Für viele Rucksack-Touristen ist Asien der Hotspot schlechthin. Das Leben ist für westliche Verhältnisse nicht sonderlich teuer und zugleich dank Sonne, Strand und Meer paradiesisch. Allerdings liegen in den träumerischen Ländern Fernosts Paradies und Hölle bisweilen nah beieinander. Denn wenn es um Drogen geht, versteht das asiatische Justizsystem meist keinen Spaß. Fälle von Backpackern, die wegen Drogen im Gepäck zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werden, sind keine Seltenheit. Auch in Hollywood war das Thema Ende der 90er Jahre aktuell, zuerst in Joseph Rubens Return to Paradise (dt. Für das Leben eines Freundes) von 1998, ein Jahr später dann in Jonathan Kaplans Brokedown Palace. Beide Filme liefen wenig erfolgreich.
Im Gegensatz zu A Bug’s Life/Antz oder Snow White & the Huntsman/Mirror, Mirror handelt es sich allerdings nicht um Schwesternfilme. Zwar ähneln sich die Werke von Ruben und Kaplan darin, dass ihre US-amerikanischen Figuren aus Spaßzwecken nach Asien kamen, ehe sie wegen des Besitzes von Drogen ins Gefängnis wandern, dennoch geraten sie in ihrer Struktur unterschiedlich. Während Brokedown Palace seine Figuren als Opfer zeichnet, denen Unrecht getan wurde, gelingt es Return to Paradise, über weite Strecken ein interessantes moralisches Dilemma zu zeichnen, das der Zuschauer auf sich selbst übertragen kann. Aufgrund des ähnlichen Themas sollen beide Filme an dieser Stelle etwas genauer betrachtet werden.
Manchmal kann eine unbedachte Handlung ein ganzes Leben verändern. “So, the plan was to party till we ran out of cash in Malaysia”, berichtet Vince Vaughns Figur Sheriff zu Beginn von Return to Paradise. “It was a paradise of rum, girls and cheap hash.” Gemeinsam mit seinem Kumpel Tony (David Conrad) lernt Sheriff vor Ort den „Öko“ Lewis (Joaquin Phoenix) kennen. Das Trio verbringt fortan seinen Urlaub gemeinsam, mit Alkohol und Haschisch. Leiht ein Fahrrad und entsorgt es dann einfach im Dschungel, als es nach einem Unfall nicht mehr fahrtauglich ist. Am nächsten Tag verabschieden sich Sheriff und Tony zurück nach New York. Dort erhalten sie zwei Jahre später Besuch von Anwältin Beth (Anne Heche), die um Lewis’ Leben kämpft.
Denn als der Fahrradbesitzer mit der Polizei vorstellig wurde, fanden sie das verbliebene Haschisch der Jungs in Lewis’ Besitz. Vier Gramm über der Toleranzgrenze gilt Lewis nun als Schmuggler. Worauf in Malaysia die Todesstrafe steht. Nachdem alle Einsprüche abgeschmettert wurden, bleibt ihm nur noch eine Woche Zeit. Wenn sich Sheriff und Tony bereit erklären, für jeweils drei Jahre ins Gefängnis zu gehen oder alternativ einer der beiden für sechs Jahre, wird die Todesstrafe für Lewis ausgesetzt. Ein moralisches Dilemma, dem sich die beiden Männern in den Folgetagen stellen müssen. Sind sie bereit, für das Leben eines Freundes das eigene hintenanzustellen und es womöglich sogar im Gefängnis eines fremden Landes zu gefährden?
Es ist diese zentrale Frage, die im Grunde die Handlung von Return to Paradise darstellt. Und auch, wenn der Film bisweilen Tonys Abwägung berücksichtigt, steht Sheriff doch im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu Tony, der einen respektableren Job und eine Verlobte (Vera Farmiga) hat, blickt Sheriff auf ein eher nutzloses Leben zurück. Die Wohnung macht wenig her, tagsüber verdingt er sich als Limousinenfahrer. Entsprechend hebt auch sein Vater hervor, dass es eigentlich die sinnigere Entscheidung sei, zurückzugehen. Auch wenn ihm natürlich klar ist, dass Sheriffs Persönlichkeit dies nicht hergibt. “Who’s kiddin’ who?”, meint dessen alter Herr süffisant. Und auch Sheriff betont immer wieder die Schwäche in seinem Charakter.
