”For every action, there’s a reaction. And a pikey reaction … is quite a fucking thing”, stellte Guy Ritchies Protagonist Turkish am Ende von Snatch resümierend fest. Welche Auswirkungen ein Zusammentreffen mit Zigeunern haben kann, musste Robert John Burke einst in der Adaption von Stephen Kings Thinner am eigenen Leib erfahren. Vorurteile gegenüber den Roma haben sich in den meisten Gesellschaften eingebürgert und Regisseur Sam Raimi greift einige dieser Stereotype willkommen auf. In seiner Rückkehr zum Horror-Genre nach 17 Jahren (The Gift zählt eher in den Bereich Mystery) beweist Raimi, dass auch altmodischer Horror immer noch zweckdienlich sein kann. Sein Drag Me to Hell kommt erfrischend old school daher und weiß innerhalb des PG-13-Ratings seine Grenzen auch relativ gelungen auszuloten.
Mit einer großartigen Einführung hält sich der Altmeister dann auch erst gar nicht auf. Abgesehen von dem Vorspann mit Shaun San Denas (Flor de Maria Chahua) erster Begegnung mit dem Dämonen Lamia wirft Raimi das Publikum direkt hinein in das Geschehen. Christine Brown (Alison Lohman) ist Kreditberaterin einer Bank und spekuliert gemeinsam mit einem neuen Mitarbeiter auf die Stelle des stellvertretenden Bankdirektors. Da Christine jedoch ein zu gutes Herz hat, stehen ihre Aussichten eher schlecht. Um sich bei ihrem Chef, Mr. Jacks (David Paymer), beliebter zu machen, fällt Christine eine harte Entscheidung und verweigert der alten und auf einem Auge blinden Mrs Ganush (Lorna Raver) eine dritte Verlängerung ihres Hauskredits. Als diese daraufhin eine Szene provoziert, beginnt für Christine ihr Schlamassel: Die scheinbare Zigeunerin ladet ihr nach einem Handgemenge einen dreitägigen Fluch auf.
Im Folgenden ist Drag Me to Hell relativ schnörkellos erzähltes Horrorkino. Oder auch nicht. Ähnlich wie in seinen Anfängen mit den Evil Dead-Filmen, verbindet Raimi gekonnt Horror-uriges mit komödiantischen Elementen. Wahrscheinlich erklärt dies das milde Urteil der US-Zensur (bei uns erhielt der Film die FSK-16-Auflage). Denn obschon auch hier gestorben wird, fließt im Grunde nicht wirklich Blut. Raimi setzt auf Schockeffekte, die insbesondere von seiner Kameraarbeit gefördert werden. Ein langsames, stetiges Zoomen auf Lohmans Gesicht als sie ein Geräusch im Garten hört wirkt hier effektiver als sonstiges Schockmomente im Durchschnittswust des Genres. Es ist hier auch Lohmans überzeugendem Spiel zu verdanken, dass man derart mit dieser im Grunde unschuldigen Figur mitfühlt.
Was Raimi dem Zuschauer an Blut erspart, macht er durch andere Körperflüssigkeiten wett. Besonders Mrs Ganush darf mehrfach Vampirgleich an Christines Kinn sabbern und nagen, während auch sonst gerne Augen triefen, explodieren und derlei anderes. In dieser Hinsicht übertreibt es Raimi sichtlich, denn schon nach einer Weile wirken ausblutende Augen im Kuchen und andere Gimmicks nur noch nervig und erinnern an das Totreiten von Körperflüssigkeiten, wie man sie aus Teenie-Filmen gewohnt ist. Ohne diese Ergüsse wäre Drag Me to Hell erwachsener geworden, stattdessen verlor sich Raimi scheinbar in seiner infantilen Naivität. Gut möglich, dass man jenes Cartooneske, das hier gelegentlich eingebaut wird, einfach nicht mehr im Genre findet, sodass es bei seiner „Rückkehr“ hier in diesem Fall nur etwas verstörend wirken kann.
Auch inhaltlich ist Raimis Rückkehr ins Horrorfach bisweilen weniger souverän. Bereits angefangen bei der Darstellung von Mrs Ganush, die zwar scheinbar einen Menschen in die Hölle schicken kann, jedoch nicht im Stande ist mit ihren Kräften ihr Haus zu retten. Ohnehin werden die Roma im Film nicht sonderlich nachvollziehbar dargestellt. Nicht mal als Christine schließlich Ganush aufsucht, damit diese den Flucht zurück nimmt. Sicherlich verleiht die geringe Profilierung jener Bevölkerungsgruppe dieser ihre notwendige Mysteriösität, doch wirken plötzliche ewige Verdammungen von Bankangestellten fraglos etwas überzogen. Da passt es dann auch gut ins Bild, dass man das Ende des Filmes schon relativ zu Beginn gegen den Wind riecht, weshalb sich in der finalen Klimax auch die Spannung einstellt. Allerdings trumpfen die wenigsten Horrorfilme durch ihre inhaltliche Intelligenz auf, sondern sehen ihre Stärken in Exposition und Darstellung. In beiden Bereichen funktioniert Drag Me to Hell die meiste Zeit bestens, zumindest genug, um das Publikum zu unterhalten.
