Posts mit dem Label Crystal Dynamics werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Crystal Dynamics werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

12. Oktober 2018

Shadow of the Tomb Raider

I thought I knew why I came here.

Aller guten Dinge sind drei, heißt es ja eigentlich. Bei Filmen oder Videospielen ist es aber mit Fortsetzungen allgemein und Drittteilern speziell immer so eine Sache. Schon die populäre Uncharted-Reihe konnte das Niveau ihres zweiten Spielablegers Amongst Thieves im dritten Teil Drake’s Deception nicht mehr aufrechterhalten. Stattdessen entwickelte sich das vormals abenteuerlastige Game verstärkt zum Ballerspiel. Da machte der 4. Teil (A Thief’s End) keine sonderliche Ausnahme. Eine ähnliche Krux widerfährt auch Square Enix’ Tomb Raider-Serie. War vor fünf Jahren Tomb Raider für mich noch das beste Videospiel des Jahres, wirkte Rise of the Tomb Raider zwei Jahre später bereits eher wie ein DLC zum Vorläufer.

Auch Shadow of the Tomb Raider gelingt keine Kurskorrektur. Beschränkte Settings – trotz vorgegaukeltem Open-World-Konzept –, eine mitunter anstrengende Kamerakontrolle im Verbund mit nicht immer optimaler Figurensteuerung trüben den Spielspaß etwas. Wie auch die Handlung wenig mitreißend oder innovativ gerät, eher Elemente aus den Vorgängern sowie auch beispielsweise Uncharted 2: Amongst Thieves vermischt und neu aufkocht. Lara Croft (Camilla Luddington) aktiviert bei einer Artefakt-Schnitzeljagd gegen den Kult Trinity um dessen Anführer Dominguez (Carlos Leal) aus Versehen eine alte Inka-Prophezeiung. In Paititi, der verlorenen Stadt der Inka im Osten Perus, muss sie nun das Ende der Welt verhindern.

Wo Naughty Dogs Uncharted-Reihe gerne in der Manier seines Vorbildes Indiana Jones um die Welt reist, beschränkt sich Shadow of the Tomb Raider nach seinem Auftakt in Mexiko auf das Setting in Paititi. Dieses sowie sein Verlauf erinnern stark an Nathan Drakes Aufenthalt in einem nepalesischen Bergdorf, ehe er sich zum Finale in das mystische Shambhala aufmachte. Und wie in den Uncharted-Teilen trifft Lara Croft auch hier auf halb-zombiefizierte Ureinwohner, die sich als Beschützer unheilsvoller Artefakte aufspielen. Dabei entfernt sich die Handlung mitunter so weit von ihrer eigenen Agenda, dass streckenweise fast vergessen wird, wonach man als Spieler nun eigentlich sucht, um den nahenden Weltuntergang zu stoppen.

Das hängt auch damit zusammen, dass der jüngste Teil der Reihe, quasi identisch zu Drake’s Deception, stellenweise ausnahmslos zum Third-Person-Shooter verkommt. Welle um Welle an Inka-Zombies sowie Trinity-Söldnern muss sich Lara hier erwehren. Wo ihre erste Tötung in Tomb Raider vor fünf Jahren noch ein charakterdefinierender Moment war, kann man sich inzwischen aussuchen, wie man seine Gegenüber ins Jenseits befördert. Sei es ein Nerventoxin, das sie wahnsinnig werden lässt und aufeinander hetzt, mit der Kletteraxt oder per Kopfschuss über das umfangreiche Arsenal an Waffen. Wie schon in A Thief’s End spielt ein neuer Stealth-Modus dabei eine Rolle, der Lara hilft, aus der Deckung in Rambo-Manier loszumetzeln.

Eine weitere Neuerung ist hier auch eine Tauschhandel-Option: Eine Art Basar, wo Spieler im Dschungel gefundene Pflanzen und Co. verkaufen und zu hochklassigen Maschinengewehren, Pistolen und mehr machen können. Dabei dürfte es nur minimale Unterschiede machen (falls überhaupt), ob eine neu erstandene Waffe mehr “kills” bringt als das Standard-Modell, das man im Laufe des Spiels automatisch erhält. Ähnlich wie die Option der Nebenmissionen, in denen man Handlanger-Arbeiten für die Inkas für Trophäen und andere “goodies” durchführt, ist dies eher schmuckes Beiwerk, aber kein besonderes Highlight. Genauso wie die titelgebenden “challenge tombs” – hier trägt aber auch das mitunter nervige Gameplay seinen Teil bei.

Nicht immer ist die Kameraführung des Spielers Freund, genauso wie die Steuerung der Figur. An welcher Klippe man sich festhalten kann und wo mancher Pfad weitergeht, wird nicht immer direkt klar, sondern erst via “trial and error”. Das man sich oft mit der neuen Wurfhaken-Technik fortbewegt, ist hier mitverantwortlich. Lara kann nun kopfüber mit ihrer Kletteraxt an Klippen hängen und per Wurfhaken vorwärts kommen. Wenn man weiß, wann man wo hin zu springen hat. Im Verbund mit der Kamera war das in meinem Fall an einer Stelle dann derart nervig, dass ich eine Graberkundung irgendwann abbrach und lieber den Weg zurück zur Haupthandlung vornahm. Hier trägt eventuell auch das neue Entwickler-Team die Schuld.

