18. Juni 2016

Voltron: Legendary Defender – Season One

This is the worst team-building exercise ever!

Manche Dinge ändern sich nie. Darunter wohl auch die Tatsache, dass Dinosaurier und humanoide Roboter eine gewisse Anziehungskraft für Kinder beziehungsweise Jungen haben. So mag sich der Erfolg und Kultfaktor solcher Serien wie Transfomers oder Saber Rider and the Star Sheriffs erklären. Oder auch konkret der Power Rangers, jener Truppe Jugendlicher, die in den 1990ern mit individuellen Waffen und Zord-Robotern als Team gegen feindliche Mächte kämpften. Und in der Not mit ihrem Megazord einen humanoiden Riesenroboter bildeten. Sentai heißt jenes Subgenre einer Gruppe, die mit Robotervehikeln gegen Aliens kämpft, zu dem auch Netflix’ und DreamWorks’ neue Animationsserie Voltron: Legendary Defender gehört.

Dabei baut die 11-teilige erste Staffel auf Voltron: Defenders of the Universe auf, die Mitte der 1980er Jahre entstand und zu deren Erben sicher auch die Power Rangers gehören. Den Einstieg bildet eine Weltraummission eines dreiköpfigen Teams, das auf dem Pluto-Mond Kerberos nach Anzeichen von Leben außerhalb der Erde forscht. Und sich plötzlich einem Raumschiff von Aliens gegenüber sieht. Ein Jahr später gelingt Crew-Mitglied Shiro (Josh Keaton) die Flucht aus seiner Gefangenschaft Richtung Erde. Dort trifft er auf die Weltraumprogramm-Kadetten Lance (Jeremy Shada), Hunk (Tyler Labine) und Pidge (Bex Taylor-Klaus) sowie den Piloten Keith (Steven Yeun), der zuvor aus ebenjenem Weltraumprogramm ausgeschieden war.

Shiro erinnert sich nicht an die Ereignisse des vergangenen Jahres, weiß jedoch, dass die Aliens auf dem Weg zur Erde sind, um dort in den Besitz einer Waffe namens „Voltron“ zu gelangen. Gemeinsam stößt die Gruppe auf einen riesigen Löwenroboter, der sie nach einer Attacke des Alien-Schiffs per Wurmloch zum Planeten Arrus bringt. In einem Schloss erwachen dort Prinzessin Allura (Kimberly Brooks) und ihr Gefolgsmann Coran (Rhys Darby) aus dem Kälteschlaf. Und berichten, dass 10.000 Jahre zuvor der diabolische Zarkon (Neil Kaplan) ihren Planeten Altea zerstörte, König Alfor tötete und das Universum unterjochte. Stoppen kann ihn nur Voltron – der Zusammenschluss von insgesamt fünf Löwen-Roboter und ihrer Paladine.

Als solche werden nun Shiro und Co. auserkoren, die in der mehr als einstündigen Pilotfolge The Rise of Voltron erst ihre individuellen Löwen auf verschiedenen Planeten finden und aktivieren müssen. Eingangs ein zusammengewürfelter Haufen müssen die fünf jungen Helden in der Folge getreu dem Sentai-Genre lernen, als Team zu funktionieren. Was in den Anfangsepisoden für etwas Missstimmung sorgt. Nicht nur, weil Lance und Keith einen kleinen Konkurrenzkampf untereinander ausfechten (“You know, Lance and Keith, neck and neck”), sondern auch, weil Pidge mehr daran interessiert ist, herauszufinden, was mit seinem Vater und Bruder vor einem Jahr geschah, als sie Shiro auf der Kerberos-Mission begleitetet hatten.

Der Team-Gedanke durchzieht die ersten Episoden der Neuauflage, sei es, wenn Lance, Hunk und Pidge eingangs bei einer Missionssimulation versagen oder später die um Shiro und Keith erweiterte Gruppe wiederholt aneinander gerät. Hier spielen auch die unterschiedlichen Charaktere der Figuren eine Rolle, vom selbstüberzeugten Lance, zum rebellischen Keith, über den überlegten Pidge, geborenen Anführer Shiro bis hin zum gutmütigen Hunk. Der will mit all dem Tohuwabohu eigentlich möglichst wenig am Hut haben (“For someone in a space exploration program you don’t have much of a sense of adventure”, wirft ihm Lance in der Auftaktfolge vor), bis jedoch auch er in Tears of the Balmera einen Motivationsschub erhält.