“It isn’t in me”, gesteht er da an einer Stelle Beth, wie auch vor Jahren bereits ihrem Bruder. In Malaysia hatte Lewis Sheriff gefragt, ob er mit ihm in Borneo Orang-Utans retten wolle. “I don’t have that kind of stuff in me”, lehnte Sheriff den Vorschlag dankend ab. Erst in der Erkenntnis, dass sein Leben in der jetzigen Form kein lebenswertes ist – schon gar nicht, wenn Lewis hierfür sein eigens Leben lassen muss –, setzt bei Sheriff allmählich ein Umdenken ein. Dabei reitet Ruben gar nicht mal so sehr auf der Tatsache herum, dass es Sheriff war, der einerseits das Fahrrad weggeworfen und andererseits Lewis das Haschisch überlassen hat. Von der Schuldfrage her sollte Sheriffs Rückkehr als Hauptverursacher kaum Überwindung kosten.
Zugleich postuliert Return to Paradise die Frage, die sich Sheriff und Tony stellen müssen, auch an sein Publikum. Wie würde der Zuschauer selbst reagieren, wenn das Leben eines Freundes von seiner Entscheidung abhinge? Hier macht es sich der Film im Grunde sogar so leicht, dass Lewis weniger Freund als Urlaubsbekanntschaft ist. Dennoch wird seine Persönlichkeit zumindest für die übrigen Figuren derart etabliert, dass diese ihn als guten Menschen beschreiben. Womöglich als einen besseren als sie selbst es sind. Dass Sheriff und Tony dabei voneinander abhängig sind, ob sie „nur“ drei oder doch sechs Jahre ins malaysische Gefängnis müssen, führt bei der jeweiligen Entscheidungsfindung der beiden zu weiteren Spannungen.
Dennoch winkt der Film teils etwas arg mit dem Zaunpfahl, beispielsweise wenn Sheriff in New York an einem Werbeplakat für Malaysia vorbeiläuft. Auch der Subplot mit Jada Pinkett-Smiths egoistischer und destruktiver Klatschreporterin sowie die etwas unnötig in die Handlung geschriebene Romanze zwischen Sheriff und Beth (die sich obendrein als Lewis’ Schwester entpuppt) ziehen einen von seiner Intention ausgesprochen starken Film etwas herunter. Gerade, da das eigentliche Thema die Wandlung von Sheriff darstellt. “I knew you was coming back”, sagt Lewis da zum Schluss. “Even if you didn’t.” Das hätte trotz der Ereignisse in aller Tragik als „Happy“ End gereicht. Schade, dass der Film dennoch die Abfahrt nach Hollywood nimmt.
6.5/10
Der Habitus, nach dem Schulabschluss erstmal um die Welt zu reisen, ist inzwischen Gang und Gäbe. So entschließen sich auch die Freundinnen Alice (Claire Danes) und Darlene (Kate Beckinsale) in Brokedown Palace dazu, nach dem High-School-Abschluss einen kurzen Trip zu unternehmen. Statt nach Hawaii, wie ursprünglich geplant, geht es heimlich doch lieber nach Thailand. “It hat to be amazing”, sagt Alice später. “Memorable.” In Thailand ist das Leben billiger und aufregender, zwischen alten Tempeln und gefälschten Souvenirs. Als sich die Mädchen in ein Luxushotel schleichen und dabei erwischt werden, Cocktails auf Kosten anderer Gäste zu trinken, springt ihnen der nette Australier Nick (Daniel Lapaine) rettend zur Seite.
