Gemeinhin gilt der Wilde Westen als Herberge für Cowboys, Prostituierte und Saloons, dazu noch des Goldrauschs und jede Menge Gesetzloser. Und an nur wenigen Orten war die gesetzlose Reputation seiner Zeit derart hoch wie in Deadwood, South Dakota. Angelockt vom Goldrausch wurde diese in heutigen Tagen rund 1.300 Einwohner umfassende Stadt 1876 im exterritorialen Siouxgebiet als Lager gegründet und war somit nicht Teil des Dakota-Territoriums. Ein Gesetz wie andernorts existierte somit in dieser Form nicht in Deadwood – was wiederum erklären mag, wieso die Geschichte der Stadt Serienschöpfer David Milch (NYPD Blue) dazu animierte, sie 2004 in einer HBO-Serie wieder auferstehen zu lassen.
Die Vorgaben könnten für eine HBO-Produktion besser nicht sein. Deadwood gibt ein abgeschlossenes Set für sich ab, das nur selten die Geschichte aus seinen zentralen Handlungsorten verlagert. Und da einer von diesen ein Bordell darstellt, ist für die obligatorische Fleischbeschau des Senders zugleich gesorgt. Mit einer Quote von 1.56 “fuck”-Äußerungen pro Minute und zahlreichen Morden ist auch dessen restliches Repertoire abgedeckt. Mit den Western von Bud Spencer und Terence Hill hat dies ebenso wenig gemein wie mit denen eines Sergio Leone. Deadwood, das zeigt sich früh, ist eine HBO-Serie durch und durch. Zwar mit keiner nennenswerten Handlung, aber rund einem Dutzend illustrer Charaktere.
In deren Mittelpunkt stehen der intrigante Al Swearengen (Ian McShane), Besitzer des Gem Saloons und Bordells sowie im Opiumhandel verstrickt, und Seth Bullock (Timothy Olyphant), ein ehemaliger U.S. Marshal, der mit seinem Geschäftspartner Sol Star (John Hawkes) eine Eisenwarenhandlung in Deadwood eröffnet. Der verdorbene Swearengen und der aufrechte Bullock geraten im Laufe der ersten Staffel mehrmals aneinander, nicht nur als es darum geht, dass Bullock und Star ihr Pachtgrundstück von Swearengen erstehen. Die übrigen Bewohner verteilen sich in etwa zwischen diese beiden Lager, vom umtriebigen Hotelbesitzer E.B. Farnum (William Sanderson) bis zum Zeitungsmann A.W. Merrick (Jeffrey Jones).
Allesamt historisch belegte Figuren, die noch durch die Gruppe von Wild Bill Hickok (Keith Carradine), Charlie Utter (Dayton Callie) und Calamity Jane (Robin Weigert) ergänzt werden. Das Ensemble komplettieren dann der Lagerarzt Doc Cochrane (Brad Dourif) und der lokale Reverend Smith (Ray McKinnon), die New Yorkerin Alma Garret (Molly Parker), deren Mann dem Goldrausch folgte und ein umkämpftes Grundstück erwarb, der zu Swearengen konkurrierende Bordellbesitzer Cy Tolliver (Powers Boothe) sowie die beiden in den jeweiligen Bordellen angestellten Huren Trixie (Paula Malcomson) und Joanie (Kim Dickens). Was Einfluss, Macht und Intrigenspiel angeht, reicht jedoch keine von ihnen an Swearengen heran.
Obschon Deadwood zwar um einen authentischen Anspruch bemüht ist – so erfährt selbst der Pockenausbruch von 1876 kurzzeitig einen Einzug in die Handlung –, ließ sich Milch viele Freiheiten bei den historischen Figuren. Charlie Utters Bruder Steve fehlt entsprechend ebenso wie die Familie von E.B. Farnum – der ohnehin weitaus tölpelhafter dargestellt wird als sein Alter Ego – und Seth Bullocks Frau wird kurzerhand zur angeheirateten Witwe seines Bruders (und seine Tochter zu deren von ihm adoptierten Sohn), damit Bullock romantisch mit Mrs. Garret gepaart werden kann. Eine Geschichtsstunde sollten Western-Interessierte folglich nicht erwarten, bei aller Anlehnung an den wirklichen Begebenheiten von 1876.
