Das Kino von heute besteht aus Prequels, Sequels, Remakes und Reboots – und aus jeder Menge CGI. Die wiederum sollen gut aussehen und wenig kosten, denn andernfalls könnte man ja gleich die gemütlichen Gefilde eines Studios verlassen. Epische Filme on location zu drehen wird immer seltener und ein Film wie The Bridge on the River Kwai würde heute vermutlich nicht erneut so entstehen wie in den 1950er Jahren. Damals drehte Regisseur David Lean über acht Monate – genau: 251 Tage – im Dschungel von Sri Lanka, ließ 1.500 Bäume fällen, um jene Brücke für damals rund $250,000 (Inflationsbereinigt wären das heute circa zwei Miliionen Dollar) über den Fluss Kelani in 90 Fuß Höhe zu bauen.
Dabei unterscheidet den Film im Grunde wenig von heutigen Blockbustern, zumindest begleiten ihn dieselben Geschichten. Sein hohes Budget (damals drei Millionen Dollar) war ein Risko, die Dreharbeiten im Ausland dauerten ein dreiviertel Jahr und die Besetzung des Regiestuhls wie der Hauptdarsteller war eine 1b-Lösung. Eigentlich wollte Produzent Sam Spiegel die Inszenierung der Adaption von Pierre Boulles Roman John Ford oder Howard Hawks anvertrauen. David Lean erhielt den Zuschlag nur, weil Spiegel niemand anderen fand – und Lean selbst akzeptierte nur, weil der finanziell klamme Brite Geld brauchte. Und auch bei den beiden Hauptdarstellern engagierte man letztlich nicht seine Wunschkandidaten.
Die Titelrolle des von Integrität und militärischer Disziplin beherrschten Lt. Colonel Nicholson übernahm der zuvor primär als Komödiendarsteller aufgetretene Alec Guinness, da es mit Charles Laughton nicht klappte. Als Hollywood-Gallionsfigur strebte man eher Cary Grant oder Spencer Tracy an, am Ende erhielt William Holden den Zuschlag und eine Rekordgage von $300,000 mit zehnprozentiger Gewinnbeteiligung. Das Resultat ist bekannt, The Bridge on the River Kwai avancierte zum Kassenhit und spielte das 11-fache seiner Kosten ein. Holden hatte finanziell ausgesorgt, derweil erhielten Spiegel, Lean und Guinness drei von insgesamt sieben Academy Awards. Der Film selbst wurde anschließend zum Klassiker.
Rückblickend betrachtet kann man nur sagen, dass er dies zurecht ist. Basierend auf Boulles Roman von 1952 und dem britischen Colonel Philip Toosey erzählt The Bridge on the River Kwai die Geschichte dreier Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Von ihrer Würde, ihrem Stolz und ihren militärischen Verpflichtungen. Auf der einen Seite steht der japanische Colonel Saito (Sessue Hayakawa), der ein Kriegsgefangenenlager im thailändischen Dschungel leitet und innerhalb der nächsten Monate eine Brücke über den Fluss Kwai gebaut haben muss. Ihm gegenüber steht Alec Guinness’ auf den Genfer Konventionen beharrender Lieutenant Colonel Nicholson, der sich weigert, dass seine Offiziere körperliche Arbeit leisten.
Damit beginnt Nicholson ein zähes, psychologisches Duell mit seinem Gegenüber, bei dem beide Männer nicht ihr Gesicht verlieren wollen. Unterdessen bricht der US-Marineoffizier Shears (William Holden) aus dem Gefangenenlager aus – nur um in Ceylon von dem britischen Major Warden (Jack Hawkins) wider Willen für eine Sabotage-Mission an der Brücke rekrutiert zu werden. Ihr aller Schicksal wird später an dieser Brücke entschieden, in einer dramatischen Klimax, die Stolz, Würde und Ehre außer Acht lässt und in der Shears entgegen seiner eigenen zuvor postulierten Worte handelt: “How to die like a gentleman, how to die by the rules – when the only important thing is how to live like a human being”.
Insofern geht es in Leans Film weniger um das Bauen oder Verhindern einer Brücke als um die Charaktere und ihre Werte. So vermisst Saito die Scham der unterlegenen Briten und diese wiederum setzen alles daran, ihre Ehre zu behalten. “You have survived with honour”, addressiert später Nicholson seine Männer. “You have turned defeat into victory.” In gewisser Weise avanciert The Bridge on the River Kwai in der Beziehung zwischen Saito und Nicholson, die durchaus Respekt füreinander empfinden, zum Culture Clash zweier stolzer Nationen. Für Shears geht es dagegen lediglich um sein Überleben, weniger um die Aufrechterhaltung seiner Würde oder irgendwelcher westlicher (Militär-)Konventionen.