Wo Return to Paradise das Beziehungsdrama bis zum Schlussakt aufspart, präsentiert es Jonathan Kaplan im ersten Akt. Sowohl Alice als auch Darlene finden Gefallen an Nick, der beide Mädchen zu einem kostenlosen Flug nach Hong Kong einlädt. Beim Einchecken taucht jedoch plötzlich die Polizei auf und findet bei den Amerikanerinnen Heroin im Gepäck. In ihrer Naivität unterschreibt Darlene unwissentlich ein in Thai verfasstes Geständnis, vor Gericht werden sie und Alice daraufhin zu je 33 Jahren Gefängnis verurteilt. Lag ihnen soeben noch ihre ganze Zukunft offen, scheint ihr Leben nunmehr dahin. Die Frage, ob eine von ihnen dabei für Nick die Drogen schmuggelte, stellt Kaplan gar nicht, etabliert lieber die Unschuld der zwei Mädchen.
Seinerzeit schlug Brokedown Palace Wellen, weil sich Hauptdarstellerin Claire Danes negativ über die Philippinen äußerte, wo der Film wegen seiner kritischen Darstellung des thailändischen Justizsystems gedreht wurde. Anschließend wurde sie dort zur Persona non grata ernannt – nicht gerade die beste Werbung. Ein Problemkind ist auch ihre Figur, wie Darlenes Vater später etabliert. Nicht zuletzt war es Alices Idee, statt nach Hawaii gen Asien zu reisen. Wenn also eine der beiden das Heroin in die Tasche gepackt hätte, wäre es wohl unweigerlich Alice gewesen. Insofern ist die Entscheidung, beide als Opfer der Umstände zu zeichnen, nachvollziehbar. “They don’t give a shit in this third world country”, echauffiert sich Alice entsprechend.
Insofern geht Kaplan in seinem Film einen anderen Weg als Kollege Ruben, auch wenn Brokedown Palace am Ende mit Alices Entschluss, beide Haftstrafen abzusitzen und somit ihre Freundin seit Kindestagen in die Freiheit zu entlassen einen ähnlichen Verlauf nimmt. Der wiederum ist selbst jedoch nicht Thema, obschon Alices Entscheidung, statt 33 Jahren 66 Jahre – und damit den Rest ihres Lebens – in dem thailändischen Gefängnis zu verbringen, weitaus dramatischer ist, als Sheriffs Akzeptanz von sechs Jahren (die schlussendlich ohnehin zu sechs Monaten verkürzt werden). Dass den Zuschauer dennoch Sheriffs Entschluss mehr berührt, obschon die Tragweite für Alice größer ist, zeugt vom Scheitern von Brokedown Palace.
Vielmehr ist Kaplans Beitrag ein Drogen-Drama mit Kritik am Justizsystem von Thailand im Speziellen wie Asien im Allgemeinen. Berücksichtigt man beide Filme, erscheinen die Strafen in der Tat übertrieben hart, angesichts dessen, wie leicht und billig die Drogen in den Ländern erhältlich sind. Auch derartige Haftstrafen scheinen sie nicht wirklich von der Straße zu halten. Im Gegensatz zu Return to Paradise (wo vier läppische Gramm den Unterschied zwischen Konsum und Handel ausmachten) ist der Drogenfund bei Alice und Darlene alles andere als ein Kavaliersdelikt, dem man fehlendes Fingerspitzengefühl nachsagen kann. Und das trotzdem wie bei Sheriff, Lewis und Tony am Ende schlicht auf westliche Naivität zurückzuführen ist.
In seiner zweiten Hälfte driftet der Film dann durch die Integration des in Thailand tätigen Anwalts “Yankee” Hank Green (Bill Pullman), der die Verteidigung von Alice und Darlene übernimmt, etwas mehr in Justizdrama-Gefilde, was aber nicht allzu spannend gerät. Auch, weil Nachforschungen zu Nick, die nicht so schwierig sein sollten, im Sand verlaufen. Dass Kaplan den Film von Anfang bis Ende mit Pop-Gedudel der Marke PJ Harvey unterlegt, sollte ihn wohl der MTV-Generation nahebringen, lässt ihn jedoch eher fiktionaler erscheinen, als seine Geschichte eigentlich ist. Wo sich Return to Paradise letztlich also trotz seiner guten Prämisse zu sehr Hollywood-Klischees bedient, ist Brokedown Palace nicht mehr als ein ebensolches.