Denn wo zuvor Crystal Dynamics die Vorgänger Tomb Raider sowie Rise of the Tomb Raider verantwortete, ließ Square Enix diesmal Shadow of the Tomb Raider von Eidos Montréal umsetzen. Ein Spielentwickler-Wechsel, der sich direkt in der Grafik bemerkbar macht. So schön die Welt von Paititi auch aussehen mag, so enttäuschend fällt bisweilen die Gestaltung der Figuren aus. Obschon wie A Thief’s End und der Uncharted-DLC The Lost Legacy in 4K-Auflösung und HDR präsentiert, sieht Lara wenig detailliert ausgearbeitet aus. Ein Unterschied wie Tag und Nacht, den auch der Spiel- gegenüber dem Gameplay-Trailer deutlich macht oder ein direkter Vergleich zwischen Laras Haarumsetzung zu der von Chloe aus Naughty Dogs The Lost Legacy.

Die Handlung fügt sich dann in das Gesamtbild. Interessante Aspekte wie die Folgen von Laras Einleitungstat, die ein ganzes Dorf auslöscht, und ihre dadurch belastete Beziehung zu Begleiter Jonah (Earl Baylon) – der einzigen weiteren Konstanten über alle drei Teile – sind schnell Opfer für den nächsten Shootout oder Stealth-Überfall. Dass die Handlung um Paititi und die Artefakte gegenüber anderen Storylines der Reihe – Tomb Raider wie Uncharted – wenig vor Originalität sprühen, spielt dem in die Karten. Jill Murray, die zuvor die Drehbücher zu Assassin’s Creed III und IV verfasste, ist hier ebenfalls eine eher misslungene Neuerung gegenüber ihrer Kollegin Rhianna Pratchett, die für die beiden vorherigen Teile das Drehbuch schrieb.

Bei Shadow of the Tomb Raider kommt also ein eher durchschnittlicher Spiel-Spaß heraus, was sich womöglich auch durch die Unerfahrenheit von Eidos Montréal erklären mag. Wo man 2013 den Survival-Charakter in Tomb Raider noch narrativ verankerte, will das im Vordergrund stehende Action-Element im dritten Teil einen nicht so recht abholen. Gefecht-Szenen schön und gut, aber in Maßen. Und wenn man schon anstrebt, seine Spielwelt etwas zu öffnen, dann richtig, wie beispielsweise in Far Cry 3. Oder man spielt am besten einfach gleich nochmal Uncharted 2: Amongst Thieves. Mit Shadow of the Tomb Raider schließt Square Enix sein Tomb Raider-Reboot jedenfalls ab. Vielleicht nicht verkehrt, aller guten Dinge sind schließlich drei.

5.5/10

6. April 2013

Tomb Raider

The extraordinary is in what we do, not who we are.

Es ist einige Jahre her, seit Lara Croft das letzte Mal über den Bildschirm gehüpft ist. Zuletzt hatte der Archäologin des Spielentwicklers Square Enix ihr männliches Pendant Nathan Drake von Naughty Dogs Uncharted-Serie den Rang abgelaufen. Im März warf das Entwicklerteam von Crystal Dynamics nun erneut seinen Hut in den Ring und wartete – wie sollte es heutzutage auch anders sein? – mit einer Origin-Story auf. Die gab es zwar erst 2006 in Legends, dennoch erhielt die Britin ein erneutes Facelifting genauso wie eine inhaltliche Umorientierung. Denn der dieses Mal einfach Tomb Raider benannte Neuanfang bewegt sich in eine etwas andere Richtung als vor fünf Jahren noch bei Underworld der Fall.

Das Spiel beginnt dabei mitten in der Handlung. Eine junge Lara Croft (gesprochen von Camilla Luddington) befindet sich auf hoher See auf der Suche nach Yamatai, dem ersten schriftlich festgehaltenen Königreich in Japan. Allerdings erfährt der Spieler dies erst später, zu Beginn wird erstmal das Spielgeschehen in Aktion gesetzt. Ein Sturm sucht das Schiff heim und lässt es auf eine Insel auflaufen. Dort wird Lara von ihren Freunden getrennt und in eine Höhle verschleppt. Scheinbar sind sie tatsächlich auf Yamatai gelandet, doch ist die Insel bevölkert von dem sektiererischen Kult der Solarii rund um deren Führer Mathias, die der Sonnenkönigin Himiko hörig sind und Laras Freunde gefangen halten.