Diese waren ohnehin in der Realität außer Kraft gesetzt, angesichts von mehr als 1.000 japanischer Lager in Burma und Thailand während des Krieges mit rund 90.000 Alliierten als Gefangenen. Deren Todesrate lag mit 27 bis 37 Prozent höher als die in den deutschen oder italienischen Lagern. Was wiederum Shears Fluchtstreben erklärt und seine Ignoranz der widrigen Umstände in Thailand (“We are an island in the jungle”, erklärt Saito entsprechend). Für Nicholson geht es jedoch darum, den Männern einen Sinn zu geben und damit etwas, an dem sie festhalten können. Entsprechend bestrebt ist der Militäroffizier, den Japanern deshalb die bestmögliche Brücke zu bauen, die den britischen Soldaten möglich ist.
Ein Vorhaben, das nicht jedem einleuchtet. “Must we work so well?”, wird Nicholson von Lagerarzt Major Clipton (James Donald) gefragt. “Must we build them a better bridge than they could have built for themselves?” Aber gerade darin liegt für Nicholson der Sieg in der Niederlage. Und angesichts solcher bornierter Typen wie Nicholson, Saito und Warden können Außenstehende wie Shears letztlich nur klein beigeben oder wie Clipton später resümieren, dass das Geschehene und Gesehene nichts weiter ist als Wahnsinn. The Bridge on the River Kwai ist trotz seiner historischen Einordnung in den Zweiten Weltkrieg somit weniger Kriegsfilm als vielmehr Psychogramm seiner Figuren und damit Charakterkino.
Zwar ist der Film zuletzt in der Gunst des American Film Institute um 23 Plätze von Platz 13 auf Platz 36 der 100 besten Filme aller Zeiten gefallen, an der Klasse von The Bridge on the River Kwai und seinem Status als Meisterwerk hat dies jedoch nichts geändert. Wie John Milius in einem Interview im Bonusmaterial korrekt bemerkt: Es lassen sich schwerlich bessere Charaktere schreiben als dies Carl Foreman und Michael Wilson getan haben. Am Ende entwickelte sich Leans Film zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten – das Publikum eingeschlossen. The Bridge on the River Kwai ist somit ganz großes Kino und ganz klar ein Werk der Marke: Solche Filme werden heute gar nicht mehr gedreht. Leider.
Dabei unterscheidet den Film im Grunde wenig von heutigen Blockbustern, zumindest begleiten ihn dieselben Geschichten. Sein hohes Budget (damals drei Millionen Dollar) war ein Risko, die Dreharbeiten im Ausland dauerten ein dreiviertel Jahr und die Besetzung des Regiestuhls wie der Hauptdarsteller war eine 1b-Lösung. Eigentlich wollte Produzent Sam Spiegel die Inszenierung der Adaption von Pierre Boulles Roman John Ford oder Howard Hawks anvertrauen. David Lean erhielt den Zuschlag nur, weil Spiegel niemand anderen fand – und Lean selbst akzeptierte nur, weil der finanziell klamme Brite Geld brauchte. Und auch bei den beiden Hauptdarstellern engagierte man letztlich nicht seine Wunschkandidaten.
Die Titelrolle des von Integrität und militärischer Disziplin beherrschten Lt. Colonel Nicholson übernahm der zuvor primär als Komödiendarsteller aufgetretene Alec Guinness, da es mit Charles Laughton nicht klappte. Als Hollywood-Gallionsfigur strebte man eher Cary Grant oder Spencer Tracy an, am Ende erhielt William Holden den Zuschlag und eine Rekordgage von $300,000 mit zehnprozentiger Gewinnbeteiligung. Das Resultat ist bekannt, The Bridge on the River Kwai avancierte zum Kassenhit und spielte das 11-fache seiner Kosten ein. Holden hatte finanziell ausgesorgt, derweil erhielten Spiegel, Lean und Guinness drei von insgesamt sieben Academy Awards. Der Film selbst wurde anschließend zum Klassiker.
