Lange galt der langlebige Vietnamkrieg in der US-Gesellschaft als das Trauma der Zeitgeschichte, ein Status, den inzwischen vielleicht die Kriege in Irak und Afghanistan als Folge der Anschläge vom 11. September 2001 streitig machen. Jene Kriege sind es, die in jüngeren Jahren das betreffende Genre in Hollywoods Filmlandschaft bestimmen, von The Hurt Locker über Zero Dark Thirty bis hin zu Lone Survivor. Vielleicht deswegen wurde Rory Kennedys Dokumentation Last Days in Vietnam derart positiv aufgenommen, als Bildnis eines wenig berücksichtigten Kapitels der US-Militärgeschichte: der Evakuierung seiner Botschaft und südvietnamesischen Bevölkerung 1975 als Truppen des Vietcong den Vormarsch auf Saigon forcierten.
Offiziell waren die USA 1965 in den Krieg gegen den Vietcong eingetreten, tatsächlich hatte sie schon zwischen 1956 und 1963 fast 17.000 militärische Berater nach Südvietnam geschickt, um dessen Regierung gegen die Anschläge aus dem Norden zu unterstützen. Und obschon am 27. Januar 1973 in Paris ein Waffenstillstandsabkommen zwischen allen Beteiligten unterzeichnet wurde, ließ der Vietcong nicht ab. Und schaute, wie Last Days in Vietnam betont, wie weit sie gehen konnten, ehe die USA intervenieren würden. Was in der Folge ziemlich weit war, sich immer mehr gen Süden erstreckte und zwei Jahre später vor Saigon führte. “You saw out of control panic”, beschreibt ein damaliger US-Militär rückblickend die Lage.
Der Krieg zwischen den USA und dem Vietcong war faktisch zu Ende, Amerika hatte verloren. Und dem Gegner, das war nach dem Pariser Treffen klar, nichts mehr entgegenzusetzen. Ein militärisches Aufbäumen war unmöglich, es blieb nur, alle Amerikaner und deren Familien – darunter oft Vietnamesen – zu evakuieren. “These people were dead men walking”, heißt es von einem anderen Talking Head im Film von Rory Kennedy, ihres Zeichens die Tochter von Robert F. Kennedy. Entgegen der Anweisungen ihres Botschafters schafften viele US-Soldaten oder Botschaftsmitarbeiter Südvietnamesen in die Botschaft oder schlicht in Sicherheit. Es sei nicht um legal oder illegal gegangen, sagt einer, sondern um richtig oder falsch.
Dass der US-Kongress seinen Präsidenten Gerald Ford damals nicht wie von diesem gewünscht unterstützen wollte (“Those sons of bitches”, soll Ford danach geflucht haben), zeigt von der bereitwilligen Aufgabe eines Konflikts, der zu lange zu viele Opfer gefordert hatte. Am Ende stand also der große Rückzug – nur wie sollte dieser vonstattengehen? Kurz vor dem Einmarsch des Vietcong in Saigon seien noch 5.000 Amerikaner mit ihren vietnamesischen Familien im Land gewesen. Boote waren ebenso überfüllt wie Flugzeuge, hinter denen die Leute beim Abflug hinterher eilten. Das Personal in der Botschaft wurde schließlich in zahlreichen Helikopterflügen nach und nach in Sicherheit gebracht. Eine Rettung, die als „Option 4“ galt.
Kennedy spricht in Last Days in Vietnam mit vielen Beteiligten, mit dem damaligen US-Außenminister Henry Kissinger sowie mit US-Veteranen und ehemaligen CIA-Analysten, aber auch mit südvietnamesischen Soldaten, die teils erst nach Jahren in Erziehungslagern nach der Evakuierung Saigons ihren Weg in die USA fanden. Insofern ist die Dokumentation durchaus umfangreich und informativ in ihren Einblicken in die Schlussphase eines verlorenen Krieges. Aber derart Neues, wie viele der positiven Kritiken hervorheben, weiß ihr Film gar nicht zu erzählen. Bereits vor 20 Jahren hatte Michael Dutfield das Thema in seiner Fernsehdoku The Fall of Saigon verarbeitet, Bilder vom Fall Saigons tauchen auch in Genrefilmen auf.
Wie umfangreich die Evakuierung ausfiel und mit welchem Idealismus die Amerikaner diese vollzogen ist wohl das Entscheidende, was Rory Kennedy in ihrem Film ausdrücken kann. Dennoch wäre dem Ganzen wohl als Magazinbeitrag oder komprimierte 40-minütige Sendung – beispielsweise auf dem History Channel (oder eben PBS) – besser gedient gewesen. Nicht unproblematisch ist zudem, dass – wenn auch thematisch-zeitlich bedingt – all jene Gräuel, die von den USA im Vietnamkrieg ausgingen, hier unerheblich sind. Als Folge sah Amerikas Rolle in jenem dunklen Kapitel der Zeitgeschichte selten positiver aus. Insofern ist Last Days in Vietnam zwar durchaus informativ, aber zugleich auch im Kontext seiner Zeit zu sehen.