Und trotz einer Laufzeit von rund zwölf Stunden hat die Serie relativ wenig zu erzählen. So gibt es kleinere Themenpunkte wie die Ermordung von Wild Bill Hickok, der Pockenausbruch oder das Gold-Grundstück von Mrs. Garret, als roter Faden zieht sich der Willen der Einwohner um Swearengen, zum Dakota-Territorium annektiert zu werden, durch die erste Staffel. Die Klasse von Deadwood verdankt sich somit weniger dessen, was passiert, als vielmehr der darin verwickelten Protagonisten. Es handelt sich um eine Charakterserie, die ihren Figuren genug Raum zum Atmen lässt und somit selbst Rollen aus der dritten Reihe wie Swearengens verkrüppelter Putzfrau Jewel (Geri Jewell) Leben einhaucht.
Allen voran der hier grandiose Brad Dourif sowie die nicht minder beeindruckende Robin Weigert gewinnen in ihren Rollen als altruistischer Lagerarzt und versoffene Westernheldin die Sympathien des Zuschauers (und wurden verdientermaßen für einen Emmy Award nominiert), aber auch Figuren wie Dayton Callies loyaler Charlie Utter und John Hawkes’ Gutmensch Sol Star sind ein Genuss. Kaum ein Charakter erhält keine positiven Züge, selbst diejenigen, die sich am ehesten als Antagonisten qualifizieren. Und auch wenn das Bühnen- sowie das Masken- und Kostümbild den Stil von Deadwood nachzuempfinden versuchen, führt nichts daran vorbei, dass die Serie nur wegen ihrer Figuren funktioniert.
Dank seines schließenden Charakters unter manchen Subplot nimmt das Staffelfinale Sold Under Sin qualitativ eine herausragende Stellung ein, aber auch die Episoden Mister Wu und Deep Water stechen heraus. Für zwei von diesen war Davis Guggenheim (Waiting for ‘Superman’) als Regisseur verantwortlich, der neben Walter Hill – der den Piloten Deadwood inszenierte – und Alan Taylor (u.a. Game of Thrones) den prominentesten Namen hinter der Kamera darstellt. Deadwood macht so manches besser als der nicht unähnliche HBO-Kollege Rome, ist dabei oftmals ausgesprochen humorvoll geraten und durch die schillernden Figuren nur selten uninteressant. Oder anders gesagt: sehr salo(o)nfähig.
Die Vorgaben könnten für eine HBO-Produktion besser nicht sein. Deadwood gibt ein abgeschlossenes Set für sich ab, das nur selten die Geschichte aus seinen zentralen Handlungsorten verlagert. Und da einer von diesen ein Bordell darstellt, ist für die obligatorische Fleischbeschau des Senders zugleich gesorgt. Mit einer Quote von 1.56 “fuck”-Äußerungen pro Minute und zahlreichen Morden ist auch dessen restliches Repertoire abgedeckt. Mit den Western von Bud Spencer und Terence Hill hat dies ebenso wenig gemein wie mit denen eines Sergio Leone. Deadwood, das zeigt sich früh, ist eine HBO-Serie durch und durch. Zwar mit keiner nennenswerten Handlung, aber rund einem Dutzend illustrer Charaktere.
In deren Mittelpunkt stehen der intrigante Al Swearengen (Ian McShane), Besitzer des Gem Saloons und Bordells sowie im Opiumhandel verstrickt, und Seth Bullock (Timothy Olyphant), ein ehemaliger U.S. Marshal, der mit seinem Geschäftspartner Sol Star (John Hawkes) eine Eisenwarenhandlung in Deadwood eröffnet. Der verdorbene Swearengen und der aufrechte Bullock geraten im Laufe der ersten Staffel mehrmals aneinander, nicht nur als es darum geht, dass Bullock und Star ihr Pachtgrundstück von Swearengen erstehen. Die übrigen Bewohner verteilen sich in etwa zwischen diese beiden Lager, vom umtriebigen Hotelbesitzer E.B. Farnum (William Sanderson) bis zum Zeitungsmann A.W. Merrick (Jeffrey Jones).