Immerhin zeigt Raimi, dass er sein vor 22 Jahren begonnenes Handwerk auch nach all den Jahren nicht verlernt hat. Und dass er unglaublich viel Spaß und Freude dabei gehabt haben muss. Denn Drag Me to Hell ist trotz seiner Mängel ein durchaus charmantes Stück Film, dass sowohl in seinen Schockeffekten, als auch mit seiner Besetzung (Justing Long, Dileep Rao und Adriana Barraza komplettieren das Ensemble) und seinen Effekten zu überzeugen vermag. Raimis Versuch zurück zu seinen Wurzeln zu gelangen ist somit an sich gelungen und die Verbindung von Horror und Komik dürfte auch beim jüngeren Publikum Anklang finden können. Denn letztlich sticht der Film durch seine Individualität aus der Masse hervor und dies nicht durch grenzwertige Gewaltorgien wie man sie aktuell im französischen Genrekino findet, sondern durch das, was speziell Raimi dem Fach vor zwei Jahrzehnten beizusteuern wusste. Somit ist Drag Me to Hell zuvorderst ein Film für Fans von Raimi und der guten alten Zeit.
4.5/10 - erschienen bei Wicked-Vision
Mit einer großartigen Einführung hält sich der Altmeister dann auch erst gar nicht auf. Abgesehen von dem Vorspann mit Shaun San Denas (Flor de Maria Chahua) erster Begegnung mit dem Dämonen Lamia wirft Raimi das Publikum direkt hinein in das Geschehen. Christine Brown (Alison Lohman) ist Kreditberaterin einer Bank und spekuliert gemeinsam mit einem neuen Mitarbeiter auf die Stelle des stellvertretenden Bankdirektors. Da Christine jedoch ein zu gutes Herz hat, stehen ihre Aussichten eher schlecht. Um sich bei ihrem Chef, Mr. Jacks (David Paymer), beliebter zu machen, fällt Christine eine harte Entscheidung und verweigert der alten und auf einem Auge blinden Mrs Ganush (Lorna Raver) eine dritte Verlängerung ihres Hauskredits. Als diese daraufhin eine Szene provoziert, beginnt für Christine ihr Schlamassel: Die scheinbare Zigeunerin ladet ihr nach einem Handgemenge einen dreitägigen Fluch auf.
Im Folgenden ist Drag Me to Hell relativ schnörkellos erzähltes Horrorkino. Oder auch nicht. Ähnlich wie in seinen Anfängen mit den Evil Dead-Filmen, verbindet Raimi gekonnt Horror-uriges mit komödiantischen Elementen. Wahrscheinlich erklärt dies das milde Urteil der US-Zensur (bei uns erhielt der Film die FSK-16-Auflage). Denn obschon auch hier gestorben wird, fließt im Grunde nicht wirklich Blut. Raimi setzt auf Schockeffekte, die insbesondere von seiner Kameraarbeit gefördert werden. Ein langsames, stetiges Zoomen auf Lohmans Gesicht als sie ein Geräusch im Garten hört wirkt hier effektiver als sonstiges Schockmomente im Durchschnittswust des Genres. Es ist hier auch Lohmans überzeugendem Spiel zu verdanken, dass man derart mit dieser im Grunde unschuldigen Figur mitfühlt.
Was Raimi dem Zuschauer an Blut erspart, macht er durch andere Körperflüssigkeiten wett. Besonders Mrs Ganush darf mehrfach Vampirgleich an Christines Kinn sabbern und nagen, während auch sonst gerne Augen triefen, explodieren und derlei anderes. In dieser Hinsicht übertreibt es Raimi sichtlich, denn schon nach einer Weile wirken ausblutende Augen im Kuchen und andere Gimmicks nur noch nervig und erinnern an das Totreiten von Körperflüssigkeiten, wie man sie aus Teenie-Filmen gewohnt ist. Ohne diese Ergüsse wäre Drag Me to Hell erwachsener geworden, stattdessen verlor sich Raimi scheinbar in seiner infantilen Naivität. Gut möglich, dass man jenes Cartooneske, das hier gelegentlich eingebaut wird, einfach nicht mehr im Genre findet, sodass es bei seiner „Rückkehr“ hier in diesem Fall nur etwas verstörend wirken kann.
