dass es sich um die Coming-of-Age-Geschichte eines schwulen Jungen handelt. Als Kind wird Chiron (Alex Hibbert) von den anderen Kindern durch eine leerstehende Sozialwohnungs-Anlage in Miami gejagt, wo ihn der lokale Drogendealer Juan (Mahershala Ali) findet. Dieser nimmt sich des Jungen an, gibt ihm etwas zu essen und lehrt ihn das Schwimmen. Einen Vater hat Chiron nicht und seine Mutter Paula (Naomie Harris) verbringt ihre Zeit damit, sich zu prostituieren, um ihrer Drogensucht, unterfüttert durch die Produkte von Juan, zu frönen.
Untergliedert in drei Akte folgt Jenkins Chiron im Mittelteil (nun von Ashton Sanders gespielt) in dessen High School. Weiterhin wird der Jugendliche von seinen Altersgenossen gemobbt, die Mutter ist immer noch drogensüchtig. So bleiben dem Teenager nur Teresa (Janelle Monáe), Juans Freundin, und Kevin (Jharrel Jerome), ein Mitschüler. Letzterer hatte schon in jungen Jahren (dargestellt von Jaden Piner) dem introvertierten Chiron geraten, sich gegen die anderen Jungen körperlich zur Wehr zu setzen. Zwischen viel Sex-Talk und “Nigger”-Getöne nähern sich Kevin und Chiron dann während einer nächtlichen Begegnung am Strand an, ehe die Situation kurz darauf eskaliert und Moonlight sich auf den Weg in sein finales Schlusskapitel begibt.
Nun Anfang 20 ist Chiron (Trevante Rhodes) nicht mehr der Hänfling von einst, aber auch nicht mehr so unschuldig wie noch als Kind. An jene Vergangenheit erinnern ihn zwei Anrufe von Paula einerseits und Kevin (André Holland), nun Betreiber eines Diners, anderseits. Letztlich ist der Schlussakt in gewisser Weise Aufarbeitung der beiden vorherigen Kapitel, die inhaltlich wiederum praktisch identisch sind. Moonlight erzählt uns dabei von einem schwarzen Jungen, dem die Liebe seiner drogensüchtigen Mutter fehlte, während er in der Schule und Freizeit von seinen Altersgenossen gehänselt wurde. Dass Chiron homosexuell ist und was diese Homosexualität für ihn bedeutet, macht Jenkins allerdings nicht wirklich zum Thema.
Zwar fällt im ersten Kapitel das Wort „Schwuchtel“, dies lässt sich jedoch genauso gut als simple Beschimpfung unter Cisgender-Jungen verstehen. Unterdrückt Chiron seine sexuelle Ortientierung? Wir erfahren es nicht, weil sich der Film durchweg lediglich an der Oberfläche seiner Figuren bewegt. Welche Rolle Kevin in Chirons Leben einnimmt oder welche Folgen die plötzliche Abwesenheit von Juan auf den Jungen hat, bleiben offen. Dass Moonlight sporadisch in drei Lebensabschnitten seiner Figur vorbeischaut, aber dabei keinerlei Einblicke bietet, bricht ihm schlussendlich das Genick. Der Wandel der Figur im Schlussakt soll womöglich überraschen, ihm fehlt allerdings die Basis und ein Verständnis für die Unruhe des Protagonisten.
Moonlight erzählt seine Geschichte in Momenten. Der eine Moment, in dem Juan dem kleinen Chiron von seiner eigenen Kindheit auf Kuba erzählt. Gefolgt von dem Moment, in dem er ihm das Schwimmen beibringt. Ein Moment, in welchem Chiron erfährt, dass es Juan ist, von dem seine Mutter ihre Drogen erhält sowie mehrere Momente, in denen er die Ablehnung anderer Jungen auf sich zieht. Scheinbar, weil er komisch läuft und er läuft wohl komisch, da er homosexuell ist. Ob das die Figur tatsächlich ist, bleibt unklar. Im ersten Kapitel dürfte Chiron zu jung sein, um sich bereits seiner Sexualität gewahr zu sein. Ihr widmet sich Jenkins dann zwar stärker im Mittelteil, aber die Handlung ist nahezu identisch mit den 35 Minuten zuvor.
Insofern funktioniert Moonlight also auch als ganz „gewöhnlicher“ Film über einen schwarzen heterosexuellen Jungen, der mit seiner drogensüchtigen Mutter in einer Sozialwohnung lebt und von Klassenkameraden gemobbt wird. Die Situation eskaliert, ein Wandel findet statt. Persönlichkeiten ändern sich – wer hart war, wird weich, wer weich war, wird hart. Ein direkter Zusammenhang zu Hetero- oder Homosexualität besteht nicht, höchstens einer zu Männlichkeits-Idealen und Rollenbildern. Moonlight will besonders sein, ein schwarzer LGBT-Film, ist jedoch Letzteres nur ausgesprochen oberflächlich und könnte allgemein nahezu 1:1 in eine ärmliche Trailer-Park-Kleinstadt der Südstaaaten in ein White-Trash-Milieu verlegt werden.
Das Besondere an Jenkins’ Film will mir nicht klar werden. Die Handlung ist ausgesprochen generisch und wenig originell. Mahershala Ali liefert eine gewohnt solide Leistung in seinen wenigen Minuten auf der Leinwand ab, Naomie Harris wiederum verliert sich wie so oft in grenzenlosem Overacting ihrer 0815-Darbietung einer drogensüchtigen Frau. Die sechs Jungdarsteller sind in Ordnung, aber ähnlich wie Ali kaum da und dann bereits wieder weg. Es wäre wohl besser gewesen, sich konkret auf eine bestimmte Lebensphase von Chiron zu fokussieren, genauso wie auf seine Homosexualität. “At some point you got to decide for yourself who you’re gonna be”, sagt Juan zu Chiron. Barry Jenkins hätte sich das mal lieber zu Herzen genommen.
4.5/10