Rückblickend betrachtet kann man nur sagen, dass er dies zurecht ist. Basierend auf Boulles Roman von 1952 und dem britischen Colonel Philip Toosey erzählt The Bridge on the River Kwai die Geschichte dreier Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Von ihrer Würde, ihrem Stolz und ihren militärischen Verpflichtungen. Auf der einen Seite steht der japanische Colonel Saito (Sessue Hayakawa), der ein Kriegsgefangenenlager im thailändischen Dschungel leitet und innerhalb der nächsten Monate eine Brücke über den Fluss Kwai gebaut haben muss. Ihm gegenüber steht Alec Guinness’ auf den Genfer Konventionen beharrender Lieutenant Colonel Nicholson, der sich weigert, dass seine Offiziere körperliche Arbeit leisten.
Damit beginnt Nicholson ein zähes, psychologisches Duell mit seinem Gegenüber, bei dem beide Männer nicht ihr Gesicht verlieren wollen. Unterdessen bricht der US-Marineoffizier Shears (William Holden) aus dem Gefangenenlager aus – nur um in Ceylon von dem britischen Major Warden (Jack Hawkins) wider Willen für eine Sabotage-Mission an der Brücke rekrutiert zu werden. Ihr aller Schicksal wird später an dieser Brücke entschieden, in einer dramatischen Klimax, die Stolz, Würde und Ehre außer Acht lässt und in der Shears entgegen seiner eigenen zuvor postulierten Worte handelt: “How to die like a gentleman, how to die by the rules – when the only important thing is how to live like a human being”.
Insofern geht es in Leans Film weniger um das Bauen oder Verhindern einer Brücke als um die Charaktere und ihre Werte. So vermisst Saito die Scham der unterlegenen Briten und diese wiederum setzen alles daran, ihre Ehre zu behalten. “You have survived with honour”, addressiert später Nicholson seine Männer. “You have turned defeat into victory.” In gewisser Weise avanciert The Bridge on the River Kwai in der Beziehung zwischen Saito und Nicholson, die durchaus Respekt füreinander empfinden, zum Culture Clash zweier stolzer Nationen. Für Shears geht es dagegen lediglich um sein Überleben, weniger um die Aufrechterhaltung seiner Würde oder irgendwelcher westlicher (Militär-)Konventionen.
Diese waren ohnehin in der Realität außer Kraft gesetzt, angesichts von mehr als 1.000 japanischer Lager in Burma und Thailand während des Krieges mit rund 90.000 Alliierten als Gefangenen. Deren Todesrate lag mit 27 bis 37 Prozent höher als die in den deutschen oder italienischen Lagern. Was wiederum Shears Fluchtstreben erklärt und seine Ignoranz der widrigen Umstände in Thailand (“We are an island in the jungle”, erklärt Saito entsprechend). Für Nicholson geht es jedoch darum, den Männern einen Sinn zu geben und damit etwas, an dem sie festhalten können. Entsprechend bestrebt ist der Militäroffizier, den Japanern deshalb die bestmögliche Brücke zu bauen, die den britischen Soldaten möglich ist.
Ein Vorhaben, das nicht jedem einleuchtet. “Must we work so well?”, wird Nicholson von Lagerarzt Major Clipton (James Donald) gefragt. “Must we build them a better bridge than they could have built for themselves?” Aber gerade darin liegt für Nicholson der Sieg in der Niederlage. Und angesichts solcher bornierter Typen wie Nicholson, Saito und Warden können Außenstehende wie Shears letztlich nur klein beigeben oder wie Clipton später resümieren, dass das Geschehene und Gesehene nichts weiter ist als Wahnsinn. The Bridge on the River Kwai ist trotz seiner historischen Einordnung in den Zweiten Weltkrieg somit weniger Kriegsfilm als vielmehr Psychogramm seiner Figuren und damit Charakterkino.
Zwar ist der Film zuletzt in der Gunst des American Film Institute um 23 Plätze von Platz 13 auf Platz 36 der 100 besten Filme aller Zeiten gefallen, an der Klasse von The Bridge on the River Kwai und seinem Status als Meisterwerk hat dies jedoch nichts geändert. Wie John Milius in einem Interview im Bonusmaterial korrekt bemerkt: Es lassen sich schwerlich bessere Charaktere schreiben als dies Carl Foreman und Michael Wilson getan haben. Am Ende entwickelte sich Leans Film zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten – das Publikum eingeschlossen. The Bridge on the River Kwai ist somit ganz großes Kino und ganz klar ein Werk der Marke: Solche Filme werden heute gar nicht mehr gedreht. Leider.
9/10