Auch inhaltlich ist Raimis Rückkehr ins Horrorfach bisweilen weniger souverän. Bereits angefangen bei der Darstellung von Mrs Ganush, die zwar scheinbar einen Menschen in die Hölle schicken kann, jedoch nicht im Stande ist mit ihren Kräften ihr Haus zu retten. Ohnehin werden die Roma im Film nicht sonderlich nachvollziehbar dargestellt. Nicht mal als Christine schließlich Ganush aufsucht, damit diese den Flucht zurück nimmt. Sicherlich verleiht die geringe Profilierung jener Bevölkerungsgruppe dieser ihre notwendige Mysteriösität, doch wirken plötzliche ewige Verdammungen von Bankangestellten fraglos etwas überzogen. Da passt es dann auch gut ins Bild, dass man das Ende des Filmes schon relativ zu Beginn gegen den Wind riecht, weshalb sich in der finalen Klimax auch die Spannung einstellt. Allerdings trumpfen die wenigsten Horrorfilme durch ihre inhaltliche Intelligenz auf, sondern sehen ihre Stärken in Exposition und Darstellung. In beiden Bereichen funktioniert Drag Me to Hell die meiste Zeit bestens, zumindest genug, um das Publikum zu unterhalten.
Immerhin zeigt Raimi, dass er sein vor 22 Jahren begonnenes Handwerk auch nach all den Jahren nicht verlernt hat. Und dass er unglaublich viel Spaß und Freude dabei gehabt haben muss. Denn Drag Me to Hell ist trotz seiner Mängel ein durchaus charmantes Stück Film, dass sowohl in seinen Schockeffekten, als auch mit seiner Besetzung (Justing Long, Dileep Rao und Adriana Barraza komplettieren das Ensemble) und seinen Effekten zu überzeugen vermag. Raimis Versuch zurück zu seinen Wurzeln zu gelangen ist somit an sich gelungen und die Verbindung von Horror und Komik dürfte auch beim jüngeren Publikum Anklang finden können. Denn letztlich sticht der Film durch seine Individualität aus der Masse hervor und dies nicht durch grenzwertige Gewaltorgien wie man sie aktuell im französischen Genrekino findet, sondern durch das, was speziell Raimi dem Fach vor zwei Jahrzehnten beizusteuern wusste. Somit ist Drag Me to Hell zuvorderst ein Film für Fans von Raimi und der guten alten Zeit.
4.5/10 - erschienen bei Wicked-Vision
Da passt es dann auch gut ins Bild, dass man das Ende des Filmes schon relativ zu Beginn gegen den Wind riecht, weshalb sich in der finalen Klimax auch die Spannung einstellt.
AntwortenLöschenDa der Text schon einen so negativen Tonfall hat, hätte sich hier der Einwand angeboten, dass Raimi uns eigentlich an der Nase herumführt: Wer schon in der Exposition die Pforten zur Hölle aufreißen lässt, diesen Gag aber auch als Finale verstanden wissen will (in einem Film der sich DRAG ME TO HELL schimpft), der betrügt den Zuschauer streng genommen um das, was versprochen wird: die Hölle.
Es ging mir hier mehr um die Umsetzung nicht die Tatsache an sich.
AntwortenLöschenAlso findest du nicht, dass Raimi uns dann schon noch hätte mit hinab führen müssen?
AntwortenLöschen@ Rajko:
AntwortenLöschen"Also findest du nicht, dass Raimi uns dann schon noch hätte mit hinab führen müssen?"
Nö, nicht wirklich. Titel-Wortspiel hin oder her, vorhersehbares Ende hin oder her (und es ist in der Tat verdammt vorhersehbar), Raimi ist da auch in einem Dilemma gelandet, aus dem er nicht mehr heraus kommen konnte. Sicher, er hätte das Ende noch variieren können, doch bin ich sicher, das sman ihm das auch nicht abgenommen hätte. BTW (das geht jetzt eher an Flo): Bei einem Film, der sich so offensichtlich als Hommage an das Genre versteht, ist das Ende des Films, das eben für das Genre durchaus typisch ist, in gewisserweise auch wieder konsequent. Wie schon der Philosoph Andi Breme wusste: "Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß. Ist zwar schade für Christin, aber aus der Nummer kam sie von der 1. Minute an nicht mehr heraus... :-)
Ich hätte mir die Nummer mit dem Knopf und der Münze eben etwas interessanter gewünscht. Aber gut, bin ich eben mal wieder der Spielverderber unter den Bloggern.
AntwortenLöschenUnd in der Rolle fühlst du dich ja auch ganz pudelwohl.
AntwortenLöschenDu musst es ja wissen.
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