Als „Ende einer Ära“ urteilte einst Antonio Banderas, als mit ¡Atame! die Zusammenarbeit mit seinem Gönner Pedro Almodóvar ihren vermeintlichen Schlussakt fand. Banderas macht sich auf gen Hollywood und pflegte dort 20 Jahre lang das Image des Latin Lovers. Almodóvar hingegen schickte sich an, zu Spaniens Aushängeschild und Europas letzten Melodramatiker zu werden. Nun, nach 21 Jahren, sind der Künstler und seine männliche Muse wieder vereint. Und es zeigt sich in La piel que habito – bei uns Die Haut, in der ich wohne –, dass Banderas nie besser ist, als unter Almodóvar. Und der Mann aus La Mancha untermauert, dass wenn das Kino immer trister wird und sich im Repetitionswahn verliert, Almodóvar seine Stärke(n) bewahrt.
Denn mit La piel que habito untermauert der Spanier, dass er Horror-Thrill auch ganz ohne Mystik und Humor zu schultern versteht. In einer abgelegenen Villa haust der Schönheitschirurg Robert Ledgard (Antonio Banderas). Ein abgeschlossenes Zimmer wiederum beheimatet seine Patientin Vera (Elena Anaya), die sich mal mehr oder weniger nackt in die Kameras räkelt, die Ledgard an den Wänden platziert hat. Als überraschend eine Person aus Ledgards Vergangenheit auftaucht, wird diese mitsamt den Traumata aller Protagonisten in Rückblenden aufgedröselt. Pedro Almodóvar ist sich in seinem jüngsten Film dabei nicht zu schade, den Twist aus Thierry Jonquets Romanvorlage Tarantula bereits im zweiten Akt zu präsentieren.
Dass La piel que habito nicht nur dennoch, sondern gerade deswegen funktioniert, zeichnet das Talent des spanischen Regisseurs aus. Viel mehr noch wird der Film nach einem etwas distanzierten, mysteriösen – aber deswegen nicht unspannenden – ersten Akt durch jenen Twist auf eine neues, nahezu herausragendes Niveau gehoben. Fortan verwebt der spanische Auteur verschiedene Handlungselemente anderer Filme, nie plakativ als bloßes show-off wie man es von Quentin Tarantino kennt, sondern stilvoll gekonnt und liebevoll. Wo Tarantino visuell schreiend zelebriert, nimmt sich der Mann aus La Mancha zurück. Einfach, weil er es kann. Weil es sein Film nicht bedarf, großes Aufhebens zu machen.
Hierbei diente Georges Franjus Les Yeux sans visage als Inspiration, aber es finden sich auch Anklänge zu früheren Werken von Almodóvar selbst. Von der Stimmung her ähnelt La piel que habito wohl am ehesten Matador, jener Liebesgeschichte soziopathischer Toreros, in der auch Banderas mitspielte. Eine Mär von Mord, Liebe und Schmerz erzählte der Spanier ebenfalls in La ley del deseo, während die hier angedeutete Romanze zwischen Ledgard und Vera wiederum an Banderas’ Ricky und sein von Victoria Abril verkörpertes Entführungsopfer aus ¡Atame! erinnert. Über weite Strecken ist es Banderas, der den Film trägt, immer wieder gefüttert von kurzen, lasziv-eleganten Szenen mit Anaya oder dem nüchtern-starken Spiel von Marisa Paredes.
Zu dritt bilden sie ein kleines magisches Dreieck, in dem man Anaya nicht anmerkt, dass anstatt ihrer eigentlich Penélope Cruz spielen sollte und sie, eine Nebenrolle in Hable con ella ausgenommen, neu in Almodóvars Zirkel ist. Noch bemerkenswerter als das Spiel des Ensembles ist jedoch, wie sehr sich dieses der packenden Geschichte unterordnet. Und während der Twist in vielen anderen Filmen absurd wirken würde, führt er hier ab der Mitte zu einer bewundernden Faszination. Fortan betrachtet man die Handlung aus anderen, noch interessierteren Augen. Und La piel que habito entwickelt hieraus eine Sogwirkung, die schlussendlich zu einem vorhersehbaren, konsequenten und dennoch deswegen nicht minder packenden Ende führt.