4.5/10
Im Gegensatz zu A Bug’s Life/Antz oder Snow White & the Huntsman/Mirror, Mirror handelt es sich allerdings nicht um Schwesternfilme. Zwar ähneln sich die Werke von Ruben und Kaplan darin, dass ihre US-amerikanischen Figuren aus Spaßzwecken nach Asien kamen, ehe sie wegen des Besitzes von Drogen ins Gefängnis wandern, dennoch geraten sie in ihrer Struktur unterschiedlich. Während Brokedown Palace seine Figuren als Opfer zeichnet, denen Unrecht getan wurde, gelingt es Return to Paradise, über weite Strecken ein interessantes moralisches Dilemma zu zeichnen, das der Zuschauer auf sich selbst übertragen kann. Aufgrund des ähnlichen Themas sollen beide Filme an dieser Stelle etwas genauer betrachtet werden.
Return to Paradise [Für das Leben eines Freundes]
It’s like God’s own bathtub.Manchmal kann eine unbedachte Handlung ein ganzes Leben verändern. “So, the plan was to party till we ran out of cash in Malaysia”, berichtet Vince Vaughns Figur Sheriff zu Beginn von Return to Paradise. “It was a paradise of rum, girls and cheap hash.” Gemeinsam mit seinem Kumpel Tony (David Conrad) lernt Sheriff vor Ort den „Öko“ Lewis (Joaquin Phoenix) kennen. Das Trio verbringt fortan seinen Urlaub gemeinsam, mit Alkohol und Haschisch. Leiht ein Fahrrad und entsorgt es dann einfach im Dschungel, als es nach einem Unfall nicht mehr fahrtauglich ist. Am nächsten Tag verabschieden sich Sheriff und Tony zurück nach New York. Dort erhalten sie zwei Jahre später Besuch von Anwältin Beth (Anne Heche), die um Lewis’ Leben kämpft.
Denn als der Fahrradbesitzer mit der Polizei vorstellig wurde, fanden sie das verbliebene Haschisch der Jungs in Lewis’ Besitz. Vier Gramm über der Toleranzgrenze gilt Lewis nun als Schmuggler. Worauf in Malaysia die Todesstrafe steht. Nachdem alle Einsprüche abgeschmettert wurden, bleibt ihm nur noch eine Woche Zeit. Wenn sich Sheriff und Tony bereit erklären, für jeweils drei Jahre ins Gefängnis zu gehen oder alternativ einer der beiden für sechs Jahre, wird die Todesstrafe für Lewis ausgesetzt. Ein moralisches Dilemma, dem sich die beiden Männern in den Folgetagen stellen müssen. Sind sie bereit, für das Leben eines Freundes das eigene hintenanzustellen und es womöglich sogar im Gefängnis eines fremden Landes zu gefährden?
Es ist diese zentrale Frage, die im Grunde die Handlung von Return to Paradise darstellt. Und auch, wenn der Film bisweilen Tonys Abwägung berücksichtigt, steht Sheriff doch im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu Tony, der einen respektableren Job und eine Verlobte (Vera Farmiga) hat, blickt Sheriff auf ein eher nutzloses Leben zurück. Die Wohnung macht wenig her, tagsüber verdingt er sich als Limousinenfahrer. Entsprechend hebt auch sein Vater hervor, dass es eigentlich die sinnigere Entscheidung sei, zurückzugehen. Auch wenn ihm natürlich klar ist, dass Sheriffs Persönlichkeit dies nicht hergibt. “Who’s kiddin’ who?”, meint dessen alter Herr süffisant. Und auch Sheriff betont immer wieder die Schwäche in seinem Charakter.