Offiziell waren die USA 1965 in den Krieg gegen den Vietcong eingetreten, tatsächlich hatte sie schon zwischen 1956 und 1963 fast 17.000 militärische Berater nach Südvietnam geschickt, um dessen Regierung gegen die Anschläge aus dem Norden zu unterstützen. Und obschon am 27. Januar 1973 in Paris ein Waffenstillstandsabkommen zwischen allen Beteiligten unterzeichnet wurde, ließ der Vietcong nicht ab. Und schaute, wie Last Days in Vietnam betont, wie weit sie gehen konnten, ehe die USA intervenieren würden. Was in der Folge ziemlich weit war, sich immer mehr gen Süden erstreckte und zwei Jahre später vor Saigon führte. “You saw out of control panic”, beschreibt ein damaliger US-Militär rückblickend die Lage.
Der Krieg zwischen den USA und dem Vietcong war faktisch zu Ende, Amerika hatte verloren. Und dem Gegner, das war nach dem Pariser Treffen klar, nichts mehr entgegenzusetzen. Ein militärisches Aufbäumen war unmöglich, es blieb nur, alle Amerikaner und deren Familien – darunter oft Vietnamesen – zu evakuieren. “These people were dead men walking”, heißt es von einem anderen Talking Head im Film von Rory Kennedy, ihres Zeichens die Tochter von Robert F. Kennedy. Entgegen der Anweisungen ihres Botschafters schafften viele US-Soldaten oder Botschaftsmitarbeiter Südvietnamesen in die Botschaft oder schlicht in Sicherheit. Es sei nicht um legal oder illegal gegangen, sagt einer, sondern um richtig oder falsch.
Dass der US-Kongress seinen Präsidenten Gerald Ford damals nicht wie von diesem gewünscht unterstützen wollte (“Those sons of bitches”, soll Ford danach geflucht haben), zeigt von der bereitwilligen Aufgabe eines Konflikts, der zu lange zu viele Opfer gefordert hatte. Am Ende stand also der große Rückzug – nur wie sollte dieser vonstattengehen? Kurz vor dem Einmarsch des Vietcong in Saigon seien noch 5.000 Amerikaner mit ihren vietnamesischen Familien im Land gewesen. Boote waren ebenso überfüllt wie Flugzeuge, hinter denen die Leute beim Abflug hinterher eilten. Das Personal in der Botschaft wurde schließlich in zahlreichen Helikopterflügen nach und nach in Sicherheit gebracht. Eine Rettung, die als „Option 4“ galt.
Kennedy spricht in Last Days in Vietnam mit vielen Beteiligten, mit dem damaligen US-Außenminister Henry Kissinger sowie mit US-Veteranen und ehemaligen CIA-Analysten, aber auch mit südvietnamesischen Soldaten, die teils erst nach Jahren in Erziehungslagern nach der Evakuierung Saigons ihren Weg in die USA fanden. Insofern ist die Dokumentation durchaus umfangreich und informativ in ihren Einblicken in die Schlussphase eines verlorenen Krieges. Aber derart Neues, wie viele der positiven Kritiken hervorheben, weiß ihr Film gar nicht zu erzählen. Bereits vor 20 Jahren hatte Michael Dutfield das Thema in seiner Fernsehdoku The Fall of Saigon verarbeitet, Bilder vom Fall Saigons tauchen auch in Genrefilmen auf.
Wie umfangreich die Evakuierung ausfiel und mit welchem Idealismus die Amerikaner diese vollzogen ist wohl das Entscheidende, was Rory Kennedy in ihrem Film ausdrücken kann. Dennoch wäre dem Ganzen wohl als Magazinbeitrag oder komprimierte 40-minütige Sendung – beispielsweise auf dem History Channel (oder eben PBS) – besser gedient gewesen. Nicht unproblematisch ist zudem, dass – wenn auch thematisch-zeitlich bedingt – all jene Gräuel, die von den USA im Vietnamkrieg ausgingen, hier unerheblich sind. Als Folge sah Amerikas Rolle in jenem dunklen Kapitel der Zeitgeschichte selten positiver aus. Insofern ist Last Days in Vietnam zwar durchaus informativ, aber zugleich auch im Kontext seiner Zeit zu sehen.
6/10
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