Pedro Almodóvar ist einen weiten Weg gekommen, seit seinen trashigen, cineastischen Urschritten mit Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón oder Laberinto de pasiones. Zwar spielt er dieses Mal nicht so plakativ mit Kitsch, Humor und bunten Farben wie zuletzt, dafür reüssiert er in einem Genre, das an sich nicht seines ist. Womit Almodóvar untermauert, dass selbst wenn das Kino Jahr für Jahr an Qualität einbüßt, er, der Mann aus La Mancha, die Fahne der cineastischen Klasse weiter hochhält. Und Antonio Banderas... der sollte nicht wieder über zwei Jahrzehnte warten, ehe er sich von seinem alten Freund und Weggefährten Pedro zu Höchstleistungen treiben lässt. Möge deshalb La piel que habito der Anfang einer neuen Ära sein.
Denn mit La piel que habito untermauert der Spanier, dass er Horror-Thrill auch ganz ohne Mystik und Humor zu schultern versteht. In einer abgelegenen Villa haust der Schönheitschirurg Robert Ledgard (Antonio Banderas). Ein abgeschlossenes Zimmer wiederum beheimatet seine Patientin Vera (Elena Anaya), die sich mal mehr oder weniger nackt in die Kameras räkelt, die Ledgard an den Wänden platziert hat. Als überraschend eine Person aus Ledgards Vergangenheit auftaucht, wird diese mitsamt den Traumata aller Protagonisten in Rückblenden aufgedröselt. Pedro Almodóvar ist sich in seinem jüngsten Film dabei nicht zu schade, den Twist aus Thierry Jonquets Romanvorlage Tarantula bereits im zweiten Akt zu präsentieren.
Dass La piel que habito nicht nur dennoch, sondern gerade deswegen funktioniert, zeichnet das Talent des spanischen Regisseurs aus. Viel mehr noch wird der Film nach einem etwas distanzierten, mysteriösen – aber deswegen nicht unspannenden – ersten Akt durch jenen Twist auf eine neues, nahezu herausragendes Niveau gehoben. Fortan verwebt der spanische Auteur verschiedene Handlungselemente anderer Filme, nie plakativ als bloßes show-off wie man es von Quentin Tarantino kennt, sondern stilvoll gekonnt und liebevoll. Wo Tarantino visuell schreiend zelebriert, nimmt sich der Mann aus La Mancha zurück. Einfach, weil er es kann. Weil es sein Film nicht bedarf, großes Aufhebens zu machen.
Hierbei diente Georges Franjus Les Yeux sans visage als Inspiration, aber es finden sich auch Anklänge zu früheren Werken von Almodóvar selbst. Von der Stimmung her ähnelt La piel que habito wohl am ehesten Matador, jener Liebesgeschichte soziopathischer Toreros, in der auch Banderas mitspielte. Eine Mär von Mord, Liebe und Schmerz erzählte der Spanier ebenfalls in La ley del deseo, während die hier angedeutete Romanze zwischen Ledgard und Vera wiederum an Banderas’ Ricky und sein von Victoria Abril verkörpertes Entführungsopfer aus ¡Atame! erinnert. Über weite Strecken ist es Banderas, der den Film trägt, immer wieder gefüttert von kurzen, lasziv-eleganten Szenen mit Anaya oder dem nüchtern-starken Spiel von Marisa Paredes.
Zu dritt bilden sie ein kleines magisches Dreieck, in dem man Anaya nicht anmerkt, dass anstatt ihrer eigentlich Penélope Cruz spielen sollte und sie, eine Nebenrolle in Hable con ella ausgenommen, neu in Almodóvars Zirkel ist. Noch bemerkenswerter als das Spiel des Ensembles ist jedoch, wie sehr sich dieses der packenden Geschichte unterordnet. Und während der Twist in vielen anderen Filmen absurd wirken würde, führt er hier ab der Mitte zu einer bewundernden Faszination. Fortan betrachtet man die Handlung aus anderen, noch interessierteren Augen. Und La piel que habito entwickelt hieraus eine Sogwirkung, die schlussendlich zu einem vorhersehbaren, konsequenten und dennoch deswegen nicht minder packenden Ende führt.
Pedro Almodóvar ist einen weiten Weg gekommen, seit seinen trashigen, cineastischen Urschritten mit Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón oder Laberinto de pasiones. Zwar spielt er dieses Mal nicht so plakativ mit Kitsch, Humor und bunten Farben wie zuletzt, dafür reüssiert er in einem Genre, das an sich nicht seines ist. Womit Almodóvar untermauert, dass selbst wenn das Kino Jahr für Jahr an Qualität einbüßt, er, der Mann aus La Mancha, die Fahne der cineastischen Klasse weiter hochhält. Und Antonio Banderas... der sollte nicht wieder über zwei Jahrzehnte warten, ehe er sich von seinem alten Freund und Weggefährten Pedro zu Höchstleistungen treiben lässt. Möge deshalb La piel que habito der Anfang einer neuen Ära sein.
8.5/10