“It isn’t in me”, gesteht er da an einer Stelle Beth, wie auch vor Jahren bereits ihrem Bruder. In Malaysia hatte Lewis Sheriff gefragt, ob er mit ihm in Borneo Orang-Utans retten wolle. “I don’t have that kind of stuff in me”, lehnte Sheriff den Vorschlag dankend ab. Erst in der Erkenntnis, dass sein Leben in der jetzigen Form kein lebenswertes ist – schon gar nicht, wenn Lewis hierfür sein eigens Leben lassen muss –, setzt bei Sheriff allmählich ein Umdenken ein. Dabei reitet Ruben gar nicht mal so sehr auf der Tatsache herum, dass es Sheriff war, der einerseits das Fahrrad weggeworfen und andererseits Lewis das Haschisch überlassen hat. Von der Schuldfrage her sollte Sheriffs Rückkehr als Hauptverursacher kaum Überwindung kosten.
Zugleich postuliert Return to Paradise die Frage, die sich Sheriff und Tony stellen müssen, auch an sein Publikum. Wie würde der Zuschauer selbst reagieren, wenn das Leben eines Freundes von seiner Entscheidung abhinge? Hier macht es sich der Film im Grunde sogar so leicht, dass Lewis weniger Freund als Urlaubsbekanntschaft ist. Dennoch wird seine Persönlichkeit zumindest für die übrigen Figuren derart etabliert, dass diese ihn als guten Menschen beschreiben. Womöglich als einen besseren als sie selbst es sind. Dass Sheriff und Tony dabei voneinander abhängig sind, ob sie „nur“ drei oder doch sechs Jahre ins malaysische Gefängnis müssen, führt bei der jeweiligen Entscheidungsfindung der beiden zu weiteren Spannungen.
Dennoch winkt der Film teils etwas arg mit dem Zaunpfahl, beispielsweise wenn Sheriff in New York an einem Werbeplakat für Malaysia vorbeiläuft. Auch der Subplot mit Jada Pinkett-Smiths egoistischer und destruktiver Klatschreporterin sowie die etwas unnötig in die Handlung geschriebene Romanze zwischen Sheriff und Beth (die sich obendrein als Lewis’ Schwester entpuppt) ziehen einen von seiner Intention ausgesprochen starken Film etwas herunter. Gerade, da das eigentliche Thema die Wandlung von Sheriff darstellt. “I knew you was coming back”, sagt Lewis da zum Schluss. “Even if you didn’t.” Das hätte trotz der Ereignisse in aller Tragik als „Happy“ End gereicht. Schade, dass der Film dennoch die Abfahrt nach Hollywood nimmt.
6.5/10
Brokedown Palace
No matter how I look at this, you didn’t deserve this.Der Habitus, nach dem Schulabschluss erstmal um die Welt zu reisen, ist inzwischen Gang und Gäbe. So entschließen sich auch die Freundinnen Alice (Claire Danes) und Darlene (Kate Beckinsale) in Brokedown Palace dazu, nach dem High-School-Abschluss einen kurzen Trip zu unternehmen. Statt nach Hawaii, wie ursprünglich geplant, geht es heimlich doch lieber nach Thailand. “It hat to be amazing”, sagt Alice später. “Memorable.” In Thailand ist das Leben billiger und aufregender, zwischen alten Tempeln und gefälschten Souvenirs. Als sich die Mädchen in ein Luxushotel schleichen und dabei erwischt werden, Cocktails auf Kosten anderer Gäste zu trinken, springt ihnen der nette Australier Nick (Daniel Lapaine) rettend zur Seite.