Allesamt historisch belegte Figuren, die noch durch die Gruppe von Wild Bill Hickok (Keith Carradine), Charlie Utter (Dayton Callie) und Calamity Jane (Robin Weigert) ergänzt werden. Das Ensemble komplettieren dann der Lagerarzt Doc Cochrane (Brad Dourif) und der lokale Reverend Smith (Ray McKinnon), die New Yorkerin Alma Garret (Molly Parker), deren Mann dem Goldrausch folgte und ein umkämpftes Grundstück erwarb, der zu Swearengen konkurrierende Bordellbesitzer Cy Tolliver (Powers Boothe) sowie die beiden in den jeweiligen Bordellen angestellten Huren Trixie (Paula Malcomson) und Joanie (Kim Dickens). Was Einfluss, Macht und Intrigenspiel angeht, reicht jedoch keine von ihnen an Swearengen heran.
Obschon Deadwood zwar um einen authentischen Anspruch bemüht ist – so erfährt selbst der Pockenausbruch von 1876 kurzzeitig einen Einzug in die Handlung –, ließ sich Milch viele Freiheiten bei den historischen Figuren. Charlie Utters Bruder Steve fehlt entsprechend ebenso wie die Familie von E.B. Farnum – der ohnehin weitaus tölpelhafter dargestellt wird als sein Alter Ego – und Seth Bullocks Frau wird kurzerhand zur angeheirateten Witwe seines Bruders (und seine Tochter zu deren von ihm adoptierten Sohn), damit Bullock romantisch mit Mrs. Garret gepaart werden kann. Eine Geschichtsstunde sollten Western-Interessierte folglich nicht erwarten, bei aller Anlehnung an den wirklichen Begebenheiten von 1876.
Und trotz einer Laufzeit von rund zwölf Stunden hat die Serie relativ wenig zu erzählen. So gibt es kleinere Themenpunkte wie die Ermordung von Wild Bill Hickok, der Pockenausbruch oder das Gold-Grundstück von Mrs. Garret, als roter Faden zieht sich der Willen der Einwohner um Swearengen, zum Dakota-Territorium annektiert zu werden, durch die erste Staffel. Die Klasse von Deadwood verdankt sich somit weniger dessen, was passiert, als vielmehr der darin verwickelten Protagonisten. Es handelt sich um eine Charakterserie, die ihren Figuren genug Raum zum Atmen lässt und somit selbst Rollen aus der dritten Reihe wie Swearengens verkrüppelter Putzfrau Jewel (Geri Jewell) Leben einhaucht.
Allen voran der hier grandiose Brad Dourif sowie die nicht minder beeindruckende Robin Weigert gewinnen in ihren Rollen als altruistischer Lagerarzt und versoffene Westernheldin die Sympathien des Zuschauers (und wurden verdientermaßen für einen Emmy Award nominiert), aber auch Figuren wie Dayton Callies loyaler Charlie Utter und John Hawkes’ Gutmensch Sol Star sind ein Genuss. Kaum ein Charakter erhält keine positiven Züge, selbst diejenigen, die sich am ehesten als Antagonisten qualifizieren. Und auch wenn das Bühnen- sowie das Masken- und Kostümbild den Stil von Deadwood nachzuempfinden versuchen, führt nichts daran vorbei, dass die Serie nur wegen ihrer Figuren funktioniert.
Dank seines schließenden Charakters unter manchen Subplot nimmt das Staffelfinale Sold Under Sin qualitativ eine herausragende Stellung ein, aber auch die Episoden Mister Wu und Deep Water stechen heraus. Für zwei von diesen war Davis Guggenheim (Waiting for ‘Superman’) als Regisseur verantwortlich, der neben Walter Hill – der den Piloten Deadwood inszenierte – und Alan Taylor (u.a. Game of Thrones) den prominentesten Namen hinter der Kamera darstellt. Deadwood macht so manches besser als der nicht unähnliche HBO-Kollege Rome, ist dabei oftmals ausgesprochen humorvoll geraten und durch die schillernden Figuren nur selten uninteressant. Oder anders gesagt: sehr salo(o)nfähig.
7.5/10