Statt durch Ruinen zu wandern und nach Fundstücken zu stöbern, biedert sich Tomb Raider also eher als ein Survival-Drama an. Unsere frisch von der Universität kommende Archäologin ist zu Beginn auf sich selbst angewiesen: verletzt, durchnässt und hungrig. Im Laufe des Spiels gilt es Erfahrungspunkte im Plündern zu sammeln, Tiere zu jagen und sich der Solarii zu erwehren. Der Fokus der Haupthandlung liegt darauf, ein Rettungssignal zu senden, um von der Insel zu gelangen, sowie seine Freunde, allen voran Kommilitonin Sam Nishimura, die Himiko als Opfergabe dargereicht werden soll, zu befreien und zu retten. Der Puzzle- und Schnitzeljagdaspekt der Schatzsucherei hält sich im Hintergrund.

Gerade zu Beginn erweckt das jüngste Spiel von Crystal Dynamics dabei Erinnerungen an das Vorjahresgame Far Cry 3. Hier wie dort wird der Spieler auf einer Insel gestrandet, seine Freunde gefangengenommen und man muss sich anschließend die Natur zu Nutze machen, um durch Erfahrungspunkte seine Fähigkeiten und Waffen aufrüsten zu können. Wo Far Cry 3 allerdings mit einem Open-World-Konzept und GTA-Charakter daherkam, orientiert sich Tomb Raider was den Ablauf angeht eher an den Uncharted-Teilen oder Batman: Arkham City. So wie in letzterem Vertreter kann man nach Beendigung der Haupthandlung zurück ins Spielgeschehen tauchen, um alle offenen Nebenmissionen vollends abzuschließen.

In diesen geht es dann nur gelegentlich um das tatsächliche Rauben von Gräbern, ansonsten müssen Dokumente, Artefakte und andere kleinere Trophäen unterwegs aufgesammelt werden. Die wiederum liefern dann auch die Hintergrundgeschichte um Laras Begleitung. Dass die reiche Familie ihrer Freundin Sam die Expedition finanziert, der ehemalige Marine und Kumpel von Laras Vater, Conrad Roth, als Begleiter fungiert oder der an Renommee eingebüßte Archäologe Dr. James Whitman durch den Fund von Yamatai seinen Ruf aufpolieren will. All das ist jedoch im Grunde nur Nebengeplänkel in Laras Unterfangen, ihre jeweiligen Aufträge und Missionen entgegen der allgegenwärtigen Präsenz der Solarii zu erfüllen.

Gerätselt werden darf bisweilen dennoch, gerade wenn es gilt, die jeweiligen Gräber zu rauben. Dass Lara jedoch mit einer Instinktfunktion versehen wurde, die als Hinweis- und Tippgeber fungiert, ist leider etwas zu viel der Hilfe. Im direkten Vergleich kam Underworld vor fünf Jahren also verzwickter daher, was in diesem Fall aber lediglich Jammern auf hohem Niveau darstellt. Denn auch wenn Tomb Raider in seinem unentwegten Ausschalten seiner Gegenüber – wahlweise per Bogen, Pistole, Maschinengewehr oder Schrotflinte – wenig von Far Cry 3 oder insbesondere der Uncharted-Reihe unterscheiden mag, gerät das Szenario so unterhaltsam, dass man beim Spielen schnell die Zeit vergisst.

Denn auch wenn diesmal die Handlung auf einer einzigen Insel spielt, gibt es genügend Set-Pieces, um für Abwechslung zu sorgen. Seien es Wald- oder Berglandschaften, Türme oder Shanty Towns, ein Schiffsfriedhof oder die Innenräume von Bunker, Tempel und Schiffen – kaum eine Szenerie sieht aus wie die Vorherige. Ohnehin gefällt das neue Design von Lara Croft und ihrer Welt, wirkt gewollt härter und an den Genrekollegen orientiert. Tomb Raider selbst kommt mit einer Freigabe ab 18 daher, was sich wohl zuvorderst der jeweiligen Cut Scenes verdankt, sollte Lara im Spiel sterben. Da wird ihr Schädel zertrümmert, ihr Körper aufgespießt, ihre Kehle durchgeschnitten oder ihr Genick von Wölfen gebrochen.

Etwas enttäuschend ist, dass der ganze Spaß nach rund 15 Stunden bereits vorbei ist – ähnlich wie bei Arkham City. Das Finale fühlt sich nicht wirklich wie ein solches an, was auch daran liegen könnte, dass man ein ähnliches Szenario zuvor bereits im Spiel durchleben musste. Die Luft für die Aufspürung der fehlenden Trophäen ist dann etwas raus, dennoch darf unterm Strich konstatiert werden, dass Tomb Raider, das insgesamt elfte Spiel und fünfte solche von Crystal Dynamics, ein gelungener – wenn vielleicht auch nicht unbedingt nötiger – Relaunch der populären Figur von 1996 ist. Die Zukunft für Lara Croft könnte insofern kaum rosiger aussehen und hoffentlich dauert ihre Rückkehr nicht wieder fünf Jahre.

8.5/10
Szenenbilder Tomb Raider © Square Enix