Wo Return to Paradise das Beziehungsdrama bis zum Schlussakt aufspart, präsentiert es Jonathan Kaplan im ersten Akt. Sowohl Alice als auch Darlene finden Gefallen an Nick, der beide Mädchen zu einem kostenlosen Flug nach Hong Kong einlädt. Beim Einchecken taucht jedoch plötzlich die Polizei auf und findet bei den Amerikanerinnen Heroin im Gepäck. In ihrer Naivität unterschreibt Darlene unwissentlich ein in Thai verfasstes Geständnis, vor Gericht werden sie und Alice daraufhin zu je 33 Jahren Gefängnis verurteilt. Lag ihnen soeben noch ihre ganze Zukunft offen, scheint ihr Leben nunmehr dahin. Die Frage, ob eine von ihnen dabei für Nick die Drogen schmuggelte, stellt Kaplan gar nicht, etabliert lieber die Unschuld der zwei Mädchen.
Seinerzeit schlug Brokedown Palace Wellen, weil sich Hauptdarstellerin Claire Danes negativ über die Philippinen äußerte, wo der Film wegen seiner kritischen Darstellung des thailändischen Justizsystems gedreht wurde. Anschließend wurde sie dort zur Persona non grata ernannt – nicht gerade die beste Werbung. Ein Problemkind ist auch ihre Figur, wie Darlenes Vater später etabliert. Nicht zuletzt war es Alices Idee, statt nach Hawaii gen Asien zu reisen. Wenn also eine der beiden das Heroin in die Tasche gepackt hätte, wäre es wohl unweigerlich Alice gewesen. Insofern ist die Entscheidung, beide als Opfer der Umstände zu zeichnen, nachvollziehbar. “They don’t give a shit in this third world country”, echauffiert sich Alice entsprechend.
Insofern geht Kaplan in seinem Film einen anderen Weg als Kollege Ruben, auch wenn Brokedown Palace am Ende mit Alices Entschluss, beide Haftstrafen abzusitzen und somit ihre Freundin seit Kindestagen in die Freiheit zu entlassen einen ähnlichen Verlauf nimmt. Der wiederum ist selbst jedoch nicht Thema, obschon Alices Entscheidung, statt 33 Jahren 66 Jahre – und damit den Rest ihres Lebens – in dem thailändischen Gefängnis zu verbringen, weitaus dramatischer ist, als Sheriffs Akzeptanz von sechs Jahren (die schlussendlich ohnehin zu sechs Monaten verkürzt werden). Dass den Zuschauer dennoch Sheriffs Entschluss mehr berührt, obschon die Tragweite für Alice größer ist, zeugt vom Scheitern von Brokedown Palace.
Vielmehr ist Kaplans Beitrag ein Drogen-Drama mit Kritik am Justizsystem von Thailand im Speziellen wie Asien im Allgemeinen. Berücksichtigt man beide Filme, erscheinen die Strafen in der Tat übertrieben hart, angesichts dessen, wie leicht und billig die Drogen in den Ländern erhältlich sind. Auch derartige Haftstrafen scheinen sie nicht wirklich von der Straße zu halten. Im Gegensatz zu Return to Paradise (wo vier läppische Gramm den Unterschied zwischen Konsum und Handel ausmachten) ist der Drogenfund bei Alice und Darlene alles andere als ein Kavaliersdelikt, dem man fehlendes Fingerspitzengefühl nachsagen kann. Und das trotzdem wie bei Sheriff, Lewis und Tony am Ende schlicht auf westliche Naivität zurückzuführen ist.
In seiner zweiten Hälfte driftet der Film dann durch die Integration des in Thailand tätigen Anwalts “Yankee” Hank Green (Bill Pullman), der die Verteidigung von Alice und Darlene übernimmt, etwas mehr in Justizdrama-Gefilde, was aber nicht allzu spannend gerät. Auch, weil Nachforschungen zu Nick, die nicht so schwierig sein sollten, im Sand verlaufen. Dass Kaplan den Film von Anfang bis Ende mit Pop-Gedudel der Marke PJ Harvey unterlegt, sollte ihn wohl der MTV-Generation nahebringen, lässt ihn jedoch eher fiktionaler erscheinen, als seine Geschichte eigentlich ist. Wo sich Return to Paradise letztlich also trotz seiner guten Prämisse zu sehr Hollywood-Klischees bedient, ist Brokedown Palace nicht mehr als ein ebensolches.
4.5/10
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