Für Allura gilt es wiederum, das Erbe ihres Vaters zu bewahren und Zarkon zurück in seine (alten) Schranken zu verweisen. Nach anfänglicher Charakterzeichnung beschränkt sich Voltron: Legendary Defender jedoch in seiner zweiten Hälfte verstärkt auf den nahenden Konflikt mit Zarkon und die Tatsache, dass Shiro und Co. für diese Konfrontation noch nicht geübt genug zu sein scheinen. Was etwas schade ist, da die einzelnen Figuren so nicht vollends mit Leben gefüllt werden. So wird Lance kurz als Familienmensch skizziert, die Abwesenheit von jener Familie und zur Erde aber nicht thematisiert. Auch Keiths Innenleben und Motivation – er schied als bester Pilot wegen Disziplinlosigkeit aus – sind in dieser ersten Staffel noch unklar.

Schön(er) wäre es gewesen, hätte sich die Serie die Zeit genommen, jede der sieben zentralen Figuren in einer Folge in den Vordergrund zu stellen. Immerhin ist die erste Staffel mit ihrer Laufzeit von rund fünf Stunden relativ kurz geraten und wartet gegen Ende mit Crystal Venom noch mit einer Folge auf, die wenig zum größeren Ganzen beiträgt. So werden die meisten Figuren (außer vielleicht Pidge) über ihre stärkste Charaktereigenschaft definiert, was im Kontext der Handlung sicher ausreicht, aber sie bisweilen etwas eindimensional geraten lässt. Selbiges ließe sich natürlich auch über Gegenspieler Zarkon sagen, dessen Hintergründe erst in den Schlussfolgen wie dem Finale The Black Paladin zumindest leicht angerissen werden.

Generell gefällt jedoch die Dynamik zwischen den Figuren, allen voran der primär von Lance ausgehende Konkurrenzkampf mit Keith sowie sein stetes Balzverhalten sind ein willkommener Running Gag. Allgemein überzeugt Voltron: Legendary Defender durch geschickt eingepflegten Humor, teils sogar von subtiler Natur. Des Öfteren bringen Dialoge, Einzeiler oder auch detaillierter Zeichenstil den Zuschauer zum Lachen, zugleich weiß die Serie nuanciert mitunter ernste Töne anzusprechen, ohne deswegen jedoch ins über-Seriöse abzudriften. Narrativ und von der Chemie ihrer Charaktere ist den Machern dieses Reboots somit wenig vorzuwerfen – und was die visuelle Umsetzung der 2D-Animationsserie angeht, sogar noch weniger.

Hinter Voltron – dass die Original-Hierarchie in der Gruppe übrigens etwas umordnet – stecken mit Joaquim Dos Santos und Lauren Montgomery zwei Showrunner, die schon in die erfolgreichen Serien Avatar: The Last Airbender sowie The Legend of Korra involviert waren. An deren Zeichenstil, der Anleihen an Animes nimmt, orientiert sich auch Voltron: Legendary Defender. Mit Liebe zum Detail werden da die designierten Paladine schon im Piloten mit ihren zukünftigen Farben assoziiert, lediglich in der äußerlichen Darstellung der Löwen-Roboter gerät die Zeichnung bisweilen leicht klobig. Visuell zwar ganz nett, aber mit der Dauer – auch wegen fehlender Variation – redundant fällt derweil das Verbindungsszenario der Löwen zu Voltron aus.

Ansonsten ist die Serie jedoch überaus gelungen, nicht zuletzt aufgrund des überzeugenden Voice Casts rund um The Walking Dead-Alumnus Steven Yeun (die Besetzung der deutschen Synchro wirkt nicht ganz so rund, dafür ist die Übersetzung selbst solide). Hätten Dos Santos und Montgomery auf Crystal Venom verzichtet und dafür mit ein paar zusätzlichen Folgen noch die übrigen Figuren stärker beleuchtet, wäre Voltron: Legendary Defender eine runde Sache gewesen. Hier liegt noch Potential, das die Showrunner in der kommenden Staffel abrufen sollten. Aber auch so vermag die Serie ihrem Original sowie dem Sentai-Erbe prinzipiell gerecht zu werden. Wer Letzterem nicht abgeneigt ist, wird gern zur Gruppe der Voltron-Fans dazu stoßen.

7/10

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